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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.09.1903
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- Erscheinungsdatum
- 02.09.1903
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- Deutsch
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6692 Nichtamtlicher Teil. 203, 2. September 1903. von Bestimmungen auf, die in andern Staaten eine der Rechtsentwicklung und dem praktischen Bedürfnis angemessene Verbesserung inzwischen erfahren haben. Österreich hätte im Jahre 1895 ein bei weitem aktuelleres Urheberrecht unter Vollwürdigung der Ergebnisse der Wissenschaft und der Entwicklung, die Literatur und Kunst bei Ausgang des vorigen Jahrhunderts mit Aus breitung des Verkehrs genommen hatten, schaffen können; allein dies ist nicht geschehen, weil man sich von dem kaiserlichen Patent vom Jahre 1846, das auf längst über holte Verhältnisse zugeschnitten war, in einzelnen Haupt grundzügen nicht trennen zu können glaubte. So kam es, daß das österreichische Urheberrechtsgesetz vom Jahre 1895, wenn man ihm auch das Verdienst nachrühmen -muß, daß es den Grundsatz der Einheitlichkeit der Urheberrechte als erstes Gesetz des Kontinents zum Ausdruck brachte, eine Neu belebung auf literarischem Verkehrsgebiet im eignen Lande nicht herbeiführen konnte. Was den internationalen lite rarischen Verkehr betrifft, so schließt es sich in wesentlichen Punkten weder den literarischen Konventionsbestimmnngen, noch neuzeitlichen Urheberrechtsgesetzen andrer Staaten an, ist also hier eher ein Hemmnis für den Verlags- und Autoren verkehr als ein Binde- und Angliederungsmittel. Welcher Autor aber wird sich veranlaßt fühlen, ein Werk in einem Staate zu verlegen, der ein kodifiziertes Verlagsrecht nicht besitzt und dessen Urheberrechtsgesetz seinem Werke als Ursprungsland weder den Schutz der Konvention, noch im eignen Lande einen seinem Heimatland analogen Rechts schutz gewährt! Es darf daher nicht wundern, wenn zwischen Österreich und Deutschland wie auf andern Gebieten so auch im ver lagsgeschäftlichen und literarischen Verkehr das Prinzip der Trennung mehr und mehr zum Ausdruck kommt und wenn unter den natürlichen Folgen dieser Trennung Verleger wie Autoren mit zu leiden haben. Es vollzieht sich hier, wenn auch sehr allmählich, ganz der nämliche Vorgang, wie wir ihn auf ausgesprochen merkantilen Gebieten, z. B. im Bank- und Börsenwesen, seit geraumer Zeit zwischen Wien und Berlin beobachten konnten. Berlin hat Wien auf diesem Gebiete längst überflügelt, und elfteres ist heute tonangebend geworden. In der Verlagsbranche vollzieht sich zwischen Wien, Berlin und Leipzig etwas ganz Ähnliches. Wir be zogen früher viele Bücher und Zeitschriften aus Wien, heute beziehen wir sie zum übergroßen Teil aus Leipzig und Berlin. Die Verlagsverhältnisse gravitieren dorthin und bringen es mit sich, daß einzelne Wiener Verlagsgeschäfte Zweigniederlassungen in jenen Verlagszentren errichtet haben und daß Wiener Autoren heute in sechs von zehn Fällen in Leipzig und Berlin ihre Werke verlegen und nicht in Wien. Warum? Antwort: Nicht wegen der ungünstigen Zeitver hältnisse, über die ja auch in deutschen Verlegerkreisen seit den letzten Jahren geklagt wird, sondern weil das Verlags geschäft in Österreich neben anderm an sich selbst die Wirkungen heute mehr und mehr empfindet, die ihm einesteils die politische Trennung von Deutschland, andern - teils seine eigne unzulängliche Gesetzgebung und sein Fern bleiben von der Berner Literarkonvention gebracht haben. Als letzte Konsequenz der einer Fortentwicklung des österreichischen Verlagsgeschäfts ungünstigen Zustände kommt noch die Ungleichheit der Rechtsprechung in streitigen Verlags rechtsfällen hinzu, die, hervorgerufen durch die Verschieden heit der Gesetze und die richterliche Divergenz, die deutschen Autoren mehr und mehr abhält, mit österreichischen Ver lagen in Beziehung zu treten, denn in Ermangelung eines kodifizierten Verlagsrechts bleibt heute dem deutschen Autor in diesem Fall nur der eine Ausweg, einen minutiös ge faßten schriftlichen Verlagsvertrag abzufassen, bevor er ein Werk an eine österreichische Verlagsfirma zur Vervielfältigung ausliefert. Im andern Fall nämlich, bei bloßer Hingabe des Manuskripts ohne bestimmten schlüssigen schriftlichen Ver trag, hat ein österreichischer Verleger zufolge tz 20 des öster reichischen Urheberrechtsgesetzes das Recht, mit der Herausgabe des Werks drei Jahre lang zu warten, und kann erst dann gerichtlich zur Vervielfältigung des Werks angehalten wer den. Zu welchen Konsequenzen eine solche gesetzliche Bestimmung führen kann, wenn sich Autor und Verleger nach Ablieferung des Manuskripts Überwerfen, leuchtet ein. Es ist dies denn zweifelsohne auch die bedenklichste Be stimmung, die in das neue österreichische Urheberrechtsgesetz von 1895 noch während der Entwurfsberatung (der Z 20 fehlte in der Regierungsvorlage) hineingeschlüpft ist. Ein nam hafter deutscher Publizist, Herr Geheimer Legationsrat Freiherr vr. von Poschinger, hat diese Bestimmung als geradezu »antediluvianisch« bezeichnet, ein Prädikat, das sie in der Tat verdient. Unbegreiflicherweise wird diese, ein dreijähriges Deliberationsrecht dem österreichischen Verleger einräumende Gesetzesbestimmung in dem Kommissionsbericht des Herren hauses als eine »zugunsten der Urheber« im Ver hältnis zu den Übernehmern ihrer Werke geschaffene Neu bestimmung bezeichnet. Es findet sich dort folgende Motivierung: Z 20 des Urheberrechtsgesetzes enthält eine neue Rechtsbestimmung für den nicht seltenen Fall, daß das Recht zur Herausgabe svon einer Pflicht zur Herausgabe auf Seite des Verlegers wird nämlich im österreichischen allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch nirgends gesprochen, vergl. dagegen Z 1 Satz 2 des deutschen Verlagsgesetzes, woselbst diese Pflicht ausdrücklich betont ist) zwar er worben, aber ohne den Willen und ohne Verschulden des Urhebers unausgeübt geblieben ist, sei es daß die Herausgabe des Werks dem Verleger nachträglich nicht lohnend genug erschien, sei es daß andre Gründe oder Zwecke dahin geführt haben, ein noch nicht erschienenes Werk am Erscheinen zu verhindern oder ein vergriffenes Werk sUL. vor 3 Jahren!) nicht weiter erscheinen zu lassen. In solchen Fällen wird freilich ein sorgfältig abgefaßter Verlagsvertrag dem Urheber das Recht geben, auf Herausgabe und entsprechende Verbreitung des Werkes zu klagen.« Wo aber solches nicht der Fall, das Manuskript, wie es im Verkehr unter Abwesenden besonders häufig vorkommt, dem Verleger ohne vorherige Abfassung eines Vertrags ein- gesandt und zur Herausgabe mit oder ohne Zahlung eines Entgelts behändigt ist, da liegt der Fall in Öster reich anders. Hier kann der Verleger das Manuskript behalten, wenn es ihm gefällt, es drei Jahre in seinen Schreibtisch sperren, und erst nach Umfluß jener Zeit kann er vom Urheber gerichtlich zur Herausgabe bezw. Drucklegung angehalten werden. Diese ominöse Gesetzes bestimmung des neuen österreichischen Urheberrechts wird denn auch in der österreichischen Verlagspraxis als ein sehr nützliches Ventil in Fällen nicht unbenützt gelassen, wo nach der Hand der Verleger die Herausgabe des Werks verzögern oder wieder ganz fallen lassen möchte, weil seine Ansichten und Entschließungen sich geändert haben. Mit der Heraus gabe hat es dann gute Weile, denn der österreichische Ver leger braucht, wo ein bestimmter und schlüssiger schriftlicher Vertrag über die Herausgabe des Werks nicht zustande ge kommen ist und dem Urheber als Beweis seines An spruchs auf Herausgabe des Werks nicht zur Seite steht, die Drucklegung vor drei Jahren nicht in Angriff zu nehmen. Er kann dem Urheber das Manuskript wieder zur Verfügung stellen und erklären: »Ihr Drängen
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