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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.04.1898
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- Erscheinungsdatum
- 25.04.1898
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- Deutsch
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3074 Nichtamtlicher Teil. 93, 25. April 1898. gesellschaften sein, und die große Masse des Volkes wird von diesen abhängig sein. Darin liegt auch eine politische Gefahr. In anderen Ländern ist der Kapitalismus so entwickelt, daß er nicht nur die Wahlen beeinflußt, sondern auch auf Spe kulation Kriege anzettelt Ich könnte mich darüber etwas ungenierter aussprechen, wenn ich nicht der Verantwortlichkeit als Abgeordneter mir bewußt wäre. Abgeordneter Winckler (kons): Das Ergebnis der heutigen Erörterungen ist, daß allseitig anerkannt wird, daß zum Schutz des gewerblichen Mittelstandes im Wege der Gesetzgebung etwas geschehen muß; der Mittelstand ist am wenigsten in der Lage, in der Volksvertretung sich geltend zu machen; deshalb muß er sich auf diejenigen verlassen, die hier die allgemeinen Interessen vertreten. Das mobile Kapital hat neue Wege gefunden, um in das Gebiet einzudringen, das bisher das ureigenste Gebiet des Handwerks und des kleinen Gewerbetreibenden war. Die Wanderlager werden benutzt, um die Gründung von Filialen der großen Warenhäuser vor zubereiten zum Schaden des seßhaften Kaufmannsstandes Wenn die Zahl der Wanderlager sich vermindert hat, so ist das nur ein Beweis dafür, daß man sofort zur Errichtung von Bazaren übergeht, die viel schädlicher sind, als die Wanderlager. Hier muß dem Mittelstände geholfen werden; ob in der Form der Umsatzsteuer oder in anderer Form, darauf lege ich kein Gewicht Wenn der General-Steuer- Direktor vorhin sagte, daß die Regierung vot der Höhe der Steuer nicht zurückschrecke, so kann das hoffentlich dahin aus gelegt werden, daß die Regierung vor keiner Maßregel zurück schrecken wird, die dem Mittelstände helfen kann. General-Direktor der direkten Steuern Burghart: Die Wanderlagerbetriebe sind in einem außerordentlichen Rück gänge. Wir hatten beim Erlaß des Wanderlager-Steuergesetzes über 900 Wanderlager, 1896/97 aber nur noch höchstens die Hälfte. Daß die Wanderlager eine Vorstufe für die Waren häuser sind, ist ein Irrtum. Sollte sich die Zahl der Wander lager wieder vermehren, so wird die Regierung das Erforder liche veranlassen. Abgeordneter v>. Hahn (b. k. P.): Wenn das Großkapital sich in den Dienst des Handels stellt, so sollte man darauf sehen, daß es sich nicht zu sehr als Selbstzweck betrachtet und Gewinne macht, die die große Masse des Volkes zahlen muß. Der Staat hat in den letzten Jahrzehnten das Großkapital privilegiert, statt dem Kleingewerbe zu helfen. Die Reichs bank ist dem Großkapital allein zugänglich; auf den Eisen bahnen ist der große durchgehende Verkehr bevorzugt worden; die Lasten des Kleinbahnwesens sind anderen Schultern auf- gcbürdet worden. Die Warenhäuser, die Speditionsfirmen, die großen Bankhäuser nehmen ein großes Personal in Anspruch, welches sie auf die Straße setzen, wenn es invalide wird Dieses Personal ist von der Versicherung, der die Arbeiter unterworfen sind, ausgeschlossen. Der Grundbesitzer nimmt sich seiner Leute an, auch wenn sie erwerbsunfähig sind. Der Minister hat aus der heutigen Debatte ersehen, daß der Notstand des Mittelstandes groß ist. Die Frage ist keine lokale, denn die großen Warenhäuser versenden ihre Kataloge durch das ganze Deutsche Reich und schädigen die Geschäfts leute allerorten, nicht bloß am Orte des Geschäfts. Es wäre ungerecht, die Steuern einer einzelnen Kommune zukommen zu lassen. Die Getreidczölle und Schutzzölle sind nicht als Finanzquellen eingesührt, sondern um ihres wirtschaftlichen Effektes willen. Auch bei der Umsatzsteuer oder einer anderen Form der Besteuerung der großen Warenhäuser handelt es sich um einen wirtschaftlichen Effekt im Interesse des Klein gewerbes. In der Landwirtschaft findet eine Konkurrenz des Großgrundbesitzes mit dem kleinen Grundbesitz nicht statt. Sehen Sie sich die Firmen Wertheim und Loeser L Wolf an und ihre Wirkung auf die Konkurrenzgeschäfte. Herr Gothein wollte beide Seiten der Sache in das richtige Licht etzen, um dann zu sagen: Man kann nichts machen, es muß alles beim alten bleiben. Gegner der Konsumvereine sind auch in der agrarischen Partei vorhanden; unter den Herren mit agrarischer Gesinnung sind auch Bedenken vorhanden gegen die Warenhäuser der Offiziers- und Beamtenvereine. Diese Vereinswarenhäuser sind nicht über einen Kamm zu cheren mit den großen Warenhäusern, weil sie keinen unbe schränkten Gewinn machen wollen, und weil sie ihre Hand werker besser bezahlen und behandeln Sie machen nur mit ihren Mitgliedern Geschäfte, sie sollen es wenigstens. Das einzige Mittel, welches den Warenhäusern Abbruch thun kann, ist das allerdings etwas brutale Mittel der Umsatzsteuer. Aber jede Steuer ist in gewisser Beziehung brutal, denn sie trifft einen kinderreichen Familienvater härter als den kinder losen Junggesellen. Das Verhältnis der Arbeiter zu den Arbeitgebern in der Großindustrie, z B. in der Konfektion, ist ein bedauerliches, daß man nur die Beseitigung desselben wünschen kann, damit auch die kleineren Städte und das platte Land mehr Arbeitsgelegenheiten bieten, wo bessere Wohnungsverhältnisse, billigere Ernährung u. s. w. vorhanden sind. Bei der Wichtigkeit der vorliegenden Frage sollte die Staatsregierung nicht warten, bis die Kommunen die Frage lösen, die sie gar nicht lösen können. Ich verlange ja nicht, daß uns morgen schon ein Gesetzentwurf vorgelegt wird. Die einzelnen Fragen können nicht im Plenum besprochen werden; aber es wäre sehr zweckmäßig, sie in einer Kommission durch zusprechen und dadurch die Vorbereitung einer Regierungs vorlage zu fördern. Vize-Präsident des Staatsministeriums, Finanzminister vr. von Miquel: Meine Herren! Ich möchte nur von vornherein einer Be merkung des Herrn vr. Hahn entgegentreten. Er sagte, die kommunale Besteuerung dieser Gewerbebetriebe ist eine Un gerechtigkeit; denn die Inhaber betreiben ihr Gewerbe nicht bloß in der Lokalität, in der sie etabliert sind, sondern über das ganze Land. Nach dieser Auffassung würde man eine kommunale Gewerbesteuer überhaupt nicht haben können. Es ist Herrn vr. Hahn, weil das im ersten Augenblick ja schein bar einleuchtend ist, zugerufen worden: »hört, hört« und »sehr richtig«. Nein, das ist nicht richtig; denn wie viele Gewerbe hier in Berlin und in jeder anderen großen Stadt haben ihr Absatzgebiet allein in der betreffenden Stadt? Die Gewerbe müssen da besteuert werden, wo sie den Grund stock ihrer Hauptthätigkeit entfalten, wo sie Arbeiter be schäftigen, beziehungsweise Etablissements besitzen, wo sie die Vorteile der Kommune genießen und den Kommunen Lasten zuführen. Daher glaube ich, daß dieser Einwand gegen die kommunale Besteuerung in keiner Weise richtig ist. Nun hat Herr vr. Arendt vorher gem-eint, ich hielte die Besteuerung dieser großen Bazare für eine Ungerechtigkeit. Das ist ein vollständiges Mißverständnis. Ich habe aus drücklich gesagt: ob unsere jetzige kommunale Besteuerung schon progressiv genug ist nach oben gegenüber den groß artigen Konzentrationsetablissements, das ist mir sehr zweifel haft. Ich glaube die Kommunalverwaltungen werden gut thun, in vielen Beziehungen die allgemeine staatliche Ge werbesteuer, wozu sie ja nach dem Kommunalabgabengesetz das Recht haben, auszugeslalten nach Maßgabe der gewerb lichen Entwickelung in ihrer Gemeinde. Wir haben auch staatsseitig diese Entwickelung, wie sie z. B. in sehr aus gedehntem Maße, namentlich in Rheinland und Westfalen, in den Jndustriebezirken stattgefunden hat, wo die Kommunen die Gewerbesteuer vielfach nach Maßgabe der beschäftigten Arbeiter umgelegt haben, beispielsweise bei den großen Hüttenwerken, den Kohlenbergwerken u. s. w., nach diesem Gesichtspunkte begünstigt und unsererseits sie nicht bloß ge-
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