Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.10.1896
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 27.10.1896
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18961027
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-189610272
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18961027
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1896
- Monat1896-10
- Tag1896-10-27
- Monat1896-10
- Jahr1896
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
6932 Nichtamtlicher Teil. 251, 27. Oktober 1896. Nichtamtlicher Teil. 1- Adelrich Benziger. Geboren 15. November 1833 — Gestorben 9. Oktober 1896. (Aus: -Mitteilungen für den Verein Schweizerischer Buchdruckerei besitzer«.) Ueber der irdischen Hülle unseres lieben Freundes hat sich das Grab geschlossen. Ein Alter von nur 63 Jahren ist dem geistvollen und thatkräftigen Urschweizer vergönnt ge wesen. Er war ein stattlicher Mann mit geistreicher Stirne und lebhaften feurigen Augen, einer von denen, die man nicht wieder vergißt, wenn man sie einmal gesehen. Vor einem Monate sandte er uns als letzten Gruß sein Bildnis; es wurde von seinem Sohne August, dem noch jungen und schon berühmten Porträtmaler, gemalt. Es ist Brustbild im Profil, das uns den Freund auf seinem Leidenslager zeigt, die schöne rechte Hand auf der Brust. Noch nie haben wir ein so sprechendes Bild erblickt. Das Auge — so wenig man auch davon sehen kann — verrät das ungebrochene Feuer des Geistes. Die ganze Auffassung ist ein Meisterstück. So konnte nur der liebende Sohn seinen Vater festhalten; beide waren in dem Momente von der Innigkeit des Schmerz gefühles ergriffen, das unser Begleiter ist in den Stunden des nahen großen Scheidens! Nun sind die einst so beredten Lippen stumm geworden. Unser Freund war ein lebhafter Mann, der mit Wärme sprach, wenn ihn der Gegenstand der Unterhaltung interessierte. Er hatte große hochherzige Gedanken, war aber auch scharf im Tadel, wie es bei Leuten seines Temperaments der Fall ist, wenn sie glauben, daß ihnen zu nahe getreten worden sei. Adelrich Benziger ist der größte und begabteste Kenner des Gesamtgebietes der graphischen Künste gewesen, sein Ruf geht weit über die Grenzen seines Vaterlandes hinaus. Er hatte nicht nur ein feinfühliges Verständnis für alle Eigen heiten der so verschiedenartigen graphischen Reproduktions weisen, er kannte nicht nur jeden kleinsten Handgriff in jeder derselben, vielmehr besaß er noch ein hochentwickeltes Ver ständnis auf allen Kunstgebieten. Mit ihm eine Gemälde galerie zu besuchen, war hoher Genuß. Viele tüchtige Künstler verdanken seinen Anregungen ihre Erfolge. Er hat in Ein siedeln gar manchen Jüngling zum Künstler erzogen; er ver langte viel von seinen Leuten; aber sie mußten wohl merken, wie zutreffend und bildend seine Forderungen waren. Eine Reihe neuer Darstellungsweisen hat sich unter seiner Leitung entwickelt, und sie sind überall nachgeahmt worden. Als Zwanzigjähriger reiste er nach Amerika, wo er in vier Jahren Außerordentliches leistete und als wirklicher Gründer des amerikanischen Geschäftes, Benziger Brothers, genannt werden darf. Wie klein die Anfänge des später so großen Einsiedler-Geschäftes damals waren, kann man am besten aus der Episode schließen, die der selige Onkel des »Mitteilungen«-Redaktors, Herr Fisch-Hagenbuch, oft erzählt hat. Adelrich mochte circa 16 Jahre alt gewesen sein, als sein Vater, ein großer starker Mann, nach Zürich kam, um die erste Schnellpresse zu sehen. Er studierte sie aber nicht nur in allen Einzelheiten, sondern er wollte auch wissen, welche Ansprüche die Presse an die Kräfte des Radtreibers machte, und so löste er denselben ab und drehte das Rad wohl eine Stunde lang. Diese Gründlichkeit vererbte sich auch auf den Sohn, und ihr hat der geistreiche Mann seine großen Erfolge zu verdanken. Zunächst beschäftigte ihn die Vervollkommnung und Ver einfachung in der Erstellung der Heiligenbilder. Sie wurden früher auf Stein graviert oder nur gezeichnet und auch in Kupfer gestochen zum Drucke in der lithographischen Hand presse und in der Kupferdruckpresse. Man fing in Einsiedeln auch an, Umdrucke von Kupferstich lithographisch zu drucken, da der Kupferdruck zu langsam und kostspielig war. Litho graphische Schnellpressen gab es damals noch nicht, wohl aber Buchdruckschnellpressen; das gab Veranlassung, die Kunst des Hochstellens zu entwickeln. So entstand in Einsiedeln die erste Zinkätzerei in der Schweiz, und sie leistete bald Vorzüg liches an Feinheit und Schürfe. Zuerst wurden lithographische Zeichnungen auf Zink abergedruckt, später ließ er direkt mit der Feder auf Zink zeichnen. Adelrich Benziger hat dann aber noch Bedeutenderes in der Kunst der Holzzeichnung er reicht; da kam ihm sein Kunstverständnis besonders zu statten, das er beim Besuche der meisten europäischen Gemäldesamm lungen nach und nach zu hoher Stufe gebracht hatte. Den Holzschnitt selbst ließ er meistens im Auslande ausführen, die Schweiz hatte damals noch keine bedeutenden Kräfte dieser Art. Als die lithographische Schnellpresse ihren Einzug hielt, wie hatte er da die Kunst der Chromolithographie der Dar stellung religiöser Bilder in kurzer Zeit dienstbar gemacht! Sein Atelier hat rascher als irgend ein anderes der Welt die vollkommenste Stufe des Farbendruckes erreicht. Viele dieser Chromobilder sind wahre Schätze, deren künstlerischer Wert Jahrhunderte überdauert. So wuchs das Geschäft in dem Vierteljahrhundert bis 1881 zu enormer Größe heran; auf 900 war die Zahl der Arbeiter gestiegen. Die Verwendung der Photographie zum Drucke in der Presse lag damals noch in der Kindheit; auch da war er der erste in der Schweiz, der sich dieses neuen Hilfsmittels bemächtigte. Wer mit den graphischen Künsten in Berührung steht, muß neidlos anerkennen, daß Adelrich Benziger der Tüchtigste auf diesem Gebiete gewesen ist und es wohl für lange Zeit bleiben wird. Die Geschichte der graphischen Künste kann nicht geschrieben werden, ohne ihn als den hervorragendsten seiner Zeitgenossen zu nennen. Daneben besaß der Verstorbene eine außerordentliche Ausdauer und Arbeitskraft; sein niedriges Arbeitszimmer war ihm der liebste Aufenthalt. Er kannte den Normalarbeitstag nicht, und wir können uns denken, wie seine jetzt trauernde Witwe oft schwer bekümmert sein mußte, wenn sie sah, wie das Feuer des Schaffensdranges den starken Mann ergriffen hatte und wie er über seine Kräfte arbeitete. Dann kam im Jahre 1881 die Zeit, wo er innehalten mußte; dem stattlichen Manne konnte man nicht ansehen, wie sehr seine Nerven von der übergroßen Arbeit der letzten Jahre mitgenommen waren. Er nahm seinen Austritt aus dem Geschäfte und gedachte der Ruhe zu pflegen. Dieses Vor haben ging jedoch nicht in Erfüllung. Freilich hatte er sich eine Villa erworben auf dem prächtigen Hügel bei Brunnen, von wo aus er den Urner und den Luzerner See überblicken konnte; aber der Ruhe pflegte dieser thätige Geist doch nicht. Er hat bis zu seinem Ende gearbeitet, wenn ihn nicht Schmerzen ans Lager fesselten, und selbst dann konnte er nicht lange unthätig bleiben. Als Präsident der Jury für das Vervielfältigungsver fahren an der Zürcher Landesausstellung 1883 hat er sich — unterstützt von Theodor Goebel und dem seligen Gustav Roux — das Verdienst einer außerordentlich richtigen Beurteilung der Leistungen erworben. An der Weltausstellung in Paris (1889) war er Vizepräsident der Jury für Buchdruckerei und Buchhandel. Den ihm damals offerierten Orden der Ehren legion hat er nicht angenommen; wohl aber eine ähnliche Auszeichnung des Papstes. Als »fryer Schwyzer« wollte er sich keiner fremden Macht verpflichten, den Papst verehrte er als Oberhaupt seiner Kirche. Die goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft, die ihm vom verstorbenen König Ludwig von Bayern verliehen wurde, durfte er wohl an-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder