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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.08.1901
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 12.08.1901
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- Deutsch
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Börsenblatt s. d. deutschen Buchhandel Nichtamtlicher Teil. 6291 Nachteil würden sich für den Verleger so ziemlich die Wage halten«. Nun wohl, es kommt auch dem Verleger in erster Linie gar nicht darauf an, mehr zu verdieuen — das kommt erst in zweiter Linie in Betracht —, zunächst ist es das Gefühl, daß er durch den Pflichtexemplarzwang vergewaltigt wird, was auf ein rechtlich denkendes Gemüt einen sehr unangenehmen Eindruck macht. Jemand, der von Sklaven sinn frei ist, dem das sie volo die jubco noch nicht eine Begründung für eine Bestimmung ist, die »jedes Rechts grundes entbehrt«, empfindet zunächst die Ungerechtigkeit am tiefsten, die ihm zugefügt wird, und erst dann wird der Erwerbssinn des Kaufmanns sich in ihm regen. Nur dem Staate ist die Pflichtexemplarfrage lediglich eine Geldfrage, wie ich schon einmal gesagt habe. Ob das Vorhandensein von Büchern in öffentlichen Bibliotheken den Verkauf fördert oder hemmt, ist eine Streitfrage, die stets verschieden beantwortet werden wird je nach der Natur und dem Preis der betreffenden Ver lagswerke. Es ist deshalb müßig, sich darüber zu ereifern. Herr Kochendörffer nennt sich in dem Vorwort seiner Broschüre »ein warmer Freund unseres deutschen Buch handels«. Auf Seite 18 illustriert er diese Vorliebe auf sonderbare Weise. Der Behauptung der Eingabe der Ber liner Buchhändlerkorporation gegenüber,' »daß gerade der Verlag streng wissenschaftlicher Litteratur sehr häufig den Verlegern erhebliche Opfer auferlegt, Opfer, die indessen im Interesse der Wissenschaft gebracht werden«, erklärt unser Verfechter des Pflichtexemplarzwanges, daß »diese Opfer in herzlich wenigen Fällen im Interesse der Wissenschaft ge bracht« werden, »sondern im Interesse des Verlegers, für den die Uebernahme eines wenig lukrativen Werkes von wissenschaftlicher Bedeutung eine Reklame der einwand freiesten und besten Art ist«. Woher Herrn Kochendörffer diese Wissenschaft kommt, wäre interessant zu erfahren. Jedenfalls wären das sehr unpraktische Verleger, die ihr Geld nicht für eine bessere Reklame verwenden würden, als für Druck von Werken, deren Verkauf nicht die Herstellungskosten deckt! Und um welche Art Reklame, d. h. mit welchem Zwecke, soll es sich dabei handeln? Um gute Autoren zu bekommen, bedient man sich doch wohl anderer und weniger kostspieliger Mittel, als der Druck unlohnender Werke eines ist! Doch das hat ja mit unserem Thema eigentlich nichts zu thun! Wie sehr man bestrebt ist, nach Gründen für die Bei behaltung des Pflichtexemplarzwanges zu fahnden, geht aus einer Anführung Dziatzkos in dem schon citierten »Nachtrag« hervor. »Von anderer Seite«, sagt er, »ist noch ein anderer Punkt zur Begründung des staatlichen Zwanges der Leistung neu vorgebracht worden. Ein bibliothekarischer Kollege sieht nämlich in den Pflichtexemplaren einen Rabatt, den der Staat als bester Bücherkäufer im allgemeinen Interesse von den Verlegern bezieht. Ziffernmäßig rechnet er nach, daß der Staat in allen seinen verschiedenen Organen so viele Bücher deutscher Verleger kauft, daß der Ladenpreis der Pflichtexemplare nur etwa 11—l2 Prozent der Einkäufe des Staates ausmacht. So viel Rabatt bewilligt aber jeder Produzent einem Engroskäufer bei festem Absatz der Ware.« Zunächst steht diese Behauptung von dem so viele Bücher kaufenden Staat in direktem Gegensätze zu der. Behauptung Kochendörffers und Dziatzkos, daß der Verleger bei Aufhebung der Pflichtexemplare durchaus nicht auf Ankauf rechnen könnte. Wenn der Staat aber, selbst wenn er kein Exemplar »geschenkt« erhielte, noch nicht einmal eins anschaffen würde, so ist doch erst recht nicht einzusehen, wie sich dieser Rabatt von 11—12 Prozent herausrechnet. Von jedem Pflicht exemplar müßte der Staat dann doch noch 5 bis 6 Exem plare käuflich erwerben; ist das aber der Fall, so könnte er doch wohl auf die Pflichtexemplare verzichten, da dann ja ohnehin die ganze Litteratur vorhanden wäre! Jedenfalls wird man mir erwidern, es seien nicht alle Werke, die ge kauft würden, andere würden um so öfter angeschafft. Dann ist aber wieder nicht einzusehen, weshalb die Verleger, die nichts an den Staat verkaufen, den Rabatt bezahlen sollen für die Anschaffungen, die der Staat bei anderen macht! Das wäre ungefähr ein Ausgleich, wie ihn die Jobsiade kennt: Es werden zwar in den Reimen manche Strophen Auf zu wenig Füßen hinkend angetroffen, Es sind aber auch manche Strophen wieder dafür Länger und mit zu viel Füßen laufend allhier. Wie rar müssen die Gründe sein, wenn derartige Aus führungen herangezogen werden, ganz abgesehen davon, daß der bibliothekarische Kollege doch missen müßte, wie der Staat schon jetzt bei seinen Einkäufen dem Buchhändler einen ganz ungerechtfertigten Rabatt — oft bis zu 10 Prozent! — abfordert! Doch wenden wir uns wieder zu Herrn Kochendörffer! Waren die Waffen, mit denen er bis jetzt hantiert hatte, schon stark vom Rost angefressen und eigentlich längst nicht mehr brauchbar, so hat er sich zum Schluß eine ganz neue Entdeckung aufgespart. Durch eine geniale Berech nung hat er nämlich herausgebracht, daß die Pflicht exemplare dem Verleger, bei Licht betrachtet, so gut wie gar nichts kosten. Bisher hat man den Selbstkostenpreis eines Exemplars eines Werkes auf die jetzt ganz veraltete Art berechnet, daß man seine Ausgaben: Honorar, Papier, Satz, Druck, Broschur, Lagermiete, Gehälter rc. rc. festgestellt und die erhaltene Summe durch die Zahl der hergestellten Exemplare dividiert hat. Herr Kochendörffer hat nun eine neue Methode von der Selbstkostenberechnung entdeckt. Er sagt: zwei Exem plare, das ist doch lächerlich wenig! Man druckt einfach zwei Exemplare mehr, dann kosten sie nur das Papier, folglich kosten z. B. zwei Bücher in der Stärke von 25 Bogen 1 ^ 20 H! »Und darum Räuber und Mörder?« wird der unbefangene Leser hinzusetzen! Die Sache ist so genial ausgedacht, daß sie weiter verfolgt werden muß. Diese billige Herstellung hat selbstverständlich bei den Pflichtexemplaren nicht ihre Grenze. Alles, was über die Höhe der Auflage hergestellt ist, kostet natürlich ebensowenig wie die Pflichtexemplare. Je geringer die Auflage ist, desto billiger müssen natürlich die Bücher nachher werden. Man drucke also z. B. eine solche von 100 Exemplaren, dann kann man 1000 über die Auflage drucken, die sozusagen nichts kosten! Wenn man dann die ersten Hundert überhaupt gar nicht verkauft, kann man nur lauter billige Bücher absetzen, d. h. das Ideal ist erreicht: die Bücher werden billig wie Brombeeren. Daß aber noch niemand auf eine so einfache Idee gekommen ist! In dieser Beziehung muß auch Herr Professor Dziatzko seine Ansicht stark revidieren. Er ist nämlich auch in seiner neuen Arbeit noch der Meinung, daß der Herstellungswert der Pflichtexemplare »doch nur auf etwa ein Drittel oder höchstens die Hälfte des Ladenpreises zu berechnen« sei! Auf derselben kaufmännischen Höhe steht der Nachweis Kochendörffers, »daß der Verleger nicht einmal die geringen Kosten der Herstellung des Pflichtexemplars svon einigen Pfennigen Papierwertlj allein trägt, sondern daß diese auf die Bücherkäufer verteilt werden«. Ehe man hier weiter geht, muß man einmal auf die früheren Behauptungen zurückschauen: Die Pflichtexemplare müssen bezahlt werden: vom Autor, weil er den Urheberschutz genießt; vom Verleger, weil ihm das Verlagsrecht gegeben ist; vom Autor aus Dankbarkeit gegen die Bibliotheken; vom Verleger, weil sie seinen Absatz fördern oder weil sie als Rabatt zu betrachten sind! Ueber- haupt kosten sie ihn gar nichts, und selbst dieses Nichts be- 830'
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