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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.02.1901
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 08.02.1901
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- Deutsch
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1172 Nichtamtlicher Teil. 33, 8. Februar 1901 Aufgabe erfüllen wollen, so daß die Gehilfenorganisation sich zu einer großen Trade-Union nach englisch-amerika nischem Muster bildet. Wir lernen aus der Geschichte der englischen Druckergilden, wie dort Institutionen, die dem Deutschen Buchgewerbeverein sehr ähnlich, aber dem eng lischen Volkscharakter mehr angepaßt sind, mit Hilfe der von uns erstrebten buchgewerblichen Kunst die Gewerbe zu gedeihlicher Entwickelung geführt haben und die Gegen sätze zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer soweit ver mitteln, daß man den Zustand als volkswirtschaftlich guten bezeichnen darf. Das gerade Gegenteil ist in Amerika der Fall; dort kämpft man jetzt verzweifelt um die Schöpfung eines Buchgewerbevereins, nachdem die einzigen Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bisher in Dollars und Cents bestanden haben und die Gegensätze einer ge werblich ungebildeten Gehilfenschaft mit einer Prinzipalität, die verabsäumt hatte, ihr Gewerbe auf die Durchschnitts höhe der anderen Gewerbe zu bringen, Tausende von Arbeitgebern und Hunderttausende von Arbeitnehmern zu Grunde gerichtet haben, weil der einzelne Mann weder Kunst noch Können besaß, sondern nur eine in einem kleinen Spezialfach gedrillte Maschine geworden war. Die Millionen und Abermillionen, die dieser gewerbliche Unfriede den Amerikanern kostet, können wir uns sparen, wenn wir sehen wollen, und uns nicht selbst bewundernd darüber täuschen, welch kolossale Arbeit noch unserer harrt. Gerade wir Leipziger dürfen noch heute zwei Worte vr. Martin Luthers als Kritik unserer Anschauungen nehmen. Das eine lautet: vipsig, vnlt sxpeotsri, was schou damals den indolenten Charakter des echten und rechten Leipzigers kennzeichnete, und das andere: Vixsis, lixsisoit, das Luther wahrscheinlich in der eleganteren komprimierten lateinischen Wendung gebraucht hat, um nicht in einem Ton, der noch viel schärfer und prägnanter sein mußte als der seiner Schrift wider den Saufteufel, den Leipzigern eine ganz fulminante Predigt halten zu müssen. Unsere Stadtver waltung bethätigt jederzeit ihr Wohlwollen für unsere Gewerbe, es fehlt weder an Anregungen noch an Gelegen heiten, an ihrer Hand aus dem chronisch gewordenen Zustande der Halbheiten und Vorbereitungen heraus zu kommen; aber tausend Bedenken, die Furcht, für eine gute Sache versehent lich vielleicht einmal gar in Begeisterung zu geraten, und das viiivm llpsllopuäi schwächen die notwendige Vorwärts entwickelung der Buchgewerbe aufs gefährlichste. Wir haben heute keine Zeit mehr, es an uns herankommen zu lassen, wir müssen vor allem an dem von uns erkannten Teil der Arbeit beitragen, den gewerblichen Frieden zu erhalten, denn dieser ist wieder eine Vorbedingung unserer andern Arbeiten. Was wir sonst noch an naheliegenden größeren Auf gaben zu lösen haben, mögen Ihnen wenige Schlagworte andeuten: Die Frage der Leipziger Kunstakademie ist nur auf dem Papier gelöst, die Einrichtung einer photo graphischen und photomechanischen Lehr- und Versuchs anstalt, wie sie Wien und München haben, gehört ebenfalls in die Centrale des Deutschen Buchgewerbes, die Propa ganda durch die Vereinszeitschrift, die Aufgabe, unfern aus wärtigen Mitgliedern aus der Mitgliedschaft am Buch gewerbeverein greifbare Vorteile zu bieten, der uns be treffende Teil der Handelsverträge, z. B. betr. den ameri kanischen Maschineninrport, die Grundlage eines Rechtes der Reproduktionsverfahren, das sich dem jetzt geschaffenen Ur heberrecht anschließt, und so noch manches andere gehört in unsere Domäne. Es ist also eine Zeit ernster Arbeit, die unserer wartet, und wir dürfen erkennen, daß das Bis herige eigentlich bloß Vorspiel zur Zukunft gewesen ist; wir haben uns jetzt im Buchgewerbehaus den Schreibtisch geschaffen, an den wir uns setzen müssen. Ich mußte diese programmatischen Ausblicke geben, ehe wir zum letzten Punkte unserer Tagesordnung, zur Neuwahl unseres ersten Vorstehers schreiten, denn es handelt sich darum, die Persönlichkeit zu finden, die der Lösung dieser Aufgaben gewachsen ist. Es sind, wie Sie wohl sehen, meine verehrten Herren, weniger repräsen tative Arbeiten, als solche Arbeiten, bei denen man in der empfindlichsten Weise angestoßen werden kann, und es wird wohl oft Vorkommen müssen, daß der neue Vor steher seine Persönlichkeit mehr oder minder in die Schanze schlagen muß. Ich erinnere an die Angriffe eines in Berlin erscheinenden buchgewerblichen Skandal blattes, denen gestern wiederum eine Serie von ganz nn- qualifizierbaren Auslassungen gefolgt ist. Das sind Sachen, die nur zum Teil vom Geschäftsführer erledigt werden können, dort muß der erste Vorsteher eintreten. Das Wohl der Sache erfordert einen Herrn, der, ohne daß der Verein dabei aus ruhiger Entwickelung und ziel bewußtem, kräftigen Vorwärtsgehen herausgeriffen wird, für seine Persönlichkeit eine gewisse Biegsamkeit und Elastizität besitzt, und der erkennt, daß das Amt des ersten Vorstehers dasjenige des ersten Dieners des Deutschen Buchgewerbevereins sein muß, kurz, der seine Haut einmal zu Markte trägt, wenn das Interesse der Sache es erfordert. Da nun eine Oligarchie durch die Natur der Sache aus geschlossen ist, möchte ich wenigstens den Einfluß mehrerer Köpfe auf einen letzteren nicht vermissen und schlage des halb vor, einen Herrn mit der Uebernahme des Amtes zu betrauen, der, ohne sich etwas zu vergeben, bei all den erprobten und bewährten älteren Herren sich jederzeit Rat erholen kann. Da wir nun unter den jüngeren Leuten, die dann in Frage kommen, sogar noch einen haben, der in der Tradition des Herrn vr. von Hase ausgewachsen und erzogen ist, so ergiebt es sich wohl als das natur- gemätzeste, daß wir von seiten des Vorstandes diesen, Herrn vr. Volkmann, für den Posten des ersten Vorstehers Vor schlägen. Wenn es auch zweifellos Herren geben wird, die in Herrn vr. Volkmann, wie vor einiger Zeit die Abgeordneten in dem Grafen Bülow, ein unbeschriebenes Blatt erblicken mögen, so können wir, die wir mit ihm schon seit längerer Zeit intimer zusammen arbeiten, bestätigen, daß wir seine hervorragende Arbeitskraft für den Deutschen Buchgewerbeverein schätzen, ja bewundern gelernt haben; auch Bülow wäre nicht Reichskanzler geworden, wenn er nicht vorher in solch hervorragender Weise thätig gewesen wäre, daß die maßgebende Stelle erkannt hat, daß er der richtige Mann ist. Und wenn es auch manchem ergehen wird, wie der einen Person auf dem Osterspaziergang, die sagt: »Nein, er gefällt uns nicht, der neue Bürgermeister«, so wird doch gewiß in kurzer Zeit die Ueberzeugung sich Bahn brechen, daß die Wahl am besten auf Herrn vr. Volkmann gefallen ist. Ich möchte schließen mit dem Preise einer hohen Familientradition, die in Herrn vr. Volkmann auch dem deutschen Buchgewerbe verein zum Segen gereichen soll, mit den Worten Goethes: Die Stätte, die ein guter Mensch betrat, ist eingeweiht, nach hundert Jahren klingt sein Wort und seine That den Enkeln wieder. Herr Hofrat vr. Oscar von Hase: Ich will nicht jetzt die Wahlhandlung durch meinen innigen Dank unterbrechen. Sie Alle werden aus den gehaltvollen Darlegungen des Herrn Johann Weber über Wesen und Zukunft des buchgewerblichen Vereinswesens den Eindruck gewonnen haben, daß ich s. Z. recht daran gethan habe, diese frisch vorwärtstreibende Kraft für den Vorstand des Deutschen Buchgewerbevereins als meinen Stellvertreter
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