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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.05.1901
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- Erscheinungsdatum
- 22.05.1901
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- Deutsch
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4180 Nichtamtlicher Teil. 117, 22. Mai 1901. (Wellstein.) Anträge von sozialdemokratischer Seite, wie auch der Antrag Müller — dahin gehen, daß zur Veranstaltung einer Anthologie die persönliche Genehmigung des lebenden Autors noch erforder lich sein solle, so bemerke ich. was ich vorhin schon gesagt habe, daß für diejenigen Verhältnisse, die ich im Auge habe, die durch den Antrag getroffen werden sollen, so selten wohl ein Autor in die Lage kommen wird, um seine Genehmigung ersucht werden zu müssen, daß ich glaube, soweit dieser mein Antrag in Betracht kommt, dürfte von diesem Anfordernis wohl Abstand zu nehmen sein. Präsident: Wenn ich den Herrn Abgeordneten Wcllstcin richtig verstanden habe, hat er für den Fall der Annahme des Amende ments vr. Haffe auf Nr. 282 der Drucksachen sein Amendement zurückgezogen. — Zur Geschäftsordnung hat das Wort der Herr Abgeordnete Wellstein. Wellstei», Abgeordneter: Ich wollte meinen Antrag nicht zurückziehen, sondern ihm nur eine Auslegung geben, gemäß der er durch den Antrag Hasse gedeckt wird. Wird er gedeckt gemäß dieser Auslegung, und wird sowohl von seiten des Hauses, wie auch etwa von seiten der verbündeten Regierungen meine Aus legung acceptiert, dann erst würde ich auf meinen Antrag ver zichten können, indem ich dann annehme. daß auch später in der Rechtsprechung keine Anstände sich dagegen ergeben würden, daß die Bezeichnung -eigentümliche litterarische Werke- dasjenige deckt, was ich will. Präsident: Also vorderhand bleibt das Amendement be stehen, und der Herr Abgeordnete Wellstein behält sich vor, even tuell seine Anträge bei der Beschlußfassung zu stellen. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Or. Hasse. Or. Hasse, Abgeordneter: Meine Herren, was meine Stellung zu dem Antrag Wellstein anlangt, so fasse ich das Ver hältnis so auf, daß ich erwarte, daß über meinen Antrag zuerst nbgestimmt wird. Wird er angenommen, so hat der Herr Kollege Wellstein seinen Wunsch erreicht, und es wird durch Annahme meines Antrags auch das Kommersbuch betroffen; wird mein An trag abgelehnt, so ist der Antrag Wellstein das Mindere, und man kann dann für diesen Antrag stimmen, was ich für meure Person dann auch thun werde. So fasse ich das Verhältnis auf und bitte meinerseits den Herrn Präsidenten, womöglich zuerst über meinen Antrag als über den weitestgehenden abstimmen zu lassen. Was die Beurteilung der Frage selbst anlangt, so brauche ich gewiß nicht alles das zu wiederholen, was ich in zweiter Lesung hier dargclegt habe, namentlich nachdem gestern der Herr Kollege Ocrtel die Sache grundsätzlich dargestellt hat. Meine Herren, es handelt sich eben hier um den Gegensatz der Interessen des Autors und der Interessen der Allgemeinheit. Wir sorgen in diesem Ge setze ja in höherem Muße, als das früher der Fall gewesen ist, für die Interessen der Autoren; aber wir dürfen nicht dabei so weit gehen, die der Allgemeinheit gänzlich zu vernachlässigen. Hier glaube ich nun, daß in der That die allgemeinen Interessen Vor gehen, und ich werde in dieser Auffassung bestärkt durch eine An zahl von Zuschriften, die ich seit der zweiten Lesung erhalten habe, gerade aus Kreisen von Autoren, von Leuten, die angeblich in der entgegengesetzten Richtung interessiert sind, die sämtlich zu dem Ergebnis kommen, man solle es bei den, bisherigen Rcchtszustande belassen und auch die Herstellung von Anthologien zu eigentüm lichen litterarischen Zwecken von der Vorschrift befreien, die Zu stimmung des Autors herbeizuholen. Also ich gehe auf das Materielle gar nicht ein und möchte nur meinen Antrag charakterisieren gegenüber den Abändcrungs- anträgen der Herren Kollegen Eickhoff, Müller und Esche. Wenn mein Antrag angenommen wird, so bedarf es nicht der Zustim mung der lebenden Autoren und bedarf es nicht der Zustinimung der Erben von verstorbenen Autoren. Also es werden durch Annahme meines Antrags alle Fälle gedeckt. Man kann ja nun der Meinung sein, daß, wenn ein Autor noch lebt, man ihn hören soll. Das ist ganz gewiß das ideell Richtigere; aber ich darf daran erinnern, daß cs für den Verleger oft außerordentlich schwierig ist, festzustellen, ob ein solcher Autor noch lebt. Denken Sie an diejenigen Fälle, in denen überhaupt eine Veröffentlichung anonym oder pseudonym erfolgt ist. Es soll ein kleines Gedicht, das irgend mal in einer Zeitung gestanden hat, und das sich jemand aufgehoben hat, für irgend eine bestimmte Sammlung abgedruckt werden; derjenige, der es abdrucken will, weiß gar nicht, ob der Autor überhaupt noch lebt. Ich habe hier ganz be stimmte konkrete Fälle im Auge. Würde nun der Zusammcn- stellendc gezwungen sein, den Nachweis zu erbringen, daß der Verfasser jenes Gedichts gestorben ist, so würde er den Beweis entweder nicht erbringen können, oder — und das wird das Wahrscheinlichere sein — er wird auf die Aufnahme dieses kleinen Beitrags in seine Sammlung verzichten. Ich bitte, meine Herren, doch überhaupt daran zu denken, daß hier gar nicht die Interessen der Verleger in Frage kommen. Dem Verleger kann es vollständig gleichgiltig sein, ob er irgend einen bestimmten Beitrag zu seiner Sammlung hinzufügt oder nicht; er hat namentlich gar kein materielles Interesse daran. Aber es kann für den Konsumenten, der, wie ich meine, in unseren ganzen Beratungen bisher etwas zu kurz gekommen ist (sehr richtig! links), doch nicht ganz gleichgiltig sein, ob er in einer Sammlung alles das findet, was er in ihr erwartet. Ec erwartet z. B. in der Sammlung eine Zusammenstellung unter einem ganz bestimmten Gesichtspunkte, ich will einmal sagen, die schleswig-holsteinischen Dichter oder die schlesischen Dichter oder die Poesie eines bestimmten Jahrzehnts. Da kann der Kon sument, das Publikum, verlangen, daß die Sammlung unter diesem Gesichtspunkte eine vollständige ist, und um das zu er leichtern, soll man cs bei dem bisherigen Rechtszustand belassen und nicht den Zusammensteller zwingen, den Nachweis zu er bringen, daß der Autor seine Zustimmung erteilt hat, bezw. daß er gestorben ist. Ich bitte Sie wiederholt und dringend um Annahme meines Antrags, durch den die übrigen Anträge sich erledigen. Eickhoff, Abgeordneter: Meine Herren, ich freue mich, daß der Herr Kollege vr. Hasse seinen Antrag, den er zur zweiten Lesung gestellt hatte, wieder ausgenommen hat; denn er entspricht in der That ebensosehr dem Interesse der Allgemeinheit wie dem Interesse der Schriftsteller selber, wie ich kurz Nachweisen werde. Meine Herren, schon die Kommission hat in dankenswerter Weise das Wort -nur- gestrichen. Wäre das nicht geschehen, so wäre thatsächlich die Vervielfältigung nur zulässig gewesen in Sammlungen, die ausschließlich sür den Kirchen-, Schul- und Unterrichtsgebrauch bestimmt sind. Aber auch so scheint mir das Bildungs- und litterarische Bedürfnis unseres Volkes durch die Fassung der Ziffer 3 immer noch gefährdet zu sein, und ich kann Ihnen deshalb meinerseits nur empfehlen, dem Anträge des Herrn Abgeordneten Ur. Hasse auf Nr. 282 der Drucksachen zufolge hinter -Unterrichtsgebrauch- einzuschalten: -oder zu einem eigen tümlichen litterarischen Zwecke-. Meine Herren, pädagogische und litterarische, Schul- oder allgemeine Bildungszwecke sind vielfach identisch. Das trifft schon zu auf einen großen Teil unserer Schullesebücher, und ich möchte zum Beweise dafür, daß in pädagogischen Kreisen darüber kein Streit herrscht, kurz ausühren, was Bünger in der bedeutendsten geschichtlichen Darstellung des deutschen Lesebuchs, in der -Ent- wickelungsgcschichte des Volksschullesebuchs-, sagt. Ich bitte, die wenigen Zeilen verlesen zu dürfen: Das Lesebuch, dessen Inhalt in früheren Zeiten dem Schüler » innerlich fremd und gleichgiltig geblieben war, konnte jetzt des Kindes Freund werden, und kein Haus liegt so einsam auf sandiger Nehrung, daß nicht das Lesebuch hier seinen Einzug hielte und Jung und Alt des Abends immer wieder um seine Botschaften versammelte. Mit der Geschichte der glorreichen Gegenwart empfing das Lesebuch das letzte Merkmal eines Buches, das Elternhaus und Kinderschule in Verbindung brachte. Alle Gegenstände der Unterhaltung und Belehrung am häuslichen Herde für den Kindesgeist: aus Religion und Konfession, Sprache, Vaterland und Natur, Erzählung und Gesang erhielten im Lesebuche ihre Vertiefung und Erklärung. So kamen die schönen Lese bücher zu stände, auf die stolz zu sein wir ein Recht haben. In der That, meine Herren, das Lesebuch hat längst das Ge präge eines Volksbuches erhalten, das auch außerhalb der Schulräume zur Pflege eines gesunden Volkslebens dienen wird. Zur Pflege eines gesunden Volkslebens dienen vor allem aber auch jene Sammelwerke, Anthologien, die sich nicht allein an die Jugend, sondern an die große, breite Masse des Volkes wenden. Wer von uns Aelteren erinnert sich nicht mit großem Vergnügen des poetischen Hausschatzes von Oskar Wolfs? wer liest nicht immer gern wieder die Anthologien von Theodor Storni, Ferdinand Avenarius, Karl Busse u. s. w.? wer wird sich nicht von Herzen erfreuen an dem köstlichen Künstlergeist dieser Männer, der sich in der Auswahl und Gruppierung dieser Dichtungen offenbart? Gewiß läuft hier auch manche minderwertige Ware unter; aber ich ineine doch, inan darf die Geistesarbeit dieser Männer im allgemeinen nicht unterschätzen, und ich halte mich deshalb für verpflichtet, und zwar nicht nur als Schulmann, jenes harte und ungerechte Urteil zurückzuweisen, das ganz all gemein über die -Fabrikanten- von Lesebüchern und Antho logien des öfteren gefällt worden ist. Denn zur Abfassung solcher Sammelwerke gehört nicht bloß große Belesenheit und Litteratur- kenntnis, sondern auch ästhetischer Geschmack und ein gesundes
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