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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.12.1901
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 31.12.1901
- Sprache
- Deutsch
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10780 Nichtamtlicher Teil. 303, 31. Dezember 1901. aber stürzt man sich auf die Einbände, die nicht das Buch- druckerqewcrbe, sondern die Buchbinder angehen (wie diese über die Frage denken, wird später erwähnt werden), macht aber nicht nur die Bücherdcckel, sondern die ganzen Bücher in ihrem vollen Gewichte zollpflichtig. Also wenn ein Werk ungebunden 5 Kilogramm und sein Einband 50 Gramm wiegt, so sind nicht diese 50 Gramm, sondern 5 Kilogramm und 50 Gramm zollpflichtig. Es wird also das Buch viel mehr besteuert als der Einband! Ist schon eine derartige unlogische Bestimmung schwer zu begreifen, so muß es das größte Befremden erregen, daß die Begründung der Reichsregierung — und zwar in einem besonders wichtigen Punkte — sich auf eine Behauptung stützt, die thatsächlich falsch ist. Die Vereinigten Staaten von Amerika erheben seit einer Reihe von Jahren keinen Zoll auf deutsche ungebundene oder gebundene Bücher. Der jetzt dort geltende Tarif-Akt von 1897 bestimmt in seiner Freiliste unter Nr. 502, daß Bücher, die nicht in eng lischer Sprache gedruckt sind, zollfrei bleiben. Daß auch englische Bücher, wenn sie älter als zwanzig Jahre sind, nach Nr. 501 keinem Zolle unterliegen, sei beiläufig erwähnt. Demgemäß sind denn auch in den letzten Jahren für viele Millionen neue und alte deutsche Bücher, gebunden und un gebunden, zollfrei nach den Vereinigten Staaten von Amerika eingeführt worden. Daß man beim Bücherzoll aber gerade an die Ver einigten Staaten von Amerika gedacht hat, geht aus der Rede hervor, die der Staatssekretär Graf Posadowsky am 3. Dezember dieses Jahres im Reichstage gehalten hat. In dem er dort die prohibitiven Zölle erwähnt, durch die sich gewisse Staaten gegen die Einfuhr der deutschen Fabrikate abschließen, führt er u. a. als Beispiel an, daß von Litteratur- und Kunstgegenständen, die früher an der Ausfuhr nach Amerika mit 22 Millionen beteiligt waren, nur noch 16'/, Millionen ausgeführt werden. Graf Posadowsky nimmt also ebenfalls an, daß deutsche Bücher in Amerika zollpflichtig seien. Diese Annahme ist, wie wir nachwiesen, falsch, und der Herr Staatssekretär wird anerkennen müssen, daß seine Schlußfolgerungen in diesem Punkte unrichtig sind, und daß im Gegenteil der Rückgang der deutschen Litteratureinfuhr nach Amerika gerade unter der Zollfreiheit eingetreten, also durch Ursachen veranlaßt ist, die mit der Zollpolitik gar nichts zu thun haben. Ein deutscher Zoll auf Bücher würde sich hauptsächlich gegen die Einfuhr aus Großbritannien und aus den Ver einigten Staaten von Amerika richten, da in diesen Ländern die Bücher mit verschwindenden Ausnahmen durchweg in Leinwand gebunden und gar nicht anders zu haben sind. Wem aber soll mit dem Zoll auf gebundene Bücher ge nützt werden? Der Reichskasse schwerlich, denn der gesamte Zollertrag an diesen Waren kann nur gering sein; Sachver ständige schätzen ihn auf 70 000—80 000 jährlich. Der Buchhandel hat ihn bereits abgelehnt, das Buchdruckerei gewerbe wird trotz seiner »Stimmen« nicht davon berührt; es bleiben also nur die Buchbinder, denen scheinbar aus diesem Zoll ein Schutz und Vorteil erwachsen würde Nun protestiert aber das gesamte Buchbindergewerbe Deutsch lands gegen die ihm zugedachte Wohlthat, sowohl der Ver ein deutscher Buchbindereibesitzer (Großbuchbinder) in seiner unterm 12. November d. I. an den Reichstag gerichteten Petition, als auch der Bund deutscher Buchbinder-Innungen (Handwerker) durch eine am 9. Dezember d. I. auf Anregung der Berliner Buchbinder-Innung gefaßte Resolution, die dem Reichstage und dem Reichskanzler zugehen wird. Die Buch binder sind darüber im klaren, daß ein Zoll auf gebundene Bücher ihnen gar nichts nützt, daß aber durch die unzweifel haft von anderen Ländern zu erwartenden Gegenmaßregeln ihrem Gewerbebetriebe ungeheurer Schaden zugefügt werden würde, denn die Ausfuhr von deutschen Einbänden ist sehr viel größer als die Einfuhr ausländischer nach Deutschland. Auch die Gesamtvertretung des Buchhandels, der Börsen verein der deutschen Buchhändler, wird nicht unterlassen, in einer eingehenden Petition an den Reichstag gegen den ge planten Bücherzoll Einspruch zu erheben und darzulegen, welch enormer Schaden dem Buchhandel in allen seinen Zweigen — Sortiment, Verlag, Antiquariat — durch Er schwerung der Einfuhr erwachsen würde, vermöge der mit Sicherheit zu erwartenden Repressalien anderer Länder bei der deutschen Ausfuhr. Von welcher Bedeutung diese für den Buchhandel ist, beweist die Handelsstatistik, nach der im Jahre 1900 Deutschlands Ausfuhr an Büchern, Karten und Musikalien 140 585 Doppelcentner, die Einfuhr dagegen nur 44 726 Doppelcentner, also noch nicht den dritten Teil jener betrug. In diesen Zahlen steckt eine nennenswerte Summe an gebundenen Büchern. Ein bedeutender Zwischenhandel mit dem Auslande, den die von aller Welt anerkannte vorzügliche Organisation und Schulung des deutschen Buchhandels an sich gebracht hat, ein ausgedehntes internationales Antiquariat, das in den letzten Jahrzehnten mit vieler Mühe in Deutschland ge schaffen wurde, und bei dem es sich zum erheblichen Teile um Ein- und Ausfuhr gebundener Bücher handelt, wird durch jede Erschwerung des Imports und Exports in hohem Maße geschädigt, ja sogar teilweise vernichtet werden, und dies alles, ohne daß auf anderer Seite irgend welcher Nutzen erwächst. Es ist überhaupt ganz verfehlt, ungebundene und ge bundene Bücher zolltechnisch verschieden zu behandeln, denn Buch und Einband bilden in zahlreichen Fällen ein einheitliches Ganzes. Gerade in jüngster Zeit ist man in der ganzen civilisierten Welt, vornehmlich aber in Deutschland, bemüht, die einzelnen Faktoren der Buchherstellung zu einheitlicher Gestaltung zu erziehen, und es ist der neue Begriff »Buch gewerbe« entstanden, dessen Bemühungen dahin gehen — und zwar mit bemerkenswertem Erfolge —, durch Unterricht, Sammlungen, Ausstellungen rc. Inhalt, Ausstattung und Einbände in Einklang zu bringen. Einbände dem Inhalte anzupassen, vermag in der Regel nur der Verleger, der nach eigens gefertigten Zeichnungen und Stempeln für seine Auf lagen geeignete und geschmackvolle Bücherdeckel anfertigen lassen kann, wie sie bei der Einzelherstellung niemals so paffend und auch bei weitem nicht so billig zu beschaffen sind. Es wäre zu bedauern, wenn die rauhe Hand der Zoll politik hier hemmend in die Kulturbestcebungen eingriffe. Wird der Zoll auf gebundene Bücher eingeführt, so wird, abgesehen von dem Schaden, der den einzelnen Zweigen des Buchgewerbes erwächst, die Lasten das Publikum zu tragen haben, nicht zum wenigsten die gelehrte Welt. Nicht nur werden die Bücher erheblich teurer werden, sondern ihre Beschaffung wird erschwert und namentlich sehr verzögert werden, wenn jedes gebundene Buch aus dem Auslande der Zollabfertigung und der Untersuchung ausgesetzt wird, ob darin nicht irgendwo eine Gespinstfaser angebracht ist. Ja sogar Kreuzband-Sendungen im Gewichte von mehr als 250 Gramm würden zollpflichtig werden (Z 4 des Gesetz entwurfes). Hoffentlich wird die Tarifkommission und das Plenum des Reichstages den schlecht begründeten und allseitig als ge fahrbringend anerkannten Bücherzoll ablehnen und auch fernerhin Gedanken zollfrei lassen, selbst wenn sie aus dem Auslande und in gebundenen Büchern zu uns kommen.
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