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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.01.1901
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 14.01.1901
- Sprache
- Deutsch
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382 Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. deutschen Buchhandel. (Dietz.) den Schriftstellern und endlich den Verlegern gar nicht zugefügt werden. Var noch gar nicht langer Zeit ist ein solches Werk wegen Nachdrucks unter Anklage gestellt worden. Der Angeklagte wurde frcigcsprochen, wahrscheinlich, weil cs dem Richter schwer geworden ist, eine Grenze zu ziehen, wie weit man beim Nach druck gehen kann. In dem Z 23 ist den Leuten gewissermaßen das Privilegium gegeben, weiter räubern zu dürfen. Ich meine, es wäre Ausgabe der Kommission, hierin Wandel zu schaffen. Das Gesetz soll doch im Interesse der Urheber erlassen werden und nicht im Interesse von Nachdruckern. Nun ist über die Dauer des Schutzes viel gesprochen worden. Heute ist die Dauer auf 30 Jahre nach dem Tod des Urhebers bemessen; sie soll noch auf 10 Jahre weiter ausgedehnt werden für alle Werke, die erst nach dem Tod der Urheber publiziert werden. Dagegen kann man prinzipiell nichts einwenden; doch möchte ich mich dagegen aussprechcn, daß Bühnenwcrke oder Werke der Tonkunst eine Schutzfrist von 50 Jahren genießen sollen. Das geht doch zu weit. Es wäre genügend, wenn ein solches Werk noch 30 Jahre nach dem Tode des Verfassers von der Familie ausgenutzt werden kann. Moderner wäre cs, wenn man die Schutz frist verkürzen würde und die Dauer auf 20 Jahre festsctzte, so daß das Werk nach diesem Zeitraum der Nation frei zur Ver fügung steht. Indes, darüber kann man sich in der Kommission verständigen. Begrüßt habe ich es, daß im ß 40 der Passus, den Abdruck von Briefen unter Strafe zu stellen, gestrichen worden ist. Ich glaube, die öffentliche Kritik, die sich seiner Zeit gegen diese Stelle wendete, hat doch in den Kreisen der Herren, die das Gesetz aus zuarbeiten gehabt haben, so stark gewirkt, daß man cs nicht mehr gewagt hat, auch fernerhin diese beiden Absätze zu vertreten. Nun möchte ich noch eine zweite Frage hierbei erledigen. Es betrifft die Uebcrsetzungcn. Die Uebersetzungcn sind nach dein neuen Gesetze dem Urheber eigentümlich. Nun liegt die Sache nach der Berner Konvention aber wie folgt; wenn in einem Ver tragsstaate — sei es Italien, Frankreich oder England — ein Werk erschienen ist, das zehn Jahre nach seinem Erscheinen nicht übersetzt worden ist, so ist das Werk frei; ein jeder kann es über setzen, ein jeder verlegen. Nun scheint der Schutz jetzt so gedacht zu sein, daß ein solches Werk ganz genau so behandelt wird, wie das Werk eines deutschen Urhebers. Wenn das nicht der Fall ist, so ist die Fassung des Z 55 nicht ganz klar. Nun lassen Sie mich — es wird nicht allzu lange dauern — noch einen Blick auf das -Verlagsrecht» werfen, welches ich vorhin bemängelt habe. Ich halte dasselbe so, wie es uns vorliegt, für vollständig überflüssig, weil alles das, was die Schriftsteller er reichen wollen, auf dem Wege der Organisation erreicht werden kann. Aber wie sehen die Organisationen aus, die die Schrift steller in Deutschland haben? In den allermeisten Fällen sind es Vereine, die sich mit gewissen Geburtstagen befassen, sehr häufig Hurrah schreien, hier und da auch einmal eine Unterstützung ge währen; aber daß sic sich init ihren Verufsinteresscn ernstlich be fassen, habe ich noch nirgends gesehen. — (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) — Die Verleger, der deutsche Buchhandel ist großartig organisiert, so gut, daß er heute Mehr Rechte hat, als ihm je ein Gesetz geben kann. Auf der anderen Seite sehen Sie bei den Schriftstellern das Umgekehrte. — (Sehr richtig! links.) — Sie sind eben schlecht und zum Teil gar nicht organisiert, und infolgedessen sind sie dem mächtigen Börscnverein mit seinen In stitutionen prcisgcgeben. Die großen mächtigen Firmen können den Schriftstellern Verträge vorschreibcn; ob sie sie annehmen wollen oder nicht, das hängt von dem Stande der Mittel ab, womit sie ihre Lebsucht befriedigen! sind diese gering, so werden sie auf alle Verträge eingehen; sind sie wohlhabend oder reich, so werden sic es nicht thun, so werden sic vielleicht dem Verleger Vorschriften machen. Also auf dem Wege der Organisation allein könnte das erreicht werden, was die Schriftsteller wünschen; aber daran ist zur Zeit nicht zu denken. Vielleicht wird gerade das Gesetz über das Verlagsrecht einen Anstoß dazu geben, endlich einmal unsere Schriftstellerwclt, unsere Journalisten zu Haus zu treiben, damit sie wissen, daß sic gemeinsame Berufs- und Standes- intcrcsscn oder, richtiger, Klassenintcresscn haben, um sich Verträge niit den Verlegern zu sichern, unter denen sie bestehen können. Heute haben wir den Antagonismus, das mißliche, häß liche Verhältnis zwischen Schriststcllern oder Journalisten und ihren Verlegern; es unterscheidet sich im wesentlichen nicht von dem zwischen Arbeitern und Arbeitgebern. Der Verleger muß, wenn er heute sein Geschäft halbwegs erfolgreich betreiben will, sehr große Mittel auf wenden, er muß ein Kapitalist sein; wenn er es nicht ist, wird er in der Regel auch keine Geschäfte machen können, er wird auch keine Schriftsteller bekommen. Der Schriftsteller auf der anderen Seite ist gezwungen, seine Werke unterzubringen; das kann er nur durch den Verlag. Nun haben wir in Deutschland, wenn wir bei der schönen Litteratur stehen bleiben, vielleicht 60 bis 70 Namen, die imstande sind, dem Verleger einen Vertrag zu diktieren, die da sagen können: unter diesen und keinen anderen Bedingungen gebe ich dir mein Werk in Verlag. Aber die 6000 bis 7000 weniger bekannten Schriftsteller haben gar keine Rechte, sie müssen meistens damit zufrieden sein, was ihnen der Verleger bietet. Sie können nur Verträge machen, wenn sie in Masse zusammenstehen und sagen: von unseren Mitgliedern darf keiner einen anderen Ver trag machen, als wir ihn stipuliert haben. Die Vereinigung der deutschen Buchhändler, der Börsenverein, hat eine Vcrlagsordnung, die sich im großen und ganzen gut be währt hat, die sogar liberaler ist und weiter geht als das Verlags recht, das uns heute von der Regierung unterbreitet worden ist. Der am meisten angefeindete ß 22, der dem Verleger das Uebertragungsrecht giebt, ist hier in einer viel besseren Weise erledigt. Es heißt im tz 41: Der Verleger ist in Ermangelung gegenteiliger Verein barung zur Weitervcräußcrung des Verlagsrechts befugt. Damit wird ausdrücklich gesagt: -mangels gegenteiliger Verein barung». Nun kann ja der Schriftsteller mit seinem Verleger ver einbaren, daß das Verlagsrecht nicht übertragbar ist. Dazu ge hört aber eine gewisse Macht, die der Einzelne nicht besitzt, eine Organisation aber beschaffen kann. Es kommt aber auf die wirt schaftlichen Verhältnisse der beiden Faktoren an, ob der eine dem anderen einen solchen Paragraphen diktieren kann. Wir haben in der Schriststellcrwelt, unter den Journalisten so viel Elend, daß die Leute als Einzelperson dazu gar nicht in der Lage sind, ihre Rechte zu wahren, daß sie froh sind, ihr Werk untergebracht zu sehen. Sie opfern ihr Anrecht auf ihr Werk. Sie müssen das thun, sie sind dazu gezwungen, und das beanstanden nun einige Vereine, insbesondere der Verein -Berliner Presse-, und sehr heftig wendet sich dagegen der -Börsenverein der deutschen Buchhändler». Der Verleger handelt von seinem Standpunkt als Unternehmer ganz richtig. Wie der Kaufmann sagt: ich habe Schweizerkäse ge kauft, ich kann ihn weiter verkaufen, an wen ich will, — so sagt der Verleger: ich habe das Werk gekauft, und ich kann, wenn es mir paßt, es an einen anderen verkaufen. Denken Sie sich nun folgenden Fall: der unlängst verurteilte Bankier Sternberg hätte einmal Lust gespürt, eine Verlagsbuchhandlung zu errichten. — (Heiterkeit.) — Das ist doch nicht unmöglich. Es giebt Äerlags- buchhändler, die gestern mit Rosinen oder mit Wein gehandelt haben, und morgen fangen sie an, eine Verlagsbuchhandlung zu errichten. Das ist auf Grund unserer Gewerbeordnung möglich, dagegen kann kein Mensch etwas einwenden. Denken Sie sich also, Stcrnberg hätte eine Verlagsbuchhandlung, die unter seiner Firma geht und weiter betrieben wird, während er im Zuchthaus sitzt; der Abgeordnete Stoeckcr nun, unser Kollege, müßte seine Missionsschriften, die in einem anderen Verlage erschienen sind, dorthin verkaufen. — (Heiterkeit.) — Was würde der für ein Ge sicht machen! — (Heiterkeit.) — Ja, so'liegt doch die Sache. Herr Stoecker würde sagen, lieber sollen meine Missionsschriften auf einem Scheiterhaufen verbrannt werden, ehe sie in den Verlag von Sternberg hineinkommen. Der Verleger ist infolge seines guten Namens von dem Autor gewählt worden. Nun handelt es sich doch wirklich um keine ganz gewöhnliche Ware. Ein Werk, das einen schöngeistigen oder wissen schaftlichen Inhalt hat, kann man doch nicht auf die gleiche Stufe irgend eines Handelsartikels stellen. Sie ist doch etwas Höheres. An der Litteratur haben wir de» besten Gradmesser unserer Kultur. Sie können den Schriftsteller nicht in die schauerliche Lage bringen, daß er mit seinem Werk heute bei dem, morgen bei einem anderen Verleger ist, und wenn Sic ihn damit trösten wollen, daß er nur seinen Vertrag anders zu machen hat, so hilft ihm das nicht viel, es fehlt ihm dazu die Kraft. Die Kraft könnte er bekommen, wenn er den Weg beschickten würde, den ich vorhin gezeigt habe, sich eine Organisation zu schaffen, wie es die Buchhändler gethan haben. Der Schriststeller ist ganz schutzlos dem Vcrlegcrstande preisgegeben, der sein Buch wie jede andere Ware verhandeln kann. Wir müssen einen besseren Weg finden, um die Interessen der Schrift steller zu wahren. Die Verleger werden schon die nötigen Wege finden, um sich vor Schaden zu schützen. — (Sehr richtig! links.) — Wenn in einer Kritik im Börsenblatt Freiherr v. Biedermann sagt, wenn der Z 28 — früher war cs der H 30 — aus dem Gesetz hcrauskommt, dann wird der deutsche Verlcgerstand auf das Gesetz pfeifen, denn dann ist es besser, man wirst das ganze Gesetz unter den Tisch, — ich meine nun, so soll man nicht verfahren, wenn man seinen Willen nicht durchsetzen kann, sondern soll in redlicher Weise versuchen, den Weg zu finden, der beiden Teilen das Leben ermöglicht. Schon vorhin habe ich mich bei dein Urheberrecht dahin ge äußert, daß wir in Bezug auf Aenderungen, die hier und da in den Manuskripten notwendig sind, eine Erweiterung eintreten lassen müssen. Geschieht das nicht, so giebt es unnötig Streit.
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