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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.10.1904
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- 25.10.1904
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- Deutsch
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^ 249, 25. Oktober 1904. Nichtamtlicher Teil. 9247 Annoncen sich so häufen, daß zu einer Prüfung häufig die Zeit fehlt und sie ungelesen in den Papierkorb wandern. »Wenn Annonce und Prospekt das alleinige Mittel würden, die Kauflust zu wecken, so würde die große Mehrzahl von ihnen ungelesen bleiben, weil sie sich in ihrer Masse gegen seitig erdrücken würden: der Erfolg solcher Veröffentlichung nimmt mit ihrer Vermehrung rapide ab.« Herr Professor Wissowa hat seine Bücherrechnung daraufhin geprüft, wieviel er gekauft hätte, wenn er die Bücher, ohne sie prüfen zu können, hätte bestellen müssen, das Ergebnis war eine Reduktion der Jahresausgabe von 500—600 ^ auf 300— 400 Er empfiehlt andern Konsumenten, auch ihrerseits diese Probe zu machen. Bei den öffentlichen Bibliotheken liege die Sache freilich anders: bei ihnen bedeute Verminderung des Rabatts eine Schwächung ihrer Kaufkraft und »damit eine Schädigung ihrer auf das öffentliche Wohl gerichteten Zwecke«, und eine Erhöhung ihrer Bezüge sei eine zwar wünschenswerte aber sehr schwierige Sache. Die von mir befürwortete Bevor zugung der Bibliotheken durch Gewährung eines höhern Rabattsatzes ist sachlich durchaus gerechtfertigt, denn die Bibliotheken bieten eine Gegenleistung als Verbreiter der Kenntnis von den Büchern und der Liebe zu den Büchern und ferner als sichere und ständige Großabnehmer.« Wissowa wünscht, daß die Buchhändler den Bibliotheken gegenüber in der Rabattfrage einen Schritt zurück tun werden, und der Buchhandel hat sich diesem Wunsche gegenüber ja auch nicht ablehnend erwiesen. Wissowa hat mit dieser sachlich und liebenswürdig ge schriebenen Beurteilung Büchers dem Buchhandel einen er heblichen Dienst erwiesen. Es sei ihm hiermit der wärmste Dank dafür abgestattet. (Fortsetzung folgt.) Kleine Mitteilungen Verbotene Druckschriften. — Durch Beschluß des König lichen Amtsgerichts I Abt. 126 zu Berlin vom 17. d. M. ist die Beschlagnahme der Beilage 1 zu Nr. 42 der periodischen Druck schrift »Die Zeit am Montag« vom 17. d. M. wegen der darin enthaltenen unzüchtigen Erzählung »Lorenzos Heirat« auf Grund des § 184' des Strafgesetzbuchs angeordnet worden. — Durch rechtskräftiges Urteil der III. Strafkammer des König lichen Landgerichts zu Beuthen vom 21. v. M. ist (mit der sich aus ß 412 ^os Strasgesetzbucks ergebenden Einschränkung) auf Unbrauchbarmachung aller ^Exemplare ^ des ^ Liederbuchs: ^ Ui68vi Durch Beschluß des Königlichen Amtsgerichts zuJnowrazlaw vom 15. d. M. ist die Beschlagnahme der polnischen Druckschrift: lan 8a>v6 Lpis^nik digtorzwLv^ 1767—1863 (Johann Sawa, histori sches Liederbuch 1767—1863; Lemberg 1905; Polnische Verlags- Gesellschaft, Hauptniederlage. In der National-Buchhandlung in Lemberg) angeordnct worden, weil die in dem Liederbuch auf den Seiten 32, 44, 57, 91. 93. 113, 168, 195 und 199 veröffentlichten Gedichte den Tatbestand des § 130 des Strafgesetzbuchs enthalten. Freiherr v. Schlicht (Wolf Graf Baudissin), Erst klassige Menschen. — Am 22. d. M. begann in Berlin vor der II. Strafkammer des Landgerichts 1 die Verhandlung gegen Verfasser und Verleger des beschlagnahmten Buches: Freiherr von Schlicht (Wolf Graf Baudissin), »Erstklassige Menschen«. Wir folgen im Nachstehenden einem Bericht in der Nationalzeitung (Berlin): Die Anklage richtet sich gegen den Schriftsteller Graf Bau dissin sowie gegen die Inhaber der Otto Jankeschen Verlags buchhandlung, Or. pllil. Erich Janke und verwitwete Frau vr. Janke. Den Vorsitz im Gerichtshof führt Landgerichtsdirektor Hahn, die Anklage vertritt Staatsanwalt Liebenow, die Ver- Stein. ^ Als literararischer Sachverständiger ist Freiherr von Liliencron zur Stelle. Der im Otto Jankeschen Verlag erschienene Roman »Erst klassige Menschen- ist Anfang Februar erschienen und am 17. März d. I. beschagnahmt worden. Der Angeklagte, der unter schieden, daß sein Roman den Charakter einer Schmähschrift habe. Als solche sei er keineswegs gedacht; vielmehr habe er eine sehr ernste Tendenz und wende sich gegen den im Offizierkorps herrschenden Kastengeist und gegen verschiedene Mißstände, die sich aus der falschen Haltung der Gesellschaft gegenüber den Offizieren ergäben. Die Tendenz der Besserung, nicht der Beleidigung sei der Grundzug des Buches. Er sei sich nicht bewußt, irgend etwas andres gesagt zu haben, was er nicht schon in andern Schriften, die das Leutnantsleben schildern, gesagt hätte. Die in Offiziers kreisen vielfach herrschenden Ansichten, die Geldnot mancher Offiziere usw., die Folgen, die daraus entstehen, wenn junge Leute ohne die genügenden Mittel Offizier werden und über ihre Verhältnisse leben, das schließliche Ende, daß die jungen Leute dann zur Pistole greifen oder vor den Ehrenrat kommen, habe er nicht nur in manchen Geschichten, sondern auch in andern Arbeiten wiederholt behandelt. Er habe nicht etwa fabrikmäßig gearbeitet, um die »Kon junktur Bilse« auszunutzen; er habe vielmehr Bilses Buch überhaupt nicht gelesen gehabt. Angeregt zu dem Roman sei er durch Beyer leins »Jena oder Sedan-; er habe länger als sonst, nämlich neun Monate, daran gearbeitet. Er sei Aristokrat und selbst zwölf Jahre Soldat gewesen, seiner nähern Familie gehörten viele Offiziere an, Er habe regen Verkehr mit Offiziersfamilien, sein einziger Sohn solle Offizier werden, jeder, der ihn kenne, werde bekunden, daß er Liebe zum Offizierstande habe. In seinem eignen Offiziersleben habe er niemals Kränkungen erfahren, die ihn verbittert hätten, er habe freiwillig seinerzeit den Abschied genommen, um ganz der Schriftstellerei zu leben. Er wisse, daß der Kaiser alle seine Schriften lese, seine Theaterstücke würden in den ersten Theatern auf geführt und sowohl in Preußen, wie in Sachsen, in Österreich, in Rußland von den allerhöchsten und höchsten Herrschaften besucht. Er habe zur achtzigsten Geburtstagsfeier von Exzellenz von Werder das Festspiel »Der Stolz der Maikäfer« verfaßt — kurz, er habe keineswegs eine offiziersfeindliche Tendenz. Er habe mit seinem Roman begonnen, als von Bilses Roman noch gar nicht geredet wurde. Von Bedeutung für das Entstehen des Buches sei auch der Selbstmord eines ihm nahe bekannten jungen Öffiziers gewesen, der sich wegen übergroßer Schulden das Leben genommen habe. Da habe er sich mit der Frage beschäftigt, wie cs möglich sei, daß einem so blutjungen Menschen ein Kredit von 65000 ^ eingeräumt werden konnte. Man leihe das Geld eben nur dem Offizier im bunten Nock. Die Schuld an diesem Selbstmord hätte nach seiner Meinung die Ge sellschaft, die jeden Offizier verwöhne und es ihm übermäßig leicht mache, Kredit zu erlangen: sein Buch richte sich daher nicht gegen die Offiziere, sondern gegen die Gesellschaft, die aus ihnen »erst klassige Menschen« geradezu großzüchte. Die Gesellschaft sei schuld, wenn sich Mißstände im Offiziersleben herausgebildet hätten, Er habe in seinem Buch auch deutliche Mittel zur Abhilfe angegeben. Als der Roman erschienen mar, habe zunächst auch kein Mensch Be leidigungen darin erblickt, am wenigsten der Kriegsminister, der den Roman sehr bald gelesen hätte. Erst sechs Wochen später sei die Beschlagnahme verfügt worden, nachdem Bebel im Reichstag dem Kriegsminister gegenüber auf das Buch hingewiesen hatte. Der Titel »Erstklassige Menschen« und die Bezeichnung »Zitronen falter. rührten gar nicht von ihm her, beide Bezeichnungen seien bei einer darauf bezüglichen Besprechung von einem Freunde vor geschlagen worden. Mit den »Zitronenfaltern, seien keineswegs die »Maikäfer« gemeint, das Gardefüsilier-Regiment habe sich auch gar nicht getroffen gefühlt und seinerzeit in den Zeitungen kund gegeben, daß es auch keinen Strafantrag gestellt habe. Schon die Tatsache, daß sein Roman in einem sehr angesehenen Verlage er schiene, sollte doch den Verdacht, daß es sich um eine Schmähschrift handle, ausschließen. Die Vertreter der Jankeschen Verlagsbuchhandlung haben sich nur wegen Verbreitung des Romans nach seiner Beschlagnahme zu verantworten. Der Angeklagte Herr vr. Erich Janke weist darauf hin, daß die Werke des Grafen Baudissin schon seit zehn Jahren in seinem Verlag erscheinen. Schon im Frühjahr 1903, noch ehe Bilses Roman herausgekommen war, habe er mit dem Angeklagten münd- sollte, verhandelt. Er habe also keineswegs die »Konjunktur« wahr nehmen wollen, und im Vertrauen auf die Autorität des Verfassers sein Werk in Verlag genommen. Jedwede beleidigende Absicht habe ihm völlig serngelcgen. Nach der Beschlagnahme habe er das Werk aus seinem Verlage ausgeschieden und das Urheberrecht einer Wiener Verlagsanstalt übertragen. In Österreich sei von Anfang an der Absatz ein sehr großer gewesen, denn fast ein Drittel der ersten Auslage sei nach Österreich gegangen. — Frau vr. Janke bestätigte die Angaben ihres Sohnes. Der Verlag hatte die Überzeugung, daß der Roman nach kurzer Zeit wieder Die Gattin des Grafen Baudissin bekundete über Ent stehungsart und Tendenz des Romans auf Grund der Unter- 1215*
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