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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.02.1895
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- Erscheinungsdatum
- 18.02.1895
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- Deutsch
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M 41, 18. Februar 1895. Nichtamtlicher Teil. 903 Vernehmungen, die wir in der Kommission sür Arbeitsstatistik hatten, wurde von allen Seiten gesagt: wir würden zufrieden sein, wenn eine Schlußstunde für die Ladenzeit, z. B. am 8 Uhr, festgesetzt würde; aber das müßte für alle gesetzlich sein; wir sind durch die Konkurrenz gezwungen worden, eben falls länger offen zu halten; uns ist das unangenehm, aber wir müssen uns fügen. So ist es gerade hier. Die angeseheneren, nobleren Kauflcute haben sich bisher davon ferngehaltcn; aber die Konkurrenz drängt auch sic auf das Land hinaus. Meine Herren, dieses Reisen, dieses Ausstichen von Privat kundschaft schließt eine Reihe von Ucbelständen in sich. Zu nächst ist es eine Belästigung für das Publikum, welches dieses namentlich auf dem Lande sehr empfindet. Sodann sind die Gefahren nicht zu unterschätzen für diejenigen, welche zum Aufsuchen von Privatkundschnft gebraucht werden. Der Ladeninhaber, der Kaufmann geniert sich, selbst zu gehen, — dafür hält er sich für zu gut, — er benutzt dazu seine Gehilfen und meistens seine Lehrlinge. Wir wissen ja alle, daß das Lehrlingswesen im Kaufmannsstande sehr im argen liegt; und hier ist gerade einer der schlimmsten Uebelstände. Da schickt der Kaufmann seine Lehrlinge und jungen Gehilfen hinaus auf das Land, diese suchen die Bauern auf, logieren im Wirtshaus, verzehren dort, »geben zum besten«, damit die Leute geneigt werden zum Kaufen; die Lehrlinge und Gehilfen bekommen Geld in die Finger, die Versuchung zum Spielen u. s. w. ist groß; es wird mehr ausgegebcn, als er seinem Prinzipal gegenüber ver antworten kann; er hilft sich durch Unterschlagung: kurz und gut, es ist der sittliche Ruin für den jungen Manu. Ich habe selbst schon erschütternde Fälle gehabt, wie solche Lehr linge, die ohne Vorwissen des Vaters dazu verwandt waren, so zu Grunde gegangen sind. Dem muß ein Riegel vorge schoben werden. Hier halte ich die Dringlichkeit für noch größer, als gegenüber den Hausierern. Nun hat die Regierungsvorlage dahin Abhilfe zu schaffen gesucht, daß sie diese Detailrciscnden einfach den Hausierern gleichstellt. Bezüglich der Hausierer sind aber kaum materielle Beschränkungen vorgesehen; ich muß also sagen: in dieser Lösung der Frage sehe ich keine Hilfe. Dadurch wird nur erreicht, daß die Detailreisenden nur noch sozial hcrabgedrückt werden zu Hausierern. Diejenigen Detailreisenden, welche wenig Ehrgefühl besitzen, vielleicht aus den Gegenden des Orients stammen, sich durch Zudringlichkeit auszeichnen und sich nichts daraus machen, ob sie einen Hausierschein oder eine Legiti mationskarte in der Tasche haben, die werden ihr Geschäft weiter treiben; aber die ehrlichen, besseren Elemente werden sich zurückziehen, jenen das Feld allein überlassen, oder aber es doppelt hart empfinden, wenn sie nun zu Hausierern herab gedrückt werden. Das ist keine Abhilfe; das wird nur dahin führen, daß nun erst recht viele, die bisher noch mit einem gewissen Schamgefühl die Privatkundschaft aufsuchten, nun erst recht dieses Schamgefühl aufgeben und erst recht rücksichtslos, wie der Hausierer, von Haus zu Haus gehen. Die einzige Lösung liegt darin, daß man materiell beschränkende Be stimmungen für den Hausierhandel schafft, wie wir es wollen, und dann die Detailrcisenden gleichstellt. Auch das Detail- reifen muß auf das Bedürfnis beschränkt werden; dann ist materiell ein Riegel vorgeschoben, und das würde für die solidere Gestaltung der Gcschäftsgcbarung im kaufmännischen Gewerbe ganz entschieden günstig wirken. Meine Herren, ich will auf die einzelnen Bestimmungen unseres Antrags nicht mehr weiter eingehen. Daß wir die Frauen ausgeschlossen wissen wollen vom Hausierhandel, dafür sind die Gesichtspunkte so naheliegend, daß man sie kaum zu erörtern braucht. Alles, was bezüglich der Ausübung des Hausierhandels durch erwachsene männliche Personen gilt, das gilt hier doppelt und dreifach. Die sittlichen Gefahren sind außerordentlich groß. Das weibliche Geschlecht kann auch viel leichter als der Mann anderwärts Arbeit finden. Dienstboten sind sehr gesucht. Ich halte es immer für richtiger, wenn diese Mädchen auswärts, wenn auch in den Städten, bei guten Familien als Dienstboten eintreten, als daß sie als Hansiererinnen von Dorf zu Dorf und von Stadt zu Stadt ziehen. Daß Personen unter 25 Jahren nicht zugelassen werden sotten, finde ich als Regel ebenfalls berechtigt. Der junge Mann soll erst doppelt und dreifach überlegen, ehe er sich dem Hausierhandel zuwendet, und in erster Linie in anderen Berufen sein Unterkommen zu finden suchen. Wenn ihm das unmög lich ist, wenn kein anderer Erwcrbszweig sich ihm darbietet, dann mag er sich dem Hausierhandel widmen. Wenn darauf hingewiesen wird: ja, wenn der Vater stirbt, wie soll es dann sein? der Sohn ist vielleicht der einzige Ernährer der Familie und hat schon den Vater unterstützt, — nun, es heißt: »in der Regel« soll keiner unter 25 Jahren den Hausier gewerbeschein erhalten. Ich nehme an, daß die Ausführungs- behördcn vernünftig sind. Alles kann mißbraucht werden. Ich verzichtete auch am liebsten auf die Mitthätigkeit solcher Verwaltungsbehördm; aber ich sehe kein anderes Mittel, Ich muß annehmen, daß sie im großen und ganzen doch das richtige finden werden. Staatsminister Freiherr von Berlepsch: Meine Herren, ich habe nur die Absicht, über zwei Punkte Ihnen einige Worte zu sagen, und zwar über die jenigen Teile des Antrags Gröber, die meiner Auffassung nach als die bedeutsamsten anzusehen sind: die Frage, ob es geraten ist, durch Einführung der Erörterung des Bedürfnisses die Hausiererzahl zu beschränken, und die andere, ob durch die Einschränkung des Warenkreises, der den Hausierern zu überlassen ist, dem Hausierhandel Einhalt gethan werden kann. Man muß ohne weiteres zugeben, daß das die beiden Mittel sind, mit denen man, wenn man will, den Hausier handel nicht nur einschränken, sondern sehr leicht tot machen kann; und deshalb, glaube ich, ist es geraten, den Stand punkt der verbündeten Regierungen diesen Fragen gegenüber mit einigen Worten darzulegen. Die preußische Regierung hat über die Frage, ob es möglich ist, das Bedürfnis nach dem Hausierhandel für einen bestimmten Bezirk festzustellen, ihre Behörden gefragt, und sie hat die fast übereinstimmende Antwort bekommen, daß es eine unerfüllbare Zumutung sei, mit einigem Anspruch auf Gerechtigkeit und Richtigkeit diese Bedürfnisfrage richtig zu behandeln. (Sehr richtig I) Die Behörden wehren sich mit Hand und Fuß dagegen, daß ihnen eine derartige Zumutung gestellt wird; und ich meine, wenn man mit einiger Objek tivität diese Frage ansieht, so muß man ihnen recht geben. Welch eingehende Kenntnis aller, auch der kleiusten Verhält nisse eines Bezirks würde dazu gehören, nm richtig festzu- tellen, wieviel Hausierwaren verschiedener Art in diesen Bezirk hereingelasseu werden müssen, nm die Bedürfnisse der Be völkerung zu befriedigen! (Sehr richtig!) Und wenn das nun wirklich gelungen wäre und man ich solch ein Bild gemacht hätte, so würde man immer noch keinen Mahstab für die Zahl der auszugebenden Hausier- gewerbschcine haben; denn der eine Hausierer vertreibt sehr viel, der andere sehr wenig. (Sehr richtig!) Also, wenn eine bestimmte Zahl von Hausierscheinen ausgestellt wird, so weiß man noch nicht, welches Quantum an Waren in den Bezirk kommt; dem gewissenhaften Beamten, der wirklich dem Bedürfnis entsprechend verfahren will, bleibt nichts weiteres übrig, als sich zu fragen: wie viel Meter Leinwand, wie viel Meter Wollcnwaren muß dieser Bezirk im Wege des Hausier- 122*
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