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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.11.1881
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 23.11.1881
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- Deutsch
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270, 23. November. Nichtamtlicher Theil. 5311 Reform der illnstrirten Prachtwerke. Der Prospectus zu einem bei Adolf Ackermann in München erscheinenden neuen Unternehmen, „Schatzkammer deutscher Illustratoren" betitelt, stellt in seiner Einleitung die allerdings sehr wahre Behauptung auf, daß große illustrirte Prachtwerke mit Text ihres schwerfälligen Formates wegen vom Publicum nicht gelesen werden. Das Unternehmen bezweckt deshalb gute Illustrationen von künstlerischem Werth zu schaffen, solche in Mappen zu sammeln, und das Publicum möge sich mit einer bequemen und handlichen Ausgabe als Lectüre bedienen. Einen treffenden Wiederhall findet dieser Gedanke im „Deutschen Montagsblatt" in einem Artikel aus der Feder von G. von Amyntor, aus welchem wir nachstehenden amüsanten Passus folgen lassen: Je schlechter eine Infanterie ist, um so mehr versucht sie, ihre Kraft durch Bataillonskanonen, Mitrailleusen und dergleichen Knall maschinen zu verstärken: je denkträger ein Lesepublicum ist, um so mehr schaut es nach buntem Bilderschmuck zwischen den bedruckten Blättern aus, der ihm mehr Offensivkraft geben soll, um in das Verständniß dessen, was es liest, einzudringen. Die Ueberschwem- mung mit den kostbarsten illustrirten Prachtwerken, der wir immer hilfloser ausgesetzt werden, deutet ja cinerseils auf vermehrten Wohl stand und gesteigertes Interesse an den Schöpfungen der bildenden Kunst, andererseits läßt sie aber auf ein empfindliches Manco wahrer Leselust und wahrem literären Verständlich der sogenannten besseren Elasten schließen. Der Verleger, der ein feiner Kopf ist und sein Publicum kennt, verziert sein Werk, für dessen Text er nur wenige Käufer finden würde, mit prächtig colorirten Bildern, gibt ihm einen noch prächtigeren Einband, und ein neues Pracht- und Prunkwerk ist fertig, das zu Familienfesten aller Art als passendes Festgcschenk gekauft und in ganzen Hekatomben unter die Tannenbäume der Weihnachtszeit gelegt wird. Das Bild in einem schöngeistigen Werke ist oft nur der Lockvogel für einen kaufunlustigen Barbaren, eine Eselsbrücke für das gedanken faule Publicum. Der Leser, dessen Phantasie durch das bloße Wort nicht mehr erregt werden kann, der genußkrank und blasirt nicht mehr selbstthätig nachzuschaffen vermag, bedarf des Bildes, wie ein blöder, stumpfer Philister vor einem Gemälde des erklärenden Katalogs bedarf. Das Oelgemälde gibt nur bunte Flächen; um es in ein plastisches, perspektivisches Werk zu verwandeln, in dessen Tiefen man hinein schreitet, um es als Bild zu zerstören und als wahrhaftige Wirklichkeit erstehen zu lassen, muß die uachschaffende und umbildende Phantasie des Auges thätig sein; wem diese fehlt, der sieht immer nur eine bunte Fläche, und die Erläuterung muß ihm helfen. Ja, trotz aller wünschens- werthen Qualitäten des Beschauers kann ein Gemälde so ungenügend sein, daß es sich selbst nicht mehr erklärt; dann muß der Maler einen Text zu seinem Bilde liefern, und er sinkt zum Stümper der Programm- Malerei hinab, gerade so wie es Stümver der Programm-Musik gibt. „Gallus malte einen Vogel und schrieb darunter: dies bedeutet einen Hahn." So muß auch für ein gewisses Publicum eine Programm- Dichtkunst existiren, d. h. eine Dichtkunst, deren Werke durch entsprechen den Bilderschmuck dem Verständnisse des Lesers erst assimilirbar ge macht werden. Nicht, daß wir uns gegen den legitimen, künstlerischen Schmuck unserer schöngeistigen Werke verwahren; ein handlicher Schiller oder Goethe mit alterthümlichen Kopfleisten und geschmackvoll decorirten Initialen, hin und wieder durchschossen mit einem stimmungsvollen Tondruckbilde, Stahlstiche oder einem sauberen Photolithogramm, hat jederzeit seine Berechtigung und wird stets seine Liebhaber und Käufer finden. Was sollen wir aber zu jenen Reproductionen unserer Classiker sagen, die in einem Riesenformate hergestellt und Blatt für Blatt mit den prächtigsten Bildern nach Handzeichnungen unserer besten Künstler verziert sind / Kann ein Mensch mit dem Durchschnittsmaße sterblicher Sehkraft in einem so unglücklich vergrößerten Buche überhaupt noch lesen? Muß er nicht die denkbar unbequemste Körperhaltung einnehmen und jedem physischen Wohlbehagen entsagen, wenn er die oberen Zeilen der großen Textblätter nur annähernd in richtige Sehweite bringen will? Derartige Monstrewerke werden tatsächlich nur der Illustrationen wegen erworben, und ihre Texte werden nie gelesen. Dann aber ist die Textzugabe zu dem Bilderwerke eine unnöthige Vertheuerung, und es wäre vom Verleger viel verständiger gehandelt, wenn er die Bilder als selbständiges Werk, etwa in einem Album oder Carton, herausgäbe und es dem Käufer überließe, den Text zu diesen Bildern in einem Exemplare seiner HauSbibliothek nachzulesen. Ueberhaupt ist der Bilderschmuck zu einem Classiker nur für solche Leute vorhanden, die den betreffenden Classiker bereits kennen und ver daut haben. Wenn Jemand zum ersten Male in seinem Leben den Goethe'schen Faust liest, so wähle er um Gottes willen kein illustrirteS Exemplar; die Illustrationen werden ihn mehr stören, als daß sie ihm das Verständniß erleichtern; jedenfalls würde er den Kunstgenuß mit einer Schmälerung des literären Genusses bezahlen. Das ausgehende Verständniß eines Dichterwerkes darf im Anfänge durch keinen anders artigen ästhetischen Eindruck unterbrochen werden; das bewirkt nur Zerstreuung, Zersplitterung der geistigen Perceptionskraft; ebenso gut könnte man einem Leser, der zum ersten Male in die Tiefen des „Faust" einzudringen versucht, eine der mehrfachen musikalischen Com- positionen des Faust während des Lesens vorlragen. Der Erfolg würde ein verwirrender, eine Beleidigung des Dichters sein. Es gibt sogenannte gebildete Damen, die Goethe s Faust oder ein Shakespeare'sches Königsdrama nie gelesen haben, die sich aber einbilden, ein solches Werk zu kennen und geistig zu besitzen, wenn es verziert mit vielen bunten Bildern als Staubfänger auf ihrem Sophatische liegt. Schon um dieser Unglücklichen willen möchte ich ein anderes Verfahren unserer betriebsamen Verlagshandlungen wünschen. Wenn letztere zur Weihnachtszeit einen eleganten Carton herausgäben, der mit der Auf schrift „Illustrationen zum Faust" nichts enthielte, als die einzelnen Kunstblätter, die ein berufener Maler zu diesem Werke der Weltliteratur gezeichnet hätte, dann würde diese leichter zu erwerbende Novität im Herzen mancher genußsüchtigen, aber denkträgen Besitzerin vielleicht den Wunsch erwecken, nun auch den Text kennen zu lernen, von dem jene Illustrationen erzählen. Damit wäre der Kunst und dem Verleger doppelt gedient. Beharrt man aber dabei, Riesenausgaben unserer Dichter mit Bilderschmuck zu veranstalten, dann müßte das zahlungs fähige Publicum solchen durchaus unlesbaren Werken keine Beachtung schenken, damit die Verleger zu einem verständigen Modus, ihre Kunst blätter an den Mann zu bringen, gezwungen würden. Tie Sache ist wichtig genug, um die Aufmerksamkeit der wohlhabenden Bücherkäufer darauf hinzulenken. Mißcellen. Das soeben erschienene Wolf'sche juristisch-staats wissenschaftliche Vademecum*) ist ein Unternehmen, das als durchaus dankenswerth und zeitgemäß zu bezeichnen ist, und es ist fast zu verwundern, daß dem dringenden Bedürfnisse nach einer derartigen übersichtlichen Zusammenstellung der juristischen Literatur erst so spät Rechnung getragen wird. Auf 100 Seiten gibt das Vademecum ein erschöpfendes Verzeichniß der juristischen Literatur. Nicht weniger als 3400 Werke aus allen Gebieten der Rechtswissenschaft sind mit staunenswerthem Fleiße zusammen gestellt worden, — von der umfangreichen Encyklopädie bis zur Monographie über irgend eine Specialfrage findet sich alles Material zusammengetragen, theils nach den Namen der Verfasser, theils auch nach den Sachgegenständen. Das Sachregister ins besondere ist so angelegt, daß auf ein kurzes Schlagwort (z. B. Civilrecht) die sämmtlichen Bearbeiter der Materie folgen, worauf alsdann unter dem Namen des Einzelnen alle wünschens- werthe Auskunft über das betreffende Buch ertheilt ist. Um einen ungefähren Begriff von der Reichhaltigkeit des Vademecums zu geben, sei beispielsweise erwähnt, daß zu dem eben genannten Worte „Civilrecht" nahezu an 100 Namen Solcher aufgeführt werden, die den Gegenstand in seiner Totalität behandelt haben; dasselbe darf gleich den übrigen Wölfischen Vademecum der Be achtung des Sortimentsbuchhandels angelegentlich empfohlen werden. Personalnachrichten. Herrn Carl Grüninger in Stuttgart ist vom König von Württemberg der Titel eines Commerzienraths verliehen worden. liux'gobö öuobb. 60 ?k. ^ovsebaktsn. (8. 100 8.) Löss 733
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