Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.07.1903
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 21.07.1903
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19030721
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190307218
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19030721
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1903
- Monat1903-07
- Tag1903-07-21
- Monat1903-07
- Jahr1903
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
5656 Nichtamtlicher Teil. ^ 166, 21. Juli 1903. tritt in ihren Wirkungskreis seinen Rat und seine leitende Hand entbehren müssen. Fehr war eine ganz hervorragende Arbeitskraft. Seine Pflichttreue war so groß, daß er noch bis in seine letzte Leidenszeit hinein, wo er sich für einige Stunden des Tags ins Geschäft schleppte, es sich nicht nehmen ließ, seinen Kunden Rede und Antwort zu stehen. Mit Leib und Seele war er in seinem Beruf tätig, und unter schweren innern Kämpfen löste er sich nach und nach los von seinem Arbeitsfeld. Neben dem Sortiment pflegte er auch den Verlag mit feinem Verständnis. Eine ganze Reihe angesehener Theologen finden wir unter seinen Autoren: Zwingli Wirth, Furrer, Schönholzer, Kambli, Christ, Miescher, Grubenmann u. a. m. Der vaterländischen Geschichte war er ein opferwilliger Förderer. Das beweisen die großen Sammelwerke: »Urkunden buch der Abtei St. Gallen--, »Mitteilungen zur vater ländischen Geschichte« (28 Bde.), »Nenjahrsblätter des histo rischen Vereins«, »Appenzellische Jahrbücher«. Besonders der Schule war er zugetan. Mehr als zwanzig Jahre lang war er ein tätiges, bei Lehrern und Lernenden allgemein beliebtes Mitglied des städtischen Schulrats, und als Verleger hatte er auf pädagogischem Gebiet eine besonders glückliche Hand. Die bei ihm erschienenen Schulbücher von Faesch, Schelling, Alge, Egli, Ebneter, Wartmann sind auch außerhalb des Kantons St. Gallen vielfach eingeführt. Daß eine den Durchschnitt so weit überragende Persön lichkeit wie Fehr sofort nach dem Tode seines Vater (1882) für die Ehrenämter des Buchhandels in Anspruch genommen wurde, ist selbstverständlich. Er war von 1883 bis 1895 Vorstandsmitglied des Schweizerischen Buchhändlervereins und führte das Präsidium in den Jahren 1888/89 und 1891/92. Von 1898 auf 99 verwaltete er das Amt eines Friedensrichters im Buchhändlerverein, das allerdings in nor malen Zeiten nicht viel zu tun gibt. 1899 ließ er sich noch einmal für eine zweijährige Periode bewegen, in den Vorstand einzutreten. Von da ab verbat er sich aus Rücksicht auf seine Gesundheit jedes Amt, ohne aber sein Interesse für Fragen des buchhändlerischen Gemeinwohls aufzugeben. Bis kurz vor seinem Tode nahm er noch brieflich an der Behandlung solcher Teil. Als Delegierter zur Ostermesse uach Leipzig zu gehen, dazu verstand er sich nur ein einziges Mal, im Jahre 1886. Worin lag denn die Bedeutung Fehls? Er war vor allem ein Charakter. Was er für recht erkannt hatte, das vertrat er mit dem Einsatz seiner ganzen Persönlich keit. Er sprach nicht gern vor der Öffentlichkeit und nicht mehr als nötig war. Um so aufmerksamer wurde er gehört. Die Zeit seines Wirkens war in mehr als einer Hinsicht wichtig für die Entwicklung unsers Berufs. Es galt, unsre Satzungen mit den Anforderungen der Neuzeit in Einklang zu bringen, vom Alten das Gute zu bewahren, vor notwendigen Reformen nicht zurückzuschrecken. Dem Schweizerischen Vereinssortiment in Olten, in dem er früh zeitig eine belebende Triebkraft für die wirtschaftliche Hebung und Selbständigmachung seiner Mitglieder erkannte, war er ein treuer, wenn es not tat, ein generöser Freund. Ge wissenhaft bis ins kleinste, mar ihm doch jede Kleinlichkeit fremd. Eine wahrhaft vornehme Natur, setzte er sich mit heiterm Lächeln über manchen Stein des Anstoßes hinweg. Ein schweres Herzleiden hat dem Leben Eugen Fehls ein frühzeitiges Ende bereitet, für seine Familie, für seine Freunde, für den schweizerischen Buchhandel viel zu früh. Wie viel Liebe und Verehrung er genossen hat, sah man am 19. Juni, als ein endloser Zug ihn zur letzten Ruhe ge leitete. Von seinem Grabe auf dem hochgelegenen Friedhof hat man einen weiten, befreienden Blick auf grüne Hügel und Täler. Möchten die Gedanken von uns Zurückbleiben den recht oft an dieser stillen Stätte einkehren, um das Vorbild eines Berufsgenossen festzuhalten, wie er sein soll. A. Francke. Eine berühmte Mystifikation: Die Bibliothek Fortsas. Unter dieser Überschrift bringt P. Antoine, ein Mitarbeiter der Brüsseler Tageszeitung »Iw 8oir-, als Gegenstück zur Fälschung der Tiara des Saitapharnes eine köstliche Episode in Erinnerung, die sich im Jahre 1840 unter der Welt der Bibliophilen und Gelehrten Belgiens abgespielt hat und die vor allem den Kollegen vom Antiquariat zur Kurzweil hier erzählt sein möge. Der Autor dieses literarischen Schwanks war Renier Hubert Ghislain Chalon (Mons 1803 — Brüssel 1889), ein grundgelehrter Forscher, Mitglied der belgischen Akademie der Wissenschaften, der königlichen Kommission für geschichtliche Denkmäler und der könig lichen Bibliotheks-Kommission, Vorsitzender der Gesellschaft der Bibliophilen zu Mons, Mitglied andrer gelehrter Gesellschaften, Ritter des Leopolds-Ordens usw., kurz, eine der hervorragendsten Stützen des geistigen Lebens des jungen belgischen Staats. Aber die große Gelehrsamkeit, der viele Bücher- und Aktenstaub, den ihm seine Liebhabereien eintrugen, hatten der ihm angebornen Schalkhaftigkeit, durch die sich seine Landsleute auszeichnen, nichts anzuhaben vermocht. Im Gegenteil, gerade seine einseitige Be schäftigung weckte in ihm die Seele eines Eulenspicgels, und seine größte Genugtuung war es, andre auf Grund seiner eignen gründlichen Kenntnisse zum besten zu haben. Eins seiner ersten Opfer war ein bedeutender Numismatiker, bei dem er eine aus einem Sardinenbüchscndcckel verfertigte Münze als historische Medaille anbrachte und worüber jener eine sorgfältig ausgearbeitete Monographie veröffentlichte. Er selbst verfaßte eine Anzahl der wunderlichsten Opuscula, wie folgende: Beschreibung des Dinanter Kuchengcbäcks auf Grund der vor handenen Gußformen, vom 12. Jahrhundert bis auf die Neuzeit, von Baron C.-P. de Vorst, Archäologe. Oder: Von der relativen und anaklastischen Schnelligkeit der Unbeweglichkeit eines festen Körpers im Ruhestand. »kllswoirs xrsssnts ä 1'^os.ckswis pstrslaioniqus st bowboraxalo (Lsotion ckss soieuess oxaotss)« von Heleno Cranir aus Minos in Argolis. Gedruckt im Auftrag der Akademie. 1840. In 8". Die gelungenste Mystifikation jedoch war die, von der hier die Rede sein soll und deren nur ein hervorragender Bücherkenner fähig war. Zu Anfang des Jahres 1840 erhielten die Bücherfreunde und -narren (»Bibliomanen«) Belgiens und des Auslands, die Direktoren der öffentlichen Bibliotheken sowie Chalons eigne Freunde einen Katalog mit folgender Aufschrift: »Verzeichnis einer sehr wertvollen, aber wenig zahlreichen Sammlung von Büchern aus der Bibliothek des verstorbnen Grafen I. N. A. de Fortsas, deren öffentliche Versteigerung am 10. August 1840 im Bureau und unter Leitung des Notars Mourlon, 9 ras cks I'sAliss zu Binche stattfinden wird.» (Originalc dieses von E. Hoyois in Mons gedruckten Katalogs sind äußerst selten geworden; doch hat er, wie es solchen Meister werken gebührt, mehrere Neudrucke erlebt. Der uns vorliegende ist von dem Brüsseler Antiquar G. A. van Trigt. — Zur Er läuterung für die nichtbelgischen Leser füge ich bei, daß Binche ein kleines belgisches Städtchen ist, das allein durch seine karne valistischen Veranstaltungen und Umzüge bekannt ist und zur Karnevalszeit von Tausenden von Brüsselern, Antwerpnern usw. besucht wird.) Der Auktionsanzeige folgten die Verkaufsbcstimmungen und eine ausführliche Notiz über den Grafen Fortsas, der wir wört lich folgendes entnehmen: «Fast alle seit fünfzig Jahren gebildeten Bibliotheken sind getreu nach den Grundsätzen der »LiblioFrapbis instruotivs« von De Bure angelegt worden. Die Folge davon ist, daß die von De Bure als selten oder seltsam bezeichneten Werke heute den Grundstock aller dieser Bibliotheken bilden, so daß man in Bezug hierauf mit Recht sagen kann: Es gibt nichts Alltäg licheres als Seltenheiten! Ein ganz andres Prinzip, das eines vollkommnen Bibliomanen, hatte den Besitzer der heute zum Verkauf gelangenden, einzig in ihrer Art dastehenden Bibliothek geleitet. Graf Fortsas duldete in seiner Sammlung nur unbestritten anerkannte Ilnica. Dies allein erklärt zur Genüge, daß seine Bibliothek trotz vierzigjährigen Sammeleifers nur einen geringen Umfang Hatto. Aber beinahe unglaublich erscheint es, daß dieser sonderbare Büchersammler unbarmherzig jedes Buch aus seiner Bibliothek ausschloß, sobald er dessen Vor-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder