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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.03.1900
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- 1900-03-01
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- 01.03.1900
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1698 Nichtamtlicher Teil. 50, 1. März 1900. indem wir namentlich Musterstatuten den Kommunen gegeben haben, die sie bei solchen Umgestaltungen zu Grunde zu legen hatten. Der Erfolg ist aber im großen und ganzen ein sehr geringer ge wesen (sehr wahr), im großen und ganzen haben die Kommunen versagt, namentlich auf dem vorliegenden Gebiete. Allerdings in gewissen Landesteilen, beispielsweise in Rheinland und Westfalen, haben die Kommunen mit Erfolg die großen Betriebe, die die großen Vorteile von den Kommunen und ihren Maßregeln haben, anderseits den Gemeinden große Lasten zufügen, durch Umgestal tung der staatlichen Gewerbesteuer, z. B. durch Belastung der großen Betriebe, nach Maßgabe des geschäftlichen Personals herangczogen, und in dieser Beziehung sind die Ergebnisse durchaus zufriedenstellend, sie sind anerkannt als gerechte Veranlagung nicht bloß von den Kommunen und den kleinen Besitzern, sondern selbst von den großen Betrieben, die zugeben mußten, daß in dieser Beziehung die allgemeine staatliche Regelung in der Gewerbesteuer nicht genüge. Hier aber auf diesem Gebiet ist eigentlich von den Kommunen bisher mit wenigen Ausnahmen so gut wie nichts geschehen. Man hat bei den großen Interessengegensätzen, die auf diesem Gebiet vorhanden sind, und bei den großen Verschiedenheiten in der volkswirtschaftlichen Ausfassung auch keine erhebliche Hoffnung, daß diese Verhältnisse sich in Zukunft ändern würden. Wir haben genug Klagen von den Kommunalbehörden, die dringend wünschen, der Staat möge doch eingreisen. Aber sie haben fast nirgends sich gesagt, daß dies eigentlich mehr eine Aufgabe der Stadtverordneten- Versammlungen wäre als der allgemeinen Gesetzgebung. Anderseits, meine Herren, haben wir in der letzten Zeit eine rapide Entwickelung der Verwendung des Großkapitals in Detail- geschästen gesehen, nicht bloß dem Umfange, sondern auch der Zahl der Betriebe nach. Von den großen Städten ist diese Ent wickelung in die kleineren gegangen. Die Klagen über eine un gerechte Besteuerung, bezw. über einen ungenügenden Schutz, den der Staat gegen eine solche für die kleinen Betriebe ruinöse Ent wickelung gewähre, sind immer heftiger geworden. Nicht bloß bei dem großen Interesse, das an sich der Staat an der Erhaltung der Mittelbetriebe hat, die auf eigenem Kapital und eigener Arbeit in ihrer Verbindung beruhen, sondern nament lich bei dem Interesse, das der Staat an einer möglichst gerechten Veranlagung der Steuer hat, haben wir uns schließlich, wenn auch nicht gerade gern — denn wir hätten das lieber den Kommunal behörden überlassen — entschlossen, mit einer staatlichen Gesetz gebung einzugreifen, die obligatorisch für alle Gemeinden wirken soll. Das hat auch noch den Vorteil, daß das Bedenken gegen das kommunale Einschreiten, das darin liegt, daß eine Kommune fürchtet, gegenüber der anderen Kommune, die solche Maßnahmen nicht ergreift, in Nachteil zu kommen, beseitigt wird; es ist ein Vorzug, den die allgemeine Gesetzgebung gegenüber der partikularen Gesetzgebung der Kommunen hat. Sie sehen hieraus schon, daß für uns im Vordergründe steht eine gerechte, dem Umfang und der Bedeutung, den Ausgaben, die den Gemeinden erwachsen, und den Vorteilen, die diese Be triebe von den Gemeinden haben, entsprechende Besteuerung. Meine Herren, man hat dem Entwurf vorgeworfen, er wider spreche der Reichsgesetzgebung; denn er greise willkürlich einzelne Betriebe heraus zu einer übermäßigen Besteuerung und habe viel leicht die Absicht, zu einer gänzlichen Vernichtung dieser Groß betriebe zu führen. Wenn Sie sich den Entwurf ansehen, so werden Sie sich überzeugen, daß das keineswegs der Fall ist. Ich bin persönlich der Meinung, daß es höchst bedenklich ist, soziale Umgestaltungen lediglich durch die Gestaltung der Steuerverfassung herbeiführen zu wollen. (Hört, hört! bei den Nationalliberalen.) Das kann zu sehr bedenklichen und, möchte ich sagen, endlosen Konsequenzen führen. (Sehr wahr! bei den Nationalliberalen.) Aber, ich bin wohl der Meinung, daß eine Steuerverfassung, die steuerliche Gesichtspunkte verfolgt, eine Gleichmäßigkeit der Belastung bezweckt und zugleich durch die Gerechtigkeit der Besteuerung sozial nützliche Folgen hat, in jeder Weise erlaubt ist (sehr richtig! rechts) und mit der Reichsgesetzgebung nichts zu thun hat. Es giebt ja eine nationalökonomische Anschauung — und wir stoßen auf dieselbe bewußt oder unbewußt; zum Teil steckt sie noch in uns selbst —, die der Ansicht ist, daß Konzentration der Betriebe, Verbilligung der Waren, Stei gerung der Reinerträge stets der größte Fortschritt ist, den die Gesellschaft machen kann (hört, Hort! links), und daß nichts geschehen darf, um eine solche Entwickelung zu hindern. (Hört, hört! links.) — Ja, »hört, hört!» (Heiterkeit.) Meine Herren, unsere staatliche Besteuerung beruht auf diesem Prinzip; sie be steuert Personen, nicht Sachen, nach der Leistungsfähigkeit, nach den Reinerträgen, die sic einnehmen. (Sehr richtig!) Wir haben diesen Grundsatz auf die Kommunalsteuern nicht anwenden können; das wäre auch gänzlich falsch gewesen. (Sehr richtig! rechts.) Dort heißt es nicht bloß: welche Leistungsfähigkeit hat der Steuer- verpfltchtete, sondern in welchem Verhältnisse stehen seine Be sitzungen und Betriebe zur Kommune? (Sehr richtig! rechts.) Hier handelt es sich nicht bloß um Leistungsfähigkeit, sondern um Leistung und Gegenleistung. Meine Herren, auch ich bin der Ansicht, daß mit diesem Satz: jede Erhöhung des Reinertrags ist ein Fortschritt, großer Miß brauch getrieben wird. Gewiß können Fabrikbetriebe billiger arbeiten als der Handbetrieb; aber bei dieser Vergleichung darf nicht außer acht gelassen werden, daß oft der Handbetrieb sonst wertlose Zeit wertvoll macht. Wenn ein Korbflechter auf dem Lande allerdings mehr Zeit gebraucht, um einen Korb herzustellen, als wenn ein solcher Korb fabrikmäßig hergestellt wird, so wäre doch die Zeit des Handarbeiters verloren gewesen und völlig wertlos, wenn er zu dieser Arbeit nicht übergegangen wäre. (Sehr richtig! rechts.) Der Wert der Hausarbeit, der Wintcrarbeit, wo sonst gar keine Arbeit ist, wird bei dieser ausschließlichen Berück sichtigung des höchsten Reinertrages vielfach verkannt. Aber wir sind ja schon neuerdings dazu übergegangen, dieses Prinzip der Verschiedenheit der Leistungsfähigkeit der Betriebe selbst auf die Verbrauchsabgaben möglichst weit anzuwenden. Ich führe in dieser Beziehung als Beispiel unsere Branntweinsteuer an. Hätten wir 100 Millionen Mark neue Steuern von diesem Gewerbe verlangt und einfach eine gleichmäßige Steuer von allen Betrieben erhoben, ohne Rücksicht darauf, ob der Branntwein in großen gewerblichen oder in kleineren landwirtschaftlichen Betrieben hergestellt wird, ohne Rücksicht darauf, welches die Selbstkosten der einzelnen Be triebsunternehmer sind, so hätten wir allerdings nach dem Prinzip des höchsten Reinertrages als des größten Fortschritts gehandelt. Aber wenn der Staat seinerseits durch seine Maßregeln, durch seine Steuern in die Gewerbeverhältnisse eingreift, dann hat er auch die Pflicht, thunlichst nach der Leistungsfähigkeit zu fragen, um die sozialen Gesichtspunkte, die für den Staat maßgebend sind, in Betracht zu ziehen. Hätten wir damals operiert wie in Eng land, so würden wir nach zehn, zwölf Jahren vielleicht zehn, zwanzig riesige gewerbliche Branntweinbetriebe gehabt haben, und wir hätten die landwirtschaftlichen Brennereien sämtlich ruiniert (sehr richtig! rechts), wir hätten den Viehstand ruiniert, den Dünger der Landwirtschaft entzogen. Ich habe mal früher gesagt: an die Stelle der Kartoffel- und Kornfelder würde in diesem Fall in vielen Gegenden die Fichte treten. (Sehr richtig! rechts.) Solche großen sozialen Zwecke kann der Staat nicht außer Be tracht lassen; namentlich wenn er selbst durch seine Maßregeln in das wirtschaftliche Leben eingreift, dann muß er diese sozialen Gesichtspunkte auch im Auge behalten. Wir haben bei der Zucker steuer in ähnlicher Weise verfahren; wir müssen aus anderen Ge sichtspunkten beispielsweise beim Schutzzoll die Waren verteuern, lediglich um die verschiedenen Konkurrenzbedingungen zwischen den verschiedenen Staaten und Völkern auszugleichen. Dieses Prinzip ist unbrauchbar in seiner Nacktheit und Schroff heit für die staatliche Gesetzgebung; aber ich wiederhole, der Staat darf nicht die Steuer lediglich gebrauchen, um von ihm theoretisch ersonnene, als heilsam erachtete soziale Umwälzungen herbeizu führen; die Steuer selbst muß eine in sich von ihrem Standpunkte aus berechtigte sein. Meine Herren, als wir unsere Gewerbesteuerordnung hier be rieten, die ja schon wesentlich den Gesichtspunkt der Progression — gegenüber der früheren Gewerbesteuer, die progressiv nach unten war — verfolgte, hatten wir diese neuere Entwickelung der Groß bazare noch nicht vor uns. Wir verließen uns, wie gesagt, auch darauf, daß solche Veränderungen, die ja heute sehr rapide hervor treten, in den Konkurrenz- und in den Betriebsverhältnissen von den Gemeinden gehörig beachtet und ihnen gegenüber die Ge meindeautonomie in Wirksamkeit treten würde. Jetzt haben wir aber diese gewaltigen Einwirkungen, die Anwendung des Groß kapitals auf den Detailverkauf, auf die direkten Beziehungen zum Publikum heute vor uns; die Frage ist heute eine ganz andere. Wir sehen auch keinen anderen Weg, hier zum Ziele zu kommen, und deswegen haben wir diese Vorlage gemacht. Meine Herren, über die Form der Besteuerung kann man ja verschiedener Meinung sein. Wir waren zuerst der Meinung, daß es besser wäre, sie an bestimmt feste Merkmale anzulehnen, in denen sich die größere steuerliche Leistungsfähigkeit der Großbetriebe besonders zeigt: Personal, verschiedenartige Branchen, Lokal; in allen diesen Beziehungen haben diese Großbetriebe die größten Vorteile, daran wollten wir anschließen. Das Resultat wäre auch nicht viel anders gewesen als jetzt, wo wir die Umsatzsteuer Vorschlägen, denn alle diese Merkmale lassen sich bezeichnen als Merkmale eines größeren Umsatzes. Die Umsatzsteuer habe ich einmal hier als eine an sich rohe bezeichnet, und unzweifelhaft ist sie das dann, wenn man den Reinertrag als Grundlage der Steuer sucht. Anders liegt die Sache aber bei den Realsteuern; da wird nicht der Inhaber des Geschäfts besteuert, noch seine persönliche Leistungsfähigkeit, sondern das Unternehmen (sehr richtig!), die Firma, das Geschäft ist das Steuer objekt. (Zuruf links.) Deswegen kann auch nicht unterschieden werden in der Gewerbesteuer zwischen Gewerbebetrieb mit eigenem
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