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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.05.1901
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- 28.05.1901
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- Deutsch
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4820 Nichtamtlicher Teil. 121, 28. Mai 1901. (Richter). Aufnahme gekommen, jetzt aber ist das Interesse wieder erlahmt, obgleich die Schutzfrist noch nicht abgelaufen ist. Ebenso ist es mit anderen. Dergleichen wird alles bunt durcheinandergc- worfen, als ob in allen diesen Fällen die Erben der Komponisten verkümmert seien. Man hat auf Lortzing hingewiesen. Gewiß, Lortzing ist schon 18bl verstorben, 20 Jahre vor der Einführung des Schutzrechts des Deutschen Reichs. Er hat Not gelitten, seine Hinterbliebenen haben in der ersten Zeit Not gelitten, es haben dabei aber auch noch andere Umstände in seinen Stellungen mitgewirkt. Bald nach seinem Tode sind die Werke zu großer Anerkennung ge kommen, die Schutzfrist ist erst 1880 abgelaufen. Nun frage ich: haben diese Kompositionen wie -Zar und Zimmermaun-, wie der -Wildschütz-, wie -Undine-, nicht längst vor 1880 Aufnahme ge sunden? Die Jüngeren unter uns haben ja schon damals diese Opern gehört, öfter gehört und noch innerhalb der Schutzfrist, also kann gar nicht davon die Rede sein, daß den Erben inner halb der 30 Jahre nicht genügende Entschädigung zu teil wurde. Ich verlange also erst den Nachweis, daß überhaupt an den Ver hältnissen der Komponisten sich etwas erheblich anders gestaltet hätte, wenn schon bisher die Schutzfrist nach dem Tode über 30 Jahre bis zu 50 Jahren bestanden hätte. Und dann, meine Herren, frage ich doch auch: wer sind die Erben? Wir sollen ja überhaupt keine Bestimmung für die Komponisten selbst machen, sondern überhaupt nur für die Erben. Wer sind diese Erben? Der Herr Abgeordnete vr. Esche sagt, die Witwen und Waisen und appelliert an das Centrum, es hätte doch sonst so viel Interesse für die Witwen- und Waisenversorgung. Aber, meine Herren, die Witwen müssen schon 30Jahre Witwen sein (Heiterkeit), wenn ihre Schutzfrist abgelausen ist. Es können also nur solche Witwen in Betracht kommen, die 30 Jahre nach dem Tode ihres Mannes noch leben; aber viele Witwen, welchen der Mann in jungen Jahren gestorben ist, verheiraten sich wieder, und manche überleben nicht dreißig Jahre ihren Mann. Und nun die armen Waisen! Der jüngste Waisenknabe (Heiterkeit), wenn er am Tage des Todes seines Vaters geboren ist, ist beim Ablauf der jetzigen Schutzfrist schon 30 Jahre alt und längst vielleicht selbst schon Vater ge worden. (Heiterkeit.) Also in betreff der Waisen kann der Herr Abgeordnete vr. Esche am allerwenigsten an das Mitleid appellieren. Nun sind die Erben nicht immer die Witwen, Kinder oder Enkel, cs gicbt allerhand Erben, auch lachende Erben (Heiterkeit), die vielleicht feindselig zum Komponisten gestanden haben, und die gar nicht um ihn verdienen, daß sie noch in späterer Zeit an diesem Vorteil teilhaben. Nun hat der Herr Or. Esche auch von den Erben Wagners gesprochen. Warum sprechen Sie davon? Weil es der einzige praktische Fall ist, der allgemein in die Augen springt, und wo ein wesentlicher Vorteil aus der Verlängerung der Schutzfrist hervortritt. Ich habe den Ausdruck -Cosima-Paragraph- nicht erfunden. Aber überall, wenn ich mit jemand über diesen Paragraphen sprach, hieß es: ach, Sie meinen den Cosima-Para- graphen. Diese energische Dance steht derart im Mittelpunkte der geschäftlichen Unternehmungen, daß sie am wenigsten auf Gleich berechtigung des weiblichen Geschlechtes verzichtet. Wie liegt nun die Sache? Der Herr Abgeordnete Or. Esche citiert wieder den armen Richard Wagner, der sein Klavier nicht bezahlen konnte. Ja, meine Herren, das war in der Zeit vor 1848, vor der ersten Ausführung des -Tannhäuser- und hat verschiedene Ursachen; aber schon zu fernen Lebzeiten hat sich die Sache ganz anders gestaltet, nachdem mit dem -Lohengrin- auch der -Tannhäuser» zu vollen Ehren gekommen ist. Ich weiß noch sehr gut aus meiner Jugendzeit, daß die Ausführung des -Tannhäuser- Widerstand auch aus politischen Gründen gesunden hat; denn Richard Wagner ivar 1849 in Dresden Barrikadenkämpfer, und es hat deshalb lange an der hiesigen Königlichen Oper nichts von ihm aufgeführt werden dürfen. Nachher ist er überall durchgedrungen mit seinen Ausführungen, und cs hat nicht nur sein Verleger, sondern auch er direkt große Vorteile davon gehabt. Wagner dürfte nicht über Undankbarkeit klagen; denn noch im Jahre 1871, 12 Jahre vor seinem Tode, hat man ihm 900 000 ^ von seiten eines Vereins seiner Freunde zur Verfügung für die Vayreuther Festhallc gestellt. Was nun die Erben anbetrifft, so wird der Ertrag aus den Wagnerschen Werken auf mindestens 100 000, vielleicht sogar auf 200 000 ^ jährlich geschätzt, so daß eine Verlängerung der Schutz frist um 20 Jahre allerdings eine Zuwendung von 1 bis 2 Millionen und vielleicht noch mehr für diese Erben bedeutet (hört! hört! links); und das ist keine geringe Sache. Meine Herren, nun sagt man: die Vayreuther Festspiele müssen davon erhalten ivcrden. Mir wird aber gesagt, daß der ursprüngliche Gedanke Wagners bei den Vayreuther Anstalten gar nicht gewesen ist, bloß Anstalten für den Wagner-Kultus zu er richten, sondern Anstalten für nationale Musik inr allgemeinen, und daß, wenn überhaupt die Vayreuther Unternehmungen, was ich nicht näher weiß, einen finanziellen Erfolg zu wünschen übrig lassen, cs damit zusammenhängt, daß eS auf die Dauer nicht geht, daselbst bloß Wagnersche Aufführungen zu veranstalten. Nun, meine Herren, kommt noch eins in Betracht. Gerade in dieser Frage macht man die Erfahrung, daß nicht bloß die Tantieme mitspielt, sondern daß die Erben dieses Recht auch aus nutzen zu einem Monopol für Bayreuth in Bezug auf die Auf führung des »Parsisal». Nirgendwo, und mag man noch so hohes Geld bieten, kommt der -Parsisal- zur Aufführung, weil nun ein mal Bayreuth dafür reserviert ist. Im Jahre 1869 haben wir bei der Gewerbeordnung ähnliche generelle Monopole der Ber liner Oper durch das Reichsgesetz beseitigt, und hier im Wege des Privatrechts entstehen sie wieder neu. Das ist auch eine Wirkung eines solchen Schutzrechts. Im übrigen, meine Herren, möchte ich nicht, daß die Frage hier hingcstellt wird als ein Kampfobjekt der Wagner-Freunde und der Gegner von Wagner. Damit hängt sie gar nicht zu sammen. Die Freunde von Wagner mögen sich bei dem Gedanken beruhigen, daß auch, wenn es bei der dreißigjährigen Schutzfrist verbleibt, bis zum Jahre 1913 alle Tantiemen der Familie Wagner und für Layreuth ganz unberührt bleiben, und daß die Ver längerung dieser Schutzfrist in diesem Fall erst eine Bedeutung nach 1913, also erst nach 13 Jahren, gewinnt. Nun ist gesagt worden: was kann das denn die Theater- unternehmcr so erheblich bedrücken, wenn sie Abgaben bezahlen? Ja, meine Herren, sind denn etwa die Theaterunternehmer lauter reiche Leute? Soviel ich weiß, ist das eine Ausnahme, und ich erinnere mich hier der Novelle zur Gewerbeordnung, in der aus drücklich eine Prüfung der finanziellen Zuverlässigkeit der Theater- unternchmer vorgeschrieben wurde, weil sonst allzuviel Inter essenten durch den Bankerott von Theaterunternehmungen ge schädigt würden. Herr Kollege Esche sagt: die Abgabe hat nicht die Wirkung, daß das Publikum etwas mehr bezahlt. Meine Herren, darüber täuscht sich Herr Esche vollständig. Der Billet- preis eines Theaters ist nicht immer derselbe. Je nach den Kosten der Aussührung, wenn Gäste spielen, wenn die Scenerie teuer ist, giebt es hohe Preise, Mittel- und kleine Preise, giebt es Preise für Nachmittagsaufführungen, für Abendaufführungen zu ganz verschiedenen Sätzen, giebt es Abonnementspreise, giebt es Vor stellungen, bei denen das Abonneinent aufgehoben ist; also je nach den Kosten der Aufführungen richtet sich auch der Preis des Billets. Dann, meine Herren, sagt mir ein in Berliner Verhältnissen kundiger Mann noch folgendes: es fällt vielfach auf, daß es schwer hält, in Berlin eine Konkurrenz in der Oper gegen die Königliche Oper zu schaffen; wir haben so viel Theater in allen anderen Fächern der Bühnenaufführung, dagegen kann die Kon kurrenz mit der Oper kaum aufkommen. Das liegt auch daran, daß hohe Tantiemen für Opernaufführungen bestehen, namentlich auch für die Wagnerschen Opern, die nicht jeder Unternehmer, der nicht so gestellt ist, wie eine Königliche Behörde zu zahlen in der Lage ist. Es ist noch ein Glück, daß es eine Anzahl gemcinfreier Stücke gicbt, namentlich Spielopern, insbesondere Lortzingsche Opern. Das Theater des Westens, das ansängt, der Königlichen Oper einige Konkurrenz zu machen, bietet oft unter sechs Opcrn- oorstellungen in der Woche drei Lortzingsche, und es ist ein Glück, daß das geineinfreie Stücke sind; sonst würde auch eine solche schwache Opernkonkurrenz selbst in einer Stadt wie Berlin mit der Königlichen Oper die größten Schwierigkeiten haben. Dann, meine Herren, möchte ich Sic schließlich noch auf die ganze Entstehungsgeschichte des Entwurfs zurückführen. Ich habe schon vorher angeführt, daß ursprünglich der Gesetzentwurf viel weiter ging, daß er ein Schutzrecht von 30 auf 50 Jahre auch für den Noienverlag verlängern wollte. Das ist ausgegeben worden. Der Verein der Musikalienhändler — das hat mir allerdings auch Herr Hase mitgeteilt — hat einstimmig beschlossen, daß eine Trennung des Schutzrechts für Aufführungen und für Noten verlag unmöglich durchzuführen ist, und ich muß zugeben, daß hier ichon in Bezug auf die praktische Aussührung ganz außer ordentliche Schwierigkeiten entstehen, wenn der Notenverlag nach 30 Jahren abläuft, während das Aufführungsrecht noch 50 Jahre fortdaucrt. Aus der Entstehungsgeschichte dieses Paragraphen ist hervorzuheben, daß, als in den beteiligten Kreisen die Ver längerung des Schutzrechts auf 50 Jahre zur Sprache kam, die Schriftsteller, also die Interessenten am Buchverlag, sich auch meldeten und sagten: wenn schon, denn schon; wenn der Noten verlag auf 50 Jahre, ivie es im ersten Entwurf hieß, verlängert werden soll, warum soll es der Buchverlag nicht auch? Eins folgt aus dem anderen, und cs ist das große Verdienst gerade des Herrn Abgeordneten Spahn, daß er in seinen bisherigen Reden zu diesem § 33 scharf hiugewicsen hat aus den Zusammenhang des Verlagsrechts nach der einen und nach der anderen Seite, lind daß, wenn man erst hier den Anfang macht, das Schutzrecht auf
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