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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.01.1898
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1898-01-19
- Erscheinungsdatum
- 19.01.1898
- Sprache
- Deutsch
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Moralstatistiker, sei es ein Gelehrter, sei es ein Laie, ent nehmen, daß wir hier Thatsachen gegenüberstehen, die einen für die Zukunft unseres Volkes wahrhaft besorgt machen können. Auch ich, meine Herren, mache diese Anschauungen und diesen Standpunkt selbstverständlich geltend vom Stand punkte der christlichen Moral und vom Standpunkte der christ lichen Weltanschauung. Leider stehen ja heute Tausende von Volksgenossen — besonders auch unter den Gebildeten — nicht mehr auf diesem festen Standpunkte entschiedener christ licher Weltansicht, sondern vielmehr auf dem Standpunkt eines mehr oder weniger verhohlenen oder unverhohlenen, oft recht nackten und krassen naturalistischen Materialismus. Diesem vom Christentum losgelösten Materialismus, ja, wir können sagen, zum Teil entgegengesetzten Materialismus, müssen Gesetzesbestimmungen, wie die hier vorgeschlagenen, selbstverständlich höchst unbequem sein und überflüssig er scheinen. Ich hoffe, daß der Reichstag in der Lage sein wird, durch seine Verhandlungen gegen diese Ansichten, die wir in unserer Zeit so vielfach verbreitet finden, die wir leider auch unter unserer Jugend schon so vielfach verbreitet finden, in jener sermsses äorse, die auch wir so vielfach schon unter uns haben, — zu protestieren und mit seiner ganzen Autorität dieser krassen materialistischen Richtung entgegenzutreten. Ebenso wie gegen diese Ansichten gilt es, gegen die infolge dessen eingeschlichenen schlechten Sitten zu protestieren, die vielfach zu einer sittlichen Verrohung unseres Volks geführt haben — und zwar in allen Ständen, von den niedersten bis zu den höchsten hinauf, leider auch unter den sogenannten Gebildeten —, und damit den subversiven Mächten entgegen zutreten, welche besonders in den großen Städten ihr un heimliches Wesen treiben und Tausende von Söhnen und Töchtern unseres Volks in Sünde, Elend und Schande und zuletzt in Verbrechen stürzen. Dies, meine Herren, wären diejenigen Wünsche, die wir mit dem Gesetzentwurf verbinden. Wenn es gelingen sollte, diesen Gesetzentwurf durchzubringen, dann würden wir mit dem Bewußtsein nach Hause gehen können, daß wir zum Wohl unseres Volkes etwas Wesentliches beigetragen haben. Lassen Sie uns — ich möchte Sie bitten — mit dem vollen sittlichen Ernst an die Beratung dieses Entwurfs herantreten, der demselben gebührt; aber auch zugleich mit dem Gefühl der schweren Verantwortlichkeit, die wir in dieser Hinsicht für die Zukunft unseres Volks auf uns nehmen. Seien Sie überzeugt, daß Tausende in unserem Volke, und vielleicht darüber hinaus, und ich darf wohl sagen, nicht die Schlech testen, bei diesen Beratungen auf uns sehen und den Aus gang derselben verfolgen mit warmer Teilnahme, Tausende vielleicht auch mit einem klopfenden, schlechten Gewissen. Lassen Sie uns auch durch die Rücksicht auf die heikle Seite der Sache, auch nicht durch die Rücksicht auf solche Stimmen, wie sie besonders hier in Berlin in den letzten Tagen gegen unsere christliche Vertretung sittlicher Interessen laut geworden sind, sei es gegen einzelne Geistliche, sei es gegen kirchliche Körperschaften, Synoden u. s. w. — meine Herren, ich erinnere unter anderem auch an eine gewisse Versammlung des Ver bandes der Gastwirte — lassen Sie uns durch solche Vor würfe, wie sie zweifellos auch diesmal gegen uns ergehen werden, von »Stöckerei« und »Muckerei« und dergleichen, von der Sache nicht beeinflußt werden und nicht abhalten, die heilende, helfende, sezierende, aber auch prophylaktisch wirkende Hand in diese klaffende Eiterbeule in unserem Volks leben zu legen I Es ist, wie schon damals bei der Ver handlung gesagt wurde, keine Parteifrage, um die es sich handelt, sondern in erster Linie eine Frage des öffentlichen Gemeinwohls. Es handelt sich vor allen Dingen um den Schutz unserer deutschen Jugend, der Söhne und Töchter unseres Volkes — ich meine, das ist eine Frage des Familien wohls; es handelt sich hierbei wesentlich auch um das Glück des häuslichen Herdes, des ehelichen Glücks, und ich meine, in solchen Fragen müssen wir mit Hintansetzung aller unserer Parteirücksichten oder mit Hintansetzung aller kleinlichen for mellen und juristischen Bedenken zusammenstehen und ein deutliches Zeugnis vor dem Lande ablegen; dann werden wir, wie ich hoffe, an unserem Teil uns wohlverdient ge macht haben zunächst um das höchste, nämlich um das wahre geistliche und sittliche, aber zugleich auch um das physische und um das materielle Wohl unseres Volkes und Vater landes! (Bravo! rechts.) Präsident: Das Wort hat der Herr Abgeordnete vr. Pieschel. vr. Pieschel, Abgeordneter: Meine Herren, als im Publikum bekannt wurde, daß die Isx Heinze, die ja früher schon vielfach das Interesse weiter Kreise erweckte, jetzt wieder zur Verhandlung kommen würde, da bin ich wiederholt der Be merkung begegnet: »Ach Gott, die alte Isx Heinze, aus der wird ja doch nichts werden.« Meine Herren, ich würde es außerordentlich bedauern, wenn diese Schwarzseher recht hätten. (Sehr richtig! in der Mitte.) Ich würde aber glauben, daß sie nicht ganz unrecht haben, wenn wir die Sache nicht taktisch richtig behandeln, wenn wir denselben taktischen Fehler machen, den wir nach meiner Auf fassung bei der ersten Beratung dieses Gegenstandes gemacht haben. Ich habe mich auch damals nicht geniert, diesen Vorwurf auszusprechen: er geht dahin, daß man ganz heterogene Gegenstände, die untereinander gar nicht in einem organischen Zusammenhang stehen, deren Zusammenhang nur ein äußerer ist oder wenigstens — ich will den Zusammen hang nicht ganz leugnen — doch nur ein so loser ist, daß jede einzelne Bestimmung ganz gut für sich allein bestehen kann, ohne daß die anderen dabei tangiert werden, daß man der artige heterogene Gegenstände in einem Gesetzantrag zu sammenschweißt. Ich meine, wenn wir denselben Fehler wieder machen, werden wir Gefahr laufen, gar nichts zu er reichen; denn es sind in diesem Antrag, wie er uns jetzt vorliegt, einzelne Bestimmungen, von denen ich der festen Ueberzeugung bin, daß sie ganz glatt ohne wesentlichen Wider spruch, ja möglicherweise einstimmig vom Reichstag ange nommen werden würden und von den Bundesregierungen die Sanktion, Gesetz zu werden, erhielten, und zwar sind das solche Bestimmungen, auf die ich für den Augenblick das aller größte Gewicht lege, ohne dabei die Wichtigkeit der anderen in Abrede stellen zu wollen. Es sind aber auch solche Be stimmungen in diesem Antrag, die höchst wahrscheinlich die Zustimmung der Majorität des Hauses kaum finden werden, wenigstens ganz gewiß nicht nach den Erfahrungen von da mals, in der Form wie sie uns jetzt vorliegen; oder die — ich bin absolut darüber nicht irgendwie seitens eines Mit gliedes der Herren Vertreter der Bundesregierungen orientiert; also das, was ich sage, ist lediglich meine Anschauung — die also, wie ich glaube, die Zustimmung der verbündeten Re gierungen unter keinen Umständen finden würden. Wir würden dann wiederum das erreichen, daß wir uns hier im Reichstag herumquälen, irgend einen mit ryehr oder weniger großer Majorität gefaßten Beschluß den Regierungen über geben, und die Regierungen dann sagen: wir würden die und die Paragraphen sehr gern annehmen, aber wegen eines anderen bestimmten Paragraphen können wir den ganzen Antrag nicht annehmen; und dann fielen mit diesem nicht annehmbaren Antrag ins Wasser auch die allgemein un annehmbaren, also etwas, worauf der gesamte Reichstag
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