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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.10.1896
- Strukturtyp
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- Band
- 1896-10-13
- Erscheinungsdatum
- 13.10.1896
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- Deutsch
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Schwarzburg-Sondershausen: 1 an die Ministerial- bibliothek. Wald eck: keine Verpflichtung. Württemberg: 1 (der Drucker an die Stadtdirektion (Regierungsbehörde^, die es an die königliche Bi bliothek in Stuttgart weiter giebt). Diese Statistik ist in mehrfacher Weise interessant. Sie zeigt, daß das einige Deutsche Reich bezüglich der Bestim mungen über die Pflichtexemplare in 32 Territorien zerfällt, in denen das schönste Kunterbunt der bezüglichen Vorschriften herrscht. In 19 Landesteilen besteht eine Verpflichtung zur Abgabe von Freiexemplaren nicht mehr oder hat nie bestanden, in 4 verlangt die Behörde 1 Exemplar, in acht 2, in einem sogar 3 Exemplare. Den 19 bestin mungslosen Landesteilen stehen also nur 13 gegenüber, die das bezügliche Verlangen geltend machen. Besonders interessant ist die Statistik noch insofern, als sic zeigt, daß in 5 Landesteilcn Pflichtexemplare sogar vom Drucker verlangt werden: darunter befindet sich das König reich Württemberg mit dem bedeutenden Verlagsort Stuttgart. Hier wird ein Verlangen gestellt, dem gar nicht ohne weiteres entsprochen werden kann. Der Verleger beauftragt einen Drucker mit der Herstellung eines Werkes in einer bestimmten Auflagenhöhc, und der Drucker ist, sofern er den vereinbarten Preis ohne Abzug erhalten will, selbstverständlich verpflichtet, die ganze Auflage abzuliefern. Er darf aber auch nicht mehr Exemplare drucken, ohne sich nach H 5 des Gesetzes über das Urheberrecht, das mit Ausnahme von Elsaß-Lothringen im ganzen Deutschen Reiche gilt, wegen Nachdrucks einer Strafe bis zu 3000 auszusetzen. Was bleibt ihm übrig? Er muß mit seinem Auftraggeber einen Vertrag schließen, wo nach er die verlangten Pflichtexemplare von Sachen, die gar nicht sein Eigentum sind, zurückbehalten darf. Handelt es sich um kostbare Werke, so wird ihm der Druckauftrag wahr scheinlich nicht erteilt werden, und ich kenne thatsächlich einen Stuttgarter Verleger, der seine teueren Werke, um Frei exemplare nicht liefern zu müssen, in einem anderen Landes- tcil drucken läßt, in dem der Verleger zur Pflichtexemplar- Lieferung verbunden ist. So schlägt er der königl. württem- bergischen Bibliothek, mit der er früher manchen Strauß ausgefochtcn hat, ein Schnippchen. Württemberg ist sonst das Dorado für Pflichtexemplare; müssen doch selbst Nekrologe, Leichen- und Hochzeitspredigten, Festschriften zu Familien feiern u. ä. abgelicfert werden! Eine frühere Eingabe zur Acnderung dieser Bestimmungen ist vom Landtag abgelehnt worden. In einer neuen soll demnächst für eine dahingehende Acnderung eingetreten werden, daß der Verleger zur Lie ferung verpflichtet wird, daß aber bei Büchern von über 20 ^ Ladenpreis die Bibliothek eine entsprechende Entschä digung zahlen soll. Warum macht man nicht gleich ganze Arbeit? Interessant ist die Bestimmung in den Landesteilen des ehemaligen Herzogtums Nassau, daß die Pflichtexemplare gebunden abgeliesert werden müssen. Die Wissenschaft, welche Bücher braucht, soll ihre litte- rarischen Bedürfnisse ohne Kosten befriedigen können, das ist der ausgesprochene »ideale« Zweck der Bestimmungen über die Pflichtexemplare. Nun kann aber diese Wissenschaft selbst verständlich ihre litterarischen Bedürfnisse nicht auf Werke be schränken, deren Verleger in Landesteilen wohnen, in welchen zufällig Pflichtexemplare verlangt werden. Sie kann dies um soweniger, als zu den 19 Landesteilen ohne bezügliche Bestim mungen auch das Königreich Sachsen mit dem Hauptort ver- legerischcr Thätigkeit in Deutschland, Leipzig, gehört. Der Zweck kann also nur höchst unvollkommen erreicht werden. Aber auch in anderen Landesteilen sieht es mit der Er reichung dieses Zieles windig aus. Der Abgeordnete Professor von Schulte behauptete zwar in der schon oben angezogenen Sitzung des Reichstags, die Bibliotheken bewahrten auf das gewissenhafteste die Litteratur, die sie durch die »Geschenke« der Buchhändler zusammenbekommen, auf, und versicherte speziell von der Bonner Bibliothek, daß dort auch nicht ein Blatt davon fortkomme. Dagegen erklärte mir ein früherer Bibliothekbcamter, daß sic unter den Pflichtexemplaren wohl eine Auswahl getroffen und längst nicht alles aufbewahrt hätten. Was nun speziell die Musterbibliothek Bonn betrifft, so bedauere ich, mit ihr eine andere Erfahrung gemacht zu haben, als Herr von Schulte. Ich gebrauchte im vorigen Jahr eine geschichtliche Monographie, die auf der Kölnischen Stadtbibliothek nicht vorhanden war. Da sie 1870 in der Rheinprovinz erschienen war, zu einer Zeit also, wo nach Or. von Schulte in Bonn jedes Blatt aufbewahrt wurde, so wandte ich mich — zum ersten und einzigen Male — an die Universitätsbibliothek, an die ich schon manches Pflicht exemplar hatte abführen müssen. Allein es wurde mir der Bescheid, das Buch sei nicht vorhanden! Trotzdem es die einzige Monographie ist, die über den Gegenstand existiert!*) Wenn das aber an der Musterbibliothek geschieht, so ist ein Schluß auf die anderen wohl gestattet. Der Zweck, den die Bestimmungen über Pflichtexemplare verfolgen, kann also nicht vollkommen erreicht werden und wird auch nicht erreicht, wo es möglich wäre. Schreibt mir doch ein Verleger, er halte überhaupt die ganze Frage der Pflichtexemplare für eine Art Fabel. »Ich habe seit Beginn meiner buchhändlerischen Laufbahn (1870) in drei braun schweigischen, einer hannoverschen, einer württembergischen, zwei preußischen und einer badischen Verlagshandlung ge arbeitet — nirgends wurde jemals ein sogenanntes Pflicht exemplar abgegeben.« Daraus geht hervor, daß die Biblio theken es bei den Mahnungen bewenden lassen; wirklich habe ich — abgesehen von dem früher in diesem Blatte erörterten württembergischen Fall Bonz-Nägele***) — noch nie von einer zwangsweisen Eintreibung eines Pflichtexemplars gehört, trotz dem der preußische Minister der geistlichen rc. Angelegenheiten in einer Verfügung vom 4. August 1876 scharfsinnig aus geführt hat, daß »der exekutorischen Einziehung der Pflicht exemplare seitens der Verwaltungsbehörden kein Bedenken cntgegensteht«.**) Der Zweck, den die Verpflichtungen über Freiexemplare zu erreichen suchen, ist, wie schon früher bemerkt, löblich, er mag sogar notwendig sein. Er würde aber nur dann wirklich erreicht, wenn es für das Deutsche Reich eine Zentralstelle gäbe, die alle irgendwie aufbewahrungswerten litterarischen Erscheinungen in deutscher Sprache in einem Exemplar in sich aufnähme, die aber dafür entsprechend dotiert werden müßte. Die Verleger würden sich gewiß bereit erklären, an eine solche Stelle ihre Verlagswerke zum Buchhändler-Nettopreis oder gar mit 50 Prozent des Ladenpreises zu liefern. Was machte es aber auch dem Deutschen Reiche aus, wenn es für seine bis her so stiefmütterlich behandelte Litteratur jährlich 80 000 ausgäbe I Mag das nun kommen, wie es wolle, jedenfalls ist es bei einer kritischen Durchsicht des Reichspreßgesetzes die höchste Zeit, daß daraus eine Bestimmung entfernt werde, die in mittelalterliche Verhältnisse vielleicht gepaßt hätte, sich aber mit modernen Rechtsbegriffen durchaus nicht mehr vereinbaren läßt und in dieser Erkenntnis auch schon von einer ganzen Anzahl von deutschen Staaten aufgehoben worden ist. Köln, im Oktober 1896. G. Hölscher. *) Um jeden Zweifel auszuschlictzen, bemerke ich, daß es sich um Hüssen, Geschichte der ehemaligen reichsunmittelbaren Herrschaft Homburg, handelte. (Barmen 1870, Klein.) **) Abgedruckt !n Stcfsenhagen,Pflichteremplarzwang.S.20u.folg. ***) Börsenblatt 1893 Nr. 287; 1894 Nr. 46 u. 135.
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