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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.01.1886
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- 1886-01-11
- Erscheinungsdatum
- 11.01.1886
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- Deutsch
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Doktorhutes geehrt. Er geht in seinem neuesten Werke auf die Haarlemer Frage nicht näher ein, aber er giebt zu verstehen (Lrskaos S. XVH), daß ihm nun auch Zweifel an der Zuverlässig keit der van der Lindeschen Resultate betreffs Costers auf gestiegen sind. Der Gedankengang der Hessels'schen Streitschrift ist im wesentlichen, sowie der Verfasser ihn selbst vorlegt, dieser. »Für Gutenberg lassen sich hauptsächlich nur drei Dokumente anführen: der Straßburger Prozeß von 1439, der Mainzer Prozeß von 1455 und l>r. Humerys Schein von 1468. Das erste dieser Beweismittel ist zerstört, die beiden anderen sind nur in Kopieen (transoripts) erhalten: folglich läßt sich keines von ihnen zu einem Beweise verwenden« — eine Beweisführung, die ungefähr ebenso berechtigt ist, als wenn ich sagte: Ennius ist verloren, von Livius, Tacitus und Suetonius sind uns die Originalhand schriften nicht erhalten; folglich steht die ganze römische Geschichte in der Luft. »Aber«, fährt Hessels fort, »selbst zugegeben, daß diese Dokumente als Beweismittel angerufen werden dürfen, beweisen sie Gutenberg nur als Drucker, nicht aber als Erfinder der Typographie; die ihm zugeschriebenen Inkunabeln schweigen von ihm als ihrem Urheber und können allen andern Druckern zu geschrieben werden. Die Kontinuität einer Gutenberg-Presse bis ins sechzehnte Jahrhundert kann nicht aufrecht erhalten werden; u. a. müssen, nach Entdeckung des Betrugs in der Darmstädter Prognostication (S- 111) mindestens sieben Drucke von den ge wöhnlich (?) Gutenberg zugeschriebenen gestrichen werden; die weitere Entdeckung, daß eine Initiale in der ZOzeiligen Jndulgenz von 1454 auch in einem bei Peter Schösser 1489 gedruckten Ablaßbriefe vorkommt, schließt auch die 42zeilige Bibel von Gutenbergs Liste aus und zwingt, sie auf Schössers Conto zu setzen.« Ich habe Hessels' Buch mit dem Eindruck aus der Hand gelegt: der Verfasser gehöre zu jenen Kritikern, welche vor lauter Bäumen den Wald nicht sehen. Die großen, einfachen Umrisse der geschichtlichen Wahrheit sind ihm bei seinen Detailunter- suchnngen unsichtbar geworden. Er rühmt sich, daß er, im Gegen sätze zu van der Linde, es sich nicht habe verdrießen lassen, sieben Wochen (sio!) auf den Besuch der Bibliotheken in Straßburg, Heidelberg, Darmstadt, Mainz, Frankfurt, Höchst, Würzburg, Braunschweig, Wolfenbüttel, Hannover und Hamburg zu ver wenden. Aber man kann sich den Staub der Bibliotheken auch zu tief in die Augen reiben: was Herr Hessels aus demselben für die Genealogie der Familie Gänsfleisch herausgelesen hat, ist völlig verwildert, und es charakterisiert seine Forschung, daß er mit glücklicher Beseitigung des Johann Gutenberg an einem Jakob Sorgenloch als Drucker und Genossen von Fust und Schösser anlangt. So hätten wir nun auch unsere »Gutenberg- Legende«. Der englische Leser soll den Eindruck erhalten, es stehe um die »Gutenberg-Legende« von Mainz ungefähr so oder wenigstens durchaus nicht glänzender als um die Coster-Legende von Haarlem. Und doch kann dies Gewebe vor der einfachen Wahrheit keinen Augenblick bestehen. Van der Lindes bevorstehende Publi kation wird es zweifellos zerreißen: hier ist weder der Raum, noch kann es meine Absicht sein, durch eingehende Kritik der einzelnen Argumente seiner Beweisführung vorzugreifen. Die Typographie eine deutsche Erfindung — die Typographie in Mainz erfunden, das sind zwei Sätze, die sich aus den Zeugnissen des 15. Jahrhunderts vor allem mit voller Evidenz Nachweisen lassen. Aber auch der dritte Satz: Gutenberg, der Erfinder der Typographie, ist fürder nicht bestreitbar. Was zu gunsten von Fust und Schösser erdichtet worden, hat sich doch nicht erfolgreich genug erwiesen, um den Urheber der »überaus frei sinnigen Kunst und Wissenschaft, Bücher in Erz zu schneiden oder zu drucken« (1491, Horbas sanitatis) um alle Anerkennung zu bringen. Die älteste gedruckte Notiz, die bis vor kurzem überhaupt bekannt war, ist der Bericht des Buchdruckers Johann Philipp de Lignamine, welcher in seiner 1473 zu Rom gedruckten »Obronioa srurunoraia pontätierun ünpsratoraiagas ab a. 1316 —1469« znm Jahre 1458 einen ckaoobas ooZno- rnsnt,» OntsnbsrZo aus Straßburg nennt. Einige Jahre später, 1483, läßt Matthias Palmer aus Pisa in einem Venezianer drucke Johann Guttemberg den Jungen zu Mainz am Rhein (allerdings 1440!) die Typographie erfinden. Der berühmte Begründer der Kölner Buchdruckerei, Ulrich Zell, erklärt 1499 mit voller Bestimmtheit, Johann Gutenberg habe 1450 in Mainz seine Kunst erfunden. Diese und andere Zeugnisse werden aber an Bedeutung und Alter überragt durch eine — zur Ent schuldigung Herrn Hessels' sei es gesagt — erst in der aller- neuesten Zeit hervorgezogene Äußerung des Franzosen Guillaume Fichet an Robert Gaquin; sie findet sich in einem 1470 datierten Briefe, der einigen Exemplaren des zweiten in Paris gedruckten Buches: »Kaspariai UsrAarnsnsis ortlloKrapllias Inbsr, toi. 2*0« vorangestellt ist. Ulrich Gering und Michel Friburger, die Drucker dieses Werkes, waren aus Basel, wo sie die Kunst bei Berthold von Hanau, Gutenbergs Diener, erlernt hatten, nach Paris gekommen. Martin Krantz, mit dem sie dort zusammen arbeiteten, scheint ein unmittelbarer Schüler Gutenbergs gewesen zu sein und war wohl ein Verwandter des 1455 im Prozesse Guten bergs genannten Peter Krantz; die Familie stammte aus Stein an der Nahe, gleich dem Prior der Sorbonne, Johann, welcher die deutschen Typographen nach Paris gerufen hatte. Wenn irgend jemand, waren sie und der von ihnen unterrichtete Fichet im stände, Zuverlässiges über das zu wissen, was sich wenige Jahre vorher in Mainz ereignet hatte. Fichet also äußert sich folgendermaßen: »Ein großes Licht brachte uns jenes neue Ge schlecht von Buchdruckern (Ubrariorrun), welches zu unserer Zeit, ähnlich dem trojanischen Pferd, Deutschland nach allen Richtungen hin ausgeschüttet hat. Dort nämlich, erzählt man, sei nicht weit von der Stadt Mainz ein gewisser Johannes mit dem Beinamen Gutenberg (Lonsiaontano) gewesen, der zuerst die Buchdrucker kunst (imxrsssoriain artsm) erdacht, so daß man nun nicht mehr mit dem Calamus, wie die Alten, noch mit der Feder, wie wir, sondern mit erznen Lettern Bücher herstellt, und zwar glatt, fein und schön. Wohl war jener Mann wert, daß alle Musen, alle Künste, die Zungen aller derer, die an Büchern sich erfreuen, ihn über alles preisen und er Göttern und Göttinnen vorgezogen werde Größeres als Ceres, welche der Erde zuerst Früchte und Nahrungsmittel schenkte, hat Gutenberg erfunden, indem er solche Buchstaben ausschnitt (sxsoalpsit), mit Hilfe deren jedes Wort und jeder Gedanke sofort ausgezeichnet und der Nachwelt überliefert werden kann. Ich will aber hier auch diejenigen nicht übergehen, die den Meister bereits übertreffen und unter denen Udalricus, Michael und Martin die vornehmsten sein sollen u. s. f.« Dies Zeugnis, vier Jahrhunderte übersehen, ist zuerst von dem als trefflichster Kenner der Inkunabeln bekannten Pariser Antiquar A. Claudin hervorgezogen*), dann öfter, u. a. von Herrn O. Hartwig in seinem »Centralblatt für Bibliothekswesen« (I, 117 f., Lpz. 1884) reproduciert und besprochen worden. Es *) X. Olaackin, an nouvsna ciooameat sar Outsnbsr^, in Octave Uzannes Zeitschrift »Os Oivrs«, Paris, bei A. Quantin. 1884. S. 36S.
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