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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.10.1901
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 30.10.1901
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- Deutsch
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Börsenblatt f. d. deutschen Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 8795 Der Grundsatz des gleichen Rechts für Alle erleidet durch diese ganz künstliche und willkürliche Unterscheidung zwischen Privatleuten und Leuten der Oesfentlichkeit eine jener beliebten Ausnahmen, die man nur deshalb statuiert, weil die von einem solchen Manne eingenommene Rechts stellung momentan unbequem ist. Lasse man doch den Dingen ihren Lauf, ohne Prinzipien zu verdrehen. Durch die Macht der Thatsachen wird der Oesfentlichkeit ihr Recht werden; allein will jemand der Oesfentlichkeit sein Bild und vielleicht gerade ein Bild, an dem er durchaus keinen Gefallen findet, vorenthalten, so soll dies seine Sache sein und bleiben. Mit gleichen Scheingründen könnte man auch die ohne Vorwissen und ohne Willen eines Abgebildeten erzeugten Ausnahmen als erlaubt hinstellen wollen. Es ist selbstver ständlich, daß wenn z. B. ein Festzug oder eine öffentliche Versammlung ausgenommen wird, wobei es sich in keiner Weise um die Erzielung von Porträts oder um das Ein dringen in Privatbesitzungen handelt, ein Einspruch einer abgebildelen Person nicht möglich wäre, da alles, was in der Oesfentlichkeit klar liegt, auch ihr gehört. Anders aber ver hält es sich, wenn Momentausnahmen von ganz bestimmten Persönlichkeiten gemacht werden, z. B. von solchen im Meeres bade oder von radelnden Prinzen u. s. w. Jedermann hat das Recht, seine eigene Persönlichkeit zu schützen und zu ver bieten, daß seine Gestalt in bestimmter Form überall herum geboten, daß aus der beschränkten Oesfentlichkeit, worin sich Vorgänge wie im Meerbade abspielen, eine künstliche Oeffent- lichkeit durch den Absatz von Bildern geschaffen werde. Die oben angeführte Theorie von Rosmini reicht hier allerdings nicht aus, weil kein direkter Angriff auf die Ehrenhaftigkeit des Modells vorliegt, und doch muß dem Modell ein Klage recht zustehen, weil sich sein Recht an der eigenen Persönlich keit jeder mißbräuchlichen Spekulation, die mit dem Abbilde getrieben wird, entgegenstellt. Dieses Recht erlischt mit dem Tode der abgebildeten Person; nichts destoweniger haben in zwei berühmten Fällen die Gerichte den Schutz noch weiter ausgedehnt, indem sie andere Erwägungen zu Hilfe riefen. Schon im Jahre 1858 hat das Civilgericht der Seine die Wiedergabe von Bildern, welche die berühmte Schauspielerin Rachel aus dem Totenbette darstellten, untersagt, und zwar aus »Achtung vor dem Schmerze der Familie; diese besitzt in dieser Beziehung ein absolutes Recht, das nicht mißkannt werden darf, ohne die intimsten und heiligsten Gefühle der Natur und der Anhäng lichkeit zu verletzen«. Die mißbräuchliche photographische Aufnahme des Fürsten Bismarck auf dem Totenbette, wobei die Uhr zum Verräter ward, ist noch in aller Erinnerung; neben der Bestrafung wegen Hausfriedensbruchs wurde auch ein Prozeß anhängig gemacht behufs Einziehung der Klischees und Photographien. Die obere Instanz in Hamburg hielt die provisorische Ver fügung der Einziehung durch Erlaß vom 8. September 1898 aufrecht (s. Droit ä'Luteur 1899, S. 42), indem sie folgendes ausführte: Da schon der Lebende gegen eine solche Rechts verletzung geschützt ist, so ist auch seinen nächsten Angehörigen und insbesondere unzweifelhaft seinen Kindern das Recht zuzuerkennen, gegen jede unrechtmäßige Wiedergabe und Ver breitung des Bildes des Verstorbenen aufzutreten. . . . Im Grunde wird damit ein Eingriff in das Recht der Persön lichkeit der Hinterbliebenen begangen, herrllhrend aus der Verletzung ihrer kindlichen Gefühle?) *) Nachdem diese Arbeit schon gesetzt war, bekam ich eine (zum Studium zurückgelegte) Arbeit von Professor Köhler zur Hand, die unter dem Titel -Zum Autorrecht und Individualrecht» den Fall der Bismarck-Photographie eingehend beleuchtet (Gewerbl. Rechtsschutz und Urheberrecht, Zeitschr. o. A- Osterrieth, Juni 1909, S. 196—219). Auf die vortrefflichen Ausführungen des verehrten Meisters, betreffend die richtige Konstruktion des Individual- oder IX. Mit dem Urheberrecht haben diese letztern Fragen, wie aus ihrer Darlegung ersichtlich ist, nichts zu thun. Wenn wir zu diesem Recht zurückkehren, so können wir sagen, daß noch viele Feinde auf das ausschließliche Vervielfältigungs recht des Photographen lauern. Gerade wie Gemälde nach geahmt werden durch kolorierte Photographien, so werden auch Photographien übermalt und ohne Erlaubnis des Photo graphen vertrieben?) Da dem letzteren die Vervielfältigung durch irgendwelches Verfahren zustehen soll, so kann natürlich auch eine solche Um- oder Trugbildung einer Photographie nicht gestattet sein, ganz abgesehen davon, daß die Photo graphie in Farben schon zum Teil erfunden ist. In England ist in berühmten Prozessen die Wiedergabe deutscher Gemälde durch lebende Bilder aus einem Theater als ein unerlaubter Eingriff in die Rechte der Autoren unter sagt worden?*) Es ist anzunehmen, daß auch eine öffentliche, in gewinnsüchtiger Absicht unternommene und nicht autori sierte Wiedergabe von Photographien durch lebende Bilder als ein Eingriff in die Rechte des Photographen angesehen würde, und ebenso die Wiedergabe solcher lebenden Bilder durch irgend ein graphisches Mittel (Photographie oder Zeich nung), da hierbei nur durch ein plastisches Zwischenglied eine Rückübertragung in das Gebiet des fraglichen Bildes statt- sände?**) Endlich ist, wenn dem Photographen das volle Vsrviel- sältigungsrecht zuerkannt wird, die öffentliche, nicht autori sierte Vorführung von Projektionsbildern nach Photographien unzulässig, da damit eine lukrative Ausbeutung eines dem Photographen allein gehörigen Rechts verbunden ist. Selbst verständlich wären hier diejenigen Ausnahmen, die zu Unter richtszwecken auch aus litterarischem Gebiete gestattet sind, ebenfalls zu berücksichtigen. Ueberhaupt sind bei allen unsern Ausführungen die anderweitigen Bestimmungen betreffend freie Benutzung von Photographien zur Schaffung eines neuen Originalwerkes, betreffend Citierungsrecht und erlaubte Ent lehnungen u. s. w., hier anwendbar gedacht, wogegen die Fragen nach den gegenseitigen Rechten des Arbeitsherrn und des Arbeiters bei der Herstellung der Photographie und nach- heriger Geltendmachung des Urheberrechts als in ein anderes Gebiet, in dasjenige des Werkvertrages, einschlagend, hier nicht berührt werden sollen. Wir schließen unsere Darlegungen mit einem Appell an das Solidaritätsgefühl aller Arbeiter auf dem Gebiete der Geisteswerke. Wenn dieses Solidaritätsgefühl wach und lebendig ist, dann treten die kleinlichen Rivalitäten zwischen den einzelnen Kunstgattungen in den Hintergrund, dann macht sich der Kastengeist, der ja doch nicht über den eigentlichen Wert der verschiedenen Leistungen hinwegtäuscht, nicht breit, dann entsteht auch keine mittelalterliche Absperrung der Zünfte, sondern es sehen alle Geistesarbeiter in ihrer Schaffensfreude auch nur einen gemeinsamen Feind vor sich, den Parasiten, Persönlichkeitsrechts, sei hier ganz besonders verwiesen. Wenigstens der Schluß der Arbeit, sei hier erwähnt: » . . . Am Bilde hat die Individualität (der Hinterbliebene tu oasu) ein Persönlichkeitsrecht: er kann daher verlangen, daß das Bild nicht im Besitze eines Andern bleibe, er kann verlangen, daß es nicht veröffentlicht wird. Der Anspruch geht mithin gegen jeden Besitzer und gegen jeden Eigner der Platten; ergeht auch gegen den Psandberechtigtcn und gegen die Konkursmasse; er ist ein Anspruch auf Nichtoerwenden, Nichtbenutzen, also ähnlich der actio negatoria, und trifft, wie diese, jeden Besitzer und Eigner der Sache, denn die Sache ist mit dem Individualrecht belastet». (Bgl. oben den Schluß zu Kapitel V.) ») S. Droit ä'Lutenir, 1897, S. 92 u. 130. **) S. Droit ä'Lntour, 1895, S. 8 u. ff. Vgl. Ed. Quaas: Das Frauenbild als Gemälde- und Modellphotogrnphie im Wettbewerbe, Börsenbl. f. d. D. Buchhandel, Nr. 199 v. 12. Mai 1990. 1158'
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