Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.01.1898
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 13.01.1898
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18980113
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-189801133
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18980113
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1898
- Monat1898-01
- Tag1898-01-13
- Monat1898-01
- Jahr1898
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
bei der geschäftlichen Hetzjagd der Gegenwart hierfür zum mindesten gar nicht die erforderliche Zeit besitzt, sowie daß Fobrikdarstellungen und dergleichen, wenn sie in größerer Zahl an einem Orte ver einigt sind, wie auf Bahnhöfen, in Hotels rc,, ermüdend und ver wirrend zugleich wirken, während einige kurze Worte, ein charakte ristisches Bild, weit leichter bemerkt werden und im Gedächtnis haften bleiben werden. Vieles ist ja schon geschehen, um das Publi kum so zu sagen für das moderne Plakat zu erziehen, durch Plakat- ausstcllungen zu Berlin, Dresden, Leipzig, Hamburg, Stuttgart und an anderen Orten, ganz neuerdings sogar in St. Petersburg, und die deutschen Künstler hat man durch Ausschreibung sehr ansehnlicher Preise für dieses Feld der Thäligkeit zu gewinnen gesucht, es steht auch außer Zweifel, daß ersteres sich der Reform zugänglich er weisen und für sie Heranreisen werde: je früher indes ent schieden Wandel geschaffen wird zum Besseren, desto vorteilhafter wird cs für die deutsche Geschäftswelt sein, und man muß deshalb alles, was solchen Wandel fördern kann, freudig willkommen heißen. Hierzu ist in erster Linie ein Prachtwerk zu rechnen, das vor wenigen Wochen im Verlage von Gerhard Kühtmann in Dresden erschienen ist: Das moderne Plakat. Von Jean Louis Sponsel. Mit 52 farbigen Steindrucktafeln und 266 Textabbildungen. Die graphische Ausstattung dieses Buches, des ersten, das uns in deutscher Sprache in die neue Kunst des Plakats einzuweihen bestimmt ist, ist eine ganz vorzügliche. Die farbigen Tafeln sind trefflich gedruckt; sie geben die Originale in der Verkleinerung — das Format des Werkes ist Hochquart — mit größter Treue wieder, und zu den Abbildungen im Text dienten mustergültige Zinkätzungen und Autotypicen, die auf dem seinen Velin des Werkes vorteilhaft zur Geltung kommen. Der Tcxt wurde in klarer Antiqua englischen Schnitts gesetzt und ist tadellos gedruckt. Was das Jllustralionsmaterial anbelangt, so sagt der Verfasser in Bezug hierauf in der Vorrede: »Auf die Auswahl der Abbildungen, sowohl der einfachen Textbilder, wie der farbigen Nachbildungen, wurde in unserem Werke große Sorgfalt verwendet und es wurden be sonders solche Plakate abgcbildet, die sowohl für die Entwickelung der neuen Kunst von Bedeutung sind, als auch noch für die Zukunft von vorbildlichem Werte zu sein scheinen.- Und man kann cs ihm so fort bestätigen, daß er diese Auswahl in ebenso feinsinniger wie sachkundiger Weise getroffen hat, so daß der reiche Bilderschmuck des Werkes auf gleicher Höhe steht mit dem auf die fleißigsten und eingehendsten Studien gegründeten Texte. Das 307 Lextseiten umfassende Werk ist in sieben Abschnitte geteilt; es beginnt mit Japan, dem 7 Seiten gewidmet sind, dann folgt Frankreich mit 100, Belgien mit 33, England mit 36, Ame rika mit 52, Deutschland und Oesterreich-Ungarn mit 59 und die Länder im Norden und Süden von Europa mit 20 Seiten, welche Zahlen am augenfälligsten den Anteil ergeben, der jedem der Länder in der Schilderung des Plakatwesens geworden ist. Auf Japan, obwohl dieses keine oder nur sehr wenige größere Plakate in unserem Sinne besitzt, führt der Verfasser doch die erste Veran lassung zur Reform in dem Plakatwesen der Gegenwart zurück; die amerikanischen Plakate waren zwar schon, noch bevor diese Reform ins Leben trat und sich ausbreitete, den europäischen weit überlegen durch Größe und Farben, doch hatte die Kunst damit wenig zu schaffen, sie suchten mehr durch einen riesigen Umfang und durch diesem entsprechende Figuren zu wirken. Von den Ja panern aber wurden, namentlich nach deren Farbenholzschnitten, bei denen aus die Wiedergabe voller Naturwahrheit verzichtet, da gegen das Gewicht auf dekorative Flächenwirkung, auf flächenhafte Farbengebung gelegt ist, zuerst von den Franzosen die Grundzüge entnommen, die dem modernen Plakat innewohnen, und der Ver fasser giebt sodann ein Bild vom Verlause der Entwickelung des selben in Paris, in dessen Mitte natürlich Jules Cheret steht. Er erkennt die Verdienste dieses Mannes, der, obgleich nur gelernter Lithograph, doch mit dem glücklichsten Farbensinne begabt und ein Zeichner eisten Ranges ist, voll an, ohne seine Schwächen zu übcr>chen, die namentlich darin bestehen, daß seinen nicht selten die Grenzen des Decenten überschreitenden Figuren etwas Stereo types anhastet. Es kann dies ja auch nicht anders sein, da er bereits über 9t 0 Plakate geschaffen hat (die ihm, nebenbei bemerkt, mit 1000 Francs im Durchschnitt bezahlt werden), er auch am liebsten immer nur eine einzige Figur — natürlich eine -.chte- Pariserin — verwendet, die sehr häufig zum Gegen stände des Plakats in gar keiner Beziehung steht und nur zum Zwecke, die Aufmerksamkeit der Passanten auf sich zu lenken, ge ichaffen wurde. Eine gewisse Monotonie wird alsdann nicht zu vermeiden sein, mögen die Figuren auch noch so sehr sich drehen und wenden. Deutschem Geschmack, deutschem Empfinden werden viele der Cheretschcn Plakate niemals entsprechen, und man kann nur Gott sei Dank! dazu sagen, denn nicht wenige von ihnen sind nur eine Glorifizierung der Sittenlosigkeit, die selbst in Paris sich nicht so ungeschminkt in die taghelle Oeffentlichkeit gewagt hat, bis sie von Chöret verherrlicht und in diese eingesührt wurde, wo ihre Darstellungen wahrlich nicht sittenverbessernd wirken können, wie dies von ernsten Franzosen auch erkannt und getadelt wird. Der Verfasser teilt ein solches, die Chsretsche Richtung streng ab weisendes Urteil aus S. 61—64 aus der ksvus äss vsux Lloväss mit. Daß der Erfolg Chsrets, der allerdings auch darin mit be gründet ist, daß er alle seine Arbeiten selbst auf den Stein zeichnet, Schule machen werde, lag sehr nahe, ebenso, daß diejenigen, die ihn nicht in der Genialität der Darstellung zu erreichen ver mochten, ihn durch noch größere Gewagtheiten zu überbieten suchen würden, wovon das Sponselsche Werk zwar nur bescheidene Proben giebt, die jedoch genügen, um danach weitere Schlüsse ziehen zu können. Als Beispiel sei nur auf das Plakat verwiesen, das der französierte Czeche Mucha für die Ausstellung des 8s,Iou äse 6sot geliefert hat. Diesem gegenüber stehen glücklicherweise auch die sehr trefflichen Leistungen des Elsässers Steinlen, der Franzosen Grasset, Metivet und mancher anderen, die eS noch immer für ihrer Kunst unwürdig gehalten haben, in die Orgien der Tingel tangel hinabzusteigen und deren Königinnen an den Straßenecken vor Kind und Greis zu verherrlichen. So groß die Ausschreitungen des französischen Plakats in sittlicher Richtung aber auch sein mögen, das wird man doch stets anerkennen müssen, daß eS zur Belebung der Plakatkunst in Europa die lebhafteste Anregung gegeben und diese gefördert hat, auch wenn sie selbst in ihrem Ursprünge auf die geniale Anwendung weniger lebhafter Farben in großen Flächen und scharfer Kontraste durch die Japaner, wie sie uns deren Holz schnitte zeigen, zurückzusühren ist. Belgien, besten Hauptstadt in vieler Hinsicht als ein »Klein- Paris- gelten kann, trägt auch in seinen Plakaten französischen Charakter, meist jedoch ohne dessen Leichtfertigkeit. Privat-Live- mont ist einer seiner besten Plakatkünstler. Wo er in seinen Schöpfungen das Ewigweibliche stark betont, geschieht dies in den Grenzen der Schönheit; das aus S. 118 reproducierte Plakat ist hiervon ein klassisches Beispiel. Auf der folgenden Seite ist ein anderes, das er für die Zeitung -Ua lisiorms- geschaffen hat, wiedergegeben, in dessen Beschreibung aber Sponsel irrt, wenn er den vor der Schnellpresse stehenden Mann als einen den Druck der Zeitung prüfenden Korrektor bezeichnet Französische Korrek toren kümmern sich erstens niemals um den Druck einer Zeitung, und zweitens erscheint Novsisur ls corrsotsur, der gern den Ge lehrten herauskehrt, nicht in blauer Jacke mit aufgestreiften Aermeln, was Leides den Maschinenmeister kennzeichnet. Warum dieser übrigens den weißen Papierbogen so ernsthaft betrachtet, aus dem keine Spur von Druck wahrzunehmen ist, muß als ein vom Plakatkünstler aufgegebencs Rätsel erachtet werden. Die belgische Plakatkunst besitzt übrigens eine ganz achtungs werte Zahl tüchtiger Meister, deren Figuren und Farben im be absichtigten Sinne kräftig wirken; einigen derselben wäre indes zu wünschen, daß sie in den Schriften etwas mehr Maß halten und vor allem nicht vergessen sollten, daß diese nicht bloß zur Zcerde, sondern auch des Lesens halber da sind, und daß deshalb Klarheit in ihren Formen eine Bedingung ist, die nicht übersehen und un beachtet gelassen werden darf. Die Entwickelung des Plakats in England schildert der Ver fasser in eingehender Weise. Wir finden hier wiederum be stätigt, daß selbst Künstler, die auf kunstgewerblichem Gebiete resor- matorisch gewirkt haben, wie Walter Crane, oder die tüchtigsten Meister des Pinsels, wie Hubert Herkomer, nicht immer befähigt sind, ein wirksames Plakat zu entwerfen. Die hohe Kunst giebt sie nicht frei, — die breiten, stark umrissenen Farbenflächen ohne jede körperhafte Modellierung erscheinen ihnen zu unkünstlerisch, ihre Plakate werden zum Gemälde, damit aber gehen diesen ihre wesentlichsten Eigenschaften: der unmittelbare, augenblickliche Eindruck und die Fernwirkung, verloren. England, wo unter den europäischen Staaten die Reklame die höchste Entwickelung erreicht hat, kann sich indes trefflicher Plakatkünstler rühmen, und das Sponselsche Werk giebt sehr charakteristische Proben von ihren Arbeiten, sowohl im Schwarz-, als auch im Farbendruck. Wie sich mit letzterem, selbst bei Anwendung von nur zwei oder drei Farben, ganz Außerordentliches erreichen läßt, das zeigt besonders die Tafel von Maurice Greiffenhagen, und auch das Blatt, das die beiden Maler James Pryde und W. Nicholson (die sich das Pseudo nym Brothers Beggerstaff beigelegt haben) schufen, ist ein Beleg dafür, daß mit den einfachsten, oft kaum über Figurenandeutungen hinausgehenden Mitteln höchst wirksame Effekte erzielt werden können. Andere tüchtige englische Plakatkünstler sind Dudley Hardy, Frederick Barnard, C. D. Peppercorn, Leonard Raoen-Hill, Wilson Stcer, Heywood Sumner, Fred Walker, D. Whitelaw, von denen, sowie von noch zahlreichen anderen, Arbeiten in dem Sponselschen Werke reproduziert sind. Wenn sich schon die englischen Plakate dadurch von den französischen unterscheiden, daß sie vielfach zur Empfehlung von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften zu dienen bestimmt sind, so ist dies bei den amerikanischen Plakaten, unter denen zunächst allerdings nur die der Vereinigten Staaten zu verstehen sind, in
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder