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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.02.1895
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- Erscheinungsdatum
- 28.02.1895
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- Deutsch
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56, 28 Februar 1895. Nichtamtlicher Teil. 1121 Absatz wirklich doch nicht zugefnllen und ich kann diejenigen, welche sich dieser Illusion hingeben, nur berichtigen. Der Kol porteur und der Reisende beginnen ihre Thätigkeit, nachdem der Sortimenter vorher seine Manipulationen mit den ersten Heften, dann mit dem ersten Halbbandc, darauf mit dem ersten Ganzbande beendet hat. Was der Sortimenter abgrasen konnte, hat er nach Kräften gcthan; was darnach übrig bleibt, märe für die Litteratur verloren, wenn nunmehr der Kolporteur und der Reisende nicht cinsctzen würden. Es ist deshalb un richtig, daß das seßhafte Gewerbe durch den Kolporteur oder Reisenden Nachteil erleidet. Im Gegenteil: die Gepflogenheit mancher Verleger durch eigene Reisende Bestellungen zu suchen und deren Ausführung dein ortsangcsessenen Sortimenter zu überweisen, brachte diesem mancherlei Vorteile; ferner wurden ihm manche Aufträge von fremden Reisenden über wiesen, deren Auftraggeber das bestellte Werk durch die be freundete Platzfirma zugcsandt zu erhalten wünschten, und drittens hat der Sortimentsbuchhandel in Wirklichkeit durch den Kolportagebuchhandcl gewonnen, da dieser ihm die Mög- lichkeit gewährt, von den vielen Zeitschriften und Lieferungs werken, die nur infolge der Existenz des Kolportagebuchhandels das Licht der Welt erblicken konnten, Absatz und damit Gewinn zu erlangen, was ja auch nach besten Kräften geschieht. Der Sortimentsbuchhandel mit seinen Nebenzweigcn: Leih bibliotheken, Lesezirkel rc. hat sein gutes Auskommen, wie schon durch die Verdoppelung der Anzahl seit Erlaß der Gewerbeordnung, wie ferner schon durch die äußerst selten vorkommenden Konkurse hinlänglich bewiesen wird. Wenn sich nun andere Sortimenter dagegen auflehnen und sagen wollten: »die Leihbibliotheken und Lesezirkel verhindern den Verkauf von Büchern und Zeitschriften, folglich muß das verboten werden«; oder »durch leichtsinniges Kreditgcben an Studenten wird das Antiquariat befürdert und der ander weitige Absatz im Sortiment gehindert«; oder:' »das Zusenden von Ansichtspaketen ist eine Belästigung des Publikums, es muß verboten werden«; oder: »wie von medizinischen Autori täten anerkannt ist, sind Leihbibliotheken und Lesezirkel direkte Ursache der Uebcrtragung ansteckender Krankheiten und müssen aus diesem Grunde verboten werden rc., so stehen derartige Beschuldigungen auf demselben Niveau, wie diejenigen des »Kreises Norden«. Wenn man von einzelnen Äußerlichkeiten auf das Ganze schließen will, so wird das Urteil gewöhnlich ein schiefes sein; somit liegt auch die Behauptung des »Kreises Norden«, die Aufträge der Reisenden würden durch Vorspiegelungen und »Ueberrcdungskünste« gewonnen, vollständig in der Luft. Machen davon jene Aufträge etwa eine Ausnahme, die durch die direkten Reisenden gewisser Verleger gesammelt und den Sortimentern zur Expedition übergeben wurden und wonach die Sortimenter des »Kreises Norden« gewiß auch ihre Hände ausstrecken? Bislang galt es im Sortiment als Vorzug, ein guter Ver käufer zu sein; wenn aber fernerhin durch »Ueberredung« Bücher im Laden verkauft werden, so gilt das — nach dem Aus spruche des »Kreises Norden« — als eine verabscheuungs würdige Handlungsweise. Dem »Kreise Norden« ist es augen scheinlich unbekannt, daß ohne persönliches Angebot eines Reisenden und nur auf Grund eines Subskriptionsformulars, das dem Publikum von gewissen »Bücher- Instituten« ins Haus geschickt wird, jährlich viele Tausend Lexika abgesctzt werden. Weshalb wandten sich wohl diese Leute nicht an die Platzfirma; ihnen wurde doch weder etwas vorgespiegclt, noch wurden sie überredet?! Das Wesen und den Betrieb des bnchhündlerischen Neise- geschäfts kennt der »Kreis Norden« nur in seinen vereinzelten Auswüchsen und er verurteilt trotzdem das Ganze. Die 86 ZwetimdsechzWer Jahrgang. deutschen Neisebuchhandlnngen mit ihren etwa 400 Reisenden weisen die Verdächtigungen und Entstellungen des »Kreises Norden- auf das entschiedenste zurück. Wäre der Betrieb des Reisegeschäfts derart, wie ihn der »Kreis Norden« schilderte, so würde sich wohl niemand zu einem solchen Geschäfte finden. Wie überall, so giebt es auch einzelne räudige Schafe unter den Reisenden, und leider sind cs einige Hamburger, vor denen zu warnen ist. Die große Mehrzahl der Buchhand lungs-Reisenden sind hochachtbare Personen, auf die das Urteil des »Kreises Norden« ganz und gar nicht paßt; wahr scheinlich hatte der »Kreis Norden« nur seine heimatlichen Jndustricritter im Auge. Daß in einem Reisegeschäfte Diffe renzen mit dem Publikum Vorkommen, die zur Klage, zur Exekution und bei recht böswilligen Leuten schließlich zum Offenbarungs-Eide führen und daß derartige Fälle um so öfter Vorkommen, je größer das Geschäft ist — einzelne Ge schäfte haben über 20 000 Konten —, ist das etwa zu ver wundern, und verklagen denn die Mitglieder des »Kreises Norden« ihre schlechten Zahler nicht? Diese Differenzen würden sich wesentlich vermindern, wenn manche Sortimenter es künftig unterlassen wollten, renitente Besteller aufzuhetzcn und sie zur Abbestellung zu ermuntern. Dieser oder jener Sorti menter sucht das ihm vermeintlich entgangene Geschäft da durch zur Auslösung zu bringen, daß er dem Besteller das Werk billiger offeriert und ihm sonstige Ratschläge, sich seiner Verpflichtung zu entziehen, erteilt. In den Archiven der Reisebuchhandlungen liegen derartige zur Kenntnis genommene Fälle zahlreich aufbewahrt. Was hätte ein Reisender davon für Vorteil, dem Be steller vorzurcden, das offerierte Werk bestehe aus weniger Bänden oder der Preis wäre ein geringerer? Ein jeder Be steller, dem solche unwahren Angaben gemacht sind, wäre durch richterliche Entscheidung von der Abnahme entbunden, und keine Nciscbuchhandlung zahlt dafür Provision, sie streicht sie einfach. Derartige Einmünde werden erst, nachdem unter schrieben, künstlich geschaffen; die Einbildung wird nach und nach zum Glauben, und mancher beschwört, was er nicht ge hört, sondern sich nur eingebildet hat, daß er es so ge hört habe. Was nun die Opfer für Bücheranschaffungen selbst eines minder begüterten oder minder besoldeten Publikums betrifft, so taxiert man diese Opfer ganz falsch. Findet man es etwa in der Ordnung, wenn der gute Deutsche täglich so und so viel Nickel für Cigarren, Bier und Schnaps opfert, für Lottcrie- und Kartenspiel ungezähltes Geld verschwendet, und will man es da tadeln, wenn täglich ein Nickel zur Anschaffung eines schönen Bildungswerkcs, wie z. B. eines Konversationslexikons, verwandt wird, das er mit einer Monatsrate von 3 ./6 (pro Tag 10 H) beziehen kann, oder soll er nicht Unter haltung, Freude und Genuß von einer guten Zeitschrift haben dürfen? Man macht den Einwand, daß wertlose, langatmige und unsittliche Romane vielfach Verbreitung finden. Diese mag man verbieten, das würde ein jeder gerechtfertigt finden, sie kommen überdies höchst selten vor; aber dieserhalb den ganzen Reise- und Kolportagebuchhandel zu vernichten, der hauptsächlich nur die besten, weil leichtest absatzfähigen Bildungs werke verbreitet, das würde zu weit gehen; man würde einiger Romanfabrikanten und einiger schwindelhaften Kol porteure wegen den ganzen Kolportagebuchhandel ruinieren, die Existenz von hunderttausend Personen vernichten. Der Buchhandel mag über die Kolportage denken wie er will; darüber wird er in seiner großen Mehrzahl Freude empfunden haben, daß sich der Vorstand des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler dieses großen Zweiges als eines »nicht mehr zu entbehrenden Kulturfaktors« in seiner Eingabe an den Reichstag angenommen hat, und weiter auch 152
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