Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.04.1898
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1898-04-12
- Erscheinungsdatum
- 12.04.1898
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18980412
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-189804123
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18980412
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1898
- Monat1898-04
- Tag1898-04-12
- Monat1898-04
- Jahr1898
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
2726 Nichtamtlicher Teil. 82, 12. April 1898. wir sollen nun auch noch hintreten und fragen, was sind wir für die Uebersetzung schuldig?« — Zur praktischen Seite der Frage übergehend, wiesen die Redner weiter darauf hin, daß eine Konvention nur dem Monopol der Verleger zu gute kommen werde; sie werde das Honorar für die Arbeit der Uebersetzer Herabdrücken, die Zahl der letzteren vermindern und das Erscheinen schlechter Kom pilationen Hervorrufen, weil sich die brotlos gewordenen Uebersetzer auf Arbeiten solcher Art werfen würden, häufig ohne die geringste Vorbereitung dazu zu haben. Statt der Uebersetzungen wertvoller Werke würden schlechte Surrogate erscheinen. Zugleich würde die Menge solcher Kompilatoren auf den Preis für ernste Arbeiten dieser Art herabdrückend wirken, und dabei würde es nicht einmal bleiben, denn die hier eiiigerissenen Verhältnisse würden sich auch auf andere Zweige der Litteratur übertragen und somit die litterarische Arbeit überhaupt entwerten. Noch ein anderer Gesichtspunkt kam zur Erwähnung: Wie Hütten sich wohl die Ausländer zu dieser Frage verhalten zu einer Zeit, als sich ihre Presse in derselben Lage befand, wie jetzt die russische? Und zweitens: wie gestaltet sich die Sache, wenn man sie vom Standpunkte derjenigen Klasse der europäischen Bevölkerung betrachtet, die die Millionen des arbeitenden Volkes bilden? Diese Klasse habe sich schon mehr mals gegen alle solche Monopole ausgesprochen. — »Warum sollen wir bei dem Bestreben, in eine Konvention oder in einen Vertrag mit einer Nation zu treten, immer nur die Wünsche und Kundgebungen eines kleinen Häufleins von Leuten zur Richtschnur nehmen unter Hintansetzung der zahl reichen Bedürfnisse und Wünsche der ungeheuren Mehrheit?« — Hatten sich doch z. B. die deutschen Lehrervereine über einige Seiten dieser Frage recht deutlich ausgesprochen, so unter anderm über den Schaden der Kompilationen und aller Ver fälschungen. Von der überaus geringen Anzahl von Personen, die sich, verhältnismäßig kurz, zu grinsten von literarischen Kon ventionen aussprachen, ragten nur zwei bis drei mit ihren Reden hervor. Sie meinten, welcher Art auch die Verhält nisse der russischen und der übersetzten Litteratur seien, immer bleibe die Benutzung einer fremden literarischen Arbeit un moralisch, sie erniedrige die Russen in den Augen Europas, indem sie sie zu einer Art Piraten mache. Eine Konvention werde den wirklichen russischen Schriftstellern keinen Schaden bringen, sie werde auch dem Volke nicht schädlich sein, bis zu dem die übersetzten Bücher ja gar nicht gelangten. Weil aber der Ab schluß einer Konvention herannahe, so müsse man in der ge gebenen Beziehung den besten Ausweg suchen. Dieser liege in der Annahme der Berner Konvention, bei der die Entschädigung der Autoren in einem gewissen Prozentsatz von dem Honorar des Uebersetzers zu bestehen habe und das Recht des litte- rarischen Eigentums auf eine zehnjährige Frist beschränkt werde. In jedem Falle sei es für Rußland an der Zeit, in dieser Frage eine klare Stellung zu nehmen; die Verschie bung der Lösung werde immer schwerer und für die Russen selbst unvorteilhafter. Die verschiedenen litterarischen, drama- uscheu und juristischen Gesellschaften könnten und sollten sich damit beschäftigen, diese Frage ins Reine zu bringen, um da mit der russischen Diplomatie bei ihrer Thätigkeit.in der Sache einen geeigneten Stützpunkt zu geben. In praktischer Beziehung schlug einer der Redner dieser Richtung vor, einen gesamtiussischen Kongreß der Schriftsteller, Musiker, Künstler, Buchdrucker, kurz aller derjenigen Personen zu berufen, die an der Frage des Abschlusses von Konventionen ein Interesse hätten. — Während die hier geschilderte Versammlung stattfand, beschäftigte sich mit der Frage schon eine Kommission des »Verbandes zur gegenseitigen Unterstützung der russischen Schriftsteller«. So weit unsere russische Quelle?) Es stehen also immer wieder neue Verhandlungen bevor, und ein Abschluß ist, wie es scheint, sobald nicht zu erwarten. Die oben dargelegten Einwände gegen die Litterar- Konventionen eröffnen manchen interessanten Einblick in die russischen Pretzverhältnisse, und man kann ihnen, soweit sie prinzipielle Erörterungen betreffen, z. B. die Werttheorie, eine gewisse Originalität und Scharfsinnigkeit nicht absprechen. Allein gerade diese Werttheorie beweist nicht das, was sie beweisen soll. Nehmen wir z. B., um bei schon genannten Gegenständen zu bleiben: Mehl und Wundts »Ethik«. Mehl macht jeder Müller, und wenn Mühleneinrichtung und Körner qualität gleich ist, so wird man das Produkt des einen Müllers von dem eines anderen gar nicht unterscheiden können. So ist es bei der litterarischen Produktion nicht; mögen zehn Personen jede ihre »Ethik« schreiben, immer wird Wundts »Ethik« Wundts »Ethik« bleiben. Der im höchsten Grade individuelle Charakter, der der litterarischen Produktion anhaftet, giebt nicht die Mög lichkeit, sie in eine Reihe mit der materiellen Produktion zu stellen. Deshalb ist der Uebersetzer nicht Fabrikant im Sinne des Bäckers, der aus Mehl Semmel macht. Er stellt kein neues Werk her, sondern eröffnet nur dem Werke des Ver fassers mit dessen ganzer Individualität (je besser diese ge wahrt ist, desto besser ist die Uebersetzung!) einen neuen, ihm bisher verschlossenen Wirkungskreis. Der Uebersetzer tritt also nicht an die Stelle des Verfassers, wie der Bäcker an die Stelle des Müllers trat, sondern er ergänzt nur den Ver fasser für die Sprache, in die er das Werk übersetzt hat. Gewöhnlich steht ja auch auf der Uebersetzung der Name des Originalverfassers, und zwar an erster Stelle, vor dem Namen des Uebersetzers I Ein Interesse hat also der Ver fasser des Originals ganz bestimmt auch an der Uebersetzung seines Werkes. Er wird mit Recht wünschen, daß unter seinem Namen auch wirklich seine Ideen wiedergegeben werden, und wird dem Uebersetzer gern Informationen zu gehen lassen, falls etwa an seinem Original nachträglich etwas zu ändern ist. Die Möglichkeit, sich hierüber zu äußern, sollte bei einer Uebersetzung dem Verfasser des Originals stets gegeben werden. Der Artikel 5 der Berner Litterar - Konvention geht allerdings weiter. Er sichert dem Verfasser, bis zum Ablauf von zehn Jahren, von der Veröffentlichung des Originals an gerechnet, das ausschließliche Recht zu, sein Werk zu über setzen oder die Uebersetzung zu gestatten. Der Bitte um Mitteilung etwaiger Aenderungen muß also in dem Falle, wenn seit Erscheinen des Originals noch nicht zehn Jahre verflossen sind, die Bitte um Gewährung der Erlaubnis zum Uebersetzen vorausgeschickt werden. Bis so weit wird kein billig denkender Uebersetzer an den Bestimmungen der Berner Konvention irgend einen Anstoß nehmen. Die Schwierigkeiten beginnen erst, wenn der Ver fasser des Originals an die Gewährung der Erlaubnis der Uebersetzung Honorarsorderungen knüpft. In diesem Falle ist die Hauptfrage: trägt die Uebersetzung neben den Kosten des Uebersetzens und der Veröffentlichung noch eine weitere Be lastung, d. h. ist ein materieller Gewinn zu erwarten? Ist dem so, dann ist es nicht mehr als billig, daß auch der Verfasser des Originals etwas davon erhält, sei es als Prozentsatz des Uebersetzungshonorars, sei es, was zwar praktisch auf dasselbe hinausläuft, aber rechtlich die Sache richtiger ausdcückt, als besondere Quote, die der Uebersetzer neben seinem Ueber- ch ÄUiiket von W. S—ow ln St. Petecsb. Wjed. 1896, Nr. 6.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder