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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.07.1894
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- Erscheinungsdatum
- 23.07.1894
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- Deutsch
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> 68 Juli 1861. Nichtamtlicher Teil: 1489 befriedigen ist. Nicht alle Damen sind Kommcrzicnrätinnen, auch diese nicht immer Millionärinnen, und eine unendlich große Zahl gebildeter und bildnngsbedürftigcr deutscher Frauen, Frauen von Beamten, Offizieren, Professoren, Theologen, Aerztc», Juristeil und Kanflcntcn mürden ihr Budget weit überschreiten, wenn sie jährlich nur zehn bis zwölf dieser teuren Werke anschaffen wollten, nachdem die Büchcrrcchnung ohnedem schon durch die notwendigen Ankäufe der unentbehr lichen Fachliteratur für die Männer, der Schulbücher für die Söhne und Töchter hoch angcwachsen ist. Da ich bis vor wenigen Jahren eine nicht unbedeutende Sorlimcntsbuchhandlung, verbunden mit Leihbibliothek, besaß und auch persönlich leitete, so darf ich mir wohl ein Urteil über die Borzüge und Nachteile der letzteren in ihren gegenseitigen Beziehungen erlauben. Es ist ja zweifellos, daß manche Dame die in glänzenden Verhältnissen lebt, es vorzicht, monatelang allf ein vielbcgehrtes neues Werk aus der Leihbibliothek zu warte», als daß sic sich dazu entschließen konnte, cs anzu- kanfcn, und das betrübt das fühlende Herz des Sortinents- bnchhündlcrs sehr. Aber im ganzen habe ich die Uebcrzcugung gewonnen, daß die Leihbibliotheken vielmehr die Neigung zum Ankauf guter Bücher fördern als verhindern. Nicht selten wird das wirklich gute Buch, das man aus der Leihbibliothek zuerst kennen gelernt hat, nngeknnft, um es dauernd zu be sitzen, mn cs dem Familienkreise zugänglich zu machen: noch häufiger wird cs als Geschenk für den Weihnachtstisch und andere Gelegenheiten ausgewählt. Am allerwenigsten sollten sich Schriftsteller und Verleger über die Leihbibliotheken beklagen. Manche der hervorragendsten Erscheinungen der schömvisscnschaftlichcn Literatur haben sich den Weg zu später» großen Erfolgen erst langsam durch die Leihbibliotheken gebahnt. Ich erinnere daran, daß Ebers' ägyptische Königstochter, die erste und vielleicht bedeutendste seiner Schöpfungen auf diesem Gebiet, mehrere Jahre gebraucht hat, bis die erste Auslage vergriffen war. Erst durch die Leihbibliotheken wurde diese hervorragende Schöpfung lang sam in immer weitere Kreise getragen, bis sie sich bahn brechenden Erfolges erfreute. Auch bei andern, mit Recht hochberühmten Namen, wie Dahn, G. Frcytag re., haben die Ankäufe der Leihbibliotheken, namentlich bei den ersten Auflagen eine große Rolle gespielt: selbst die unvergleichliche Perle unserer neueren Literatur, Scheffels Ekkehard ist anfangs zunächst durch die Leihbibliotheken zur Kenntnis weiter Kreise gelangt. Der großartige Erfolg, die stets nötig werdenden neue» Auflagen der betreffenden Werke beweisen am besten, daß die Leihbibliotheken ihrem Absatz nicht geschadet, sondern ihn nur gefördert haben. Abgesehen von jenen in neuerer Zeit entstandenen groß artigen Lescinstiutcn, deren massenhafte Abnahme belletristischer und nllgemeinwisscnschaftlichcr Neuigkeiten in den Absatz- bercchnungen eines jeden Verlegers eine Rolle spielt, ist die Zahl der Romane m., die noch ungelesen durch Voraus- bcstellnng ihren Weg in die Leihbibliotheken finden, eine un gemein große und würde in den meisten Fällen auch nicht annähernd durch vermehrten Einzelabsatz erreicht werden. Ich erinnere mich, daß schon vor vielen Jahren, als Gcrstücker noch auf der Höhe seines Schaffens stand, mir ein intelligenter Buchhändler einer kleinen Mittelstadt sagte: Von jedem neuen Roman Gerstäckers bestelle ich stets im voraus drei Exemplare für meine Leihbibliothek, -das ist immer ein hübscher Posten fürs Bareonto.« Bei derselben Gelegenheit erwähnte ein Kollege, daß er von Freytags verlorner Handschrift dreißig Exemplare in seine Leihbibliothek eingestellt habe, was mir damals gewaltig imponierte. Von denjenigen Schriftstellern, die in den letzten Jahren am meisten gegen die Leihbibliotheken agitiert und den gänz lich gescheiterten Versuch gemacht haben, ihnen den Ankauf Eiilundjechzigster Jahrgang. und das Verleihen ihrer Bücher zu verbieten oder nur zu hohen Ausnahmsprcisen zu gestatten, sollten die meisten den Grund für mangelnden Erfolg doch lieber in der Minder wertigkeit ihrer geistigen Ware und in der Uebcrproduktion ans literarischen) Gebiete suchen. Weder die bösen, unthätigen Verleger, noch die Leihbibliotheken tragen die Schuld. Wenn die Leihbibliotheken in Frankreich keine Nolle spielen uiid die Romane und Dichtungen hervorragender Schrift steller einen unbegrenzten Absatz finden, so liegt das vorzugs weise an dein System der srnnzvsischcn Verleger, diese Werke voii vornherein dem Publikum zu mäßigen Preisen anzubiete». Da die neuen Romane der ersten Autoren in der Regel ein bändig znin Preise von 3 Fr. bis 3 Fr. 50 Cts. ausgegebcn werden — thatsächlich werden sie in den Boulevards-Buch handlungen noch billiger verkauft, — so darf man sich wohl den Luxus des Ankaufs erlauben, um die Neugierde zu be friedigen. Das schließt nicht aus, daß auch in Frankreich viel Makulatur gedruckt wird — die großen Pariser Verleger wissen ein Wort davon zu sagen. Die Art der Publikation wird übrigens durch die fran zösischen Verlagsverträge begünstigt, die nicht, wie bei uns, ei» im voraus zahlbares Honorar für eine bestimmte Höhe der Auslage festsctzen, sondern in der Regel einen Anteil am Verkaufspreise für jedes abgesetzte Exemplar vergüten, ei» System, das dem unscrn gegenüber seine Vorzüge und Nach teile hat, jedenfalls aber den Verkauf der Werke zu mäßigen Preisen erleichtert. In England, dem Lande des ererbten Besitzes, der großen Vermögen, der hervorragenden Bücherkäufer und Privat- bibliothcken, haben trotzdem die Leihbibliotheken seit vielen Jahren eine bedeutende Rolle im geistigen Leben der Nation gespielt, namentlich die im Jahre 1842 begründete L1uäio'8 sslsok libr-rrzy die ihre Netze über das ganze Jnselreich aus dehnt und auch die vornehmsten Adelssitzc wöchentlich korb weise mit ihren Zusendungen erfreut. Die Preise der ersten Auflagen dreibändiger Romane (erst in letzter Zeit werden sie mehr und mehr durch einbändige Novellen ersetzt, die dem hastigen und nervösen Geist der Zeit mehr entsprechen) betragen 31 sb. 6 ä. Zu solchen Preisen mag auch das reiche und sehr lescbedürftigc englische Publikum nicht jedes neue Werk anschaffen und verläßt sich lieber auf Mudie's, die von neuen Werken beliebter Autoren manchmal die Hälfte der ersten Auflage von vornherein ankaufen, um die Wünsche ihrer bevorzugten Leserkreise sofort mit neuen Exem plaren zu befriedigen. Dabei befinden sich auch Schriftsteller und Verleger im ganzen wohl; indessen wollten schon vor einer Reihe von Jahren einige unternehmende Firmen dazu übergehen, den Preis ihrer Romane erheblich zu vermindern, um das Privnt-Publikum mehr zu direkten Ankäufen zu ermutigen. Da waren es gerade die Leihbibliotheken, die dagegen protestierten, und es blieb bei den alten Preisen, während die Verleger dazu übergingen, von Werken mit durchschlagendem Erfolg nach geraumer Zeit billige Ausgaben (sliilliiiK-eclition«) zu publizieren, die alsdann kolossalen Absatz fanden. In jüngster Zeit soll zwischen den englischen Verlegern und den Leihbibliotheken wieder ein prinzipieller Streit zum Austrag gelangen. Die Ucberprodnktion auf dem literarischen Markt, sowie die bei mehreren Verlegern eingcrisscne Gewohn heit, die zweie billige Ausgabe schon wenige Monate nach Erscheinen der ersten teuren folgen zu lassen, haben die Besitzer der großen Londoner Leihbibliotheken veranlaßt, die Verleger auszufordcrn, den Preis der ersten Ausgaben der Romane auf 4 Ri. pro Band zu ermäßige», und die billigen Ausgabe» nicht vor Jahresfrist nach Erscheinen der ersten folgen zu lassen. In diesem Kampf wird voraussichtlich eine Verstän digung im Sinne der Leihbibliotheken erfolge», da die Ver- 566
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