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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.04.1902
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- Erscheinungsdatum
- 25.04.1902
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- Deutsch
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8442 Nichtamtlicher Teil. 94, 25. April 1962. des bestehenden Rechtszustandes handelt. Eine ganze Reihe von Gerichten hat erkannt, daß auch bei Privatklagen der fliegende Gerichtsstand nicht mehr zur Anwendung kommen soll; diese neue Judikatur wird durch das Gesetz ins Unrecht versetzt. Wir haben es nicht mit einem Privilegium der Presse, sondern mit dem natür lichen Gerichtsstand der Presse zu thun. Der fliegende Gerichts stand muß auch bezüglich der Privatklagen beseitigt werden. Nur das Gericht, wo das Preßorgan erscheint, ist imstande und berufen, den Sachverhalt richtig und zutreffend zu beurteilen. Namentlich die sächsischen Gerichte verstehen absolut keinen Spaß mehr. In der Faschingsnummer der -Dresdner Rundschau- war ein Gedicht enthalten, auf Grund dessen der Redakteur zu 50 ^ Geldstrafe verurteilt wurde, weil er dem Oberbürgermeister von Dresden unterstellt haben sollte, nach dem Finanzministerposten zu streben. Das Gedicht ist von größter Harmlosigkeit. Redner verliest unter der Heiterkeit des Hauses das Gedicht und fährt dann fort: Bei der Annahme des Wohnsitzes als Anklageforum ist die Ge fahr sehr groß, daß der Richter auch in die lokalen Verhältnisse zu sehr hineingezogen wird und den Ueberblick über das Ganze verliert. Wie soll es außerdem im Falle der Konkurrenz des öffent lichen Interesses mit dem Privatbeleidigten gehalten werden? Es handelt sich nicht um ein Entgegenkommen gegen den Reichstag, sondern um die Beseitigung eines durchaus unhalt bar gewordenen Rcchtszusiandes. Warum soll der Beleidigte ausnahmsweise privilegiert werden? Die deutsche Presse ist ja an schlechte Behandlung im ganzen gewöhnt, wenn auch die Re gierung nicht gerade die ganze Presse, so gewiß nicht das Blatt des Kollegen Oertel, auf den Blocksberg wünscht. Wir können den Preßvertretern nicht die Stelle von beinahe kommandierenden Generälen verschaffen, wir müssen schon zufrieden sein, wenn sie als Feldwebel behandelt werden. Die soziale Stellung muß sich die Presse selbst erkämpfen; wir aber müssen dafür sorgen, daß ihr die Daumenschrauben wie Zeugniszwang und fliegender Gerichts stand abgenommen werden. Abgeordneter Gaulke (f. Vgg., schwer verständlich): Im zweit größten Bundesstaat Bayern ist von der Regierung schon vor zwei einhalb Jahren in der Kammer ausgesprochen worden, daß der fliegende Gerichtsstand ein Schmerzenskind der Justiz sei. Danach hätte man doch erwarten sollen, daß die Vorlage längst an den Reichstag kam. Der erste Satz enthält unzweifelhaft eine Ver besserung des bestehenden Zustandes; der zweite Satz aber ist für uns unannehmbar. Das Ganze ist nur eine Abschlagszahlung auf die Revision der Strafprozeßordnung. Wir müssen sie annehmen, weil Aussicht auf eine erschöpfende Revision in absehbarer Zeit nicht besteht. Zahlreiche Privatklagen werden nur aus formellen Gründen erhoben, damit es nicht scheint, als ob man die Beleidi gung auf sich sitzen lassen wolle. Abgeordneter vr. Stockmann (Rp.): Da ich die Vorlage für klar und verständlich halte, bin ich ebenfalls für die weitere Be ratung im Plenum. Ich begrüße die Vorlage mit Freuden. So lange das Reichsgericht seine Entscheidung nicht abgeändert hat, bleibt dieselbe bestehen, und die Gerichte müssen mit ihr rechnen; deshalb ist es ein Fortschritt, wenn dieses Gesetz die entstandene Unsicherheit beseitigt. Für den größten Teil meiner Freunde ist sie aber nur annehmbar bei Aufrechterhaltung des fliegenden Gerichtsstandes für die Privatklage. In dieser Aus nahmebestimmung kann man eine Ausnahmebestimmung für die Presse erblicken; viel größer aber wäre die Härte für den Privatbeleidigten selbst, wenn er gezwungen sein sollte, die Beleidigung am Orte des Erscheinens des betreffenden Organs zu verfolgen. Daß Privatklagen aus Sport angestrengt werden oder der Reklame dienen, mag sein; aber derartige Privat kläger können ihren Zweck auch erreichen, wenn sie die Klage am Orte des Erscheinens des Preßorgans anstrengen. Im Falle der grundlosen Beleidigung muß dem Beleidigten das Recht zustehen, auch an seinem Wohnort zu klagen. So lange die persönliche Ehre nicht besser geschützt ist als bisher, wird an den gegen wärtigen Zuständen in der Duellfrage nichts geändert, haben wir öfter ausführen hören. Da wird auch diese Vorlage ein ganz kleiner Schritt vorwärts auf dem Wege der Beseitigung der Duelle sein. Abgeordneter vr. von Dziembowski-Pomian (Pole): Es ist jetzt geradezu typisch geworden, uns Polen gegenüber von dem fliegen den Gerichtsstand Gebrauch zu machen, namentlich seitens des Ostmarkenvereins. Für den Reichstag und die Juristen handelt es sich lediglich um die Frage: Welche Rechte sind mehr zu schützen, die des Redakteurs oder die des Privatklägers? Da sind wir für den alten Grundsatz: In äubio pro rso! Das Privileg für den Privatkläger muß beseitigt werden. Wir nehmen diese Abschlags zahlung an, ohne deshalb minder eifrig auf dem Verlangen der Wiedereinführung der Berufung und auf der Erfüllung der anderen Forderungen des Reichstags zu bestehen. Damit schließt die erste Beratung. Die zweite Lesung wird demnächst im Plenum stattfinden. Kleine Mitteilungen. Beschlagnahme. — Das im Verlage von Carl Meißner in Dresden erschienene Buch: -Nixchen- von Hans von Kahlenberg ist durch Verfügung des Amtsgerichts Berlin beschlagnahmt worden. Der Herr Verleger hat gegen die Verfügung Einspruch erhoben. (Vgl. die Anzeige auf Seite 3452 d. Bl.) Korporation der Wiener Buch-, Kunst- und Musi kalienhändler. — In der 15. ordentlichen Korporations- Versammlung am 17. April 1902 wurden folgende Herren in den Korporations-Ausschuß gewählt: Franz Deuticke (Vorsteher), V. A. Heck (Vorsteher-Stellvertreter), O. Friese, C. Herzmansky, A. Schroll, H. Tachauer; ferner als Ersatzmänner die Herren Robert Mohr, I. Rörich, Rudolf Braumüller. Vom Reichstage. — Die Petitions-Kommission des Deutschen Reichstags beschloß in ihrer Sitzung vom 22. April 1902, dem Reichstage zu empfehlen, daß die Eingabe des Vorstandes des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, betreffend Heran ziehung weiterer Staaten zur Berner Litterarkonvention, dem Reichskanzler zur Berücksichtigung überwiesen werden möge. (Vgl. den Abdruck dieser Eingabe, die auch an den Reichskanzler gerichtet worden ist, im Börsenblatt Nr. 18 vom 23. Januar 1902.) Verein der Buchhändler zu Leipzig. — Eine außer ordentliche Hauptversammlung mit der Tagesordnung: -Abände rung der Verkaufsbestimmungen- ist auf Antrag von fünfzig Mit gliedern auf Montag den 5. Mai einberufen worden. (Vgl. die Anzeige im amtlichen Teil.) Pers onalnachrichten. Gestorben: am 20. April 1902 plötzlich, infolge eines Schlaganfalls, im 51. Lebensjahre, Herr Richard Curt, Prokurist im Hause Carl Heymanns Verlag in Berlin. Sein unerwarteter Tod bedeutet für das Haus, dem er an gehörte, einen schmerzlichen, schwer ersetzbaren Verlust. Länger als neunzehn Jahre hindurch hat er in diesem Hause gewirkt und für dessen Gedeihen mit nie erlahmendem Pflichteifer seine beste Lebenskraft eingesetzt. Seine Treue und Gewissenhaftigkeit und die in jeder Lage bewährte Lauterkeit seines Charakters sichern ihm dauernd ein ehrendes Andenken. (Sprechsaal.) Schulbncher-Misere. (Vgl. Nr. 87 d. Bl.) II. In einem bezüglichen Artikel in Nr. 87 des Börsenblattes wird die Hoffnung ausgesprochen, daß eine Statistik über die im Sortiment auf die geschilderte Weise alljährlich verlorenen Summen den Behörden vielleicht die Augen öffnen würde. Als einen Beitrag zu solcher Statistik kann ich aus meinem Geschäfte folgendes Mitteilen: Seit dem Jahre 1896, wo die sogenannten Schulbücher- Reformen ihren Anfang nahmen, habe ich in jeder Schulbücherzeit, also zu Ostern und Michaelis, gelinde gerechnet, je für etwa 75 netto wegwerfen müssen. Macht in 6 Jahren (— 12 Schul bücherzeiten) 900 netto; ferner bei jeder im Sommer vorgenommenen Inventur für etwa 150 ^ netto, macht in 6 Jahren 900 netto Verlust in Summa 1800 netto. Selbstredend habe ich stets nur absolut Hoffnungsloses aus rangiert. Als die -Schulbücher - Reformen- Ostern 1896 einsetzten, habe ich für einen ersten ausrangierten Posten im Nettobeträge von 173 in einer hiesigen Pappenfabrik 3 ^ erzielt. Später habe ich auf diesen -Verdienst- verzichtet und meine jeweiligen Lauf jungen sich in die ausgcsonderten Bestände teilen lassen. Vielleicht geben noch mehr Kollegen ihre Verlustlisten an. Ob aber die Behörden sich dadurch beeinflussen lassen werden, das ist wohl ebenso unwahrscheinlich, wie etwa anzunehmen, daß die -Schulbücher-Reformen- überhaupt noch jemals zu Ende kommen. Berlin. Wilhelm Buchholz.
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