Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.01.1901
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- 15.01.1901
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12, 15. Januar 1901 Nichtamtlicher Teil. 423 (Dr. Oertel.) ernstes Lied wird von einem Coupletfabrikanten vertont, kompo niert, und zwar mit einer echten Tingeltangelmelodie, damit eine parodistische, eine verzerrt humoristische Wirkung erzielt wird. Der ernste Dichter hat gar kein Mittel, sich dagegen zu wehren; er muß diese parodistische Verzerrung sich gefallen lassen, es sei denn, daß dieses Vertonen wider Treu und Glauben gehe, was ich im Augenblick nicht beurteilen kann. — Es geht aber auch materiell dem Dichter manches verloren. Wer die Dinge kennt, der weiß, daß zu gewissen Festlichkeiten, zu landesväterlichen Ge burtstagen oder großen Erinnerungstagen der Geschichte be sondere Festgesänge gedichtet und komponiert werden. Der Komponist verbreitet dann diese Festgesänge, weil sie zum Singen gebraucht werden, oft in vielen Tausenden und Zehntausenden von Exemplaren und bekommt dafür oft ein recht ansehnliches Honorar. Der Dichter geht leer aus, wie bei der Verteilung der Welt, und soll nun auch von Rechtswegen künftig leer ausgehen. Einen Rechtsgrund dafür kann ich beim besten Willen nicht einsehen. Ich kann auch nicht einsehen, weshalb man den Verfasser nicht berechtigen soll, sein Werk nach dem Verlaufe von zwanzig Jahren, wie der Schriftstellerverband oder der Verein Berliner Presse — ich weiß es im Augenblick nicht—will, einem Sammel werke einzuverleiben. Ich sehe nicht ein, was dagegen sprechen sollte. Wenn in zwanzig Jahren ein Buch nicht verkauft ist, wenn es immer als Krebs wieder nach Kantate zurückkommt, ja, dann wird auch voraussichtlich ein Schriftsteller nicht den Mut haben, ein Sammelwerk, das aus solchen Werken besteht, heraus zugeben; man soll ihm aber die Möglichkeit nicht nehmen, nach zwanzig Jahren eine derartige Sammelausgabe zu veranstalten. Es ist auch litterarisch von großer Bedeutung, daß diese Sammel ausgaben noch vom Schriftsteller veranstaltet werden, da die posthumen Sammelwerke in der Regel viel zu wünschen übrig lassen. Was die Regelung des Honorars anbelangt, so hat der Entwurf meines Erachtens fast das Rechte getroffen; ich weiß aber im Augenblicke nicht und kann nicht übersehen, ob es nicht möglich sei, die Honorarbezahlung als das Regelmäßige noch scharfer im Gesetze herauszuheben. Vielleicht sollte man nur dann die Honorarnichtzahlung annehmen, wenn aus den Um ständen heroorgeht, daß eine Honorarzahlung nicht verabredet, nicht gemeint, nicht vereinbart war. Ich kann Ihnen erzählen, daß ich für mein Erstlingswerk bis jetzt noch nicht einen roten Heller bekommen habe. Der Schriftsteller, wenn er zwanzig Jahre alt ins Leben hineinkommt, freut sich, wenn er gedruckt wird, und verzichtet auf das Honorar, weil ihm die Lettern, in denen sein eigenes Werk ihm entgcgenleuchtet, viel wertvoller erscheinen als das rote Gold. Später wird man anderer Meinung, und dann läßt man sichs nicht mehr gefallen. Man sollte aber doch im Zweifelsfalle das Honorar als das Regelmäßige noch schärfer im Gesetz aussprechen. Der umstrittenste Punkt, in dem das Urheberrecht ganz ent schieden zu wenig weit gegangen ist, ist der der Uebertragbar keit. Dem, was gestern gesagt worden ist, will ich nur weniges hinzufügen. Ueberlegen Sie, meine Herren, daß die Uebertragbar- keit des Verlagsrechts als eine Ungerechtigkeit bezeichnet worden ist vom deutschen Juristentage, von dem Lehrkörper der Universität Halle, von der Wissenschaft zum Teil, von den Schriftstellern allgemein, während für die unbeschränkte Uebertragbarkeit nur die Verleger aus selboerständlichen Gründen und ein Teil der Wissen schaft ist. Ich leugne nicht, daß es die Verfügungsfreiheit des Verlegers beschränkt, wenn er bei Uebertragung des Verlagsrechts erst die Zustimmung des Autors einholen muß; daß es aber seinen Kredit beschränkte, ist mir nicht einleuchtend. Aber, meine Herren, gestern ist ein etwas frappantes Beispiel angeführt worden: was würde der Herr Kollege Stöcker sagen, wenn der Verleger seiner Predigten diese z. B. einem Verleger von der Qualität des Herrn Sternberg übertrüge? Das würde ungeheuerlich sein; aber jeder von uns kann in eine ähnliche Lage kommen, wenn die unbeschränkte Uebertragbarkeit des Verlagsrechts aufrechterhalten bleibt. Es liegt auch absolut kein eigentliches, wohlverstandenes Interesse der Buchhändler vor. Ich stehe auf einem vermittelnden Standpunkte. Man wird dem Verleger Nachlassen müssen, daß er ohne Zustimmung seiner Autoren die gesamten Verlagswerke ver kaufen, vererben oder übertragen kann; und ich gehe noch einen Schritt weiter: man wird auch nichts dagegen haben können, daß die Verleger gewisse, fachlich abgegrenzte Teile ihres Verlages ohne Zustimmung der betreffenden Autoren verkaufen, vererben und übertragen können; aber ich bin ganz entschieden dagegen, daß sie ein einzelnes Werk aus ihrem Verlage ohne diese Zu stimmung vererben und übertragen können. Wenn ein sachlicher Grund für diese Uebertragung vorliegt, wird der betreffende Autor immer seine Zustimmung dazu geben. — (Sehr richtig!) — Er wird doch nicht sein Werk im Verlage eines Verlegers lassen, der es mit Hand und Fuß los sein will. Mein Vermittelungs vorschlag würde also keine bedenklichen Konsequenzen haben, und ich hoffe, daß wir uns im Schoß der Kommission auf einen ähn lichen Vermittelungsvorschlag vereinigen können. Mindestens aber ist unerläßlich, daß Z 29 dahin geändert wird, daß die Uebertragbarkeit wegfällt, wenn die Befugnis der Uebertragung den Umständen nach als ausgeschlossen zu be trachten ist. Das müssen wir mindestens zugeben, daß, wenn der Vertragswille dahin ging, die Uebertragbarkeit auszuschließen, die Uebertragbarkeit auch gesetzlich festgelegt wird. lieber den Konkursfall will ich mich nicht verbreiten. Das sind schwere juristische Fragen, die in der Kommission gründlich zu erörtern sein werden So, wie der Entwurf ist, kann er aber unmöglich bleiben; daß das Geisteswerk eines Schriftstellers auf eine Stufe mit dem Rosinen-, mit dem Kaffeesack oder mit sonstigen Waren gestellt wird, das geht denn doch über die Hut schnur — um mich eines Volksausdruckes zu bedienen. Nun möchte ich noch auf einige zwar nicht unwesentliche, aber doch minder wichtige Punkte hindeuten, die gestern auch schon gestreift worden sind. Zunächst auf die scheinbare Durchbrechung des Gesetzes, die darin liegt, daß der Nachdruck von Musikwerken nicht verboten ist, wenn das Werk der Tonkunst auf auswechselbare Scheiben, Platten, Bänder u. s. w. übertragen wird. Es ist gestern die Entstehungsgeschichte dieser Ausnahme bestimmung des näheren erörtert worden. In der Berner Ueber- einkunft hatte man der Schweiz zuliebe gesagt, daß die Her stellung von Walzen für solche Musikinstrumenre kein Nachdruck im Sinne des Gesetzes sei. Nun erfand die Technik diese aus wechselbaren Scheiben und Bänder. Man sagt: was den Walzen recht ist, ist den Blättern billig. Also man fing auch da an, ohne weiteres nachzudrucken, bis das Reichsgericht in seiner bekannten, gestern auch erwähnten Entscheidung der Sache ein Ende zu machen begann. Nun müssen wir doch alle zugeben, daß eigentlich mit dieser Vervielfältigung des Musikstücks auf auswechselbaren Platten, Bändern und Scheiben, die in mechanische Instrumente hinein gelegt werden können, mindestens ein ebenso wirksamer Nachdruck geschieht wie durch das Notenblatt. Wenn ich etwas auf einem Notenblatt Nachdrucke, dann bedarf ich des Sängers und der Stimmmittel oder des musikalischen Instruments, um das Tonstück u Gehör zu bringen, während ich bei den Platten und Bändern nur as Instrument brauche, um hörbar zu werden. Ein solches Instru ment kann auch auf viel größere Kreise wirken als ein Sänger und ein Klavierspieler. Anderseits verkenne ich das Gewicht der Bedenken gar nicht, die gegen eine Unterstellung dieser Dinge unter das Urheberrecht sprechen. Die Industrie ist mächtig auf gebläht; wenn sie gegen die ausländische Konkurrenz nicht geschützt wird, wenn man im Auslande solche Platten ohne Licenz Her stellen kann, dann ist das für die Industrie gewiß schlimm. Der artige Bedenken müssen berücksichtigt werden; ausschlaggebend können sic allein nicht sein. Ich verkenne auch nicht, daß die meisten dieser Instrumente sicher zur Hebung des musikalischen Verständnisses, mindestens aber zur Hebung des Sinnes für Musik beitragen. Ich muß Ihnen offen gestehen, daß mir ein anständiges hübsches Symphonion oder, wie die Dinger heißen, Herophon, Ariston viel hübscher klingt, als wenn eine halbwüchsige Jungfrau ihr Gebet auf dem Klimperkasten herunterklappert. — (Heiterkeit.) — Das ist in der Regel viel weniger schön als die neuerdings recht vervollkommneten mechanischen Instrumente. Ich will mich heute und jetzt noch nicht binden, ich möchte nur meine Meinung dahin aussprechcn, daß wir einen Mittelweg finden müssen. Wir können die Musikinstrumentenmacher nicht zwingen, bei jedem Liede oder jeder Melodie, die sie auf ihre Platten übertragen wollen, bei dem betreffenden Autor nachzu fragen. Die Centralstelle, bei der nachgefragt werden soll, schwebt vorläufig noch in der Luft. Cs hat aber gewiß der Komponist ein Interesse daran, daß seine Arbeit nicht umsonst verwendet wird. Es hat anderseits das Publikum ein Interesse daran, daß neue schöne Melodien ihm schnell und möglichst billig vor geführt werden. Hier muß ein Mittelweg gefunden werden. Ich war ursprünglich beinahe der Meinung, daß die Musikinstrumen- tenfabrikanten nicht recht hätten; eines Besseren hat mich die Petition eines Musikalienhändlers in Braunschweig belehrt. Wenn jemand so übertreibt, daß er sagt, eine derartige Bestimmung sei nur in einem absolutistischen Staate möglich, so wird man etwas harthörig gegen derartige Wünsche; und ich werde außerdem auch etwas harthörig, weil, wie die Dinge jetzt liegen, den Vorteil von der etwaigen Licenz gar nicht der Komponist, der Tondichter hat, sondern der Musikalienverleger, dem nach der bisherigen Uebung in der Regel, ja säst immer das gesamte Aufführungsrecht über tragen wird. Es muß also ein Mittelweg gefunden werden, der die Interessen der Komponisten und der Musikinstrumenten macher vereinigt; der Musikalienverleger kommt erst in zweiter Linie in Betracht.
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