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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.08.1899
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1899-08-31
- Erscheinungsdatum
- 31.08.1899
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- Deutsch
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6196 Nichtamtlicher Teil. 202, 81. August 1899. Nichtamtlicher Teil Zur kritischen Lage des Sortiments. (Vgl. Vvrscnblatt Nr. 144, 150, 152, 159, 161, 165, 167, 169, 170, 173, 175, 178, 181, 182, 185, 186, 192.) Kein größerer Gegensatz, als wie er sich im Aufruf des Herrn Seippel in Hamburg an die Kreisvereine in Nr. 186 d. Bl. und den darauf folgenden Reformvorschlägen des Herrn Streller in Leipzig kundgiebt. Während jener Kollege energisch auf die Beseitigung eines alten Krebs schadens, des Kundenrabatts, drängt, spricht dieser das große Wort gelassen aus: »Man entwöhne sich, in der Rabattfrage das Tagesgespenst zu sehen«. Vom sicheren Sitz eines Leipziger Kommissionärs läßt sich gut von Gespenstern reden. Steckte Herr Streller in der Haut des Sortimenters, so würde ihm die Sache schon hand greiflicher Vorkommen. Nur wer an seinem eigenen Leibe tagtäglich erfährt, was es heißt, ein Drittel bis zwei Drittel seines Verdienstes, selbst von Journalen, in die Taschen der Kundschaft fließen zu sehen oder die erhofften Bestellungen durch billigere Angebote zu verlieren, kann beurteilen, ob er es mit einem Phantom oder der traurigen Wirklichkeit zu thun hat. Es mag nochmals zugestanden sein, daß es nicht der abnorme Rabatt allein ist, der unsere Existenz in Frage stellt und die unsichere Lage verursacht. Aber er ist es in erster Linie, und ehe wir darüber nicht ins reine kommen, ist an weitere Neuerungen nicht zu denken. Bis zur Stunde haben wir kein anderes und besseres Mittel, uns selbst zu helfen, als das Festhalten am Ladenpreise, und wenn wir ihn mehr oder weniger der Willkür unterwerfen, so ver lieren wir einfach den Boden unter den Füßen. Herr Streller glaubt nicht an die Heiligkeit des Laden preises. Wir auch nicht. Warum sollte ihn der Verleger unter Umständen nicht erhöhen oder herabsetzen, der Sorti menter nicht auch einmal darunter rechnen können? Aber für die Sicherheit der Verhältnisse im einzelnen und ganzen ist er besser als keiner, und die französischen Kollegen, die gewiß gute Rechner sind, beneiden uns darum. Ebensowenig will Herr Streller noch die Schleuderei in Betracht ziehen. Wohl Ihnen, geehrter Herr Kollege! Auch wir glauben nicht an ihre gänzliche Beseitigung, können aber auch nicht warten, bis man durch das Studium des volks wirtschaftlichen ABC auf jener Seite zu besserer Erkenntnis gekommen ist. Wir sind genötigt, nach wie vor mit ihr zu rechnen und zu kämpfen, denn wenn man erst merkt, daß wir sie nicht ernst nehmen, so ist es überhaupt mit jedem reellen Geschäft vorbei. Und soll die jüngere Generation dem entgegen kaufmännischer ausgebildet werden, um die in Aus sicht genommene neue Aera heraufzuführen, so werden wir Alten mit dieser Ausbildung wohl bei uns den Anfang machen müssen. Bevor wir nicht in der Lage sind, ein besseres Facit als bisher zu ziehen, werden wir keinen jungen Mann veranlassen können, einen Beruf zu ergreifen, der nicht lohnt. Oder geht es etwa bei uns mit rechten Dingen zu, wenn der Rabatt oft höher ist als der Verdienst? — Herr Streller zeigt als guter Kalkulator ein genaues Bild der von Jahr zu Jahr gestiegenen enormen Bücher- produktion. Er weist mit Recht darauf hin, daß sie nur noch als Spezialität bewältigt werden kann, was ja vielfach schon geschieht. Er giebt uns auch gleichzeitig zu verstehen, welche Rolle die Nebenzweige bereits im Buchhandel spielen, daß sie ein gutes Ersatzmittel bilden, und daß wir uns ihrer nach großen Vorbildern nicht zu schämen brauchen. Gewiß nicht, sind wir doch als Buchhändler auch Kaufleute, sollen es wenigstens sein. Je mehr aber so das Sortiment auf die Nebenzweige gerät, je weniger wird es sich dem Vertriebe des eigentlichen Bücherwesens unterziehen können, das in jeder Beziehung den ganzen Mann erfordert. Wer wird sich indes dieser ebenso notwendigen wie intensiven Thätigkeit noch hin geben, wenn er nicht seine Rechnung dabei findet oder die entsprechenden Kräfte nicht bezahlen kann? Selbst große Geschäfte sehen sich bereits vielfach auf weibliche Hilfe angewiesen; was soll da aus dem tüchtigen männlichen Nach wuchs werden? — Es ist zweifellos, ohne ein lohnendes, lebens fähiges Sortiment käme auch der Verlag in die Gefahr des Rückganges, darum sind beide Teile im besten Sinne des Wortes — nicht als Hilfsbedürftige nach Herrn Streiters Deduktion — aufeinander angewiesen und müssen soli darisch für den Hort des Ladenpreises eintreten. Dieses Gleichgewicht der Kräfte ist seit Jahren durch Berlin und Leipzig in bedenklicher Weise gestört worden. Auch in dieser Beziehung will Herr Streller die stärkere Konkurrenz weniger in dem höheren Rabatt als in der natürlichen Bedeutung dieser Hauptplätze erkennen. Wer je doch wirkliche Fühlung mit den Uebelständen hat, wie sie sich durch das ungleiche Maß fortwährend bemerkbar machen, muß sich sagen, daß sie kaum schlimmer sein können, als sie sind. Rücksicht und Anstand — mit Bedauern muß es konstatiert werden — sind im Buchhandel vielfach fragliche Begriffe geworden. Es würde zu weit führen, dies an drastischen Beispielen zu illustrieren; Herr Streller möchte nicht alles an die große Glocke gehängt sehen. Doch kurz und treffend drückte es jüngst ein alter Leipziger Kollege mit den Worten aus: Geschäfte werden gemacht zu jedem Preis, und die Handlanger sind auch zu haben um jeden Preis. Da klingt es freilich wie ein Märchen, wenn man von unseren Hausfrauen hört: die Händlerinnen in den Markthallen lassen lieber ihre Ware verderben, ehe sie unter dem verabredeten Preis verkaufen. Und wir großartigen Leute von Fach und Bildung lassen uns von solchem Corpsgeist beschämen und werfen uns die Knüppel zwischen die Beine! — Es liegt mir fern, Herrn Streller mit dieser Entgegnung irgendwie persönlich nahe zu treten; aber im Interesse seiner eigenen gedachten Gruppenbildungen, von denen er sich allein Hilfe verspricht, wird er einsehen, daß sie sich erst realisieren können, wenn dafür eine gesundere Basis vorhanden ist. Ich kann mir nicht versagen, auf die letzte Replik des Herrn Adolf Kröner hier einige Worte der Erwiderung an zuschließen. Herr Kröner kann leider noch nicht zu der Ueberzeugung gelangen, daß es sich um eine allgemeine Kalamität handelt. Er verkennt zwar nicht die fatalen Verluste, die einzelne Firmen erleiden, hat aber nach seiner letzten mir geltenden Replik den Eindruck, daß man sie im berechtigten Unmut aufbausche und einzelne Fälle gene ralisiere. Allerdings erschöpfen die bisherigen Stimmen nicht die ganze Wirklichkeit; aber sie sind jedenfalls Krankheits symptome am Organismus. Ein Verlust, wie ihn das Sortiment durch den Rabatt andauernd und sicher erleidet, und wie er den Reingewinn auf das bescheidenste Minimum reduziert, ist kein Aufbauschen, sondern ein Krebsschaden, der zur Entkräftung führt. Die nächsten Verhandlungen der norddeutschen Vereine werden bezeugen, daß das Leiden nicht bloß lokaler Natur ist. Selbst der kürzlich hier mitgeteilte Bericht des süddeutschen Buchhändlervereins spricht für keine allzu günstige Geschäftslage und giebt im einzelnen sogar gefahrdrohende Erscheinungen zu. Kein Wunder, wenn man hört, daß in den dortigen Universitätsstädten ohne weiteres auch 10 Prozent Rabatt gegeben werden.
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