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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.06.1901
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- 29.06.1901
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- Deutsch
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5264 Nichtamtlicher Teil. 149, 29. Juni 19e1 Gebietes vielen gleichwertigen, bisher eingeführten Büchern zum Verderben. Daß es ein absolut -Bestes« gäbe, wird niemand be haupten wollen. In jedem einzelnen Falle wird zwischen einer Reihe gleich vortrefflicher Bücher, von denen das eine diesen, das andere jenen Vorzug besitzt, eine recht schwierige Entscheidung zu treffen sein. Erwägt man aber die große Bedeutung, welche den Maßnahmen der Hauptstadt in den weitesten Kreisen beigemeffen wird, so leuchtet ein, daß das gewählte Buch auch über die Grenzen Berlins hinaus ein mächtiges Uebergewicht besitzt. Mit der Bestimmung eines Schulbuches zum aus schließlichen Gebrauche wird thatsächlich ein Urteil aus gesprochen, welches seiner Natur nach einseitig ist und bei der Bedeutung des Urteilenden unberechenbaren Schaden stiften mutz. Berlin selbst übernimmt für den Verleger die ausgiebigste Reklame, und wer will es letzterem verdenken, wenn er diesen Umstand in der umfassendsten Weise aus nutzt? Offenbar wird die freie Entwickelung des Schulbücher-Wesens dadurch allein schon gehemmt. Unser Einwand richtet sich keineswegs gegen die Be strebungen der Aufsichtsbehörden, minderwertige Lernmittel zu beseitigen oder die allzu große Mannigfaltigkeit zu be grenzen. Nur die Bitte sei gestattet, den Grundsatz der Aus schließlichkeit zu vermeiden und anerkannt guten und brauch baren Büchern nicht die Möglichkeit des ferneren Bestehens zu versagen. Die Einheitlichkeit der Lernmittel in den Berliner Ge meindeschulen bedeutet thatsächlich nichts anderes als ein Monopol, die Ausschließung der freien Konkurrenz zu gunsten einzelner litterarischer Erzeugnisse und der darin vertretenen Richtung, eine ungerechtfertigte Bevorzugung der hierbei beteiligten Personen und eine schwere Benachteiligung der Ausgeschlossenen. — Das allgemeine Urteil der Zeit widerstrebt aber der Einführung von Monopolen jeder Art; um so mehr fällt es auf, daß eins der bedenklichsten Mono pole, ein solches auf geistigem Gebiete, auch in solchen Kreisen Billigung zu finden scheint, welche jedem anderen Monopole entschieden gegenübertreten würden. Eine Erklä rung hierfür vermögen wir nur darin zu finden, daß man die Gefahren, welche der fortschreitenden Entwickelung der geistigen Bewegung im Gebiete des Unterrichtswesens drohen, einer humanen Absicht gegenüber nicht genügend berück sichtigt. Kaum wird es des Nachweises bedürfen, daß das ein mal gewählte Buch nicht für alle Zeiten das zweck mäßigste bleiben kann. Sehen wir aber ab von dem un günstigen Einfluß, den die für Berlin zu schaffende besondere Art des Monopols an sich auf dauernde Fühlung mit den Fortschritten der Wissenschaft und auf die äußere Ausstattung haben mag, so stirbt der Autor, die Lehrmethode wird über wunden, ein zweifellos besseres Buch wird hervorgebracht, oder auch schon ein Personenwechsel in den maßgebenden amtlichen Kreisen fördert andere Anschauungen über die Vor züge des bisherigen Musterschulbuches. Der Einwand liegt nahe, daß in diesen Fällen das als besser erkannte Buch eingeführt und damit allein schon der Ausspruch, es handle sich um ein Monopol, hinfällig werde. Näher betrachtet dürfte aber ein solcher Wechsel in der Vor stellung leichter erscheinen als in der Wirklichkeit. Fügt es sich, daß derselbe in kürzeren Pausen auf verschiedenen Ge bieten des Unterrichts auch nur wenige Male wünschenswert wäre, so werden gerade die Gründe, welche die Einheitlichkeit herbeiführten, zu ebenso vielen Hindernissen. Der Stadt- und Steuersäckel muß dann in ungleich höherem Maße in An spruch genommen werden, eine ungleich größere Zahl von Kindern, resp. Eltern wird in Mitleidenschaft gezogen. Ehe man daher so bedeutsame Umwälzungen und Uebelstände zu läßt, wird man billigerweise warten, bis die Notwendigkeit derselben unabweisbar erscheint, und somit ist die Möglich keit nicht ausgeschlossen, daß in sämtlichen Gemeindeschulen das weniger gute Buch, die weniger vortreffliche Methode aus Gründen der Zweckmäßigkeit längere Zeit bestehen bleibt und das Gewicht des erworbenen Rufes zum Ueberfluß auch außerhalb das Bessere erdrückt; sicherlich nicht zum Vorteile der Schule. Wie leicht könnte sich daher die humane Absicht in ihr Gegenteil verwandeln, — oder aber an Stelle innigen Anschmiegens an die geistige Bewegung der Gegenwart tritt starrer Schematismus. Die Einheitlichkeit der Lernmittel erschwert daher das Anpassungsvermögen an die fort schreitende Entwickelung. Aber noch nach anderer Richtung droht die Gefahr einer Hemmung. Zuverlässig wird die Berufung der Lehrer Berlins mit besonderer Sorgfalt überwacht. Man darf daher an nehmen, daß unter den Lehrern sich eine nicht unbedeutende Zahl solcher befinde, welche in hervorragender Weise geeignet sind, die pädagogische Litteratur zu fördern. Woher aber soll künftig ein Lehrer den Mut nehmen, ein Schul buch zu schreiben, wenn er sich sagen muß, sein Buch hat kaum Aussicht auf Erfolg, und welcher Ver leger wird sich finden, der ein solches Buch druckt? Was den Lehrplan betrifft, so setzt die notwendige Einheitlichkeit desselben keineswegs die Einheitlichkeit der Lernmittel voraus oder muß dieselbe zur Folge haben, wie das Beispiel der höheren Lehranstalten beweist. Bei allen diesen Anstalten besteht derselbe Lehrplan und sichert die Gleichartigkeit des Lehrstoffs; niemals aber hat das Kultus ministerium gleiche Lehrbücher für sie vorgeschrieben, sondern der Methode der Aneignung des Lehrstoffs einen freieren Spielraum gewährt. Wenn sich nun die ausgeführten Bedenken bei näherer Betrachtung als begründet erweisen sollten, so fragt es sich: ist der Zweck, eine Belastung der Eltern zu ver meiden, der Hauptsache nach nicht auch auf anderem Wege zu erreichen als durch Aufstellung eines in seinen Folgen so gefahrdrohenden Grundsatzes? Wir glauben, daß sich Mittel und Wege hierzu finden lassen, und wir möchten heute nur auf die Einrichtung von Sammel- und Austauschstellen für durch Verzug freiwerdende Schulbücher und eine zweckmäßige Aus gestaltung des seit Jahren im hiesigen Rathanse be stehenden Tausch-Depots Hinweisen. Kinder, welche ihre noch brauchbaren Bücher bei einem Schulwechsel abgeben, erhalten die Anweisung auf den Einpfang der entsprechenden, in der anderen Schule eingeführten Bücher. Die Organisa tion solcher Sammelstellen dürfte keine besonderen Schwierig keiten bereiten. In größter Hochachtung Der Vorstand der Korporation der Berliner Buchhändler. Leonhard Simion. Wilhelm Gronau. Friedrich Wreden. Ernst Vollert. Di. W. de Gruyter- Karl Siegismund.
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