287, 10. Dezember 1904. Fertige Bücher. 11227 Abrutsche iVerkage-<Knsiakt Leipzig Atuttzark Kerkin Der Türmer über die (AkassEer der Aunsi m Gesamtauegaöen fragt sich staunend, warum unser so geschäftiger Buchhandel wohl nicht früher auf diesen Gedanken gekommen ist, der doch so nahe liegt. Der Deutschen Verlags-Anstalt in Stuttgart gebührt das Verdienst, ein in der Literatur und auch in der Musik längst gewohntes Verfahren auf die bildende Kunst übertragen zu haben. Sie gibt in ihren „Klassikern der Kunst" Gesamtausgaben der Werke der bedeutendsten Meister aller Zeiten. Bis jetzt sind vier Bände erschienen: Raffael, Rembrandt, Tizian und Dürer?) Auf einem sehr glücklich satinierten, nicht zu grellen Papier folgen sich die Bilder nach der Zeit ihrer Entstehung. Kein Begleittext tritt dazu, keine Anmerkung, unser Auge soll unbehindert von allem Ablenkenden selbständig genießen lernen. Bilderbücher in der allerschönsten Bedeutung des Wortes, Bilderbücher für jung und alt, wahre Lausschätze an Schönheit und tiefstem Empfinden, un- erschöpfliche Brunnen für Anregungen und Genüsse der erlesensten Art. Wahre Lausbücher sind diese Bände, und ich denke es mir besonders schön, daß die ganze Familie zusammen ein solches Buch be trachtet und genießt. In einer gut geschriebenen Einleitung wird das Wichtigste über Leben und Wirken des betreffenden Künstlers mitgeteilt, aus ihr vermag der Erzieher des Laufes jene kleinen Einzelheiten zu schöpfen, die bei der Vorlage des Bildes zumal der Jugend oft den besten Anhalt zu einem Eindringen in das Wesen der Persönlichkeit des Künstlers ermöglichen. Was auch die gründlichst geschriebene Biographie niemals vermag, das werden diese Bücher leicht erreichen können, nämlich ein wirkliches Ver trautmachen mit den größten Künstlern aller Zeiten. Es ist darum besonders dankenswert, daß die Ver lagshandlung das ganze Unternehmen von vornherein im Preise so berechnet hat, daß tatsächlich auch den minder Bemittelten die Anschaffung möglich ist. Denn der Band „Raffael" mit seinen 202 Abbildungen kostet 5 Mk., der bisher stärkste Band „Dürer" mit seinen 447 Abbildungen kostet 10 Mk., beide in vor züglicher Ausstattung, in starkem, dauerhaftem Einband. Wenn man sich sagt, wie schnell 10 Mark für materielle, oder auch fragwürdige geistige Genüsse, den Besuch überflüssiger Theatervorstellungen u. dgl. ausgegebe» sind, und was man hier dafür eintauscht, so hieße es an der Gesundheit unseres deutschen Volkes verzweifeln, wenn diesen Bänden nicht eine Aufnahme zuteil wird, wie wir, die sonst ja längst als schlechte Bücherkäufer verschrien sind, sie schon lange unser» Klassikern der Literatur bereitet haben. Dann aber wird ein Band wie dieser „Dürer", der nicht nur die berühmten Gemälde, sondern auch die in ihrem Gehalte unerschöpflichen Kupferstiche und Lolzschnitte vollständig wiedergibt, eine Fülle von Segen ausstrahlen können. Das Problem „Kunst im Lause", um das wir uns so viel quälen und über das so viel geschrieben wird, ist mit diesen Bänden gelöst. vr. Karl Storck im Dezemberheft 1904 des „Türmer" ') Soeben erschien auch Bd. Vi Rubens.