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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.01.1874
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- Erscheinungsdatum
- 26.01.1874
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- Deutsch
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Nichtamtlicher Theil. Bibliotheken im Mittelalter. Die Bibliotheken der mittelalterlichen Klöster heschränktcn sich gewöhnlich auf wenige hundert Bände, welche damals, an sich höchst kostspielig, für eine ansehnliche Sammlung galten, heute aber sehr unbedeutend erscheinen gegen die umfassenden Vorräthe unserer Sammlungen. Indessen erhebt sich die Frage, ob auf hundert der jetzigen Privatbibliotheken durchschnittlich wohl mehr als eine kommt, welche von ihrem glücklichen Besitzer nicht als unberührtes Prunk stück aufbewahrt, sondern mit sinnvollem Fleißc benutzt und verdaut wird; ob die überschwellenden Massen unserer Leseproducte für die allgemeine Bildung überhaupt ein Bortheil zu nennen sind, ob die anhaltende Lesung und Verarbeitung eines Dutzend kerniger Pro pheten oder elastischer Autoren die geistige Kraft nicht unendlich mehr anregt und vertieft, als die endlosen Tausende schwatzhaft ge kräuselter Romane, Novellen und Feuilletons, welche man gegen wärtig in zerstreuter Hast durchzupeitschen Pflegt. Allerdings waren, um den Geist in angemessener Spannkraft zu erhalten, die äußeren Bedingungen des Lebens in jenen anachoretischen Institu ten keineswegs vvrtheilhaft; ohne anregende Bewegung sah er sich aus ein gar zu beschränktes Feld sinngemäßer Anschauungen hin gewiesen. Das klösterliche Leben nöthigte Denjenigen, der sich ihm widmete, die schweigsame, aber anziehende Gesellschaft der Bücher auszusuchen. Die Statuten seines Ordens ebensowohl als die Regeln seiner Gemeinde legten ihm während der ganzen Dauer seiner täglichen Pflichten ein unbedingtes Stillschweigen aus. Die Messe, die Psalmen, die Morgen- und Abendgebete bildeten den engen Kreis, in dem sein ganzes Leben sich einförmig dahinbewegte. Unter diesen Verhältnissen machte eine wohlausgestattete Bibliothek demnach den Ruhm und Stolz eines Klosters aus; sie war der Für sorge eines Bibliothekars anvertraut, auf welchem auch die ganze Verantwortlichkeit für sie ruhte. Ihm lag es zunächst ob, alle Werke, welche ihm übergeben wurden, in den Katalog einzutragen. Einige dieser alten, bis zu uns gelangten Kataloge können als wichtige bibliographische Documente betrachtet werden; sie geben uns oft Kunde von Werken, von denen wir noch kein Exemplar wic- dergefunden haben. Hier ist sogleich zu bemerken, daß, anstatt alle Werke, welche in einem Einband enthalten sind, einzeln herzuzählcn, die Verfasser jener Kataloge nup das erste derselben notirtcn, so daß ein Verzeichuiß der Bände oft mehr als die doppelte Anzahl von Schriften in sich schließt. Mehr um den Besitz des Buches dar- zuthun, als seinen Inhalt vorzusühren, pflegte man die zwei oder drei ersten Worte seines Textes anzugeben; zuweilen enthielten jene Anmerkungen Wohl auch eine kurze Analyse der Schriftstücke; vor sichtig notirte man ebenso, um ein Merkmal zu haben, daß der Band vollständig sei, die letzten Worte des letzten Blattes. Außerdem hatte der Bibliothekar auch die älteren Bücher von Zeit zu Zeit zu untersuchen, ob sie nicht durch Würmer oder Feuchtigkeit gelitten, und in diesem Falle sogleich für ihre Wiederherstellung Sorge zu tragen. Die klösterlichen Bibliotheken selbst waren von innen mit Holz bekleidet, damit die Feuchtigkeit der Mauern die Blätter des Pergaments nicht erreichte; sie waren in mehrere Fächer getheilt, welche, durch Scheidewände von einander getrennt, zugleich mit ein ander vereinigt wurden. Die Bücher waren nach ihrem Formate neben einander geordnet; man legte sie auf die flache Seite, nicht gar zu dicht beisammen, damit sie sich nicht drücken oder durch Reiben beschädigen möchten; bei dieser Anordnung war cs leicht, sie wieder zu erkennen und dasjenige, welches man suchte, sogleich heraus- zusinden. Um für genaue Zurückstellung der entliehenen Bücher zu sorgen, wurden mehrere Verhaltnngsbefehle gegeben. Es war dem Aufseher verboten, Bücher zu verleihen ohne das schriftliche Versprechen, daß die Zurückgabe in einem bestimmten Zeiträume er folgen solle, diese Bestimmung galt auch für die benachbarten Klöster. War Derjenige, der ein Buch leihen wollte, dem Bibliothekar gänz lich unbekannt, so mußte er als Pfand ein Buch von demselben Wertste bei ihm uiederlegcn, und jedesmal wurde das verliehene und das zum Pfand erhaltene Buch notirt. Die kostbarsten Bände durste der Bibliothekar nie ohne besondere Erlaubniß des Vorgesetzten ver leihen. Diese Regeln waren für alle Klöster, weil sie sich alle unter einander ihre Bücher mittheilten, unzweifelhaft dieselben. Alle Mauuscripte, welche innerhalb oder außerhalb der Klöster verfertigt wurden, standen ebenfalls unter der Aussicht des Bibliothekars. Er versorgte die Kopisten mit Pergament und anderem zu ihrer Arbeit nöthigen Material, er bestimmte, soweit dies Sitte war, den Preis für ihre Leistungen, er gab die zum Abschreiben bestimmten Werke und sorgte dafür, daß es immer einige vorräthige Arbeiten gab. Nie mand durfte die Copicn, mit denen er beauftragt war, durch einen Anderen anfertigen lassen, noch sich die kleinste Abweichung erlau ben; der Bibliothekar selbst durfte in dieser Beziehung nichts auf sich nehmen, ohne vorher eie Genehmigung des Vorgesetzten einge- holt zu haben. Eine Hauptsorge des Klosters war es, daß die Bibliothek mit allen auf die Ausübung des Gottesdienstes bezüglichen Werken ver sorgt würde. Man fand auch daselbst zur Erbauung der Brüder, nach der Ordensregel der Gemeinden, die für die Studien jener Zeit zweckmäßigen Bücher, die Bibel und ihre vorzüglichen Kommentare, die Kirchenväter, die Lebensbeschreibungen der Heiligen, die Homi- lien und Aehnliches. Dies waren die Werke, gewöhnlich in Folio- Format, welche man den Mönchen in ihre Zellen mitzunehmen er laubte; die Bücher von kleinen Formaten dursten nicht ans dem Bibliothekzimmer genommen werden, indem man befürchtete, daß sie verloren gehen möchten; dieselbe Regel erstreckte sich auch auf die sel tenen oder kostbaren Bücher. Wenn die Mönche zusammen studirten, durften sie nach ihrer Auswahl die Bücher aus der Bibliothek ent nehmen, deren sie bedurften; sobald sie sie benutzt hatten, mußten sie sie sogleich auf ihren Platz zurückbringen; es war weder erlaubt, das entliehene Buch einem Anderen zu leihen, noch sich desselben gemein schaftlich zu bedienen. Diese Regel galt sogar den Vorsängern, welche sich an den Abt wenden mußten, wenn sic irgend ein Buch für ihre Studien brauchten. Die kranken Brüder erhielten vom Bibliothekar Bücher zu ihrer Zerstreuung; bis zum folgenden Morgen mußte ein jedes Buch zurückgeliesert werden. Diese Vorschriften wurden in den ältesten Klöstern befolgt; die Regel des h. Pachomius (aus dem 4. Jahr hundert) empfiehlt die größte Sorgfalt für die Erhaltung der Bücher. Wenn die Mönche die Bibliothek verließen, um in den Speisesaal zu gehen, dursten sie dieBücher nicht offen liegen lassen, ein Jeder mußte das, worin er gelesen, an seinen Ort stellen. Der Orden des h. Pachomius zählte sehr viel Brüder, jedes Haus hatte 40 Mönche, die ganze Gesellschaft bestand aus 30 bis 40 Häusern. Jeder Bru der, sagt Dom Mabillon (in seinem Mults ckes stuäes nionustlguos) besaß sein Buch und jedes Haus hatte seine Bibliothek, was zusam men eine bedeutende Anzahl von Büchern ausmachte. Ungeachtet der Seltenheit der Bücher in jener Zeit war es nichtsdestoweniger häufig, jeden der Brüder (außer der Freiheit des Zuganges zur all gemeinen Bibliothek) im Besitz eines oder mehrerer Bücher zu lassen. Die Constitutionen des Lanfrancus vom Jahre 1072 geboten dem Bibliothekar, jedem Klosterbruder zum Anfänge der Fastenzeit einen Band als Privatlectüre für das ganze Jahr zuzustellen. In der Kirche, im Speisesaal, imKreuzgang, im Schlafgemache,
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