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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.04.1901
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- Erscheinungsdatum
- 13.04.1901
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- Deutsch
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2960 Nichtamtlicher Teil, 85, 13, April 1901. Eine alte Buchhandlung. »Aus einer Züllichauer Hauschronik» bringt in den -Züllich- auer Nachrichten- ein ungenannter Verfasser 1,. ^.. interessante Erinnerungen an die dort unter der Firma Hermann Augustin bestehende und blühende alte Buchhandlung, die im Oktober vorigen Jahres an Herrn Hermann Liebich dort übergegangen ist und nun mit dessen Buchhandlung verschmolzen werden soll. Dieser Umstand und der Abbruch des alten Gebäudes, in dem sich die Augustinsche Buchhandlung seit einer langen Reihe von Jahren befunden hat, gaben dem Verfasser den äußeren Anlaß zu seinen Mitteilungen. Wir entnehmen dieser dankenswerten Veröffent lichung das Folgende: Es ilt bekannt, daß die spätere Augustin'sche Buchhandlung aus der Waisenhausbuchhandlung entstanden ist. Das Jahr 1727 war der Geburtstag der Firma. Schon im Laufe des achtzehnten Jahrhunderts errang das Geschäft eine große Bedeutung, und seine Verlagswerke, die sich durchweg auf wissenschaftlichem Gebiete be wegten, erfreuten sich eines guten Rufes und anerkennender Be- acbtung. lieber die Schicksale, die dem Geschäfte in den ersten Jahr zehnten seines Bestehens beschicken waren, giebt die Geschäftschronik, an die wir uns bei Niederschrift dieser Zeilen halten, leider keine Aus kunft. Sie beginnt erst mit dem Jahre 1797, und das erste Blatt, das sie enthält, zeigt uns ein Cirkular, mittels dessen der damalige Inhaber der Firma, Friedrich Frommann, seinen Geschäftsfreunden mitteilt, daß er die hiesige Sortimcntsbuchhandlung an einen Herrn Carl Darnmann abgiebt, um sich von nun an nur seinem in Jena befindlichen Verlage zu widmen. Karl Friedrich Frommann ist in der deutschen Litteratur kein Fremder. Er spielte zu Beginn des verflossenen Jahrhunderts eine gewisse Rolle, und die Schöngeister der Werther-Epochc trafen sich in seinem gastlichen Hause in Jena. In seinem Salon gingen Goethe und viele andere Berühmtheiten des alten Weimar aus und ein, und er gewann dadurch einen gewissen Einfluß auf die litterarischc Strömung jener Tage, wie anderseits die stete Berührung mit den Kapazitäten der Litteratur und Wissenschaft seinem Verlagsgeschäfte und indirekt auch der Entwickelung des deutschen Buchhandels von Vorteil war. Carl Darnmann übernahm das Geschäft zu Neujahr 1798; er halte vorher sieben Jahre unter Frommann gearbeitet und ist nach dessen Empfehlungen ein ungemein arbeitsfreudiger, vielseitig ge bildeter Herr gewesen. In der Hauptsache beschäftigte sich Darnmann nur mit dem Sortimentsbuchhandel, und nur wenige Verlagswerke waren mit dem Geschäfte in seinen Besitz iiüergegangcn. Unter diesen befand sich ein Werk, dessen Titel einen interessanten Einblick gewinnen läßt in die politisch-wirtschaftlichen Verhältnisse des damaligen Frankreichs und uns lehrt, daß auch damals schon die Agrarier grau in grau malten, wenn es die Vertretung ihrer eigenen Interessen galt. Das ist um so beachtenswerter, als doch in jenen Tagen Frank reich noch ein ausqesprochener Agrikulturstaat war, der trotz Col- berts großartiger Wirtschaftspolitik, die die kommerzielle Größe Frankreichs begründete und in deren Bahnen sich die Finanz- wie Handelswirtschast des Staates bewegte, noch wenig von der In dustrie zu fürchten hatte. Der Titel des Werkes, das von Christian August Wichmann aus dem Französischen übertragen wurde, ist folgender: »Flor und Verfall der Länder als natürliche Folge der Begünstigung oder Bedrückung der Landwirtschaft, und der Freiheit oder Beschränkung des Handels mit den rohen Produkten». Aus den übernommenen Verlagswcrken sei ferner genannt: -Gallus, Geschichte der Mark Brandenburg-, Preis l Reichsthaler 12 Silber groschen. Mit Frommann in Jena blieb Darnmann in steter Geschäfts verbindung. Das Züllichauer Haus muß in Freistadt eine Filiale gehabt haben, die gleichfalls in Besitz Darnmanns überging; doch ist über deren Geschäftsbetrieb in der Chronik nichts vermerkt. Der Inhalt der Chronik besteht durchweg aus buchhändlerischen Cirkularen, die weitere Kreise wenig interessieren und nur für den Fachmann Bedeutung haben. Ein großer Teil der Cirkulare giebt Aufschluß über den Bestand und den Umfang des Züllichauer Geschäftes und läßt dessen Bedeutung erkennen. Aber nicht allein für den Buchhandel und die Entwickelung der Firma ist der Inhalt der Chronik wertvoll, er ist auch eine noch ungeschriebene Geschichte unseres Heimatortes bezw. -Kreises und jeder Geschichtsforscher sei auf den großen Wert der selben aufmerksam gemacht. Wenn z. B. Darnmann unter dem 1. Oktober 1805 sich -die Zusendung lokaler Sachen verbittet, weil er bei der jetzigen großen Teuerung der ersten Lebensbedürfnisse und dem beinahe allgemeinen Geldmangel nicht auf bedeutenden Absatz recknen kann, um so weniger, da ein großer Teil des Militärs die hiesigen Gegenden verläßt, um an die Grenzen zu marschieren-, so charakterisieren diese wenigen Zeilen die da maligen Verhältnisse weit besser, als viele Seiten eines großen Geschichtswerkes. Dasselbe Cirkular erzählt von einer Denun ziation: »Im vorigen Jahre wurde mir die Schrift: Bonaparte der Gefürchtete rc. broschiert eingcsandt, und weil mir kein Verbot dieser Piece bekannt war, so verkaufte ich sie — wurde aber deshalb unmittelbar beim König denunziert und mußte mich zur Untersuchung nach Berlin begeben; kurz, diese Sache kostete mir neben der Versäumnis gegen 150 Thaler. — Damit ich nicht neuen weitläufigen Unannehmlichkeiten der Art ausgesetzt werde, so ersuche ich Sic, mir keine Neuigkeiten cinzuschicken, die etwas Nachteiliges gegen den preußischen Staat enthalten — ich wäre sonst genötigt, den Verleger auf Verlangen der Behörde zu nennen, und will mich also hierdurch gegen alle Verantwortlichkeit verwahren — habe auch dieselbe Bitte an meine Herrn Kollegen bereits im Hamburgischen Korrespondenten gethan.- Ein Jahr später (1. Oktober 1806) klagt der Geschäftsinhaber über die Behelligungen durch verschiedene Verlagshandlungen, die ihn zur Begleichung seiner Rechnungen auffordern, obschon er seinen Verbindlichkeiten immer rechtzeitig nachgekommen ist. Bei dieser Gelegenheit wird erwähnt, daß der Bücherabsatz erheblich zurück gegangen ist, was jedenfalls in den unsicherenZeitläusen seine Ursache hat. Die Kriegsfurie hinderte ihn auch im Jahre 1807 die Leipziger Jubilatemesse zu besuchen. Der schlechte Geschäftsgang verzögerte die Abrechnung, und er bat seine Gläubiger um Nachsicht. Es heißt u. a.: -Viele meiner Handlungsgenossen kennen aus eigener Er fahrung die Drangsale, welche der Krieg hervorbringt; ich erwähne also nur, daß ich dieselben bei der Armut unserer Provinz, und namentlich dieser Stadt, welche durchaus gar keine öffentlichen Fonds hat, doppelt empfand, denn die häufigen Einquartierungen und Requisitionen kosten uns große Summen. Unterstützen Sie mich durch Nachsicht, hoffentlich kann ich durch Fleiß und Ordnung zum Teil ersetzen, was ich verlor, wenn wir wieder Frieden haben. - Im September 1807 klagt er: »Man wird hoffentlich mein Bestreben nicht verkannt haben, das Geschäft in meinem Wirkungs kreise von neuem zu beleben — allein noch immer haben wir kostspielige Durchmärsche, und nun sogar sehr drückende Exekution wegen der, dieser kleinen Stadt, deren Einwohner größtenteils aus armen Tuchwebern bestehen, auferlegten, noch zur Hälfte rück ständigen schweren Kriegs-Kontributionen; Schlesien, sowie das Herzogtum Warschau, wohin ich den Hauptabsatz mache, haben sehr durch den Krieg gelitten — also muß die Lektüre natürlich den Nahrungssorgen nachstehcn, und bekanntlich sind beinahe alle ehemaligen Südpreußischen Offizianten außer Brot gesetzt worden, können also auch selbst beim besten Willen nicht zahlen — ich verlor daher viel, sowie bei meinen juristischen, bloß für die preußischen Staaten bearbeiteten Werken, deren Absatz durch die abgetretenen Provinzen sehr verringert worden ist.- Zu Ende des Jahres 1807 oder Anfang 1808 verlor Darnmann seine Frau; er macht seinen Geschäftsfreunden davon Mitteilung in einem Schreiben, in dem er sie wissen läßt, daß er auch die Leipziger Messe im Jahre 1808 nicht besuchen kann, weil fort währende Durchzüge fremder Truppen durch die Stadt, -durch die die Sächsisch-Warschauische Heerstraße gehet-, seine Anwesenheit in Züllichau fordern. Inzwischen haben sich die geschäftlichen Verhältnisse derart verschlechtert, daß er im November desselben Jahres sich genötigt sieht, seine Geschäftsfreunde zu bitten, an Verlagswerken aus seinem Verlage sich schadlos zu halten, weil ihm die Bezahlung der Rechnungen unmöglich sei. Einige auswärtige Buchhandlungen entsprachen seinem Wunsche, andere stundeten ihm den schuldigen Betrag. Darnmanns Ansehen bei der Bürgerschaft muß ein unbe grenztes gewesen sein, denn im Jahre 1809 wird er zum Bürger meister der Stadt Züllichau gewählt und die Wahl von der Regierung bestätigt. Obschon sich die geschäftlichen Verhältnisse ein wenig auf besserten, halten ihn die politischen Begebenheiten und seine Amts geschäfte bis anscheinend zum Jahre 1819 der Leipziger Messe fern. Im Jahre 1823 verstarb der rührige Geschäftsmann, und sein ältester Sohn Albert übernahm die Buchhandlung. Die Chronik weist nun große Lücken auf. Das nächste Cirkular ist vom 1. Mai 1832 datiert und zeigt an, daß die Witwe des Verstorbenen die in Züllichau bestehende Filialbuchhandlung von Carl Gottfried Ende, ein Berliner Konkurrenzunternehmen, käuflich übernommen hat. Das väterliche Geschäft, das inzwischen zur Kunst-, Buch-, Musikalien- und Papierhandlung erweitert worden war, ver kaufte Albert Darnmann am 6. Februar 1837 an seinen Vetter, den Buchhändler Albert Eissenhardt-Berlin. Letzterer muß im Jahre 1842 gestorben sein, denn seine Witwe teilt unter den: 15. August 1842 mit, daß sie das Geschäft dem bisherigen Geschäfts führer Heinrich Sporleder übergiebt. Sporleder bringt in seine Geschäftseröffnung insofern einen modernen Ton, als er seine Zeugnisse aus den innegehabten Stellungen im Druck den Geschäfts empfehlungen beifügt. Im Jahre 1860 kaufte Carl Troemer von Sporleder das Geschäft, um es am 1. Januar 1868 an Hermann Augustin abzugeben, dessen Witwe cs in: Oktober 1900 an 1 Hermann Liebich abtrat. Carl Troemer starb vor einigen Jahren
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