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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.08.1899
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 04.08.1899
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18990804
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1899
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179, 4. August 1899. Nichtamtlicher Teil. 5565 Sortiment, Verlag und direkter Vertrieb. Mit der zunehmenden Bücherproduktion, namentlich der sogenannten Konkurrenzlitteratur, hat zweifellos die Zunahme der Sortimentsbuchhandlungen Schritt gehalten. Man ver gleiche nur den Umfang der beiden Jahrgänge 1887 und 1899 vom Adreßbuch des deutschen Buchhandels, um diese Thatsache schon äußerlich bestätigt zu finden. Zum Nutzen der Allgemeinheit des deutschen Buchhandels ist dieser jähr liche Zuwachs sicherlich nicht ausgeschlagen. Welche Elemente unter der Flagge des »Buchhändlers« segeln, illustriert treffend der Abdruck einer Anzeige in Nr. 132 des Börsen blatts, wonach »ein tugendhafter Seiler gute und dauernde Stellung (zeitweilig als Buchhandlungsreisender, wozu Vor kenntnisse nicht erforderlich) in einer kleinen Seilerei und Buchhandlung« erhält. (Wörtlich aus der »Ermländischen Zeitung«.) Das Wort »Aller Anfang ist schwer« hat auf den Buch handel keine oder nur sehr beschränkte Anwendung. Nichts ist leichter, als eine Sortimentsbuchhandlung zu eröffnen. Der Leichtsinn im Kreditgewähren, ein altes Erbübel des Buchhandels, zeitigt hier die traurigsten Folgen. Ein Jahr lang oder auch etwas länger hält sich die Gründung über Wasser — bei der ersten oder zweiten Ostermesse kommt das Ende mit Schrecken. Am meisten, nächst dem an einem solchen Zusammenbruch unmittelbar beteiligten Verleger, wird das solide Sortiment geschädigt, einmal in seinem Ansehen, dann materiell. Für viele Sortimentsgeschäfte ist es zum Gebot der Selbsterhaltung geworden, den Rest idealer An schauungen ihres Berufes über Bord zu werfen und den Kampf gegen eine zügellose Konkurrenz mit allen Mitteln aufzunehmen. Die Folge ist, daß sie selbst über kurz oder lang auf demselben geschäftlichen Niveau angelangt sind wie die minderwertige Konkurrenz. Dann wird nicht mehr ge fragt: verdient ein Buch seinem inneren Werte nach Ver wendung? sondern: an welchem »Artikel« wird am meisten verdient? So kommt es, daß eine zwar hoch rabattierte, au sich aber minderwertige Gattung von Litteratur — ganz abgesehen von den »Nebenzweigen«, wie Ansichtspostkarten, Briefmarkenpaketen u. s. w. — selbst in »besseren« Sortiments- buchhandlungen sich breit macht auf Kosten gediegener, aber nur mit 25 Prozent Rabatt herzustellender Bücher. Für solche hat der Durchschnittssortimenter von heute keine Zeit, ja häufig nicht einmal Platz mehr auf seinem mit »Brotartikeln« überfüllten Lager. Wer sorgt nun aber für die Verbreitung der gediegenen Litteratur? — Gewiß, es giebt noch alte, solide Sortiments- geschäfte in stattlicher Anzahl; aber in sehr vielen Fällen — in der Regel, sobald es sich um ein Werk handelt, das nicht in ihr (meist ziemlich eng begrenztes) Spezialgebiet fällt — versagen auch sie. Es sei gestattet, das Schicksal eines Buches an einem konkreten Fall zu erläutern. Nach reiflicher, planmäßiger Ueberlegung, unter Auf wand aller denkbaren geistigen und materiellen Mittel, unter Abpassung des günstigsten Zeitpunktes ist das Buch erschienen. Es hat einen Verfasser, der als Autorität auf seinem Gebiete gilt. Es ist im Börsenblatt angezeigt worden, vielleicht auch in Naumburgs Wahlzettel oder in einem anderen der zahlreichen Ankündigungsorgane. Klangvolle Prospekte sind versandt. Hinrichs' Katalog-Konto hat das übliche Exemplar erhalten, Rezensionsexemplare sind hinausgegangen —- nun müssen doch Bestellungen kommen! — Sie kommen auch: im ganzen sind 300 Exemplare L condition verlangt, wo der Verleger auf 600—800 gerechnet hatte. Barbestellungen sind ganz ausgebliebeu. — Die Bestellungen werden nach der Ver- fendungsliste erledigt, und da zeigt sich denn die niederschmet- Srchsundsechzlxsttv Jahrgang. ternde Thatsache, daß aus Städten, wo das Buch unbedingt Interessenten haben muß, sei es durch Beziehungen des Autors, sei es mit Bezug auf seinen Inhalt, eine oder zwei Firmen zusammen drei Exemplare ä oouäitiou verlangt haben! Soll es angesichts dieser Thatsache dem Verleger ver dacht werden, wenn er über die Teilnahmlosigkeit des Sor timents hinweg zur Selbsthilfe seine Zuflucht nimmt und es mit dem direkten Vertrieb versucht?! Unter großem Kostenaufwand werden in der Fach- und Tagespresse Anzeigen und Prospekte veröffentlicht, in denen außer »jeder Sortimentsbuchhandlung-! die eigene Firma des Verlegers als direkte Bezugsquelle genannt wird. Nun kommen die Bestellungen: »Auf die Anzeige in der L-Zeitung (nicht: »auf Empfehlung meines Buchhändlers«) bestelle ich « Also die Anzeige hat gewirkt, die direkte Reklame, nicht die buchhändlerische. Der Ver leger wird die Konsequenzen zu ziehen wissen und die letztere für die Folge auf das notwendigste einschränken. Dagegen wird er der direkten Reklame erhöhte Aufmerksamkeit zu wenden, die aus den eingehenden Bestellungen gewonnenen Adressen sorgfältig sammeln und bei nächster Gelegenheit direkt mit seinen Prospekten beschicken; — die »Sortimentsabtei lung« ist fertig und die Entrüstung des Sortimentsbuch handels groß. — Aber was bleibt dein Verleger übrig, wenn er nicht zu den ohnehin in jedem Verlage vor handenen Makulaturballen neue und immer neue hinzu- stapelu will? Eiue Ausnahme von dem Gesagten machen vielleicht nur noch rein wissenschaftliche Sorttmentsbuchhandlungen — namentlich in Universitätsstädten — einerseits und ebensolche Verlagsbuchhandlungen anderseits, obwohl auch hier der orga nische Zusammenhang bereits bedenklich gelockert ist und ge rade die Sortimentsgeschäfte in Universitätsstädten wieder unter dem Druck einer lebhaften auswärtigen Konkurrenz schwer zu leiden haben. Für beide Teile, Sortiment wie Verlag, ist das Ersprieß lichste, Hand in Hand zu arbeiten, wie es bei der Organi sation des deutschen Buchhandels — einem unschätzbaren Vor zug im Vergleich mit demjenigen Frankreichs und Englands, wo zum Schaden des Verlegers das Provinzialsortiment nahezu gänzlich unterdrückt ist — selbstverständlich sein sollte. Viel ist schon beraten und geschrieben worden, wie dieser Jdealzustand wieder herbeizuführen und dauernd zu erhalten sei. Das Mittel heißt: Schutz und Kräftigung dem soliden Sortiment gegenüber den fremden Elementen im Buchhandel, einer zügellosen Konkurrenz und den Centralisationsbestrebungen einzelner großstädtischen Firmen. Daß dieser Schutz iu allen Fällen der Schleuderei und sonstigen unlauteren Konkurrenz nur von Seiten der Verleger — der vereinigten Verleger — kommen kann, ist in der Lage der Dinge begründet. Inwie weit und mit welchen Mitteln er gewährt werden kann, dürfte ein dankbarer Beratungsgegenstand der deutschen Verleg er kämm er sein. Denn die Verleger haben das größte Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Sortimenterstandes. Der Vertrieb durch das Sortiment ist trotz des zu gewährenden Rabatts meist nicht wesentlich teurer als der überaus kostspielige direkte Vertrieb; vor allem aber kann er, einen rationellen Betrieb vorausgesetzt, viel Intensiveres leisten als Anzeigen und Prospekte. Kein Handelsgegenstand verlangt zu seiner Verbreitung eine individuellere Behandlung als das Buch. Der Sortimenter, der seine Kundschaft genau kennt, vermag die Erzeugnisse des Verlegers auch dem ent legenen Interessenten zugänglich zu machen: einem Manne, der vielleicht die »Vossische Zeitung« und die »Gartenlaube« liest, während der Verleger zufällig sein Buch in der »Krenzzeitung« und im »Daheim« angekündigt hatte. Durch diese Kenntnis 740
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