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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.02.1895
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 16.02.1895
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- Deutsch
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Meinung, daß das Hansiergewerbc — vorausgesetzt natürlich, daß es ehrlich betrieben wird, — vom sittlichen Standpunkt und von dem des Naturrechts aus ein durchaus erlaubtes Gewerbe ist. Wenn nun aber ein vom höheren sittlichen Standpunkt erlaubtes Gewerbe beschränkt oder zum Teil gar vernichtet, wie das der Antrag Gröber thut, so ist das meiner Meinung nach ein unzulässiger Eingriff in die persönliche Freiheit. Ich kann nicht leugnen, daß ich darin eine Art Ausnahmegesetz auf wirtschaftlichem Gebiet finde; und von Ausnahmegesetzen Freund zu sein, habe ich keine Veranlassung, ich glaube, auch meine politischen Freunde nicht. Ich erkenne die edle Absicht, dem Kleingewerbe und dem Handwerk, als dem Schwachen zu helfen, sehr gern an. Aber wie ist denn nun das Mittel beschaffen? Man will dem schwachen Kleingewerbe auf Kosten der noch Schwächeren oder mindestens ebenso Schwachen helfen; eine Anzahl H.msierer- existcnzen wird vernichtet oder schwer geschädigt, nur um da durch dem Kleingewerbe eine Besserung seiner Lage zu ver schaffen. Das würde ich nicht für zulässig halten, selbst wenn es sich um eine wirklich bedeutende Besserung der Lage des Kleingewerbes handelte, ivas meiner Ansicht nach gar nicht einmal der Fall ist. Zu einer ähnlichen Betrachtung, meine Herren, hat mich der Umstand geführt, daß die Klagen über Hausierer vorzugs weise im Westen, in der Rheinprovinz und in Süddeutschland laut geworden sind. Nach den Schilderungen meiner eigenen politischen Freunde kann ich sa nicht bestreiten, daß dort in der That unangenehm empfundene Mißstünde im Hausier gewerbe herrschen. Aber wie machen es denn nun meine ver ehrten Freunde? Weil im Westen und Süden erhebliche Uebclstände hervortreten, so wenden sie sich nicht bloß gegen diese, nein, nun soll auch zugleich der Norden, wo diese Uebelstünde nicht hervorgetreten sind, mitleiden; weil es im Süden und Westen Schuldige giebt, werden die Unschuldigen im Norden mitangcgriffen, mitgeschädigt, zum Teil geradezu vernichtet. Was würden die Herren sagen, wenn etwa bei uns im fernen Norden oder Osten in irgend welcher Gegend ein revolutionärer Ausbruch stattfände, der zur Verhängung des Belagerungszustandes führte — würden die Herren damit zufrieden sein, daß nun, weil im Norden oder Osten Revo lution ausgebrochen ist, auch im Süden und Westen sogleich der Belagerungszustand verhängt wird? Das ist ein im wesent lichen ganz ähnlich liegender Fall. Ich bedaure ferner, daß der Antrag Gröber keinen Unter schied macht zwischen ehrlichem und unehrlichem Hausier gewerbe, der ehrliche Hausierer wird vom Anträge Gröber — abgesehen von den noch dazu unzureichenden Schutz bestimmungen — ebenso getroffen wie der unehrliche. Ferner ist ein Bedenken prinzipieller Natur gegen den Antrag Gröber, daß der Verwaltungsbehörde ein ungemesscner Spielraum gegeben wird und zwar auf dem für jeden Ein zelnen so wichtigen wirtschaftlichen Gebiete. Der Mensch ist auf wirtschaftlichem Gebiete im großen und ganzen am em pfindlichsten; er muß seine Nahrung haben; wird er in Bezug auf seinen Nahrungserwerb von den Verwaltungsbehörden abhängig gemacht — und das geschieht durch den Antrag Gröber in umfassendem Maße —, so ist die Möglichkeit — ich sage nicht: die Sicherheit und Wahrscheinlichkeit, sondern die Möglichkeit — vorhanden, daß auch in politischer Be ziehung Leute von den Verwaltungsbehörden abhängig werden. Ich glaube, man sollte sich das mehr als einmal überlegen. Mein verehrter Freund vr. Schaedler hat sich vor einigen Tagen auch über die Bedürfnisfrage geäußert und gesagt: »Nur auf diesem Wege — also auf dem Wege der Bedürfnisfrage — kann der Hausierhandel in seine Grenzen zurück- Zwetundsechzigster Jahrgang. gedämmt werden. Man stößt sich ja vielfach daran, daß wir eine solche Prüfung begehren. Aber so etwas Exorbitantes und Besonderes ist das doch nicht. Wir haben ja die Prüfung der Bedürfnisfrage auf anderen Gebieten. Ich erinnere hier nur an den S 33 unserer Gewerbeordnung, Absatz 2, an die 88 33a, 34. Warum sollte nicht auch hier eine solche Prüfung nicht nur erwünscht, sondern auch nötig sein, nachdem sie wenigstens im großen und ganzen sich auf anderen Gebieten-bewährt hat?- Dieser Ausführung meines verehrten Herrn Kollegen kann ich nicht beitreten. Er hat recht, die ZA 33, 33a und 34 der Gewerbeordnung lassen Einschränkungen des Gewerbebetriebes mit Rücksicht auf die Bedürfnisfrage zu. Aber, meine Herren, was sind das für Fälle? In Z 33 handelt es sich um den Ausschank von Branntwein, Wein und Bier nnd nm die Er laubnis zur Gastwirtschaft; in dem Z 33a handelt es sich um Singspiele, Schaustellungen, theatralische Vorstellungen, ich möchte kurz sagen, um Tingeltangel; im §34 handelt es sich um des Pfandleihgewerbe. Wenn hier Einschränkungen hinsichtlich dieser Gewerbe gestattet werden, wenn die Zulassung zu diesen Gewerbebetrieben vom Nachweis eines vorhandenen Bedürfnisses abhängig gemacht werden kann, so handelt es sich in allen diesen Füllen im vollen Sinne des Wortes um öffentliche Interessen, nicht aber, wie bei den Hausierern, um Konkurrenz interessen. Der Branntweinhandel soll eingeschränkt werden, um der Trunksucht entgegcnzuwirken; ein Uebermaß von Tingeltangel ist ebenfalls mit den Interessen der Sittlichkeit nicht vereinbar. Also aus derartigen Gründen, die das öffent liche Interesse berühren, sind hier Beschränkungen zngelassen. Aber in keinem einzigen dieser Fälle liegt der Grund für die Möglichkeit einer Beschränkung des Gewerbebetriebes darin, daß man durch die Beschränkung eine unbequeme Konkurrenz be seitigen will — und das ist meines Erachtens das Charakteristische bei dem Antrag Gröber: die Beschränkungen, welche er ein führen will, werden nur eingeführt aus Konkurrenzrücksichten. Ich glaube nicht, daß wir in der Gesetzgebung bereits einen Fall haben, wo Beschränkungen im Konkurrenzinteresse zu- gclassen werden. Hier wird — ich glaube das sagen zu können, — also ein neues Prinzip in die Gesetzgebung gebracht, und das kann im Laufe der Jahre meiner Meinung' nach recht bedenk liche Konsequenzen haben. Beschränkt man das Hausierwesen aus Konkurrenzgründen, dann wird es seiner Zeit auch wohl möglich sein, neu entstehende seßhafte Gewerbe aus Konkur renzgründen zu beschränken. Wir können dann dahin kommen, daß auch z. B. für das Gewerbe der Schneider oder der Schuster die Anzahl der für diese Gewerbe zulässigen Hand werker von der Verwaltungsbehörde festgestellt wird; und ich glaube und fürchte, damit nähern wir uns sehr den Be strebungen, welche die Herren auf der äußersten Linken haben. Wenn der sozialdemokratische Staat einmal ins Leben treten sollte, dann soll auch die Zahl der erforderlichen und zulässigen Handwerker, Bäcker u. s. w. in jedem Orte von oben herab bestimmt werden. Meine Herren, ich kann Sie nur dringend bitten, daß Sie in der Kommission und nachher bei der zweiten und dritten Lesung im Plenum dem Anträge Gröber entgegen treten; und ich hege den Wunsch und habe auch die feste Hoffnung, daß, wenn der Reichstag wider mein Erwarten auf den Antrag eingehen sollte, dann die verbündeten Regierungen ihr Veto gegen diesen Antrag einlegen werden. Abgeordneter vr. Hasse: Meine Herren, die Vorlage plant eine ganze Reihe von Abänderungen unserer Gewerbe ordnung. Die wichtigste Abänderung bezieht sich auf den Handel im Umherziehen in seinen verschiedenen Abstufungen: den Dctailrcischandel, den Hausierhandel und andere ähnliche Formen. Aus den Aeuherungen verschiedener Herren Kollegen am vorigen Dienstag ging nun hervor, daß geglaubt wird, 119
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