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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.06.1899
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- Erscheinungsdatum
- 13.06.1899
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- Deutsch
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134, 13. Juni 1899. Nichtamtlicher Teil. 4313 Jahren anbietet, verkauft oder sonst überläßt, oder an öffentlichen Straßen, Plätzen oder anderen Orten, die dem öffentlichen Verkehr dienen, zu geschäft lichen Zwecken oder in der Absicht, das Scham- und Sittlichkeitsgefiihl zu verletzen, ausstellt oder anschlägt.« Gemäß Absatz 3 des Z 184 des Antrages der Ab geordneten Prinz v. Arenberg und Genossen kann neben der Gefängnisstrafe auf Verlust der bürgerlichen Ehren rechte, sowie auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. In derselben Richtung bewegt sich der von einem Mit glieds der Kommission behufs Vereinfachung der Diskussion gestellte Antrag, der, abgesehen vom Strafmaß, mit dem von den Abgeordneten Prinz v. Arenberg und Genossen ge stellten Antrag übereinstimmt: 1. den § 184» wie folgt zu fassen: Mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark wird bestraft, wer Schriften, Abbildungen oder Darstellungen, welche das Schamgefühl gröblich verletzen oder die geschlecht liche Lüsternheit zu erregen geeignet sind, einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, verkauft oder sonst überläßt, oder an öffentlichen Straßen, Plätzen oder anderen Orten, die dem öffentlichen Verkehr dienen, zu geschäftlichen Zwecken oder in der Absicht, das Scham- und Sittlichkeitsgefühl zu verletzen, aus stellt oder anschlägt. Die Regierungsvorlage unterscheidet sich von dem An träge der Abgeordneten Prinz v. Arenberg und Genossen zunächst hinsichtlich des Strafmaßes, in welchem sie mit dem zuletzt erwähnten Abänderungs-Antrag übereinstimmt; dieses Strafmaß ist geringer bemessen. Es sind auch keine Nebcnstrafen vorgesehen. Bezüglich des Gegenstandes der strafbaren Handlung unterscheidet sich die Regierungsvorlage von den Anträgen dadurch, daß sic die Strafbarkeit be schränkt auf die Schaustellung, welche zu geschäftlichen Zwecken in Acrgernis erregender Weise erfolgt ist, während die Anträge die Strafbarkeit einerseits ausdehnen auf die Schaustellungen, sofern sie in der Absicht erfolgt sind, das Scham- und Sittlichkeitsgefühl gröblich zu verletzen, andererseits aber von dem Erfordernis Abstand nehmen, daß dieselben auch in Aergernis erregender Weise erfolgt sind. Ein dritter Unterschied der Regierungsvorlage von den Anträgen besteht darin, daß sie nicht wie letztere die Ueberlassung von Schriften u. s. w., welche das Schamgefühl gröblich verletzen, an Personen unter 18 Jahren unter Strafe stellt. Wesentlich ist viertens noch der Unterschied der Regierungsvorlage von den Anträgen, daß elftere von Schriften u. s. w. spricht, „welche, ohne unzüchtig zu sein, das Schamgefühl gröblich verletzen«, während es in den Anträgen heißt, »welche das Schamgefühl gröblich ver letzen oder die geschlechtliche Lüsternheit zu erregen geeignet sind«. Die Erörterung der Regierungsvorlage nebst den dazu gestellten Anträgen rief eine eingehende Debatte hervor, deren wesentliches Ergebnis folgendes war. Zur Begrün dung der Anträge, die, abgesehen vom Strafmaß, materiell übereinstimmen, und auch der Regierungsvorlage, insoweit sie sich mit diesen Anträgen deckt, wurde ausgeführt, daß es sich bei der Schaffung der vorliegenden gesetzlichen Vor schrift darum handele, der Heranwachsenden Jugend einen Schutz gegen die moralische Verwilderung zu gewähren. Der Begriff des »Unzüchtigen«, wie er sich durch die Rechtsprechung des Reichsgerichts gestaltet habe, sei zu eng, wenn er lediglich in sich begreife die Verletzung des Scham- und Sittlichkeitsgefühls in geschlechtlicher Beziehung. Es gäbe eine Menge Dinge, welche ohne unter den Begriff des S«chsulidl«chjlgstkl Jahrgang. Unzüchtigen im Sinne der Rechtsprechung des Reichs gerichts zu fallen, von einer exorbitanten Schamlosigkeit seien, die jugendliche Phantasie vergifteten und damit der moralischen Versumpfung und Prostitution Vorschub leisteten. Dem müsse Abhilfe werden, indem der gerichtlichen Praxis eine neue Direktive gegeben werde, um so mehr, als man in der Ausstellung von Nuditäten, die nicht als »unzüchtig« angesehen würden, immer dreister geworden sei. Schutzlos sei die Heranwachsende Jugend dem Anblicke von schamlosen Darstellungen und Bildern bei jedem Gange auf die Straße ausgesetzt. Es sei nicht die Absicht, weder der Vorlage noch der Anträge, durch die vorliegende Bestimmung die Anfertigung oder den Verkauf solcher Darstellungen zu untersagen; nur die öffentliche, Aergernis erregende Aus stellung oder Anschlagung an Orten, die dem Verkehr zu gänglich seien, solle unter Strafe gestellt werden. Daraus ergebe sich, daß der Einwand, es solle etwa die Kunst eingeschränkt werden, nicht stichhaltig sei. Die Ausstellung von Nuditäten in Museen und an öffentlichen Plätzen, wie z. B. der Schloßbrücke in Berlin, würden nicht betroffen, da dieselben ja nicht zu geschäftlichen Zwecken erfolgen, was Voraussetzung der Strafbarkeit sei. Zwischen Kunst werken und der Reproduktion derselben bestehe ein großer Unterschied; letztere könne ohne jedes künstlerische Interesse sein und verderblich auf den Sinnenreiz der Jugend wirken, was das Kunstwerk nicht thue. Die Tendenz der Anträge gehe dahin, zu treffen: 1. die grob unanständigen Darstellungen, durch welche das Scham- und Sittlichkeitsgefühl verletzt würde; 2. die raffinierten Darstellungen, welche die geschlechtliche Lüsternheit weckten, ohne unter den Begriff des Un züchtigen zu fallen. Wenn die Regierungsvorlage lediglich die ersteren Dar stellungen bestraft wissen wolle, so stehe sie mit ihrer eigenen Begründung zu der Vorlage vom Jahre 1892 in Wider spruch; sogar in Frankreich, welchem gewiß nicht der Vorwurf der Prüderie gemacht werden könne, sei man zu der Einsicht gekommen, daß der Begriff »obscön« zu eng sei, und man habe dort den legislatorischen Vorschlag gemacht, statt dieses Begriffes den Begriff »eontrrürs aux doimes moenrs« zu setzen. Infolge der schwankenden Judikatur sei der gegenivärtige Rechtszustand ein höchst unbefriedigender; polizeiliche Konfis kationen seien häufig erfolglos gewesen und hätten nur dazu gedient, unverdiente Reklame zu machen. Aus der Mitte der Kommission wurde noch darauf hingewiesen, daß die gesetzliche Regelung dieser Materie allerdings mit Schwierigkeiten verbunden sei; aber sowohl die Vorlage wie die dazu gestellten Anträge erschienen nötig angesichts der unhaltbaren Zustände, die infolge der gerichtlichen Praxis herrschten. Es solle für die Gerichte nur die Möglichkeit geschaffen werden, weiter gehen zu können, als das Gesetz bisher gestatte. Man dürfe auch das Vertrauen zu den Gerichten haben, daß sie zwischen Kunstwerken und den hier unter Strafe zu stellenden Darstellungen zu unter scheiden wissen würden. Wenn auch die Notwendigkeit des Studiums am Nackten für den Künstler nicht zu leugnen sei, so dürfe sich doch andererseits der Künstler nicht in den Dienst der Schamlosigkeit stellen. Wie einerseits die Dar stellung des Nackten nicht immer das Schamgefühl verletze, was ja die bekannte Laokoongruppe beweise, so sei anderer seits auch wiederum eine Verletzung des Schanigefühls durch Darstellungen möglich, welche keine Nacktheiten zeigten. Es handele sich im vorliegenden Falle darum, die Aus schreitungen der Kunst in der Oeffentlichkeit unmöglich zu machen. Die wirkliche Kunst werde in Deutschland nicht gefährdet; wohl aber sei die Sittlichkeit der Heran wachsenden Jugend im höchsten Maße durch die schamlosen 574
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