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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.11.1870
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1870-11-16
- Erscheinungsdatum
- 16.11.1870
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- Deutsch
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JL 264, 16. November. Nichtamtlicher Theil. 3559 scheu Verlages, ich nenne u. a. die classischen Uebersetznngcn des Ariost und des Tasso von I. D. Gries. Der Gesammtverlag, wie er trotz der hemmenden acht Kriegsjahre sich nach und nach bildete und dann bestand, war ein wohlgeordnetes Gebäude ans festem Ma terial, ein Werkstück stützte sich auf das andere, leichte Waare, leichte Bindeglieder blieben ausgeschlossen. Der Mann, der es errichtete, gehörte zu den Männern, welche schon in frühen Jahren zur Erfüllung ernster Pflichten sich berufen sehen, die dann rastlos arbeiten und streben müssen, jene ererbten Pflichten zu erfüllen, und die, gelingt es, mit ruhigem, selbstbewußten Behagen wissen, daß sie der eigenen Tüchtigkeit und unverdrossenem Fleiße einen nicht geringen Theil ihres Erfolges zuschreiben dürfen. Frommann war bei seinem Streben unterstützt und gehoben durch eine große Achtung, die er vor der Wissenschaft und der Kunst hegte. Er hatte geschwankt, ob er den Verlag von Züllichau nach Gotha führen sollte, oder nach Jena. Nach Gotha lockte manche werthvolle Beziehung, vieles sprach für Gotha; aber in Jena war durch die aufstrebende Universität ein Verein von Männern versammelt, wel cher einen nicht versiegenden Lebcnsstoff für Haus und Geschäft ver sprach. Eine lediglich kaufmännische Berechnung hätte vielleicht nicht Jena gewählt, aber Frommann wollte die Förderung nicht missen, welche er von Jena erwartete, und Jena hat ihm Wort gehalten. Dem wackcrn Manne und seiner seit 1792 mit ihm verbun denen Gattin Johanna, geb. Wesselhöft aus Hamburg, gelang es ein Haus zu errichten, dessen Leben oft als das Muster eines geord neten, bescheidenen, gastfreien, echt bürgerlichen und doch in dem wahren Sinne des Wortes vornehmen Haushaltes mit Recht hin gestellt ist. Jeder that Tags in redlicher Arbeit seine Pflicht, in den Mußestunden ward Malerei, Musik getrieben und in gemein schaftlicher Lectüre von dem Besten der schönen Literatur Kenntniß genommen. In heiterer, freier Weise verkehrten die Freunde des Hauses miteinander und mit der Familie, jeder von ihnen war Nach mittags zur täglichen Theestunde willkommen. Jena ist wirklich eine Universitätsstadt; die Bürger der Stadt dienen wohl ohne Ausnahme den Forderungen und Interessen der Akademie. Lehrer und Zuhörer wechseln, kommen und gehen, Fremde von Ruf oder Bedeutung sind willkommen. Der.Ton der Unterhaltung in solchen abgeschlossenen Universitätsstädten hat in den Häusern, in welchen eine feinfühlende Frau herrscht, einen be sonderen Reiz. Das Gespräch verbreitet sich über die bedeutenderen Interessen des Lebens, der Wissenschaften und der Künste, in solchen Häusern herrscht eine herzliche Theilnahmc für die Familien der Freunde, grundsätzlich ist aber das kleinliche Zerpflücken der Neben menschen ausgeschlossen. Frommann bildete durch Verständniß, Kenntnisse, freies, sicheres Urtheil einen glücklichen Mittelpunkt der Unterhaltung; seine Frau gewährte durch die Ruhe und Anmuth ihres Geistes eine sichere Form, die Wohlthat des Maßes und freundlicher Grenzen. Und wie reich gestaltet war dieser Kreis! Neben den anerkannten, in sicherem Besitz ihres Ansehens stehenden Autoritäten tauchten damals in jeder Wissenschaft und Kunst junge Kräfte auf, über raschend schnell wurden neue Wege beschritten, neue Zielpunkte ge stellt, oft erreicht. Die Gefahren und Sorgen des Vaterlandes und der Stadt erregten die Herzen und brachten den verbündeten Familien gemeinschaftliche Leiden und dann doppelt beglückende Er rettung. Ein Jeder, der sich dem Freundeskreise zugesellen durfte, ward bald ein herzliches Mitglied desselben, und schied er, so blieb er doch durch die Treue, die eine der vornehmsten Tugenden der Frommann'schen Familie ist, derselben für immer verbunden. Goethe war bald nach der Ueberstedelung Frommann's nach Jena in ein Verhältniß zu Frommann getreten; zuerst wohl durch Loder. Daß August Goethe's Lehrer, Riemer durch sein Wörter buch und andere Arbeiten Beziehungen zu Frommann hatte, er-^ leichterte später den Verkehr. In der Buchdruckerei, welche From mann in Gemeinschaft mit seinem Schwager Wesselhöft betrieb, wurden Goethe's Schriften für Cotta gedruckt. Bei seinen viel fachen Besuchen in Jena ward Goethe der häufige Gast jener Nach mittagsstunden und bis in sein hohes Alter hinein liebte er den Verkehr mit der Familie und ihren Freunden zu pflegen. Wenige Wochen vor Tode hat ihn der Verfasser unseres Buches noch sehen und sprechen dürfen. Es ist nicht die Absicht, hier an diesem Orte durch einen Aus zug den Reiz abzustumpfen, welchen das Buch gewährt. Ich muß mich mit kurzen Andeutungen begnügen, denn das Börsenblatt hat vornehmlich buchhändlerischen Interessen zu dienen. Diesen glaube ich aber auch zu dienen, wenn ich in meiner Skizze bescheiden fort fahre und das Bild eines solchen Hauses und Kreises in schnellen Zügen zu zeichnen versuche. Es gehörten zu demselben durch bleibenden oder vorüber gehenden Aufenthalt in Jena n. A.: A. W. von Schlegel, Ticck, Gries, Zacharias Werner, Schclling, Hegel, Fichte, Steffens, Oken, Kiefer, Seebeck, Luden, F. A. Wolf, Thibaut, Loder, Hufeland. — Frommanns waren bekannt und befreundet mit einer Reihe hervor ragender Personen in Weimar und an andern Orten, deren Namen zu den besten ihrer Zeit zählen, z. B. Jacobs, Jean Paul, Zelter, Schleiermacher, Henriette Herz (nicht Hertz, wie Fr., vielleicht jetziger Freunde in Berlin gedenkend, schreibt), Johanna Schopenhauer, Kügelgen, Rochlitz, Heinroth, und mit so vielen Andern, die Be ziehungen gewannen und pflegten. Den Buchhändler berührt es eigenthümlich, wenn er erkennt, wie wenig Frommann solche Beziehungen für seine Buchhandlung dienstbar zu machen suchte. Man sollte meinen, daß es ihm nicht hätte schwer fallen können, in seinem Verlage eine ansehnliche Anzahl der Werke zu vereinigen, welche wir zum Theil heute noch mit nie versiegender Freude genießen, und deren größte Zahl die Geschichte der Wissenschaft, der Dichtung und Kunst gewiß für immer ver zeichnet hat. Es mögen sehr verschiedene Gründe gewirkt haben, welche dem klarblickenden Frommann die Fäden festzuhaltcn und zu verknüpfen nicht gestatteten, die in seiner Hand vereint scheinen. Sein Verlag bestand aus wohlgeordneten Gruppen. Auf dieselben war eine beständige und große Aufmerksamkeit zu richten, wenn sie in ihrem Bestand erhalten und weiter geführt werden sollten. Die Schul- und Wörterbücher nahmen bei ihrem Umfang und ihrer Zahl überaus beträchtliche Mittel in Anspruch, forderten eine rege Arbeit und einen stets wachsamen Blick auf die Schule und die Lehrer. Diese Gruppe allein gibt einer tüchtigen Arbeitskraft fast vollauf zu thun. Die etwa übrige Zeit ward in Anspruch genommen von der ansehnlichen Reihe der Werke anderer Wissenschaften und der Poesie, z. B. Ariost und Tasso von Gries. Der Verlagskatolog führt u. a- Werke auf von Hufcland, Oken, Kiefer, Luden, Schund, Ritter, Baumgarten-Crustus, Fernow re., die alle lebhaft begehrt waren und die Thätigkeit des Verlegers nicht missen konnten. Frommann konnte sich ruhig mit dem begnügen, was er ge schaffen hatte, sein Verlag war hochgeachtet, einer der bedeutendsten Deutschlands damaliger Zeit, er gewährte ihm reichliche Arbeit und reichlichen Gewinn. Im Jahre 1806 brach die schlimme Kriegszeit herein und für eine Reihe von Jahren mußte wohl jede Neigung zu größeren Aus dehnungen und Erwerbungen schweigen. Als 1815 Ueberschau über die erlittenen Verluste und Hemmungen gehalten war, das Vertrauen nach und nach wieder kehrte, da hatte Frommann ein halbes Jahr hundert hindurch bereits gelebt und gearbeitet, und das Bergab steigen mochte dem Alternden leichter erscheinen, wenn er nicht neue schwere Lasten zu den alten füge. Zu diesen Gründen treten noch weitere, welche einer zarten Empfindung, die wir wohl verstehen, entspringen. Er lebte wohl des häufig besprochenen, von uns nicht 515*
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