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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.04.1901
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 30.04.1901
- Sprache
- Deutsch
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Börsenblatt f. d. deutschen Buchhandel, Nichtamtlicher Teil. 3485 (Saußmarni (Böblingens.) bei uns ist die Majestätsbcleidignng, verübt durch die Presse, von de» Geschworene» abzuurteilcn. Wir haben gehört, daß cs auch im Nachbar lande der Fall ist. Nun, welche Verschlechterung der Position des Rcchts- znstandcs schaffen Sie, wenn Sie hier ein solches Hcransgrcifen zulassen, das zngelassen bleibt, solange Sie das Gesetz nicht ändern und zwar radikal ändern! Diese Vorschläge, die der Herr Staatssekretär in Aussicht genommen hat, von denen ist auch er sich ja heute bereits bewußt, daß sie unsere Genehmigung nicht finden könnte». Was ist denn unser Stand punkt? Einfach die glatte einheitliche Beseitigung der Bestimmung des fliegenden Gerichtsstandes. Ich srcne mich, daß auch von anderer als der linken Seite aus eine so lebhafte Unterstützung dem Antrag geworden ist. Der Herr Kollege Spahn hat seinerseits gesprochen, wie ein Reichs gerichtsrat in einem solchen Falle zu sprechen Pflegt — — (Glocke des Präsidenten,) Präsident, Ich bitte, nicht ans die Stellung eines Abgeordneten außerhalb des Hauses zu exemplifizieren, (Heiterkeit.) Hanßuiann (Böblingen), Abgeordneter: Ich habe die Aeußc- rnng meinerseits in derselben Harmlosigkeit gcthan, wie sie der Herr Vor redner seinerseits ebenfalls durch seine Bewegung aufgesaßt zu haben scheint. Der einzige Gesichtspunkt, der ihn leitet, ist nicht der Gesichts punkt, den der Herr Staatssekretär in erster Linie gestellt hat, sondern er hat uns gesagt, aus lediglich -gesetztcchnischer-- Rücksicht sei er anderer Ansicht. Aber wenn so tief eingreifende Fragen auf dem Spiele stehen, wie hier, tritt, glaube ich, diese Erwägung billigerweise zurück. (Sehr richtig!) Der Herr Vorredner hat es bereits ausgesprochen, und ich kann cs nur wiederholen: wenn wir jetzt nicht diese Gelegenheit erfassen und eine Abstimmung herbeiführen, dann können wir ebenso lange vielleicht noch darauf warten, wie wir bisher schon gewartet haben. Ich habe zum Schluß noch eine Bemerkung zu machen. Ich will heute davon Umgang nehmen, eine namentliche Abstimmung zu beantragen, will aber schon jetzt den Herren Kollege» mittcilcn, daß von seiten der Antragsteller beiderseits in Erwägung gezogen wird, für die dritte Lesung eine namentliche Abstimmung über diese Frage herbeizuführen, (Bravo! links.) Büsiug, Abgeordneter: Meine Herren, meine politischen Freunde stehen in Bezug auf den fliegenden Gerichtsstand der Presse ans dem gleichen Standpunkt, wie ihn die meisten Herren Vorredner hier klargelegt habe». Auch wir bedauern außerordentlich, daß die Gerichte den fliegenden Gerichtsstand in Anwendung gebracht haben und »och bringen, und wir wünschen dringend, daß dieser Zustand geändert wird. Trotzdem sind wir nicht in der Lage, für die von links gestellten Anträge stimmen zu können ans zwingenden Gründen. Wir sind dazu nicht in der Lage, weil, wie schon wiederholt hervorgchoben worden ist, diese Anträge nicht in diesen Gesetzentwurf Hineinpasse», Es ist wiederholt der Versuch bei anderen Gelegenheiten hier im Reichstage gemacht worden, Dinge mit einander zu verquicken, die nicht znsammengehörcn, um dadurch einen Druck auf die verbündeten Regierungen auszuüben, dem Reichstag seinen Willen zu thun, wo er gerade einmal das Heft in der Hand hat, Ich habe jedoch für meine Person diesen Weg nie gebilligt; ich halte cs nicht für richtig, wenn ein Faktor der Gesetzgebung in dieser Weise den anderen Faktor der Gesetzgebung dadurch zu zwingen versucht, ihm seinen Willen zu thnn, daß er in eine Vorlage, über die sonst Einverständnis vorhanden ist, eine nicht mit derselben in Zusammenhang stehende Forderung hinein bringt, die die Regierung zur Zeit »och nicht erfüllen zu können erklärt. Ich halte das gesetzgeberisch für ganz außerordentlich bedenklich; es könnte auch, wie der Herr Staatssekretär des Reichs-Jnstizamts vorhin erklärt hat, einmal von seiten der Reichsregicrung ebenso gemacht werden mit Forderungen, die der Reichstag nicht erfüllen will. Wir sind eigentlich alle darüber einig, daß die beantragten Zusätze nicht hincingchören in diesen Gesetzentwurf, und wir wissen, daß, wenn wir dieselben hinein zwingen, die Regierung das Gesetz für nicht annehmbar erkläre» wird. (Zuruf links.) — Das ist so deutlich erklärt worden, daß wir es nicht mehr abznwarten brauchen, Herr Kollege Singer, — Bei dieser Sachlage sind meine politischen Freunde entschlossen, gegen die vorliegenden An träge zu stimmen. Um aber gar keinen Zweifel darüber zu lassen, daß wir in der Sache mit der Tendenz der Anträge vollständig einverstanden sind, beantragen wir am Schluß der Beratung eine Resolution folgenden Inhalts. (Heiterkeit links.) — Bitte, meine Herren! — Der Reichstag wolle beschließen: den Herr» Reichskanzler zu ersuchen, dem Reichstag baldmöglichst einen Gesetzentwurf vorzulcge», der den Z 7 der Strafprozeß ordnung in der Weise abändert, daß zur Verfolgung der von einem Redakteur oder Herausgeber einer Druckschrift durch deren Inhalt begangenen strafbaren Handlung ausschließlich das Gericht als zuständig erklärt wird, in dessen Bezirk die Druckschrist herans- gegeben wird. Als Resolution kann man dies Ersuchen sehr wohl dem Gesetzentwurf anhängen; aber de» Inhalt desselben als Paragraphen i» dieses Gesetz hineinzuschreiben, halten meine politischen Freunde und ich für nnznlässig. Aus den angegebene» Gründen empfehle ich Ihnen die Ablehnung der Achtundsechzlgster Jahrgang. gestellten Anträge und die Annahme dieser Resolution, (Bravo! bei den Nationallibcralen) Stadthagcn, Abgeordneter: Meine Herren, ich verstehe de» Herrn Vorredner sowohl in seinem Antrag wie in seinen retrospektiven Betrachtungen nicht. Er sagte uns, die Materie, um die cs sich hier handelt, gehöre nicht in das Gesetz hinein, er wolle aber zu dieser Materie eine Resolution stellen. Ja, wenn der fliegende Gerichtsstand nicht in das Gesetz gehört, gehört auch die Resolution nicht hierher, entweder — oder. (Heiterkeit links.) Der Gegenstand, um den cs sich hier handelt, gehört recht eigentlich zum Urheberrecht. Wir können nichts dafür, daß die Sachen, die sich aus die Presse beziehen, im Strafgesetz in der Gewerbeordnung, in der Vcrcins- gcsetzgebung, im Urheberrecht, im Verlagsrecht und noch in einer ganzen Reihe anderer Gesetze zerstreut sind. An sich gehörte diese ganze Materie gemeinsam in ein Gesetz hinein. Wir sind jetzt dabei, die Rechte des Urhebers zu schützen und fest- znstellen gegenüber seinem Verleger, gegenüber der Allgemeinheit und für die Allgemeinheit und nicht zum letzten gegenüber dem Teil, der sich als Schützer der Allgemeinheit aufspielt; da ist Autor und die Gesamtheit zu schützen gegenüber den Tendenzen, die sich wesentlich in der Konstruktion des fliegenden Gerichtsstandes und in einer Reihe anderer Vexationen des geistigen Eigentums zeigen. Deshalb gehört dies znm Urheberrecht, Es gehört diese Materie ferner znm Urheberrecht, weil die Einheit des Rechts durch de» fliegenden Gerichtsstand, der entschieden unseren sonstigen Gesetzen entgegen ist, auf das höchste gefährdet würde. Nicht nur meine ich, was hier wiederholt mit Recht angeführt wurde, daß der Bapcr nach Norddeutschland, der Norddeutsche nach Bayer» gezogen werden könne; nein, meine Herren, daS geistige Eigentum selbst wird außerordentlich bedroht. Nehmen Sie an, cs kann eine Ankündigung, die eine Aufforderung zum Lottcriespiel in ausländischen Lotterien ent hält, cs kann diese ja auch ei» geistiges Eigentum sein. Das Spielen in ausländischen Lotterien ist in Preußen verboten. Jetzt erscheint in Hamburg ein Blatt, das solche Ankündigung, das die Ausforderung, in Hamburg zu spielen, enthält; in Hamburg ist das nicht verboten. Wird dieses Blatt in Berlin verbreitet, dann würde der Verfasser, der Re dakteur n, s, w. strafbar sein, wenn man der Theorie des fliegenden Gerichtsstandes beitritt. Diese seine geistige Arbeit ist in Hamburg durch aus nicht strafbar; mit einem Male wird sie in Berlin, wenn der fliegende Gerichtsstand aufrecht erhalten wird, strafbar! Also, meine Herren, auch vom Standpunkt der Einheitlichkeit des Rechts ist eine Beseitigung dieses Zustandes zu wünschen. Zn welchen Konsequenzen gelangt man denn sonst! Der Herr Staatssekretär erzählte, daß nach einer Statistik, die aus genommen sei, nur einige zwanzig mit öffentlicher Klage verfolgte Delikte in einem Jahre von dem fliegenden Gerichtsstand heimgesucht worden seien. Es ist schon darüber gesprochen worden, daß es so sehr viel ans die Zahl nicht ankommt. Aber wie es mit dieser Statistik anssieht, will ich Ihnen an zwei Beispielen zeigen. Gestern teilte mir ein Kollege mit, daß er an zwei von seinem Wohnorte und dem Erscheinungsorte der Druckschrift entfernten Orten angcklagt sei auf Grund des fliegenden Ge richtsstandes, Eben erhielt ich einen Brief eines Redakteurs des -See mann« ans Hamburg, in dem der Betreffende schreibt, er sei angeklagt in Lübeck, in Bremen, und es drohe ihm jetzt der weitere Prozeß, der angefangen ist, in Flensburg, (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Da haben Sic sofort Sozialdemokraten gegenüber in zwei Tagen fünf Fälle auf einmal! Ich bezweifle nicht, wenn ich dies mit hundert mul tipliziere, daß ich dann noch nicht die Reihe Fälle bekomme, die allein in einem Monat gegen Sozialdemokraten anhängig gemacht werden, zu- gcrechnct die Privatwagen, Worin der Fehler in der angeführten Statistik liegt, das weiß ich nicht; fehlerhaft ist sie wohl aber. An sich liegt aber nicht viel daran, ob das 100 oder 20 oder auch nur ein einziger Fall ist, in dem von der Konstruktion des fliegende» Gerichtsstandes Gebrauch oder Mißbrauch gemacht wird. Die Materie des fliegenden Gerichtsstandes gehört eben hier in dies Gesetz hinein, weil, so wie die Dinge liegen, unmittelbar damit das Eigentum an der geistige» Arbeit, der Schutz desselben zuweilen zusammen hängt. Wir haben Staatsanwälte, die das geistige Eigentum anderer an ihrem Orte nicht leiden können; sie wissen aber, am Erscheinungsort können sie die geistigen Erzeugnisse nicht beschlagnahmen. Meinetwegen mag ein Staatsanwalt in Württemberg keine Anklage erhebe», weit er weiß, sie würde doch mit einer Freisprechung enden. Aber da findet sich ein Staatsanwalt etwa in Magdeburg, der ein geistiges Erzeugnis, das in Württemberg erschienen ist, aber auch in Magdeburg verbreitet wird, i» dieser Stadl unter Anklage stellt; er beschlagnahmt es, nimmt es weg, er raubt also die körperliche Materie dieses Eigentums. (Heiterkeit.) Meinen Sie, das gehört nicht zu diesem Gesetz? Sie wollen das rein geistige Eigentum schützen und zulasse», daß die rein körperliche Materie, ohne die es nicht in die Erscheinung treten kann, weggenommen werden kann. (Heiterkeit.) Meine Herren, der innere Zusammenhang zwischen dem Urheberrecht und dem fliegenden Gerichtsstand ist in der Thal da, viel stärker als in den beiden Fällen, in denen gesetzcstechnisch verschiedenartiges in einem Gesetz stand und Ivo der Herr Abgeordnete Büsiug und seine Freunde 454
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