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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.10.1896
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- 1896-10-13
- Erscheinungsdatum
- 13.10.1896
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6484 Nichtamtlicher Teil. 239. 13. Oktober 1896. Buchhändler zwinge, ihm einen Teil ihres Eigentums zu schenken; denn — der Zweck heiligt die Mittel! In der That, der Zweck, den die Bestimmungen über die kostenlose Hergabe von Freiexemplaren zu erreichen streben, ist gut. Es handelt sich nur darum, ob erstens die Mittel, die zu seiner Verwirklichung angewandt werden, ebenso gut sind, und zweitens, ob der Zweck damit erreicht wird. Unser deutsches Preßgesetz vom 7. Mai 1874 unter scheidet Pflichtexemplare, die nach 8 9 desselben von periodisch erscheinenden Druckschriften an die Polizei geliefert werden müssen, und Freiexemplare, die, wie der Ab geordnete vr. Oncken, der Marburger Professor, am 23. März 1874 sich ausdrückte, der Wissenschaft dienen sollen*). Die Verhandlungen dieses Tages endeten trotz einer glänzenden Rede des Abgeordneten Ur. Eduard Brockhaus gegen die Frei exemplare damit, daß nach Ablehnung vieler andrer Anträge der Antrag des Abgeordneten vr. von Schulte angenommen wurde, der dadurch, wie er oben angeführt worden ist, Ge setzeskraft erlangte. Hervorzuheben ist noch, daß selbst Professor Oncken, der Hauptredner für die Pflichtexemplare, den Antrag eingebracht hatte, daß von Prachtwerken mit Abbildungen Freiexemplare nicht verlangt werden dürften. Er habe die Prachtwerke nicht bloß deshalb ausschließen wollen, »weil hier die Herstellungskosten sehr häufig so bedeutend sind, daß die Ablieferung von einem oder zwei Freiexemplaren den Ver leger um einen großen Teil, wenn nicht um seinen ganzen Reingewinn bringt, sondern aus dem prinzipiellen Grunde, weil, was solchen Prachtwerken ihren charakteristischen Wert verleiht, eben nicht dem Buchhandel und dem Buchdruck, son dern der Kunst angehört«**). Auch die Petition, die von Bonn aus, hauptsächlich mit Unterschriften von Professoren versehen, in der Angelegenheit an den Reichstag gekommen war und energisch für die Beibehaltung der Pflichtexemplare cintrat, legte den Schwerpunkt in der Begründung für ihre Wünsche auf die Aufbewahrung der kleineren Schriften, die sonst zu leicht verloren gingen. Nichtsdestoweniger wurde der Antrag Oncken abgelehnt, wie auch derjenige des Abgeordneten Reichenspergcr, welcher Werke, deren Ladenpreis 15 Mark übersteigt, von der Verpflichtung zur kostenlosen Hergabe aus geschlossen wissen wollte. Eine ähnliche Bestimmung hatte man früher in Sachsen, wo von teueren Werken mit Ab bildungen Freiexemplare nicht verlangt werden durften, während das österreichische Preßgesetz vom 17. Dezember 1862 in § 18 bestimmt, daß »bei Druckwerken von besonders kost spieliger Ausstattung die wirklich bezogenen Pflichtexemplare sderen 4 vom Verleger verlangt werden können) mit den nach besonderer Anordnung zu ermäßigenden Preisen vergütet werden«***). Wie aus dem Wortlaut des § 30 des deutschen Reichs- Preßgesetzes hervorgeht, hat dieser die Verpflichtung nicht neu geschaffen, sondern alte Bestimmungen konserviert. Woher stammen diese nun? Die Verpflichtung zur Abgabe von Freiexemplaren wurzelt in den alten Zeiten der von den Landesherren erteilten Buch- druckerprivilegicn und der Zensurvorschriften, und in jenen Zeiten hatte sie in der That eine Art Berechtigung: Einmal als Acquivalcnt für das Privileg****), dann aber auch, weil die Be- *) Bgl. Stenogr. Berichte über die Verhandlungen des deutschen Reichstages. 2. Lcgislaturpcr. 1. Session. I. S. 504. **) A. a. O. S. 505. ***> Hierauf bezieht sich 8 9 der Amtsinstruktion zum österr. Preßgesetz: »Die . . . Vergütung ... ist nur auf Verlangen der Partei und zwar mit 50 Prozent des ursprünglichen Pränumera- tions- oder Ladenpreises zu leisten.« Bez. Meinungsverschieden heiten entscheidet nach Einvernehmen der Handels- und Gewerbe- kammcr die Statthalterei oder Landesregierung. ****) Vgl. Schlcsw.-Holst. Patent vom 18. Mai 1822 -betr. die Verpflichtung derer, denen in Zukunft Privilegien auf Buch- hördc sich vergewissern mußte, ob die Vorschriften der Zensur auch wirklich beobachtet worden waren. Gerade der letztere Punkt, wonach die Pflichtexemplare in Beziehung zu der Zen sur gebracht werden müssen, ist wesentlich zur Behandlung unserer Frage, wie das gleich gezeigt werden soll. Die Verleger in Preußen waren durch Reskripte vom 29. März und 13. April 1765, sowie vom 28. September 1789 zur Ablieferung von Pflichtexemplaren gehalten. Diese Reskripte wurden jedoch durch das Zensuredikt vom 18. No vember 1819 aufgehoben, dann wieder durch eine Kabinetts ordre »über einige nähere, die Zensur betreffende Bestim mungen« vom 28. Dezember 1824 für die Zeit vom 1. Januar 1825 von neuem hergestellt.*) Nun bestimmt das Bundes- Preßgesetz vom 17. März 1848 in 8 kt »Die Zensur wird hiermit aufgehoben. Alle auf die Zensur bezüglichen Bestimmungen, Anordnungen, Einrichtungen und Straf vorschriften treten außer Kraft.« Demnach wurde also auch die Kabinettsordre vom 28. Dezember 1824 aufgehoben und eine Verpflichtung zur Ablieferung von Freiexemplaren be stand nicht mehr, da ein anderer darauf bezüglicher Para graph in dem Gesetze nicht enthalten ist. Es ist Klopffechterei, die Bestimmung dadurch retten zu wollen, daß man sagt, sie sei deshalb nicht aufgehoben, weil sie keine eigentliche Zensurbestimmung gewesen sei. Abgesehen davon, daß die Pflichtexemplare, wie gesagt, wohl in Beziehung zu der Zensur standen, muß die Verpflichtung nach Aufhebung der auf die Zensur bezüglichen Bestimmungen fallen, nachdem sie unter ganz derselben Flagge eingcführt, d. h., wie oben gezeigt, ausdrücklich unter den die Zensur betreffenden Be stimmungen erlassen worden war. Diese Thatsache festzustellen ist deshalb von Wert, weil das nun folgende preußische Preßgesetz vom 12. Mai 1851 unter Z 6 sagt: »An der bisherigen Verpflichtung des Ver legers, zwei Exemplare seiner Verlagsartikel und zwar eines an die königliche Bibliothek in Berlin, das andere an die Bibliothek der Universität derjenigen Provinz, in welcher er wohnt, unentgeltlich einzusenden, wird nichts geändert.« In Wirklichkeit bestand aber diese Bestimmung, wie gezeigt, gar nicht mehr, und da etwas, was nicht besteht, nicht fortbe- stehen kann, so steht die Freiexemplar-Verpflichtung in Preußen, die sich auch in dem geltenden Gesetz von 1874 auf den selben Boden des Konservierens stellt, juristisch auf recht schwachen Füßen. Auf noch viel schwächern Füßen steht die moralische Berechtigung des Verlangens der Abgabe von Pflichtexemplaren. Diese Abgabe ist zweifellos eine Besteuerung der davon Be troffenen und zwar eine Naturalsteuer, mit der wir in die Zeit der Feudalherrschaft zurückversetzt werden. Wenn der Raubritter von seiner Burg aus Kaufleute die Straße ziehen sah, so sagte er zu ihnen: Liebe Freunde, eure Waren ge fallen mir, ja ich brauche sie sogar, folglich müßt ihr mir einen Teil davon herausgeben. Weigerten sie sich dessen, so wurden sie derselben beraubt, denn Gewalt ging zu allen Zeiten dem Recht vor, das haben außer Herrn Michael Kohlhaas auch andere erfahren. Die Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit einer Natural steuer springt am besten in die Augen, wenn man sie in die höhere und vollkommnere Besteuerungsart, in Geld übersetzt. Man denke sich nun die Besteuerung mit Pflichtexemplaren in eine entsprechende Geldabgabe umgesetzt Wollte man diese, druckereien u. Buchhandlungen bewilligt werden möchten, ein Exem plar der von ihnen gedruckten oder von ihnen verlegten Schriften an die Universitätsbibl. in Kiel einzusenden.. Chronol. Sammlg. der Verordnungen u. Verfügungen für die Herzogt. Schlcsw. und Holstein 1822 Nr. 44, S. 88. *) Vgl. Kaiser, die preußische Gesetzgebung in Bezug auf Ur heberrecht, Buchhandel und Presse. Berlin 1862. Schroeder. S 117 und folg.
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