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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.07.1902
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 01.07.1902
- Sprache
- Deutsch
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^ 149, I. Juli 1902. Nichtamtlicher Teil. 5357 3. bei Zeitschriften. Schulbücher» und Lehrmitteln keinerlei Skonto zu gewähren. (Unter »Zeitschriften» sind die jenigen periodischen Schriften zu verstehen, die jähr lich 12 mal und öfter erscheinen, unter »Schulbüchern» alle in öffentlichen und privaten Schulen mit Aus nahme der Hochschulen cingesllhrten Bücher.) C. P. Schcitlin (St. Gallen). Einer der bedeutendsten Buchhändler des vorigen Jahr hunderts, nicht so sehr durch den Umfang seines Geschäftes in dem damals 16 000 Einwohner zählenden St. Gallen, später für nicht ganz zehn Jahre als Verleger in Stuttgart, war Carl Peter Schcitlin geboren 1800, gestorben im drei- nndnennzigsten Lebensjahre am 23. September 1001, bis dahin »och in »»geschwächter Geisteskraft, aber müde und lebenssatt. Er durchlief das Kanton-Gymnasium seiner Vaterstadt St. Gallen Die vorzüglichste Lehrkraft dieser Schule war sein Vater, Professor Scheint», dem von der Verehrung seiner Mitbürger neben dem später erwachsenen Neubau der Schule eine Marmorbüste errichtet worden ist Nach der Schule wählte der Sohn zu seinem Beruf den Buchhandel und trat bei Wallis in Constanz in die Lehre, wo er sich heranbildete mehr durch eigene Strebsamkeit und klare Erfassung der Dinge und der Litteratur, als durch die Bedeutung des Lehr- hanses und der damals herabgekommenen kleinen Stadt, in der sich indes zu jener Zeit die Kämpfe zwischen dem Reform-Katholizismus unter dem Erzbischof von Wessenberg und dem römischen Katholizismus abspielten. In den folgenden Jahren war der junge Scheitln, als Buchhandlungs- gchilfe in Breslau, sah und lernte viel unter großer Spar samkeit. Anfang der dreißiger Jahre kehrte er zurück in seine Vaterstadt St. Gallen. Er begann ein eigenes Geschäft, und man sah bald, welche Fähigkeit und Arbeits kraft dem jungen Manne innewohnten. Die Sortiments buchhandlung C. P. Schcitlin war in wenigen Jahren eine der ersten in der Schweiz und Süddeutschland. Der Buch handel wunderte sich, wie in der kleinen, wenn auch durch Industrie in Stickerei und Weißwaren hervorragenden Stadt ein solches litterarische Interesse und mehr Bücherabsatz in allen Fächern^ als in vielen größeren Städten stattfinden konnte, und das war wesentlich Scheitlins Arbeit. Zu dem Aufschwung des jungen Geschäfts trug wesent lich die Assoziation mit Herrn Zollikofer bei, mit dessen Buch druckerei und dadurch mit dem St. Gallener Tageblatt, dem hauptsächlichsten Blatte des Kantons und der Ostschweiz. Unter der Firma Schcitlin L Zollikofer begann Schcitlin auch ein Verlagsgeschäft, dessen hervorragendste Erscheinungen die Bücher seines Vaters, des Professors Scheitlin, die beiden Jugendführer »Agathon» und -Agathe» waren, nebst andern klug gewählten, gangbaren und mit Glück vertriebenen Ver lagsbüchern. In jenen Jahrzehnten tobte in der Schweiz ein hef tiger Kampf zwischen radikal und konservativ oder vielmehr zwischen den beiden Konfessionen, der 1846 zum Bürger oder Sonderbundskrieg führte und besonders im Kanton St. Gallen die Geister heftig bewegte. Scheitlin hielt sich neutral und lebte ganz nur seinem Geschäfte, obwohl er das Zeug gehabt hätte, eine führende Rolle auf dem politischen Schau platz zu spielen; er war eben der festen Ueberzeugung, ein richtiger Buchhändler müsse konzentriert seinem Geschäft leben. Seine Mitbürger merkten wohl seine scharfe, oft sarkastische Kritik nach beiden Seiten und waren hin und wieder unzufrieden mit ihm; er ging aber nicht heraus aus seiner Zurückhaltung. Seine eigene Arbeitskraft und die seines Geschäfts grenzte ans fabelhafte. Von Ermüdung wußte er nichts, er Börsenblatt für den deutschen Buchhandel, «o. szayrunut,. war von größter Bedürfnislosigkeit, zur Arbeit war er wie eine Uhr beständig aufgezogen, die Arbeit im Geschäft begann morgens 7 Uhr und währte bis mittags 12 Uhr und wieder von 1 Uhr, zwar im Hochsommer bis abends 7 oder 8 Uhr, in der Lichtzcit aber bis abends 9 Uhr und in der strengen Zeit Oktober bis Neujahr bis 11 Uhr nachts. Möglich ivar das dadurch, daß er an seinem Zögling und späteren viel jährigen Gehilfen Köppel einen Vorarbeiter hatte, der eine gleich unermüdliche Arbeits- und Gedächtniskraft hatte, dazu eine sanfte Gemütsart, die gegen die Heftigkeit Scheitlins ein Gegengewicht bildete und bei dessen starker Abneigung gegen Widerspruch dem Frieden diente. Zur Erholung ging Scheitlin Sonntags gleich nach Tisch auf sein schön gelegenes Landgut Watt, pflegte aber nicht der Ruhe, sondern sah einer kleinen Fabrikation und der Landwirtschaft bis ins einzelne nach, hatte es auch zu einem vollen Verständnis sür letztere gebracht. Die ununterbrochene Arbeit machte sich aber doch gesund heitlich geltend; auch bekam Scheitlin ein Verlangen nach größeren buchhändlerischen Unternehmungen auf dem Gebiete des Verlags, wozu er nun die Mittel erworben hatte. Der württcmbergische Theologe Schneckcnburger, damals Professor in Bern, ein höchst universeller Gelehrter, hatte den Plan einer umfassenden theologischen Realencyklopädie gesaßt; er hatte angefangen, Artikel zu bearbeiten, und sich mit Scheitlin in Verbindung gesetzt. Das umfassende Werk war vollständig entworfen und der Plan vorgearbeitet; doch kamen mancherlei Hindernisse, so daß Scheitlin später in Stuttgart zurücktrat und den Verlag an Rudolf Besser übertrug. Das Werk hat eine Menge bedeutender Mitarbeiter gewonnen und ist in mehreren neuen Auslagen erschienen, zuletzt bei Hinrichs in Leipzig von Professor Hauck; es ist ein Hauptwerk der evangelischen Theologie. Ein ähnliches Verhältnis hatte er mit Bluntschlis Staatswörterbuch. Auch mit dessen Anfängen war Scheitlin verknüpft, er wollte aber die Aufgabe nicht durchführen und hat den Plan abgegeben. In solchen weiteren Plänen und Gedanken verkaufte Scheitlin 1846 seine Buchhandlung an I. v. Tschudi, der aus einem der ältesten Schweizer Ge schlechter stammte und auf dem Gebiete der Schweizerkunde Bedeutendes geleistet hat, aber eben darum sür den müh samen Arbeitsdienst des Sortimentsbuchhandels weniger geeignet war. Scheitlin hat später ost bedauert, daß er den bemittelten Käufer Tschudi dem wenig bemittelten Köppel vorgezogen hat; die Blüte des Geschäfts wäre unter letzterem reicher an Frucht gewesen. Nach dem Verkauf des Geschäfts konnte ein so that- krästiger Geist natürlich nicht müßig gehen, sondern es mußte neue Arbeit ausgenommen werden, und diese fand sich in Aemtern der Gemeinde St. Gallen zum Dienste derselben. Bald wurde Scheitlin Gerichtspräsident, und mit seinem scharfen Verstände, seiner Klarheit und seinem Gedächtnis arbeitete er sich zum Verwundern rasch ein in Gesetzeskunde und Rechtspflege. Aber aus die Länge sagte ihm diese Thätig- keit doch nicht zu, sondern als von Stuttgart ein Ansuchen an ihn kani, er möchte zum Buchhandel zurückkehren und sich mit dem Schwiegersöhne eines der bedeutendsten Stuttgarter Verleger assoziieren zu einem neuen Verlagsgeschäfte, sagte er zu und zog nach Stuttgart, nicht zwar nach dem Wunsche seiner treuen Gattin, die sehr an ihrer Heimat hing und mit dem Herze» in St. Gallen blieb. In dem folgendem Stuttgarter Jahrzehnt hat Scheitlin das Geschäft schnell zu Ansehen, Ehren und Ertrag gebracht; dennoch bildete der Verstandesschärfe, nüchterne, nie müde werdende Scheitlin ein ungleiches Paar mit seinem zwar sehr gebildeten, begabten, aber phantasievollcn und weniger praktischen Gesellschafter und dem starken Einfluß von dessen Schwiegervater. Scheitlins Naturell paßte überhaupt nicht 702
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