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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.07.1904
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 04.07.1904
- Sprache
- Deutsch
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^ 152, 4, Juli 1904. Nichtamtlicher Teil. 5783 Die unsittliche Literatur und der Buchhandel. Ein zweites Wort von H. Seippel. (Bgl. Nr. 121 d. Bl.) Von seiten hochgeehrter Berufsgenossen habe ich auf meinen ersten Artikel in Nummer 121 des Börsenblattes so viele überaus ermutigende Zustimmungen empfangen, daß ich dem mir gleichzeitig ausgesprochenen Wunsche, den be- schrittenen Weg weiter zu verfolgen, gern Nachkomme. Wenn ich auch fest überzeugt war, daß man in den weitesten Kreisen des deutschen Buchhandels die mit dem Anwachsen der unsittlichen Literatur verbundene Gefahr schon lange erkannt hat, so war mir doch zweifelhaft, in wieweit einflußreiche und maßgebende Persönlichkeiten des Buchhandels sich bereit zeigen würden, ein energisches und zielbewußtes Vorgehen zu unterstützen — ich meine nicht nur moralisch und materiell, sondern ohne jeden Rückhalt auch der Öffentlichkeit gegenüber. Im Hinblick auf die mir gewordenen Zuschriften bin ich aufrichtig erfreut, mich einig zu wissen mit so vielen Kollegen in der Überzeugung, daß der deutsche Buchhandel die durch nichts abzuweisende Pflicht hat, einerseits durch geeignete Maßregeln dem geradezu unheilvollen Treiben einzelner aus seiner Mitte ganz energisch entgegenzutreten, während ihm anderseits die Aufgabe zufällt, sich der großen Bewegung anzufchließen, die jetzt von Berlin aus in die Wege geleitet ist. Am 16. Juni ist in einer durch Otto von Leixner etn- berufenen Versammlung der »Volksbund zum Kampf gegen den Schmutz in Wort und Bild« gegründet worden. Ein Aufruf zum Beitritt wird in Kürze durch ganz Deutschland verbreitet werden. Aus den gedruckt vorliegenden Satzungen mögen hier die Hauptpunkte folgen: 8 1. Der Volksbund bezweckt die sittliche Gesundung des deutschen Volkes, insbesondere durch Bekämpfung des Schmutzes in Wort und Bild. Konfessionelle und parteipolitische Bestrebungen sind ausgeschlossen. Z 2. Als Mittel zur Erreichung dieses Zieles sollen u. a. dienen: ») Einwirkung auf das allgemeine Sittlichkeitsbewußt sein durch Abhaltung oon Vorträgen, Verbreitung von Schriften, Zeitungsartikeln u. dergl. b) Schriftliche und mündliche Vorstellungen bei Be hörden, Parlamenten usw. Z 3. Mitglied des Bundes kann jeder Großjährige werden, der sich im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte be findet und sich zu einem Jahresbeitrag von mindestens 1 .K verpflichtet, — Vereine, die bereit sind, die im 8 1 bezeichneten Bestrebungen zu unterstützen, können als Mitglieder ausgenommen werden. Zum Beitritt in den »Volksbund- möchte ich hier mit meine Kollegen im Buchhandel auffordern. Mit den leitenden Persönlichkeiten des Volksbundes in Verbindung getreten, ist mir ausgesprochen worden, daß man auf die Beteiligung des Buchhandels großen Wert lege. Das Programm des Volksbundes ist in den vorstehend aufgefllhrten ZK 1- 3 klar vorgezeichnet. Zu einem Be denken gibt nur der Z 2 sub b Anlaß: »Schriftliche und mündliche Vorstellungen bei Behörden, Parlamenten usw. . . .« Hieraus könnte sich nämlich das Bestreben entwickeln, gegen literarische und künstlerische Publikationen eine Art Zensur heraufzubeschwören, eventuell sogar eine verschärfte Heinze herbeizuführen. Wenngleich ich den leitenden Personen im Volksbunde derartige Bestrebungen gewiß nicht zutraue, so habe ich es doch für nötig erachtet darauf hinzuweisen, indem ich glaube, daß der Buchhandel schon im Hinblick auf solche »Möglich keiten- das allergrößte Interesse haben muß, dem Volks bunde als stimmberechtigter Faktor anzugehören. Viel schwerer fällt dabei natürlich unser moralisches Gefühl — unser Gewissen — ins Gewicht. Wenn wir uns vergegen wärtigen, daß jetzt die Begründung eines »Volksbundes zum Kampf gegen den Schmutz in Wort und Bild- ohne unsere Mitwirkung erfolgt ist, wenn wir uns ferner offen und ehrlich gestehen müssen, daß dieser »Schmutz« zum Teile vom Buchhandel produziert wird, so dürste doch wohl neben dem Gefühl der Beschämung und des Zornes, ganz selbstverständlich auch, und zwar mit ge bieterischer Macht, das Pflichtgefühl in uns sich regen, den Kampf gegen den Schmutz in Wort und Bild mttführen zu wollen! Wenn solche Kampfwilligkeit nicht vorhanden wäre im deutschen Buchhandel, so würde unser deutsches Volk uns mit vollem Rechte der Rück ständigkeit zeihen müssen. Ja noch, mehr — wir würden als Mitschuldige vor aller Welt dastehen, denn es ist nicht hinwegzuleugnen, daß der Buchhandel unsittliche Literatur produziert und vertreibt. Niemand von uns darf sich damit ausreden, daß nur eine verhältnismäßig kleine Anzahl buchhändlerischer Firmen in Frage komme. Im übrigen ist die Frage der unsittlichen Literatur nicht etwa nur eine buchhändlerische Angelegenheit, sondern sie geht unser ge samtes deutsches Volk an. Und daraus ergibt sich für uns die Aufgabe und Pflicht, teilzunehmen an dem Kampf, der jetzt ausgenommen ist. Im Vertrauen auf allseitige Entschlossenheit erkläre ich mich bereit, Anmeldungen zum Eintritt in den Volks bund entgegenzunehmen. Da der Volksbund sich voraussichtlich sehr schnell über ganz Deutschland ausbreiten wird, so dürste die Bildung von Einzel-Gruppen erwünscht und notwendig erscheinen. Aus diesem Grunde, sowie um dem Buchhandel für seine besonderen Interessen und Aufgaben einen Mittelpunkt zu sichern, bitte ich, alle Anmeldungen an meine Adresse zu richten. Damit bezwecke ich keineswegs, für mich eine leitende Stellung zu beanspruchen; sondern im Interesse der guten Sache will ich einstweilen Fahnenträger sein, aber nur so lange, bis die Anhänger des Volksbundes im Buchhandel sich zu gemeinsamen Beschlüssen zusammenfinden werden. Sträflings-Zeitungen. Die Zeitung dehnt ihren Wirkungskreis immer weiter aus; jede kleine Stadt besitzt bereits ihr Blättchen, die großen Zeitungen der Metropolen dringen in alle Weltgegenden und zählen ihre Abonnenten nach Hunderttausenden. Selbst die großen Ozeandampfer drucken bereits ihre eigenen Zeitungen an Bord und empfangen unterwegs Marconi - Telegramme. Die Blinden haben besondere Zeitungen, die in Blindenschrift hvch- geprägt sind. In neuester Zeit aber hat man auch den Armen, die in Gefängnissen schmachten, ihre Zeitung beschert, Zeitungen, die von Sträflingen geschrieben, redigiert und gedruckt werden. Bereits früher gehörte zur Gefängnisindustrie in Nordamerika auch die Buchdruckerei. Cs erschienen dort hier und da Zeitungen, die von den Anstaltsgeistlichen geleitet wurden. Allein sic waren von nur geringem Einfluß. Als dann eine andere Art der Be handlung der Gefangenen eingeführt wurde, faßte ein Sträfling, -Nr. 1500«, die Idee, die Erlaubnis zur Gründung einer Anstalts fangene hergestellt würde. Sein Antrag fand beim Superinten denten der Gefängnisse, Mr. Collins in New Aork, freundliche Aufnahme und wurde endlich angenommen. Nach vierjähriger Redaktionsführung und Strafhaft teilt Nr. 1500 im »Lookmow« Näheres über seine Zeitung mit, die unter dem ursprünglichen Titel »8tar ok Lopo« weiter erscheint. 763'
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