Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.01.1898
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1898-01-24
- Erscheinungsdatum
- 24.01.1898
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18980124
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-189801249
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18980124
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1898
- Monat1898-01
- Tag1898-01-24
- Monat1898-01
- Jahr1898
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Sittenlehre Christi als zu einseitig, von der Wahrheit ab weichend bezeichnen wollte. Wollte er aber nur sagen, das Natürliche als das einzig Wahre müsse öffentlich abgebildet werden können, so würden wir damit hinter die wildesten Völkerschaften zurücktretcn. Abgeordneter Lenzmann (fr. Volksp.): Wunderbar ist es. daß die verbündeten Regierungen, die 1892 selbst die Initiative ergriffen haben, ihre Vorlage sechs Jahre ruhen lassen. Aber die Vorlage war damals ein Gelegenheitsgesetz, für das kein Bedürfnis vorlag, jedenfalls kein dringenderes Bedürfnis als für manche andere der Reform bedürftige Bestimmung des Strafgesetzbuchs Auch wir wollen die Jugend vor der sittlichen Verseuchung bewahren; aber wird das nicht erkauft durch manche Verschlechterungen, die in der Vorlage liegen? Jedenfalls können die Vorschläge nicht unverändert ange nommen werden. Besonders bezüglich der Ankündigung von angeblich unsittlichen Schriften wird die Presse vielfach ge schädigt werden, denn Sie können den Anzeigen nicht ansehen, ob die angczeigte Schrift unsittlich ist. Es ist unmöglich, in ein Strafgesetz solche Ausdrücke aufzunehmen wie: »Durch grobe Unanständigkeit das Scham- und Sittlichkeitsgefühl erheblich verletzen«, die nichts Bestimmtes aussagen. Es liegt die Möglichkeit vor, daß wir mit diesem Antrag polizeiliche Vexationen zahlreicher Kreise eintauschen. Ich wünsche, daß die Kommission etwas zu stände bringt, was die verbündeten Regierungen ohne weiteres annehmen können. Abgeordneter Ur. Pieschel (nl.) verwahrt sich gegen die Mißverständnisse, die seiner Rede bei dem Abgeordneten Roeren hinsichtlich der Kunst und Schönheit begegnet seien. Er könne nur wiederholen, daß es Schaustellungen gebe, die der ganze Reichstag vermöge des sittlichen Niveaus, auf dem er stehe, besuchen könne, ohne Schaden an seiner Seele zu nehmen. Damit schließt die Diskussion. Nach einer Reihe persön licher Bemerkungen und einem Schlußwort des Abgeordneten Ur. Spahn (Zentr) wird der Antrag einer besonderen Kom mission von 14 Mitgliedern überwiesen. Eine Gefahr für Sortimenter und Schulbücherverleger. Das Schulbüchergeschäft, so viele Klagen über Unzu träglichkeiten damit auch von seiten der Sortimenter darüber laut werden mögen, bildet für viele Sortimentsgeschäfte einen ganz wesentlichen Faktor in ihrem Budget, von den Schul bücherverlegern ganz zu schweigen. Aber es ist nicht unmög lich, daß dem durch unsere Zeit gehenden Zug nach Genossen- schaftlichkeit auch die Schulvücher zum Opfer fallen werden. Diese Gefahc droht ihnen von sozialdemokratischer Seite. Die Gcoßbazare, die die »rein parasitären Zwischenglieder«, wie Harden in der »Zukunft« sagt, aus dem Handelsverkehr aus schalten, einerseits, und die sozialdemokratischen Bestrebungen, die denselben Zweck verfolgen, anderseits arbeiten gemein sam auf den Zukunftsstaat hin, d. h. sie werden es vor dessen Erreichung dahin bringen, daß alle kleineren selbständigen Existenzen ruiniert werden und die Unzufriedenheit mir den Zuständen sich auf immer größere Kreise ausdehnt. Der neue, in verschiedenen Städten von sozialdemo kratischer Seite unternommene Vorstoß zur Ausdehnung und Anerkennung des Genosscnschaftssystems gilt den Schulbüchern. In Berlin, Breslau, Elberfeld und in einigen andern Städten sind die Antragsteller vorläufig nicht erfolgreich gewesen; aber sie geben deshalb den Kampf nicht auf. Am 20. Januar lag den Stadtverordneten in Köln vom Vorstand des dortigen sozialdemokratischen Vereins ein Antrag vor, dahingehend, »allen Kindern, die die Kölner Volksschulen besuchen, vom 1. April^1898 ab sämtliche zum Unterricht benötigten Lehr mittel (Bücher, Schreibhefte rc.) seitens der Stadt unentgelt lich zu liefern. Die hierfür erforderlichen Mittel sind in den Etat der Stadt Köln einzustellen.« In der Begründung dieses Antrages heißt es, er sei nur eine natürliche Konsequenz des obligatorischen Schulbesuches. Die Zustände, die infolge der Verpflichtung der Eltern zur Aufbringung der von ihren Kindern benötigten Lehrmittel geschaffen werden, seien für die Kinder, die Lehrer und die Eltern gleich nachteilig. Dadurch, daß die Kinder minderbemittelter Eltern oft nicht in den rechtzeitigen Besitz der Lehrmittel gelangten, blieben sie im Unterricht zurück. Die Unentgeltlichkeit der Lehrmittel für alle die Volksschulen besuchenden Kinder sei in verschiedenen Län dern, zum Teil schon mehr als zehn Jahre durchgeführt, und man habe allerorts mit dieser Einrichtung die besten Er fahrungen gemacht. Die für die Stadt Köln durch den An trag erwachsenden Kosten beliefen sich nach Berechnungen von Fachmännern auf etwa 260 000 Diese Kosten ließen sich aber wesentlich herabmindern, wenn die Stadt die Lehr mittel in Selbstverlag nehmen würde. Dadurch würde gleichzeitig die Einführung einheitlicher Lehrmittel für alle Kölner Volksschulen herbeigeführt. Wie in den angeführten Städten, so wurde der Antrag auch in Köln von der Stadtverordnetenversammlung mit der Begründung abgelehnt, daß für die Beschaffung von Lehr mitteln für unbemittelte Kinder ausreichend gesorgt sei. Für Köln wurde festgestellt, daß im Jahre 1894/95 2v 033 für diesen Zweck ausgegeben wurden, während ür 1897/98 23 600 ^ im Etat vorgesehen worden sind. Von den 43 944 Kindern, die die Volksschulen besuchen, werden 7677 mit allen Lehrmitteln, 2833 mit dem grüßten Teil und 1840 mit einzelnen Teilen versehen. Es erhielten also in Köln 12 850, ungefähr ein Viertel bis ein Drittel amtlicher Volksfchüler, die Lehrmittel unentgeltlich zur Ver- ügung gestellt. Das war natürlich den Antragstellern schon vorher be kannt, und sie suchten diese Begründung der Ablehnung ihres Antrags schon im voraus zu widerlegen. Die bisherige Ein richtung bezüglich der Lieferung der Lehrmittel an die Kinder Unbemittelter seitens der Stadt, heißt es bei der Antrags begründung, sei schon aus dem Grunde völlig ungenügend und unzweckmäßig, weil sie, als Almosen gereicht und em pfunden, geeignet sei, das Ehrgefühl sowohl der Eltern als auch der Kinder bedenklich abzustumpfen. Zudem würden von ihr alle die Fälle augenblicklicher, am nächsten Lohn- und Gehaltstage behobener Mittellosigkeit gar nicht berührt, und gerade diese Fälle seien am häufigsten. Der Antrag auf kostenlose Ueberlassung der Lehrmittel an alle Volksschulen ist übrigens nicht neu. Schon 1890 ist er in Berlin von dem sozialdemokratischen Stadtverordneten Stadthagen gestellt worden. Wenngleich er abgelehut wurde, hatte er doch zur Folge, daß der Fonds für Beschaffung von Lehrmitteln für arme Volksschüler von 9000 auf 40 000 Mark erhöht wurde. In Köln hat die deutsch-freisinnige Partei chon 1889 einen ähnlichen Antrag gestellt, der aber auch das Schicksal aller bisherigen, abgelehnt zu werden, teilte. Die Einrichtung, daß die Stadt die Schulbücher unent geltlich an die Volksschulen liefert, besteht in Paris und in einzelnen schweizerischen Städten; in Paris wohl mehr aus dem Grunde, um die Konkurrenz der freien Schule aus dem Felde zu schlagen. In Hamburg liefert zwar die Gemeinde die Lehrmittel, zieht aber die Beträge dafür bei den Eltern der Schüler ein. Die Sozialdemokratie wird es wohl nicht an ferneren Versuchen fehlen lassen, die Volksschulen zu Armenschulen herabzudrücken, indem die eigene Beschaffung von Schulbüchern durch die Eltern gar nicht mehr gestattet sein soll. Es ist
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder