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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.01.1896
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 30.01.1896
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- Deutsch
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622 Nichtamtlicher Teil. 24, 30. Januar 1896. folgerungen des Verfassers stecken. In dieser Beziehung gilt für das Buch das alte gute Wort: Weniger wäre mehr. Ferner darf niemand erwarten, von dem Verfasser positive Vorschläge zur Abstellung der Uebelständc zu hören, die nach seiner Meinung die am Schlüsse des Buches angedcutete ver hängnisvolle Zukunft des Buchhandels verschulden. Wir finden in dem Buche Historie, Kritik, Polemik, aver nirgends einen Versuch, an Stelle des Getadelten etwas Besseres zu setzen. Die einfache Mißbilligung großer, im Laufe der Zeit infolge der Notwendigkeit der Dinge aus kleinen Anfängen zu glänzender Blüte gelangter, also doch auch historisch ge wordener Geschäftszweige, wie des Kolportagebetriebs, des Großsoitimcnts, des Neiscgcschästs, des Barsortiments, oder die ablehnende Kritik von Fixierungen unseres Gewohnheits rechts, wie der in gemeinsamer Arbeit des ganzen Buch handels entstandenen Verkehrs- und Vcrlagsordnungcn, sollte einem klugen und geistreichen Kopfe doch eigentlich nicht ge nügen. Da das Buch aber nun einmal vorwiegend kritisch ist, so wird auch die Gegcnkrilik ihr Recht beanspruchen dürfen gehört zu werden. Wie aus der oben angeführten Schlußbetrachtung des Verfassers hcroorgeht, fürchtet er für den Buchhandel eine Entwicklung, die zur ausschließlichen Herrschaft des »kommer ziellen Großbetriebs« führt, d. h. er ist der Meinung, daß am Ende nur noch das mit großem Kapital ausgerüstete Kolportage- und Reisegeschäft das Heft in den Händen be halten, dem Vcrlagsbuchhandel diktieren wird, was er zu verlegen hat, wenn er überhaupt noch Geschäfte machen will, und das alte, sich in den hergebrachten Bahnen bewegende Sortiment untergraben und schließlich vernichten wird. Der artige Befürchtungen sind ja bekanntlich nichts Neues. Schon oft sind im Börsenblatt Stimmen laut geworden, namentlich aus den Kreisen des allerdings in seiner bisherigen Betriebs weise vielfach bedrohten Sortiments, die sich in dem gleichen Sinne ausgesprochen haben. Anderseits hat es aber auch, Gott sei Dank, an Stimmen nicht gefehlt, deren Träger mit nichten daran glauben wollten, daß der Stolz des deutschen Buch handels, sein in der guten hergebrachten Weise betriebenes Sortiment, diese merkwürdige Verwertung einer Verbindung von kaufmännischem und litterarischem Wissen, der kein anderes Volk etwas Aehnlichcs an die Seite setzen kann, unrettbar abgewirtschaftet habe. Wer die Eigenart derjenigen bücherkaufenden Klassen in Deutschland kennt, die bisher unseres allen vornehmen Sortiments hauptsächlichste Ab nehmer, seine Stütze und sein Stab, sein Rückgrat waren, der wird sicherlich nicht glauben, daß es jemals dem »kom merziellen Großbetrieb« gelingen könne, das lnterarische Be dürfnis dieser Klassen in der gewohnten Weise zu befriedigen und sie damit dem Sortiment abspenstig zu machen. Ebenso wenig ist es denkbar, daß jemals der »produktive Groß betrieb«, also die verlcgerische Aktiengesellschaft mit ihrer modernen Art der Büchersabrikation, dahin gelangen könne, das alte vornehme Verlagsgeschäft so unrentabel zu machen, daß es aufhören müßte zu bestehen. Derartige Befürchtuagen in ihrer Einseitigkeit sind, rund herausgesagt, nichts weiter als krasse Uebcrtreibungen. Wie auf jedem Gebiete wirt schaftlicher Thätigkeit, werden auch im Buchhandel nach wie vor die beiden Betriebsarten nebeneinander bestehen, sich gegenseitig das Leben sauer machen und aus ihrem unauf hörlichen Kampfe beiderseitig immer neue Kräfte schöpfen. Der wahre Grund des Notstandes im Buchhandel oder, wenn man will, seiner »Krisis«, liegt da, wo der Grund unseres allgemeinen wirtschaftlichen Notstandes liegt: in der Uebervölkerung, in der Ueberfüllung aller Berufsarten, in der dadurch immer mehr übcrhandnehmenden Zersplitterung der Verkaufsstellen, in der beängstigenden Konkurrenz, mit der die Konsumtionskrast des Publikums auf unserem wie auf jedem anderen gewerblichen Gebiete auch nicht annähernd gleichen Schritt hält. Sobald es gelingt, dieses Ucbel zu heben (vielleicht nach dem Rezept von Carl Jentsch, des bekannten äußerst produktiven Journalisten, auch eines klugen und geistreichen Kopfes, der befürwortet, daß Deutschland im Bunde mit den anderen Großmächten, besonders mit Frank reich, auf friedlichem Wege Rußland zwingen soll, seine Grenzen für unseren Handel und den Ueberschuß unserer Bevölkerung zu öffnen, auf daß ein Großdcutschland erstehe, das sich bis an den Ural und bis nach Kleinasien erstrecke), werden die Klagen über den Niedergang aufhören, und die Prophezeiungen werden verstummen, deren Weisheit letzter Schluß die Betonung der sozialdemokratischen Lehre ist, daß der Kleine unrettbar dazu bestimmt sei, von dem Großen, wenn nicht verschlungen, so doch wirtschaftlich ausgebeutet zu werden. So lange wir aber diesem Uebelstand nicht ab helfen können, so lange es uns nicht gelingt, dieses furcht barste aller Rätsel zu lösen, die von der grausamen Sphinx dem schwachen Menschengeschlechte jemals aufgegeben wurden, so lange werden wir uns mit Notbehelfen durchschlagen und uns neben einander so gut einrichten müssen, als es eben gehen will. Und wie nach des alten Moltke Ausspruch der Tüchtige auf die Dauer doch Glück hat, so hat er, wenn er es richtig anfängt, auch geschäftlichen Erfolg. Ucbrigcns sei hier nebenbei darauf aufmerksam gemacht, daß die reinliche Scheidung der verschiedenen Betriebe, die bei derartigen Erörterungen immer a priori als vorhanden an genommen wird, in der Wirklichkeit vielfach gar nicht existiert. Wir haben bekanntlich eine Menge von »produktiven Großbetrieben«, d. h. von großen, für den Kolportage- und Reisebuchhandel verlegenden Verlagshandlange», die daneben die frühere Richtung ihrer aus kleinen Anfängen entstandenen Geschäfte ruhig weiter pflegen und gar nicht daran denken, das eine auf Kosten des anderen auszugeben oder doch einzu schränken. Ebenso zählen die Sortimentshandlungen nach Hunderten, die neben der althergebrachten Pflege ihres an gestammten Kundenkreises auch die moderne Art des Kolportage- und Reisebetriebes, des Großsortiments und des Restbuch handels sich zu nutze gemacht haben und sich dabei sehr wohl befinden Muß man sich denn durchaus, wenn man das gute Alte bcibehätl, dem Neuen, soweit es auch gut und brauchbar ist, ablehnend gegenüberstellen? Derjenige von den kommerziellen Großbetrieben, gegen den sich das ablehnende Urteil des Verfassers in besonderer Ausführlichkeit wendet, ist das Barsortiment. Er widmet ihm nicht weniger als zehn von den vierundsiebzig Seiten des ersten Abschnitts seines Buches, wobei er in seinen Aus führungen genau auf dem Boden der Broschüre steht, die seinerzeit Or. Ruprecht gegen diese Form des modernen Buch handels richtete, nur daß er hier und da sogar noch über dessen Anschauungen hinausgeht. Die im ganzen wenig zahl reichen Gegner des Barsortiments gehören, soweit bis jetzt bekannt geworden ist, ausschließlich dem Verlegcrstande an, ihre Argumentation ist in der Ruprcchtschen Broschüre aus- sührlich dargelegt. Es sind sämtlich Anhänger der Ansicht, daß die Organisation des Buchhandels, wie sie sich geschichtlich zu ihrer jetzigen Gestalt entwickelt hat, gut sei, und sie be trachten das Barsortiment als einen Eindringling, als ein schmarotzendes Zwischenglied, das im besten Fall als not wendiges Uebel zu dulden, von dem ein Nutzen für das Ge meinwohl aber schlechterdings nicht einzusehen und also auch nicht anzuerkennen sei. Dem dürfte wohl zunächst entgegenzuhalten sein, daß ein Geschäftszweig, der nunmehr seit über vierzig Jahren besteht, der sich aus kleinen Anfängen zu gewaltigem Umfang ent wickelt hat und sich fortwährend weiter entwickelt, dem der Ausbau des modernen Verkehrs, die Vermehrung der Ver-
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