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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.06.1898
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 04.06.1898
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- Deutsch
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4182 Nichtamtlicher Teil. 126, 4. Juni 1898 deutlichen Fehler drucken zu lassen. ^Diese erste Nummer brachte auch Scherze, die man nur in^stark angeheiterter Ge sellschaft laut werden läßt. Er war aber ein Geschöpf jener Zeit, die die Presse von jedem Zwang befreit und ihr eine Unabhängigkeit gegeben hatte, in der sie sich nur zu leicht zu allerlei Unfug Hinreißen ließ, wie ein Kind, das einen allzu strengen Hofmeister losgeworden. Der Kladderadatsch schien allerdings die ersten Schritte auf seiner Lebensbahn als eine Bummelei aufzufassen. Das Motto seines ersten Leit artikels lautete: -Im wunderschönen Monat Mai, Wo alle Blüten sprangen: — Da sind auch meiner Bummelei Die Augen ausgegangcnl- und er nahm ebenso das, was um ihn vorging, nicht sehr ernst. Man sah es ihm auch an. Er gab nichts auf sein Aeußeres. Die Illustration seiner ersten Nummer war ein Klischee aus dem Oettingerschen Charivari vom 1. Januar 1847 und sein dann weltberühmt gewordener Kopf ein alter englischer Holzschnitt, durch Zufall in die Hände des Ver legers Albert Hofmann gekommen, der das Manuskript zur ersten Nummer des Kladderadatsch von David Kalisch erhalten hatte. »David Kalisch, in Breslau geboren, war nach Paris ver schlagen worden, hatte aber dort nicht gefunden, was er suchte: den Eintritt in das lilterarische Leben, und er wandte sich deshalb nach Berlin, wo er etwa ein Jahr vor den historisch gewordenen Märztagen eintraf. Als diese dann erschienen, fand Kalisch mit seinem glänzenden Witz sogleich den Ausdruck für die der jungen Zeit innewohnende Komik und Naivetät, und so gestaltete sich unter seiner Feder der Kladderadatsch ohne andere Tendenz als die, den Lesern die Fehler zu zeigen, die dem gewaltigen politischen Umschwung anhafteten, und da dies rückhaltslos und m kecker Sprache geschah, so war das Blatt schon nach einigen Wochen das populärste unter allen damals massenhaft austretenden Witzblättern. »Zu Kalisch gesellten sich Wilhelm Scholz als origi neller Zeichner und dann als vortreffliche Mitarbeiter Rudolf Loewenstein und Ernst Dohm. Es war so ein Männer quartett gebildet, wie es sich selten oder nie zu einem Witz blatt zusammengefunden. Nach einem Jahrzehnt erst ent schloß sich dieses Quartett, sich durch Johannes Trojan zu einem Quintett zu erweitern, der jetzt, nachdem seine vier Kameraden heimgegangen, das Blatt leitet, ein Humorist ersten Ranges, ein Meister der Form, mit einer überaus srischen Arbeitskraft begabt. Kalisch war eine ungemein be scheiden austretende Persönlichkeit, die durch nichts verriet, daß sie eine der witzigsten Federn der Zeit führte. Er arbeitete mit einer Sorgfalt, die kaum zu seiner heiteren Geistes richtung paßte. Er war imstande, irgend einen Beitrag, der aus sechs Zeilen bestand, mehrmals umzuarbeiten, bis die Pointe wirkungsvoll hervorstach. Kalisch, der immer nur für das Publikum der Zeitungen und des Theaters gearbeitet hat, mied die Oeffentluhkeit und lebte, so lautes Gelächter er zu entfesseln wußte, still und zurückgezogen — eine der originellsten Erscheinungen der litterarffchen Welt. Auch die ihm nahestehenden Kollegen und Freunde haben ihm eine Schöpfung von so eminenter Lebenskraft wie die des Kladde radatsch nicht zugetraut. »Dohm, der ursprünglich Theologe war, leitete das Blatt seit der Nr. 21 des zweiten Jahrgangs. Er war Ge lehrter und Dichter und besaß das, was dem Redakteur die Bedeutung giebt, Takt und Geschmack, in vollstem Maße. Rudolf Loewensteins Humor war bei aller Originalität und Frische breit und behäbig und schuf Kinderlieder und Märchen- dichtungcn von anerkannter Bedeutung. Loewenstein war auch ein vortrefflicher Redner. Er machte persönlich den Ein druck eines guten Bürgers, der die Ruhe über alles liebte. Wilhelm Scholz war eine der populärsten Persönlichkeiten Berlins, in Gesellschaft fast witziger, als er zu zeichnen ver stand, und das will doch etwas heißen. »Der Kladderadatsch mußte bald das Leben auch in seinem Ernst kennen lernen. Man weiß, wie rasch die März tage von den kalten Stürmen der Reaktion verscheucht wurden. Der Winter seines Mißvergnügens begann. Die erkämpfte Freiheit war ein kurzer Traum gewesen. Erst als der Be lagerungszustand Berlins im Juli 1849 aufgehoben worden war, kehrte der Kladderadatsch aus Neustadt-Eberswalde, wohin er geflüchtet war, in seine Geburtsstadt zurück. Aber diese Leidenszeit hatte das junge Blatt gereift und gestärkt. Der leichtsinnige Bursche hatte die Kinderschuhe vertreten und trat nun ernsthaft, wenn auch mit heiterem Lächeln, in den Kampf gegen die andrängende Reaktion und das rücksichtslose Philistertum. Er hat die ihm zugefallene Aufgabe mit großem Erfolg erfüllt. Man weiß, wie häufig er einer der Wenigen war, die furchtlos ein freimütiges Wort gesprochen haben. Viele Jahre lang führte er die Sache des Volks. Auch in der Politik spielte er eine wirksame Rolle. Sein un ausgesetzter Kampf gegen Napoleon den Dritten hat viel dazu belgetragen, daß »LR« seinem Schicksal nicht entgehen konnte. »Aber der Kladderadatsch hätte nicht den heutigen Festtag erlebt, ja, er wäre wahrscheinlich schon in seinem Geburtsjahr den Maßregelungen Wrangels erlegen, wenn er nicht in Albert Hofmann einen Verleger von hervorragender buch händlerischer Begabung, von großartiger Energie, einen gleichfalls witzigen Führer besessen hätte. Von dem Augen blick an, wo er, noch mit Sorgen aller Art kämpfend, die erste Nummer des Kladderadatsch herausgab, widmete er sich dem Blatte, an dessen Mission er glaubte, mit musterhaftem Fteiß und großer Intelligenz, es durch alle Fährlichkeiten tragend. Wenn niemand annahm, daß das Blatt weiter erscheinen könne, verlor Hofmann den Mut nicht und rettete es opferfreudig. Und mit dem Mut bewahrte er auch stets seine prächtige Laune, er war einer der liebenswürdigsten Vertreter des deutschen Buchhandels und machte seine vor einem halben Jahrhundert so unbedeutende Verlagsfirma zu einer der geachtetsten, die wir kennen. Und als der Tod am 19. August 1880 seiner rastlosen Thätigkeit ein Ziel setzte, fand das, was er geschaffen, in seinem Sohn Rudolf eine Kraft, die mit gleicher Energie und Intelligenz writer- arbeitete. Sie wird dem nunmehr fünfzigjährigen Kladdera datsch auch ferner zugute kommen, dessen Leiter, Johannes Trojan, auch heute noch wie seit vielen Jahren mit jugend lich frischem Geist thätig ist. »So kann sich der Kladderadatsch, indem er heute die zweite Hälfte seines Jahrhunderts betritt, eigentlich selbst gratulieren. Julius Stettenheim.« Kleine Mitteilungen. Rechtsschutzverband der Presse. — Ein Rechtsschutzverband der bayerischen Presse wird, wie die Allg. Zlg. meldet, auf An regung des Münchener Journalisten- und Schrijtstellervereins dem nächst ins Leben treten. Der Verband stellt sich die Ausgabe, der Rechtsentwicktung in Bezug auf die Presse, in Gesetzgebung, Recht sprechung, Strafvollziehung und Besteuerung die größte Aufmerk samkeit zuzuwenden und die geeignet erscheinenden Schritte zu thun, um Verbesserungen herbeizusühren und Verschlechterungen entgcgen- zuwirken. Ueber 200 Blätter aller politischen Parteien sollen be reits ihren Beitritt erklärt haben. Die konstituierende Versamm lung wird Ende Juni in München abgehalten werden. Lentralverein sür das gesammte Buchgewerbe in Leipzig. Ausstellungen. — Die hier schon erwähnte Ausstellung der Glück wünsch ad ressen, die Seiner Majestät dem König von Sachsen anläßlich seines siebzigsten Geburtstages und fünfund zwanzigjährigen Regierungs-Jubiläums im April d. I. überreicht worden sind, wird am Sonntag den 5. Juni nn großen Festsaale
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