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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.03.1874
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 28.03.1874
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- Deutsch
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1186 Nichtamtlicher Theil. Hk 72, 28. März. Abg. Gerber: ! Bor einem Jahre wurde vom Regierungstische das Wort gesprochen,! der Reichstag solle die Vertreter der Reichslandc mit väterlicher Sorgfalt behandeln; von der väterlichen Sorgfalt haben wir nichts verspürt, wir haben nur eins verspürt, die väterliche Zuchtruthe. Freie Bewegung wäre ein weit besseres Mittel, um uns zu gewinnen. Meine Freunde und ich, wir haben kein einziges Blatt, um unsere Ansichten zum Ausdruck zu bringen, weil sich die bestehenden Blätter uns feindselig oder doch un freundlich entgegenwenden. Die Erklärung unseres Collcgen, des Bischofs Räß, die im Elsaß eine allgemeine Entrüstung hervorgcrufen hat (Wider spruch, Bewegung), hätte diese Aufregung nicht hervorgebracht, wenn er ein Blatt gehabt Hütte, in welchem er sich vertheidigen konnte. Schaffen Sie kein Ausnahmegesetz, befreien Sie uns vor allen Dingen von dem Lesezwang. Wenn Sie gezwungen würden, die „Germania" täglich zu lesen, wie würde Ihnen das gefallen? (Heiterkeit.) Abg. Hoverbcck: Die Nothwendigkeit des Zwanges muß mir nachgewiesen werden, wenn ich zustimmen soll; dieser Nachweis ist in Betreff der Presse nicht geführt worden. Die Presse heilt die W inden, die sie schlägt, und die elsaß lothringischen Interessen werden am besten in freier Presse vertreten werden. Der Anschein, daß Elsaß Lothringen, welches zum Theil prote stantisch ist und zum andern Theil doch schwerlich ganz aus enragirten Klerikalen besteht, ganz ultramontan sei, ist aus dem Fehlen einer freien Presse hervorgegangen. Die antiklerikalen Elemente sind nicht genug zum Worte gekommen. Die politische Unzufriedenheit entladet sich beim Ver schluß aller Ventile auf anderm, gefährlicherm Gebiete, nämlich dem religiösen, und so scheint es, als ob wir Elsaß-Lothringen aus religiösen Gründen unterdrückten. Wir müssen danach streben, die natürlichen Ver hältnisse wiederherzustellen. Abg. Miquel: Es handelt sich hier nicht um eine Frage volititischer Freiheit, es ist eine Nationalitätsfrage (Bewegung im Centrum), die mehr oder weniger in das Gebiet der auswärtigen Politik gehört (Bewegung), es handelt sich um die Sicherheit und Integrität der Nation. (Gelächter im Centrum.) Wir haben hier einen Vertreter des Elsaß gehört, der den Frankfurter Vertrag für null und nichtig erklärte, der Beleidigung auf Beleidigung häufte und schließlich sogar der deutschen Nation die Eigen schaft der Bildung abzusprcchen die Narrheit hatte. (Große Bewegung.) Da sie sich an den Debatten sehr lebhaft betheiligten, nahm ich an. daß sie definitiv die Unfern sein wollten; denn von Jemand, der sich nur vor übergehend als Gast betrachtet, erwartet man etwas mehr Bescheidenheit. (Große Bewegung.) Vicepräsidenl Fürst Hohenlvhe-Schillingssürst (der zur Zeit das Präsidium übernommen hat): Ich habe den Redner sprechen lassen, ohne den Ausdruck „Narrheit", den er gebrauchte, zu rügen, weil ich annahm, daß er sich auf die Aeuße- rung des Abg. Teutsch bezog, in welcher der deutschen Nation die Bil dung abgesprochen wurde. Ich habe ferner den Ausdruck „man hätte etwas mehr Bescheidenheit erwartet" nicht gerügt, obgleich es erwünscht gewesen wäre, wenn er nicht gebraucht worden wäre. Abg. Miguel: Ich habe den Ausdruck „Narrheit" in dem vom Herrn Präsidenten bezeichnten Zusammenhänge gebraucht und nehme ihn nicht zurück. (Be wegung.) Abg. v. Hoverbeck beantragt den Ordnungsruf! (Beifall im Centrum.) Präsident Fürst Hohenlohe-Schillingsfürst: Ich habe bereits erklärt, daß ich einen Ordnungsruf nicht für nöthig halte. Abg. Windthorst (unter großer Unruhe des Hauses): Elsaß-Lothringen ist von uns erobert und mit Deutschland verbunden worden; wir haben unsere Znstimmung dazu ertheilt. Ich frage Sie nun: ist es ritterlich, ist es liberal, Diejenigen, welche annectirt worden sind, so zu behandeln, wie hier geschehen ist? (Große Unruhe.) Wenn die Elsässer erfahren, wie ihre Vertreter hier behandelt werden, so werden sie nicht sehr erbaut sein vom deutschen Parlament. (Bewegung.) Sollen denn die Zustände in der Presse von Elsaß-Lothringen bleiben, wie sie sind? (Rufe: Ja!) Ich meine, daß es sehr wenig national-deutsch ist. die Freiheit so zu unterdrücken, wie es in Elsaß-Lothringen und namentlich in Bezug auf die Presse geschieht. Dafür, daß in Elsaß ein Nolhstand vorhanden ist, haben wir nur den Ausspruch des Herrn Reichskanzlers, allein dafür reicht mir dessen Autorität doch nicht aus. Ich meine überhaupt, daß wir erst Gesetze machen und dann abwarten sollen, ob dieselben nicht ausgeführt' werden können. Und wenn sie die jetzige Regierung wirklich nicht aus-! führen kann, so sind vielleicht Andere da, die sie ausführen können. (Heiter keit links.) Bis jetzt haben wir den Elsässern noch nicht die geringste Concession gemacht, immer nur Unterdrückung und Polizeimaßregeln! (Unruhe links.) Abg. Laster: Wir haben Elsaß-Lothringen zwar nur aus militärischen Rücksichten annectirt; es würde uns aber schmerzlich berühren, wenn die Hoffnung, die Elsässer einst als Brüder und Nationale uns zu verbinden, nicht er füllt werden sollte. Der Krieg war der Anlaß für die Annexion, die Hoffnung für die Zukunft aber, das Land ganz zu gewinnen, liegt in der deutschen Nationalität, und ich bin erfreut, wenn ich die Herren aus Elsaß ihre Gedanken im vorzüglichsten Deutsch hier ausdrücken höre. Die Ab- Deutschland. (Lebhafter Beifall.) Dem Hrn. Abg. Windthorst genügt die Aeußerung des Reichskanzlers betreffend Elsaß-Lothringen nicht, und er ist bereit, denselben trotzdem zu zwingen, die Preßfreiheit auch für Elsaß ganz zu gestatten. Wir theilen diesen Standpunkt nicht; denn unsere Beziehungen zur Regierung sind ganz anderer Art. (Windthorst: Sehr wahr! Große Heiterkeit.) Die Discussion wird geschlossen und ß. 35. in der Fassung der Commission angenommen, nachdem in namentlicher Abstimmung die Anträge der Abg. Gerber und v. Hoverbeck mit 174 gegen 129 Stimmen verworfen waren. Sitzung vom 24. März. Es restirt zunächst noch die Abstimmung über §. 35. im Gan zen, dessen Schlußsatz bereits gestern in namentlicher Abstimmung genehmigt war. „Dieses Gesetz tritt am 1. Juli 1874 in Kraft. Seine Einführung in Elsaß-Lothringen bleibt einem bcsondern Ge setze Vorbehalten." Derselbe wird mit allen Stimmen gegen einen Theil der Fotschrittspartei angenommen. Ferner ist noch die bis dahin zurückgestcllte Entscheidung des Hauses über §. 17., der mit §. 15. der Regierungsvorlage überein stimmt, einzuholen. Er lautet . Ist gegen eine Nummer (Stück, Heft) einer im Auslande erscheinen den periodischen Druckschrift binnen Jahresfrist zweimal eine Verurthei- des letzten Erkenntnisses das Verbot der fernern Verbreitung dieser Druck schrift bis auf zwei Jahre durch öffentliche Bekanntmachung aussprechen. Die in den einzelnen Bundesstaaten auf Grund der Landesgesetzgebung bisher erlassenen Verbote ausländischer periodischer Druckschriften treten außer Wirksamkeit. Abg. Gerber beantragt, die Dauer des Verbotes auf den Zeit raum von sechs Monaten zu beschränken. Ueber dieses Amendement muß bei der stets wiederkehrenden Schwierigkeit, die Majorität durch den bloßen Augenschein zu ermitteln, wiederum namentlich abge stimmt werden und wird dasselbe mit 162 gegen 156 Stimmen ab gelehnt. Für den Antrag Gerber stimmen die Fortschrittspartei, die Abg. Bamberger, Rickert und Laster und das Centrum. Die Fort schrittspartei und die genannten drei national-liberalen Mitglieder stimmen aber alsdann für den tz. 17. in der ursprünglichen Fassung, so daß für diesen eine für das Bureau sofort erkennbare Mehrheit vorhanden ist. Alsdann wurde Uebcrschrift und Einleitung des Gesetzes ge nehmigt. Die beiden Resolutionen von Tellkampf und von Gneist und Beseler betreffend die Geschworenengerichte in der bevorstehen den Strafprozeßordnung werden für die dritte Berathung aufgespart. Dem Abg. Windthorst paßt dieser Aufschub nicht, aber das Haus genehmigt ihn, da über Resolutionen ohnehin nur einmal abgestimmt werden darf. Abg. Graf zu Eulenburg unterstützt dieses Verfahren durch das crwähnenswerthe Argument, daß für den Fall der Ab lehnung des Preßgesetzes durch den Bundesrath, der erst nach Schluß der zweiten Lesung seine Entschließung fassen wird, die Discussion -der Resolutionen in diesem Stadium der Berathung verlorene Mühe sein würde. Damit ist die zweite Berathung des Preßgesetzes beendigt.
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