Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.03.1901
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 28.03.1901
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19010328
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190103283
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19010328
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1901
- Monat1901-03
- Tag1901-03-28
- Monat1901-03
- Jahr1901
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
tnmsforscher in der neueren Zeit außer Zweifel gesetzt worden. Der berühmte Schriftkritiker Kennikott besaß eine Münze vom vierten Jahre der Regierung des Hohenpriesters Simon, worauf der Buchstabe Thau zweimal in Gestalt eines Kreuzes X vorkommt; auf anderen jüdischen Münzen findet man die Figuren -stX, und in der panischen Schrift hat Thau die Form -sst So war auch schon vor Christus das Kreuz das Zeichen der Erlösung.« (Allioli II, 782.) In der That findet sich auf dem eben erwähnten Blatt unter dem am Kreuze hängenden Christus folgende hier ins Hochdeutsche übertragene Erläuterung: »Dies ist das Zeichen 1 thau, daß Gott der Herr dem Moses in der Wüste gab, daß das Volk nicht starb an der Pestilenz, und wo das Zeichen in einem Haus nicht war, da starb alles Volk.« Ich weiß freilich nicht, worauf diese Darstellung fußt. Offenbar nimmt sie auf den Auszug Moses' aus Aegypten Bezug; aber die bekannte Erzählung von der ehernen Schlange (Mos. 4, 21, 8 u. 9) weiß von dem Zeichen nichts. Frei lich wird der »Pfahl«, an den Moses die Schlange auf hängen sollte, in Tauform abgebildet; es ist mir aber nicht bekannt, daß sich diese Darstellung auf eine biblische Mit teilung stützte. Dieses 1? soll nach Schreiber auch die Veranlassung ge worden sein, daß der hl. Antonius gegen die Pest (mehr noch gegen den Aussatz) angerufen worden sei, weil sein Attribut einen mit diesem Zeichen versehenen Stab darstellte. Es handelt sich, wie auch die Beigabe des Schweins zeigt, um Antonius den Einsiedler (251—365), denn dieser be waffnete sich gegen die Versuchungen des Teufels mit dem Kreuze. Mit Recht aber beobachtet Schreiber hier Zurück haltung, und es scheint mir sehr zweifelhaft, ob dieser Heilige jemals etwas mit der Pest zu thun hatte. Wenigstens finde ich nirgend auch nur die geringste Andeutung dafür. »St. Antonius«, sagt Kreuser* **) ) .... »wird dargestellt im Einstedlerkleid mit Glöckchen, die auf die Nachtwachen der Mönche deuten, einem Stabe oder vielmehr Wüstenstocke, in der Gestalt einer Krücke, eigentlich des ägyptischen oder Schächerkreuzes, welches ohne Erhöhung in der Mitte für die Inschrift ganz wie der lateinische Buchstabe 1 aussieht.« Wenn man die Glöckchen nun hübsch symmetrisch an einem Wanderstab anbringen wollte, so bot dafür allerdings die Krücke die geeignetste Form; sie wurden an den herab hängenden Enden des Querbalkens vom 1° befestigt, wie es auch Blatt 2 bei Heitz veranschaulicht. Ebenfalls nur eine Aeußerlichkeit, auf die ich gleich noch zurückkomme, hält Schreiber für die Ursache, daß der hl. Sebastian, der Patron der Schneider und Schützen, zum Pestheiligen wurde. Der eigentliche Spezialheilige gegen die Pest ist aber der hl. Rochus. Wenn Schreiber bemerkt, daß sich seine Verehrung vornehm lich auf Italien und Frankreich beschränkte, so ist das nur für das fünfzehnte und sechzehnte Jahrhundert zutreffend. Später ist der hl. Rochus auch in Deutschland der oberste Pestheilige. Seine Kapellen (ich erinnere an die berühmte 1666 zuerst errichtete Rochuskapelle bei Bingen) finden sich z. B. im Rheinland häufig. Auch ist die Angabe, daß Rochus der Pest zum Opfer gefallen sei, irrig. Die Legende ist poetischer. Sie läßt ihn allerdings in seinem Beruf als Arzt in Piacenza von der Seuche ergriffen werden, sich daraufhin in die Einsamkeit zurückziehen, von einem Hunde, der ihm Brot bringt, ernährt werden und gesunden. Dann ging er in seine Vaterstadt Montpellier zurück, wo er als Spion eingekerkert wurde und im Gefängnisse um 1327 starb.") *) Bilderbuch zur Wiederaufrichtung altchristl. Legende. Paderborn 1863, S. 81/82. **) vergl. u. a. Wetzer u. Welte's Kirchenlexikon, 2. Ausl., Bd. 10, Sp. 1228. Häufig finden wir statt der Bilder der Heiligen auf den Pestblättern den »Gotteszorn« bildlich dargestellt. Die Heitzsche Publikation bringt sechs Beispiele davon, in denen Gott Vater im Begriff ist, auf die sündige Menschheit drei Pfeile zu schleudern, die auf einem Holzschnitt aus etwa 1500 direkt als »Pestilenz, Teuerung und Krieg« bezeichnet werden. Auf diese Darstellung der Pest als Gottespfeil führt Schreiber die Verehrung des hl. Sebastian als Pestheiligen zurück. Bekanntlich wurde dieser römische Märtyrer unter Diocletian durch Bogenschützen beschossen, ohne aber getötet zu werden; daher die Darstellung, die ihn an einen Baum gebunden und von Pfeilen durchbohrt zeigt. »Bei der da mals so bevorzugten Verknüpfung äußerlicher Umstände«, meint Schreiber, »ergab sich die Gedankenverbindung zwischen den Zornpfeilen Gottes und dem durch Pfeile seinen Tod erleidenden Heiligen (diese Behauptung ist irrigj von selbst, und letzterer wurde deswegen — zumal in Deutschland — der hauptsächlichste Heilige bei Pestgefahr.« Diese Vermutung Schreibers dürfte kaum zutreffend sein. Wie schon oben an gedeutet wurde, ist dem hl. Sebastian schon bei der großen Pest im Jahre 680 in Rom ein Altar geweiht worden, zu einer Zeit, als dieser Heilige noch gar nicht mit den Pfeilen dargestellt wurde, denn die alte christliche Kunst stellte ihn als reifen, bärtigen Mann mit langem Mantel, in geschmückter Hoftracht (er stand als Befehlshaber bei der prätorianischen Cohorte anfangs bei Diocletian in hoher Gunst), mit Nimbus, in der Rechten ein Diadem tragend (Mosaikbild in der Kirche der hl. Eudoxia in Rom), während erst die Kunst der Re naissance ihn jung, nackt und von Pfeilen durchbohrt malte.*) Außer diesem Spezialheiligen gegen die Pest gab es noch eine Anzahl andere, die aber nur an einzelnen Orten angerufen wurden und von denen Heitz den hl. Quirinus in einem niederländischen Kupferstich aus dem letzten Viertel des fünfzehnten Jahrhunderts, den hl. Adrian in einem vlämischen Holzschnitt aus dem Anfang des sechszehnten Jahr hunderts und den hl. Valentin zu Rufach in einem schwäbi schen und zwei elsässischen Schnitten wiedergiebt. Die Dar stellungen des hl. Valentinus halte ich nicht für Pestblätter. Den Schluß der Blätter macht eine Darstellung des schmerzens reichen Heilands, von einem Engel gestützt, mit einem langen, Verhaltungsmaßregeln gegen die »pestilencz« gebenden Ge dicht, dessen Typen mit denjenigen eines deutschen Einblatt kalenders von 1484 identisch sind, und ein typographisches Blatt, gleichfalls mit Verhaltungsmaßregeln, besonders den Aderlässen bei Pestepidemien aus der Offizin des von 1492 bis - 1500 in Augsburg thätigen Hans Schaur. Beide Blätter befinden sich in der Hof- und Staatsbibliothek in München. Es ist nicht immer leicht, den Zweck eines Blattes als Talisman gegen die Pest oder als Erinnerung an eine Epidemie oder eine Wallfahrt zu bestimmen, und haupt sächlich bietet das bei der großen Zahl von Darstellungen des hl. Sebastian seine Schwierigkeiten. Er ist Patron der Schützen, und wenn man sich an die Bedeutung der Schützen gilde im Mittelalter erinnert, so dürste man an der An nahme Schreibers Zweifel hegen, daß im allgemeinen die Darstellungen dieses Heiligen zu Pestzeiten entstanden seien. Bei der Mehrzahl der 13 von Heitz wiedergegebenen Blätter ist der Zweifel, daß sie Pestblätter sind, ausgeschlossen, da sie entweder einen hilfesuchenden Mann mit angeschwollenen Halsdrüsen oder handschristliche und beigedruckte Gebete gegen die Pest enthalten. Einige zeigen auch noch zur Verstärkung das Zeichen 1 und eines beansprucht auch kunsthistorisches Interesse. Dieses Blatt, ein Holzschnitt um 1460—70, der sich *) Kraus, Realencpklopädie der christl. Altertümer II., 747/48 u. Kreuser, a. a. O. S. 336. AckiUinbsechjigster Jahrgang. 330
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder