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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.06.1901
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- Erscheinungsdatum
- 18.06.1901
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- Deutsch
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4914 Nichtamtlicher Teil. 139, 18. Juni 1901 Bücher in diesen amerikanischen Bibliotheken ein ganz be deutendes Kontingent, und die Thatsache, auf die kürzlich der Amerikaner Triang aufmerksam machte, daß in den Vereinigten Staaten gewissermaßen im Verborgenen große deutsche Büchereien von 100 000 Bänden bestehen, dürfte selbst in der deutsch-amerikanischen Presse nicht allgemein bekannt sein. Wenn wir unter den oben gekennzeichneten Gesichts punkten an die deutschen Volksbibliotheken herantreten, so können wir mit voller Berechtigung sagen, daß mit ihnen und ihren beschränkten Mitteln, die in gar keinem Verhältnis stehen zu den in Amerika zur Verfügung stehenden, doch verhältnismäßig ganz Bedeutendes erreicht worden ist, und zur rechten Zeit erschien zu Ende des vorigen Jahres ein inter essantes Werk, das sich mit der Geschichte der Berliner Volks bibliotheken und Lesehallen beschäftigt, um diese Behauptung an einem Beispiel aufs treffendste zu erweisen.*) Das in haltlich wie in Bezug auf seine typographische Ausstattung der Beachtung sichere Werk ist von dem Bibliothekar De. Arend Buchholtz verfaßt und dem Andenken Friedrich von Räumers, des Begründers der Berliner Volksbibliotheken, gewidmet. Zwar ist die Gründung von Volksbibliotheken schon vor Raumer angeregt worden, und es ist vielmehr ein Ver dienst des Pädagogen Heinrich Stephani, zuerst in seinem »Grundriß der Staatserziehungswissenschaft« auf die Not wendigkeit der Begründung von »Volksleseanstalten« hinge wiesen zu haben. Mit diesen »Nationalbibliotheken«, die in jeder größeren Provinzstadt angelegt werden sollten, wünschte Stephani Anstalten vereinigt, in denen die Gewerbetreibenden die sie angehende Fachlitteratur benutzen könnten; als Filialen der Nationalbibliotheken sollten Dorfbibliotheken eingerichtet werden, in denen »jeder Landbewohner nützliche Bücher findet, die ihn nicht nur in den Stand setzen, sich alles an zueignen, was seine allgemeine menschliche und bürgerliche Bildung erweirern kann, sondern auch die sür seinen Stand geeigneten Kenntnisse zu vermehren«. Unter den weiteren Vorläufern der Bewegung zur Gründung von Volksbibliotheken weist die Festschrift auf Karl Preusker in Großenhain hin, der in der kleinen Stadt, in der er die Stelle eines Rentamtmanns bekleidete, die erste wirkliche Bürgerbibliothek begründete und durch Wort und Schrift so erfolgreich diese Ziele vertrat, daß noch heute vielfach unsere Volksbildungsvereine auf Preuskers Ideen fußen. Auch nach Berlin hin wirkten um diese Zeit Preuskers Ideen befruchtend; dort konnte um die Mitte des Jahrhunderts dem Handwerker und Arbeiter die schwer zu gängliche königliche Bibliothek keine zusagende Lektüre bieten, eine Stadtbibliothek gab es und giebt es heute noch nicht, und die Nahrung der Leihbibliotheken war wie überall nicht gerade gesund und zuträglich. Einer der ersten, die in Berlin den Nutzen gemeinnütziger, populärer Bibliotheken erkannt haben, war der Prediger Lisco, der aus eigenen Mitteln eine Volksbibliothek von 8—900 Bänden erhielt, die fleißig benutzt wurde. Weitere Versuche in dieser Richtung waren die Volksbibliothek des bekannten Jugendschriftstellers Fer dinand Schmidt, sowie die in größerem Umfange gedachte Unternehmung des Volksschulbibliothekenvereins; dieser Ver einwurde seiner Zeit durch bedeutende Männer unterstützt, aber ein von ihm in verschiedenen Zeitungen erlassener Aufruf hatte einen wahrhaft kläglichen Erfolg. Erst Friedrich v. Raumer, dem, wie bemerkt, die Fest schrift gewidmet ist, war es beschieden, die Stagnation in der sich die Frage der Volksbibliotheken befand, zu heben und in voller Erkenntnis der bestehenden Notlage und erfüllt von *) Die Volksbibliotheken und Lesehallen der Stadt Berlin l850 — 1900 von Ur. Arend Buchholtz, Bibliothekar der Stadt Berlin. Festschrift der Stadt Berlin zum fünfzigjährigen Bestehen der Volksbibliotheken 1. August 1900. Berlin 1900. ' 4». 111 S. der idealen Aufgabe, dem Volke den Weg zu geistiger und sittlicher Bildung immer mehr zu erweitern, die Anregung zur Gründung von Volksbibliotheken zu geben und ihnen mit sicherer Hand auch die Grundlagen glücklichen Gedeihens zu bereiten. Raumer war gerade zu der Zeit, als die Be gründung der Volksbibliotheken ihrer endgiltigeu Lösung entgegenging, in Deutschland eine außerordentlich populäre Persönlichkeit infolge eines vielbesprochenen Vorkommnisses geworden. Er hatte als Sekretär und Mitglied der Akademie der Wissenschaften am Friedrichstage 1847 in Gegenwart des Königs Friedrich Wilhelm IV. von Preußen die Festrede in der Akademie gehalten und den religiösen Freisinn Friedrichs des Großen verherrlicht Als die Akademie dann ein wenig bedachtes Entschuldigungsschreiben an den König richtete, schied er aus ihr aus. Dieser Vorfall begründete Räumers Popularität, denn die Presse fand seine Haltung im Gegensatz zu derjenigen der Akademie freimütig; er wurde in die Stadtverordneten versammlung gewählt und war in den Märztngen in ver mittelndem und ausgleichendem Sinne thätig Ebenso ge hörte er der Frankfurter Nationalversammlung au und war Mitglied der Deputation, die Friedrich Wilhelm IV. die deutsche Kaiserkrone anbot. Auf einer Reise in Nordamerika empfing Raumer die Anregung, auch in seinem Vaterlande für die Verbreitung von Bildung durch Errichtung von Volksbibliotheken zu wirken. Die reifste Frucht dieser Ideen nach seiner Rück kehr war die Stiftung des »Vereins für wissenschaftliche Vorträge«, die am 5. Dezember 1841 erfolgte und in An wesenheit einer glänzenden Corona von Vertretern der Berliner Gesellschaft stattfand. Der Zweck des Vereins, »die Trennung und Entgegensetzung der Gelehrten von Fach und des übrigen gebildeten Publikums möglichst aufzuheben und eine gegenseitige Verständigung einzuleiten«, sollte mit da durch erreicht werden, daß auch Frauen zu den Vor trägen eingeladen wurden. Infolgedessen sollten auch die Gegenstände der Vorträge von »allgemeinem Interesse sein und so dargestellt werden, daß keine gelehrte Sprachkenntnis und keine streng wissenschaftliche Vorkenntnis zum Verstehen derselben erfordert werden«. Der Verein war unter glücklichen Auspicien gegründet, eine Reihe bedeutender Gelehrter und Künstler unterstützten ihn durch Vorträge, die von Anfang Januar bis Ende März gehalten wurden und eine ganz außerordentliche Anziehungs kraft ausübten, die das vornehmste Publikum der Stadt zu ihnen führte. Humboldt z. B. schrieb über die damals noch ganz neue Sache der populär-wissenschaftlichen Vorträge an Raumer: »Der Wechsel der Organe und Personen hat etwas sehr Unterhaltendes und Pikantes. Es ist wie eine Musterung der Talente, der rednerischen und Sachtalente, welche eine Stadt besitzt.« Dank dieser Teilnahme weiter Kreise konnte der Verein schon nach wenigen Jahren über einen angesammelten Fonds von 6000 Thalern verfügen, da für die Vorträge ein Ein trittsgeld von 2 Thalern erhoben wurde. Raumer glaubte nun die Zeit gekommen, seine Lieblingsidee, die ihn noch immer beschäftigt hatte, ausführen zu können. Er dachte zunächst an die Errichtung eines Athenäums, wie in London, in dem den Mitgliedern Bücher und Zeitschriften zu Ge bote stehen und gesellige Zusammenkünfte abgehalten werden sollten, gab aber dann den Plan zu gunsten des nützlicheren und volkstümlicheren, namentlich der Gründung von wirklichen Volksbibliotheken, auf. Deshalb schlug er vor, 4000 Thaler aus den Mitteln des Vereins zur Gründung von vier Volks bibliotheken in Berlin zu bestimmen und je nach dem Erfolge und der Erfahrung spätere Zuschüsse in Aussicht zu stellen, l Die Zustimmung des Bereins war bald gewonnen, und der
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