Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.03.1874
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 28.03.1874
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18740328
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-187403285
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18740328
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1874
- Monat1874-03
- Tag1874-03-28
- Monat1874-03
- Jahr1874
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
1184 Nichtamtlicher Theil. ^72, 26. März. ist, uns zn verweigern. Wenn unter solchen Umständen das Gesetz scheitert, so würde die Verantwortung auf den Bundesrath fallen, nicht auf uns. lieber den Grundsatz also, von dem die Commission ausging, bin ich mit ihr vollständig einig: aber ich meine, jene begünstigte Stellung der Presse muß ihre festen, klaren, gesetzlichen Grenzen haben und da, muß ich gestehen, ist die Commission nicht ganz glücklich gewesen. Die eine Aufnahme, daß nur obscöne Druckschriften der polizeilichen Beschlagnahme unterliegen sollen, genügt mir nicht. Ich wünsche eine Prävention der Polizei auch da, wo die gesammte Rechtsordnung des Staates, der innere Friede unmittelbar und handgreiflich bedroht wird, wo, wie der Antrag v. Kardorff berücksichtigt, Landesverrat!) und Hochverrat!) gepredigt wird. Bedenken Sie doch, in welchen Tagen unheimlicher socialer Gährnng wir leben! Wir sind dahin gekommen, daß uns das Beispiel der Commune bereits als das Ideal der Zukunft bezeichnet wird. Stellen Sie sich vor - und damit male ich nicht willkürlich ins Schwarze - daß in einer Stadt, wo diese socialen Gegensätze lebhaft entbrannt sind, ein radikales Blatt heute Morgen verkündet: „Heute Abend werden die Fabriken ge stürmt." Ein solches Wort kann unter Umständen der Funke sein, der in das Pulverfaß fällt. Dann denken Sie an jene Grenzprovinzen unserS Reiches, an Elsaß, das, wie ich hoffe, der Wohlthaten dieses Paßgesetzes nicht lange entbehren wird, an Nordschleswig. Nehmen Sic den Fall, daß in Russisch-Polen wieder einmal ein Aufstand ausbricht; sollte denn ein polnisches Blatt deutscher Provinz offen den Landes- und Hochverrath predigen dürfen, ohne daß der Staat augenblicklich einschreitet? Wenn Sie den Staat der polizeilichen Präventivgemalt der Presse gegenüber berauben, dann zwingen Sie den Staat zur Suspension des Preßgesetzes, zur Verkündigung des Belagerungszustandes. Und hier liegt der ent scheidende Punkt, der mich bestimmt, für den Antrag v. Kardorff zu stimmen. Abg. Sonncmann: Nach den einleitenden Worten des Herrn Vorredners muß ich offen gestehen, habe ich einen andern Schluß erwartet (Sehr wahr!); er will drc Beschlagnahme aufgehoben wissen, aber er will sie gleich wieder ein- fuyren. Er hat Ihnen dafür einen einzigen Fall angeführt, daß in der Presse ein Aufruf erscheinen könnte zur Stürmung von Fabriken oder zu irgendeinem hochverräterischen Unternehmen. Wenn aber ein solcher Aufruf erscheinen sollte, dann würden die Verfasser und Urheber wissen ihn zu verbreiten, ehe er beschlagnahmt werden kann. Sowie Sie aber damit anfangen, das Prinzip der Beschlagnahme wieder einzuführen, dann kommen Sie bald auf die Fälle der indirekten Aufforderung und zu allen möglichen Befchlagnahmemaßregeln. Meine Herren, der Journa listentag hat in Breslau nach sehr eingehenden Debatten sich dahin aus gesprochen, daß die richterliche Beschlagnahme beizubehalten, allerdings mit sehr geringer Majorität, im folgenden Jahre aber in München einstimmig wenn kein Drucker oder verantwortlicher Redacteur auf einer Zeitschrift genannt ist. Eine solche Bestimmung scheint mir vollständig überflüssig zu sein; denn wenn wirklich der Mangel absichtlich erfolgt, so haben die Gerichte vollständig die Mittel in der Hand, um den Drucker oder Ver leger aufzufinden; nötigenfalls halten sie sich an den Verbreiter, und das Gesetz hat so strenge Strafen ausgenommen, viel strenger als sie bisher irgendwo in Deutschland waren, wenn der Drucker oder Verleger nicht genannt ist, daß wir uns vollständig dabei beruhigen können. Weiter ist in dem Commissionsvorschlage der §. 17. bezüglich des Verbotes aus wärtiger Blätter ausgenommen. Ich hoffe, daß wir diesen Paragraph streichen werden. Gegen §. 18., welcher ein Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegung enthält, will ich nichts sagen, weil er nur in Ausnahmefällen Anwendung finden wird. Kurz und gut, wenn Sie die Punkte durchgehen, welche die Commission hat stehen lassen, werden Sie zu dem Resultat kommen, daß es nicht der Mühe Werth ist, deshalb eine polizeiliche Beschlagnahme beizubehaltcn. Ich möchte Ihnen deshalb die Annahme des Antrages des Abg Herz empfehlen, der im Wesentlichen das Richtige trifft. Von der Nichtanwendbarkeit des Z. 20. für unsere Zeit hat sich schließlich fast das ganze Haus überzeugt, und ich bin fest überzeugt, daß, wenn wir dazu gelangen, die Presse von den Fesseln der Beschlag nahme zu befreien, in wenigen Jahren sich Niemand mehr in die jetzige Zeit zurückwünschen wird. Denn diese Frage betrifft jede Partei, die conservative wie die radikale. Alle Parteien haben ein Interesse daran, die Presse von allen Fesseln zu befreien; nur dann kann sie die Stellung einnehmen, die ihr gebührt und die nothwendig ist, wenn sic ihre schweren Pflichten nach allen Seiten erfüllen soll. > Commissarius v. Brauchitsch: Es ist hier das Wort gefallen, das einzige Mittel gegen die Aus schreitungen der Presse sei die Presse selbst. Aber die Consequenz eines solchen Satzes^ führt dahin, daß alsdann die Anwendung des Strafgesetzes Commissionsantrag selbst hat diese Beschlagnahme bei ^unzüchügen Ab bildungen zugelassen. Nun werden Sie zugeben müssen, daß beispiels weise das Verbrechen der Aufforderung zum Hoch- und Landesverrathe forderung, resp. des Antrages v. Puttkamcr zugestehen müssen. Heber- Haupt muß ich hervorheben, daß Sie bereits durch so viele Abänderungen der Regierungsvorlage wie beispielsweise durch die Ablehnung des Zeugniß- Abg. v. Mallinckrodt: Ich empfehle Ihnen die Annahme der Commissionsvorschläge. Hr. v. Treitschke hat zwar eine einigermaßen feurige Rede zu Gunsten der polizeilichen Beschlagnahme vorausgeschickt; er hat aber nichts beigebracht, was zur Begründung des Kardorff'schen Amendements geeignet gewesen wäre. Die bedenklichsten Beispiele, die darauf gemünzt waren, recht viel Eindruck zu machen, z. B. der Hinweis auf eine Rebellion in Posen und Elsaß, beweisen in meinen Augen gar nichts; denn in solchen Fällen gibt es andere und mindestens ebenso wirksame Mittel. Da wird einfach Be lagerungszustand erklärt, und will man das nicht, dann werden Staats anwalt und Richter kein Bedenken tragen, sich einer kleinen Nachtwache zu unterziehen, und die richterliche Beschlagnahme wird dann ebenso schnell er folgen wie die polizeiliche. Es kommt dabei mit in Betracht, daß Polizeibehörden kaum frei bleiben können von einer Tendenz, die weil hinausgeht über die eigentlich ihr nur gestellte Aufgabe, das Gesetz zu handhaben uns Zuwiderhandlungen gegen dasselbe vorzubengen. Es mischt sich leicht noch ein anderes Moment hinein, nämlich eine gewisse Feindseligkeit gegen die Presse und der Ver such, ihr den Daumen aufs Auge zu drücken, im Bewußtsein, daß die Be schlagnahme immer eine gewisse Wirkung äußert, wenn auch der Richter sie nachher wieder aufhebt. Ein Hauptbedenken gegen die polizeiliche Beschlagnahme finde ich darin, daß man die Möglichkeit des polizeilichen Einschreitens unter Hin weis auf gesetzliche Paragraphen gewährt, die an sich außerordentlich dehn bar sind. Ausdrücke wie ,,in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise" oder „zum Widerstande anreizen" setzen der Interpretation keine Schranken. Mit dem Zusatze des Abg. Kardorff verhält es sich ganz ähn lich, wenn darin von „direkter oder indircctcr Aufforderung" gesprochen wird. Wie erfinderisch wird die Polizei sein, wenn es darauf ankommt, ans einer Druckschrift eine indirekte Aufforderung zu irgendwelchem hoch- verrätherischen oder landesverrätherischen Unternehmen herauszufinden. Abg. Laster: Ich verhalte mich den Anträgen Herz und v. Kardorff gegenüber etwas anders als der Herr Vorredner. Zuerst möchte ich dem Hrn. Abg. Herz meine Zustimmung nicht geben, selbst wenn ich Gefahr liefe, daß die Regierung unter der Annahme dieses Antrages dem Preßgesetze ihre Zu stimmung geben möchte, aus dem einfachen Grunde, weil ich mir sage, daß man der Presse nicht eine von jedem Eingriffe der gewöhnlichen Justiz eximirte Stellung geben soll. Wenn wir nicht Anstand nehmen, da, wo es sich um die persönliche Freiheit handelt, dem Richter die Verhaftung eines Menschen zum Zwecke der Voruntersuchung anzuvertrauen, so weiß ich nicht, warum wir nicht dieselbe Freiheit in Bezug auf das gedruckte Wort geben sollen. Soweit in der Verehrung der Presse bin ich noch nicht gekommen, daß ich die Freiheit eines an sich verbrecherischen Blattes Papier höher an schlagen sollte als die Freiheit eines Menschen, der in dem Verdachte steht, ein Verbrechen begangen zu haben. Wenn wir die polizeiliche Beschlag nahme in analogen Verhältnissen ausschließen, so ist das keineswegs der Grund, daß wir die Presse anders behandeln sollen als andere Personen, sondern weil wir erfahrungsgemäß sehen, daß bei der Beschlagnahme von Papieren vielmehr politische Zwecke verfolgt und dadurch weit mehr Miß griffe seitens der Polizei gemacht werden, als bei der Verhaftung von Per sonen. Deswegen find wir weit behutsamer bei der Zulassung der polizei lichen Beschlagnahme. Aber dem Richter den Zugang zu einem Blatt Papier, das die Merkmale eines Vergehens an sich trägt, zu erschweren, ist keinerlei Grund vorhanden. Wir sind heute nun einmal nicht weiter, als daß wir unsere höchste Garantie für die Rechtssicherheit beim Richter suchen müssen. Und so
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder