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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.04.1902
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 25.04.1902
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- Deutsch
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3440 Nichtamtlicher Teil. erfreuliches Moment; von dem Abgeordneten Oertel bis zum Ab geordneten Südekum ist alles darüber einig gewesen. Ein so großes Privilegium aber, daß ein Mehr nicht mehr gefordert werden dürfe, wird hier nicht gewahrt. Aus der Vorgeschichte dieses Gesetzes und des Z 7 ergiebt sich aufs deutlichste, daß man stets das Preßdclikt nur als am Erscheinungsort des Preßerzeug- nisses begangen und begehbar angesehen hat; was die Vorlage bietet, hat also eigentlich nur deklaratorischen Wert. Man braucht nur auf die Erklärungen hinzuweisen, welche der Vorsitzende der Justizkommission von 1875, Herr Miguel, ini Jahre 1876 über die Frage abgegeben hat. In der Folge hat aber selbst das Reichsgericht dem 8 7 eine andere Auslegung gegeben, und so sind wir zu dem fliegenden Gerichtsstand der Presse gekommen. Nicht im Interesse der Redakteure und der Verleger, sondern im Interesse der Rechtspflege ist die gesetzgeberische Aenderung nötig. Die Regelung für den Fall des Privatklageveriahrens halte ich durchaus für glücklich, und ich meine, daß wir uns durch die Gegcnnußerungcn eines Teils der Presse nicht beirren lassen können. Es muß dem Privatkläger freistehen, gerade auch dort, wo er lebt und wohnt, seine angegriffene Ehre gerichtlich wiederherzu- stcllcn. Sehr zu bedauern ist, daß doch nicht ein völlig einheit licher Gerichtsstand für die Presse geschaffen wird, sondern nur ein Gerichtsstand für das begangene Vergehen, das korurn äslioti oowmissi; auch soll es sich leider nur um strafbare Handlungen handeln, die begangen sind durch den Inhalt eines Prcßerzeug- nisses. Gründe für diese Einschränkung sind nicht gegeben. Für Kommissionsberatung ist keine Stimmung im Hause; es wird hoffentlich auch im Plenum gelingen, eine Vereinbarung über eine allseitig annehmbare Formulierung herbeizuführen. Die Vor legung des Entwurfs ist meinen politischen Freunden zu danken; ich folgere daraus, daß auch noch weiteren Anregungen von unserer Seite ein ähnlich günstiges Schicksal beschicken sein wird. Abgeordneter vr. Spahn (Zentr.): Ich meine, daß der Be schluß des Reichstages gelegentlich der Beratung über die Wieder einführung der Berufung den ersten Anlaß zur Vorlegung des Entwurfs gegeben hat; das ganze Haus kann die Urheberschaft für sich in Anspruch nehmen. Nicht allein mit Rücksicht auf die Geschäftslage, sondern darauf, daß es sich um Fälle handelt, welche die Oeffentlichkeit sehr interessieren, ist es besser, die Materie bei offenen Thüren zu behandeln. Die Einbeziehung auch der nicht periodischen Presse wird in zweiter Lesung näher zu erwägen sein. Den Gerichtsstand des Wohnorts zu beseitigen, liegt kein Anlaß vor. Für die Privatklagen muß auch der Wohnort des Privat beleidigten auf jeden Fall zugestandcn werden. Abgeordneter Beckh-Coburg (fr. Volksp.): Ich könnte mich dem Danke des Abgeordneten Esche anschließen, wenn nicht die späteren Ausführungen des Staatssekretärs mir das sehr erschwerten. Er hat mitgeteilt, daß eine Anzahl von Regierungen sich nur ungern dieser Aktion angeschlossen hätte, und hat zuletzt nicht undeutlich die Drohung erkennen lassen, daß man von der ganzen Sache zurück treten würde, wenn der Reichstag weitergehende Abänderungen beschlösse. Das sieht nicht allzu verheißungsvoll aus. In der Ein gabe des Vereins -Berliner Presse«, die durch den verstorbenen Ernst Wichert an das Haus gekommen ist, wird in sachkundiger Weise dargclcgt, daß bereits bei der Entstehung des § 7 über das jenige, was jetzt Rechtens werden soll, Einigkeit hergestellt war. Die Voraussicht des damaligen fortschrittlichen Abgeordneten Frankenburger aber, daß das Reichsgericht zu einer anderen Aus legung kommen könnte, hat sich leider bewährt. Gegen die reichs gerichtlichen Entscheidungen haben sich die verschiedensten Rechts gelehrten und der Juristentag aufgelehnt. Der Unterschied zwischen periodischer und nichtperiodischer Druckschrift muß beseitigt werden. Ferner wollen wir, daß der Gerichtsstand für die Presse aus schließlich bei demjenigen Gerichte begründet ist, in dessen Bezirk die Druckschrift erscheint. Die Frage der Privatklage ist ja von der Mehrheit des Hauses eigentlich entschieden. Ich persönlich mag heute von dieser Ausnahme für den Privatkläger nichts mehr wissen. Staatssekretär des Reichs-Justizamts vr. Nicberdingr Meine Herren! Der Herr Vorredner hat sich dadurch etwas unangenehm berührt gefühlt, daß ich, wie er meint, in meinen Ausführungen eine Drohung für den Fall ausgesprochen habe, daß das Hohe Haus Abänderungen der Regierungsvorlage be schließen sollte. Ich habe persönlich, und das hat der Herr Ab geordnete auch schon anerkannt, nicht die Absicht gehabt, Drohungen gegen den Reichstag auszusprechen; ich habe aber auch nicht den Auftrag, namens der verbündeten Regierungen für den von dem Herrn Vorredner berührten Fall eine Drohung nuszusprechen, denn die verbündeten Regierungen sind klug genug, zu wissen, daß mit solchen Drohungen nichts anzufangen ist. (Sehr richtig!) Ich glaube auch, die verbündeten Regierungen haben an den Fall, ^ 94. 35. April 1902. daß an der Vorlage Aenderungen vom Hause vorgenommen werden würden, gar nicht gedacht; sie haben ja mit dieser Vorlage ein fach das acceptiert, was der Reichstag hier bei der zweiten Lesung der Strafprozeßnovelle beschlossen hat; sie hatten daher gar keine Veranlassung, vorauszusehen, daß der Reichstag jetzt erklären würde, daß ihm das, was er damals beschlossen, nicht mehr ge falle. Was ich gesagt habe, und was den Herrn Vorredner zu seinem Mißverständnisse veranlaßt hat, ist folgendes: Ich habe darauf hingewiesen, daß die Presse zum Teil mit der Vorlage keineswegs zufrieden sei und sich von pessimistischer Anschauung so weit habe führen lassen, um zu erklären, sie sähe es lieber, wenn alles so bliebe, wie es bisher war, als daß diese Vorlage angenommen würde. Dazu habe ich bemerkt, daß, wenn der Reichs tag selbst, was ich nicht glaube, auf diesen Standpunkt des Pessi mismus sich stellen würde, die Regierungen dabei sich bescheiden könnten; sie ständen auf dem Standpunkte, daß mit dem jetzigen Rechtszustande auszukommen sei. Das ist alles. Wenn der Herr Vorredner daraus herleiten konnte, daß ich namens der verbün deten Regierungen gegen den Reichstag eine Drohung ausgestoßen hätte, so muß ich das auf ein Mißverständnis zurückführen. Abgeordneter Or. Oertel (d. kons.): Meine politischen Freunde halten es auch nicht für zweckmäßig, diesen kurzen, viel erörterten Gesetzentwurf einer Kommission zu überweisen. Dem Entwurf ist etwas Eigentümliches passiert; es nehmen viele die Vaterschaft desselben für sich in Anspruch. Wir alle können einen kleinen Teil der Vaterschaft in Anspruch nehmen; meine politischen Freunde sind mit dem kleinsten Teil zufrieden. Den wenigsten Teil hat der Staatssekretär für die verbündeten Regierungen in Anspruch genommen. Um so mehr verdient er Dank, wenn er entgegen seinen Anschauungen sich den unsrigen angeschlossen hat. Hoffentlich weiß ihm Herr Beckh nachträglich Dank. Ich hoffe, daß die Regierung auch bei wichtigeren Geschäften diesen Anbequemungs prozeß vollziehen werde. Meine Freunde begrüßen die Vorlage mit einer gewissen Befriedigung. Wir haben uns öfter für die Be seitigung des fliegenden Gerichtsstandes ausgesprochen. Wir hoffen, daß nunmehr die Regierung auch die Materie der Eidesleistungen einer besonderen Regelung unterziehen wird. Die Konsequenz ist zwar eine Zier, -doch weiter kommt man ohne ihr«. Der fliegende Gerichtsstand war ebensowenig schön wie sein Name. Die -Deutsche Tageszeitung», die ein verhältnismäßig sehr harniloses Blatt ist, ist an den verschiedensten Orten, z. B. in Flensburg und Apenrade, zun: Teil freigesprochen, zuni Teil verurteilt worden. Ich kann also nicht finden, daß der fliegende Gerichts stand keine Bedeutung mehr hat. In einem Falle sprach das Königsberger Gericht zwei ostpreußische Tageblätter und die -Deutsche Tageszeitung- frei, und das Berliner Gericht verurteilte sic. — Den ersten Teil des Entwurfs nehmen wir an. Ob man den § 7 auf die nichtperiodischen Druckschriften ausdchnen soll, ist eine Frage von zu untergeordneter Bedeutung. Viel umstritten ist der zweite Teil wegen der Privatklagen. In der Presse habe ich gelesen, daß damit eine Entrechtung vollzogen werde, eine Knebelung erster Sorte. Andere sagen, es würde damit eine Revolverpresse großgezogen, wenn der Teil gestrichen würde. Ich glaube, daß beide Bedenken über das Ziel schießen. Ich hielt anfangs diesen zweiten Teil auch für bedenklich, habe mich aber in zwischen eines Besseren belehren lassen. Die Presse muß cs aller dings als eine besondere Ausnahmebestimmung empfinden, wenn es auch keine ist, sondern eine beschränkte Anwendung eines alten Rechtsgrundsatzes. Man wird sagen können, daß durch den ersten Satz der Presse besondere Vorzugsstellung eingeräumt wird. Nun sagt man, man könnte sich den zweiten Satz gefallen lassen, wenn die Klagen gegen die Presse immer begründet wären. Es würde aber gewissermaßen ein Sport mit Klageerhebungen gegen die Presse getrieben. Irgend ein junger Nationalökonom schreibt ein Buch. Das will er besprochen haben. Das geschieht, weil es nichts taugt, ziemlich scharf. Er verlangt Berichtigung und klagt womöglich auf dem Privatwege. Dieser Fall kommt nicht selten vor. Andere Leute überschwemmen die Presse mit sogenannten Berichtigungen. Diese werden abgedruckt mit einem Fragezeichen. Auf Grund dieses Fragezeichens wird Strafantrag gestellt. Der Redakteur wird vernommen u. s. w., die Klage wird natürlich abgelehnt; aber es sind Belästigungen für die Presse. Die Reklame eines Margarinefabrikanten wird unter die Lupe genommen, folgt eine Klage. Ich erinnere an die Massenkiagen des Herrn Mohr. Er mußte die Klagen zurückziehen. Falls der zweite Satz angenommen würde, würde er die Freude haben können, die gesamte Presse nach Altona zu citieren. Derartige Fälle ließen sich in iviiviium vermehren. Es ist daher begreiflich, daß die Presse einige Bedenken gegen den zweiten Satz hat; man muß ja auch der Presse eine gewisse Ausnahmestellung ein räumen. Sie niuß das Recht haben, auf gewisse Mißstände auf merksam machen zu können. Dies hatte sie beim Bankbruch auch früher gethan, wenn nicht das Damoklesschwert der Klage über ihr
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