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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.04.1902
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- 25.04.1902
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- Deutsch
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^ 94, 25. AM 1902. Nichtamtlicher Teil. 3439 Vom Reichstag. Aus der Verhandlung der 170. Sitzung vom 2l. April 1902. Erste Lesung des Gesetzentwurfs, betreffend die Abänderung des Z 7 der Strasprozeßordnung (fliegender Gerichtsstand der Presse). (Aus dem -Deutschen Reichs-Anzeiger- vom 22. u. 23. April.) Staatssekretär des Reichs-Justizamts Or. Nieberding: Meine Herren! Ich möchte Sie bei der Eröffnung der Be ratung dieser kleinen Vorlage nur bitten, daß Sie den Entwurf nicht so sehr auffassen als einen Ausdruck der Ueberzeugung der verbündeten Regierungen, sondern vielmehr als den Ausdruck ihres Wunsches, in dieser so lange bestrittenen Frage dem Reichs tage cntgegenzukommcn. Dieser Standpunkt hat dahin geführt, daß die verbündeten Regierungen im wesentlichen adoptiert haben für ihre Vorlage den sachlichen Inhalt des Beschlusses, den der Reichstag bei der zweiten Lesung des Entwurfs einer Novelle zur Strafprozeßordnung unter dem 14. November 1898 gefaßt hatte. Meine Herren, die Frage, die dieser Entwurf lösen will, hat in den Vorverhandlungen zu der damals leider gescheiterten Novelle zur Strafprozeßordnung eine sehr ausgiebige Behandlung erfahren. Bereits bei der Vorlage der ersten Novelle, die zur ab schließenden Beratung im Reichstage nicht gelangte, hat die vom Reichstage berufene Kommission in zwei Beratungen, die unter stützt wurden durch die Beratungen einer zu dem Zwecke ein gesetzten Subkommission, einen Beschluß gefaßt, und zwar hat sie sich dabei mit großer Mehrheit zu gunsten der Fassung ausge sprochen, die nachher vom Plenum des Reichstages angenommen wurde. Als dann im nächsten Jahre zum zweiten Male die Straf- prozcßnovcllc vorgelegt wurde und in diesem Punkte die ver bündeten Regierungen den Beschlüssen des Reichstages aus der vorigen Session nicht nachgekommen waren, ist wiederum die Frage des fliegenden Gerichtsstandes in der Kommission in zwei Lesungen erörtert worden, und die Erörterungen haben zu dem einstim migen Beschluß geführt, die früher beschlossene Bestimmung wieder in den Entwurf aufzunchmcn. Dieser Beschluß ist dann, ohne einen Widerspruch hier im Plenum zu erfahren, auch vom Reichs tage selbst adoptiert morden. Diese wiederholten, mit großer Mehrheit, in dem einen Falle sogar mit Einstimmigkeit, gefaßten Beschlüsse berechtigten die Regierung wohl, anzunehmen, daß in dem Inhalt des Beschlusses der Wille des Reichstages zum Aus druck gelangt sei. Wenn wir diesen Willen respektiert haben, so haben wir allerdings gleichwohl drei Abänderungen in der Fassung vorgenommen, die aber nicht der Auffassung, die im Reichstage maßgebend war, entgegen sind. Der Reichstag wollte damals die Beschränkung des Gerichtsstandes der Presse nur eintreten lassen zu gunsten der Redakteure, der Verfasser, Verleger und Drucker, also der durch eine besondere strafrechtliche Stellung im Preßgesetz be- zeichnetcn Personen. Die verbündeten Regierungen haben sich auf den Standpunkt gestellt, daß es nicht gerechtfertigt sei, diesen Grundsatz, der hier zu Gunsten der bezeichnten Personen ausge stellt werden soll, auf diese Personen zu beschränken, sondern daß es gerechtfertigt sei, alle an einem Preßdelikt beteiligten Personen in gleicher Art bezüglich des Forums zu behandeln. Die ver bündeten Regierungen haben also die Beschränkung, die im Be schluß des Reichstages enthalten war, zu gunsten der Presse fort- gelassen. Zweitens ging in dem Beschluß des Reichstages die Fassung dahin, daß der bisherige Rechtszustand in Ansehung der Privatklage gegen eine Beleidigung einfach aufrechterhalten wer den sollte. Es hätte also, wenn jener Beschluß des Reichtages Gesetz geworden wäre, nach wie vor auch auf Grund des neuen Gesetzes von dem Privatkläger an jedem Orte des Deutschen Reichs, wo das Preßerzeugnis Verbreitung fand, die Klage er hoben werden können. Die verbündeten Regierungen haben sich auf den Standpunkt gestellt, daß, wenn man einmal eine Ein schränkung des Gerichtsstandes zu Gunsten der Presse eintreten lasse, diese Einschränkung so weit gehen müsse, als es sich recht fertige, ohne andere Interessen erheblich zu verletzen, und sie sind von diesem Standpunkt aus zu der Meinung gelangt, daß es nicht berechtigt sei, dem Privatkläger beliebig die Wahl des Ge richts, bei dem er seine Klage einreichen will, zu überlassen, son dern daß es für den Privatkläger genüge, wenn er an dem Er scheinungsort des Preßerzeugnisses und an seinem Wohnort, sofern dort das Preßerzeugnis verbreitet worden ist, klagen könne. Die verbündeten Regierungen haben also in diesem Punkt bezüglich der Privatklage eine erhebliche Einschränkung des vom Reichstag Gewollten zu gunsten der Presse eintreten lassen. Endlich haben die Regierungen in ihrem Entwurf eine Bestimmung des Beschlusses des Reichstages weggelassen, nach welcher die allgemeinen Rechts sätze über den Gerichtsstand aufrecht erhalten werden sollten für Vergehen, die nicht zu den eigentlichen Preßdelikten gehören, son dern nur mit Preßerzeugnifsen in Beziehung stehen, im übrigen aber selbständige Delikte darstellcn. Dieses ausdrückliche Reservat gegenüber der Einschränkung des Gerichtsstandes zu gunsten der Presse, welche der Reichstag damals in seinem Beschlüsse für nötig gehalten hatte, haben die verbündeten Regierungen fallen lassen, nicht in der Absicht, den Beschluß des Reichstages materiell zu ändern, sondern im Gegenteil in dem Wunsche, durch diesen Satz nicht eine Bestimmung in das Gesetz hineinzubringcn, die vermöge ihrer bedenklichen Formulierung zu neuen und für die Presse nach teiligen Interpretationen Anlaß geben könnte. Die Fassung, die damals vom Reichstage gewählt war, ist nicht frei von Bedenken. Eine andere Fassung, welche die Bedenken beseitigte, zu finden, ist uns nicht gelungen, und so haben wir es vorgezogen, einfach in den Motiven auszusprechen, was der Entwurf will, indem wir davon ausgehen, daß das Recht der kora bezüglich der Delikte, die nicht lediglich Preßdelikte sind, sich aus dem allgemeinen Recht ganz von selbst ergiebt, einer besonderen Klarstellung in einer eigenen Bestimmung dieses Entwurfs nicht bedarf. Wir haben also in diesem Punkt aufrecht erhalten wollen, was auch der Be schluß des Reichstages erzielen wollte. Das, meine Herren, ist der Standpunkt der verbündeten Re gierungen, der also nicht bloß den Beschluß des Reichstages von 1896 wiederholt, sondern der in mehreren — ich glaube: nicht unwichtigen — Punkten zu gunsten der Presse über jenen Beschluß hinausgeht. In der Begründung des Entwurfs haben sich die verbündeten Regierungen ebenfalls den Anschauungen anbequemt, welche der damaligen Beschlußfassung des Reichstages zu Grunde lagen und in den Vorberatungen zum Ausdruck gekommen waren. Ich muß der Wahrheit dabei die Ehre geben und erklären, daß diese An schauungen für die verbündeten Regierungen keineswegs frei von Bedenken sind. Die Regierungen haben sich ihnen anbequemt, sie aber nicht zu den ihrigen gemacht; sie haben sich ihnen an bequemen müssen, weil sie wünschten, dem Reichstage eine Vor lage in seinem Sinne zu unterbreiten. Aber sie haben es ungern und zum teil nur mit Ueberwindung gethan, weil sie nicht an erkennen können, daß der bisherige Rechtszustand zu so erheblichen Unbequemlichkeiten und Schwierigkeiten geführt habe, daß eine Aenderung dringend nötig gewesen wäre. Nachdem aber im vorigen Jahre der Reichstag in einer besonderen Resolution den Wunsch nach einer beschleunigten Regelung ausgesprochen hatte, ist die Regierung diesem Wunsche entgegengekommen. Meine Herren, wir wissen, daß der damit eingenommene Standpunkt in den Kreisen der Presse nicht allgemeine Zustimmung findet. Das liegt ja auch in der Natur der Sache. Wir können uns kaum darüber wundern, daß einzelne Preßstimmen so weit gehen, zu erklären, sie zögen den gegenwärtigen Rechtszustand demjenigen vor, was die verbündeten Regierungen hier vorschlagen. Nun, ich glaube nicht, daß der Reichstag geneigt sein wird, der artigen pessimistischen Anwandlungen seinerseits zu folgen; sollte das aber dennoch der Fall sein, so darf ich im Sinne der ver bündeten Regierungen erklären, daß wir nichts dagegen haben würden, wenn der gegenwärtige Rechtszustand dem vorgezogen werden sollte, was Ihnen im Sinne Ihrer früheren Beschlüsse vorgcschlagen wird. Wir ziehen den gegenwärtigen Rechtszustand als den konsequenteren vor; aber wir wollen ihn fallen lassen, weil der Reichstag den Wunsch ausgesprochen hat. Ich will gern zugeben, daß nicht nur der jetzige Rechtszustand, sondern auch der, der nach dem Entwurf sich ergeben wird, hier und da Unbequemlich keiten für die Presse mit sich bringen kann; aber diese Unbequem lichkeiten allein, die Rücksichten auf die Presse allein können für die Gesetzgebung nicht entscheidend sein. Wenn wir mancherlei Ausstellungen gegen den Entwurf in der Presse gehört haben, so darf man sagen: auäiatur st altsrrr pars! Die altsra pars, die bei der Regelung der Sache beteiligt ist, kommt nur leider in den Blättern weniger zur Geltung, weil ihr Interesse mit dem der Presse in Widerspruch steht. Für die gesetzgebenden Faktoren ist es aber selbstverständlich ausgeschlossen, daß sie sich aus einen ein seitigen Standpunkt stellen; für sie kommt es darauf an, den rich tigen, versöhnenden Mittelweg zu finden. Nach Ansicht der ver bündeten Regierungen liegt dieser ausgesprochen in dem Beschluß, den der Reichstag bei der zweiten Lesung der Strafprozeßnooelle gefaßt hat. Indem die verbündeten Regierungen im wesentlichen diesen Beschluß jetzt annehmen, können sie an das hohe Haus nur die Bitte richten, auch seinerseits ihm treu bleiben zu wollen und demgemäß den Vorschlag der verbündeten Regierungen zu acceptieren. Abgeordneter vr. Esche (nat.-lib.): Ich nehme das Entgegen kommen der Regierung dankbar an und spreche unseren Dank aus, darf auch wohl die Hoffnung daran knüpfen, daß die Reichs regierung auch anderen kleinen Wünschen, die sich an diesen Ent wurf anschließen, das gleiche Wohlwollen erweisen wird. Spät kommt ihr, doch ihr kommt! Die Notwendigkeit dieser Vorlage ist auf allen Seiten dieses Hauses anerkannt worden, ein äußerst 455»
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