Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.02.1895
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 16.02.1895
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18950216
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-189502161
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18950216
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1895
- Monat1895-02
- Tag1895-02-16
- Monat1895-02
- Jahr1895
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
872 Nichtamtlicher Teil. 40, 16. Februar 1805. Gemeindeangehörige in dieser glücklichen Lage nicht waren, sondern zuin Hausiergcwerbe haben greifen müssen. Soll da nun, wenn eine ganz geringe Minderheit eines solchen Orts bisher znm Hausierhandel genötigt mar, solchen Personen der von den Herren Abgeordneten Gröber und Genossen beab sichtigte Schutz vorenthalten werden können, weil nicht die ganze Gemeinde, nicht einmal die Mehrzahl der Gemeinde- angehörigcn infolge Mangels eines andern Erwerbs auf den Hausierhandel »angewiesen« war? Auch bei dieser Bestim mung — das hebe ich besonders hervor und werde cs noch mehrmals hcrvorheben — ist wieder dem diskretionären Er messen der Verwaltungsbehörden ein übergroßer, ein gesetzlich fast uneingeschränkter Spielraum gegeben. Meine Herren, es soll in solchen Orten außerdem mü der »hergebrachte Gewerbebetrieb in dem bisherigen Umfange« geschützt sein. Was ist »hergebracht«? Das ist wieder ein überaus unbestimmter Begriff. Es könnte z. B. Vorkommen, daß in irgend einem Orte hergebracht ist, nur Kolonialwaren im Wege des Hausierhandels zu vertreiben. Es könnte Vorkommen, daß die Orte, welche von diesen Hau sierern bisher besucht wurden, jetzt seßhafte Kolonialwarcn- gcschäfte bekommen. Damit könnte diesen Hausierern die Möglichkeit entzogen werden, auch in Zukunft Kolonialwaren an diesen Orten zu vertreiben. Das Bedürfnis, sich durch Hausierhandel zu ernähren, bleibt für sie bestehen; aber sie müssen nunmehr andere Waren, vielleicht Manufakturwarcn vertreiben. Ist das zulässig, ist das »hergebrachter Gewerbe betrieb im bisherigen Umfange«? Kann ihnen nicht gesagt werden: du hast bisher nur Kolonialwaren vertrieben, da wir dir nur »im bisherigen Umfange« den Weiterbetrieb deines Gewerbes gestatten können, können nur nicht zulassen, daß du Manufakturwaren vertreibst —? Ich hege ferner folgende Bedenken. Wenn ein solcher Ort an Einwohnerzahl infolge des Ueberschusses der Geburten über die Todesfälle zunimmt, so wird, wenn es an einer sonstigen Gelegenheit zum Erwerbe fehlt, eine größere Anzahl von Angehörigen dieses Orts auf den Hausierhandel angewiesen sein. Ich frage: darf die Zahl der Hausierer aus dem von mir angeführten Grunde vermehrt werden? Der Paragraph sagt: cs soll der »bisherige« Umfang nicht überschritten werden; der wird aber überschritten, wenn eine größere An zahl von Personen am Hausierhandel teilnimmt. Ich möchte mir erlauben, ein einzelnes Beispiel anzu- sührcn. Es sind in einem Orte bisher nur 10 Personen im Hausierhandel beschäftigt gewesen; wie soll es werden, wenn statt dieser 10 Personen mit einem Male infolge veränderter Umstände 15 Personen auf den Hausierhandel angewiesen sind? Nicht unbedenklich, meine Herren, ist mir ferner die Be stimmung im Z 56b, welche besagt, daß der »hergebrachte Gewerbebetrieb in dem bisherigen Umfange« gestattet werden muß, auch wenn es sich dabei um das Feilbicten von »einzelnen« der im Z 56 Absatz 2 und § 56aa aus geschlossenen Waren handelt. Was ist damit gemeint? Soll sich dies Wort »einzelnen« beziehen auf die drei großen Gruppen, welche der § 56so erwähnt, also erstens Kolonial- und Materialwaren, zweitens Manufakturwaren, drittens handwerksmäßig hergestcllte Waren? oder ist mit dem Worte einzelnen« gemeint, es solle nur hinsichtlich einzelner Artikel, welche zu einer dieser drei großen Gruppen gehören, der Hausierhandel gestattet werden, also z. B. bei den Kolonial waren nur Handel mit Kaffee oder etwa mit Zucker? . , Für unzureichend halte ich auch die fernere Schutzmaß- regcl, welche die Herren in § 60 ihres Entwurfs Vorschlägen. Die betreffende Bestimmung lautet: Ueber die Feststellung hinaus ist ein Wandergewerbe- schcin für den Bezirk nur dann zu erteilen oder aus zudehnen, wenn der Nachsuchende den Beweis erbringt, daß er sein Gewerbe im Umherziehen innerhalb ber ichten drei Kalenderjahre regelmäßig im Bezirk aus geübt hat. Hier wird den unglücklichen Hausierern zunächst der schwer zu führende Nachweis in jedem einzelnen Bezirke auf- gebürdet, daß sie in den letzten Jahren »regelmäßig« dort ihr Gewerbe ausgeübt haben. Ich frage auch hier wieder: was ist »regelmäßig«? Auch hier wieder ist eine Bestim mung, durch welche dem Ermessen der Verwaltungsbehörden ein ganz erheblicher, meiner Ansicht nach übertriebener Spiel raum eingeräumt wird. Nun will ich ferner den Fall an- nchmen, es handle sich um eine Familie, deren Ernährer — ich nehme an, es sei der Vater — bisher das Hausiergewcrbe regelmäßig drei Jahre lang betrieben hat. Wenn dieser Vater, dieser Familienernährer stirbt, darf nun nach dem Gröberschen Gesetzentwurf der Sohn als Nachfolger, als nun mehriger Ernährer der Familie zugelassen werden? Nach dem Wortlaut des § 60 dürfte diese Frage zu verneinen sein. Damit würden die betreffenden Familien dem Notstände preisgegcbcn sein. Meine Herren, zur Begründuug des so überaus scharfen Antrags Gröber sind verschiedene generelle Motive vorgebracht, unter anderem die gute Absicht, die Einwohner, namentlich die Landbewohner gegen die Aufdringlichkeit der Hausierer zu schützen. Ich erkenne die Absicht an und bedaure, wenn in manchen Gegenden die Zudringlichkeit von Hausierern zu Klagen Anlaß gegeben hat; aber bei uns im Osten ist solches nicht geschehen. Ich sage auch, man sollte doch nicht so ganz über sehen, daß schon nach dem gegenwärtigen Rechte die Möglich keit des Selbstschutzes gegeben ist. Wir haben bereits jetzt spezielle Strafvorschristen in der Gewerbeordnung gegen unbefugtes Eindringen der Hausierer, wir haben außerdem im Strafgesetzbuch die noch schärferen Bestimmungen, wonach alle Personen, also auch Hausierer, wenn sie ohne Befugnis an fremden Orten verweilen oder auf Auffordern diese nicht verlassen, wegen Hausfriedensbruchs bestraft werden können. Nun ist ja auf dem Lande nicht immer gleich ein Schutzmann oder Gendarm vorhanden, der einen solchen Aufdringlichen sofort in Haft nehmen und die Personalien fcststellen könnte. In manchen Fällen wird aber die Feststellung der Person möglich sein, und cs wird für aufdringliche Hausierer cinr wirksame Warnung sein, wenn sie erfahren: dieser oder jenes Hausierer ist wegen seiner Aufdringlichkeit wegen Hausfriedene- bruchs bestraft worden. Als ferneres generelles Motiv für den Antrag Gröber ist auch hcrvorgehobcn, daß viele Unredlichkeiten von Hausierern begangen würden. Ich weiß nicht, inwieweit das im Westen und Süden, wo hauptsächlich über die Hausierer geklagt wird, zutrifft; hier im Norden trifft diese Klage nicht zu. Aber ich behaupte: wenn wegen Unehrlichkeiten diese kolossale Ein schränkung des Hausierhandels eintreten kann, dann kann man konsequent auch dahin kommen, daß man irgend welche seß haften Gewerbe, in welchen erfahrungsmäßig doch auch recht erhebliche Unehrlichkeiten Vorkommen, ebenfalls ohne weiteres ähnlich wie das Hausiergcwerbc einschränkt. Diese erwähnten generellen Motive sind bei der Abfassung des Antrags Gröber aber die weniger ausschlaggebenden gewesen. Wie schon erwähnt, ist der Hauptzweck des Antrags der Schutz des Kleingewerbes und des Handwerks, d. h. man will vom Kleingewerbe und vom Handwerk eine unbequeme Konkurrenz entfernen. Diese unbequeme Konkurrenz ist — wenigstens meines Erachtens — das Hauptmotiv für den Antrag Gröber gewesen. Wenn die Hausierer nicht zugleich unbequeme Kon kurrenz machten, so glaube ich, es würde ihnen der Antrag Gröber kein Haar gekrümmt haben. Ich bin nun ferner der
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder