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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.03.1899
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 16.03.1899
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- Deutsch
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^ 62, 16. März 1899. Nichtamtlicher Teil. 2058 durch diese Arbeit angeregt werden, denn er wird sie sv wenig kaufen und lesen, wie er bisher andere Bücher gekauft und gelesen hat. Der Bücherfreund aber wird gerne darin blät tern, von Entstehung, Verbreitung und Schicksal seiner Lieb linge und Freunde lesen; er wird darin Bekanntes und Neues, Selbstbeobachtetes bestätigt und Gehörtes berichtigt finden. Wer das Buch eiumal aufgeschlagen, wird es auch gerne zu Ende lesen. Flott und heiter geschrieben, amüsant erzählt, bringt es eine Fülle des Wissenswerten aus dem weiten Reiche des Buches und täuscht anmutig über manche Lücke hinweg. Es ist keine strenge Geschichte, so wenig wie streng dogmatischer Aufbau oder geschlossene Darstellung. Alle Augenblicke macht der Verfasser Halt, hält Umschau und Ausblick, flicht Worte oder Verse eiues der »führenden Geister« ein, erzählt Ge schichten und Geschichtchen, mischt Persönliches und Erlebtes hinein, ruft Freunde und Bekannte herbei und spinnt behaglich, fast wie Vater Herodot, seine Erzählung weiter. Der traditionellen Forderung der Lehrbücher und Kate chismen, mit Definition, Umfangs- und Zielbegrenzung zu beginnen, begegnet der Verfasser etwas scheu und drückt sich an den Einleilungskapiteln (den, wie mir scheint, am wenigst geratenen) — »Der Begriff Buch«, »Die Selbstknltur», »Die Bücher als Lehrmeister» — mit Citaten über Glück und Genügsamkeit, Arbeit und Bildung, Idealismus und Schön heit, Religion, Natur, Kirche und mehr dergleichen ängstlich vorbei. Auch was über »Das Lesen und die Technik des Lesens« gesagt wird, verliert sich in der Fülle der Abschweifung, die durch die an den Rand gesetzten, nicht immer geschmackvoll gewählten Schlagworte, wie etwa »litterarische Speisekarte«, »der gebildete Anstrich«, »Kneipenbummel«, »der rote Kopf«, »der dunkeln Gefühle Gewalt« und »das Remedium gegen Lebens überdruß« genugsam gekennzeichnet wird. »Wie man Bücher in Libliotbsgueu nützlich lesen solle«, hat ein Anonymus, der Verfasser des seltenen Büchleins »Die Neu-erofnete Uibliotbeo, Worinnen der stuckirsnäsv Jugend und anderen ourikU8kll Liebhabern guter Unterricht von Libliotbsqnsn, »ebenst bequemer An leitung dieselben anzulegen / wohl zu unterhalten und nützlich zu gebrauchen an die Hand gegeben wird. Welchen angefügt Die Vornehmsten Libliotbsqnen in Luropa, Und Was Reisende vornehmlich bey deren Besichtigung zu beobachten haben. Hamdui-A, bey Rsojamin Lolüllsrn, 1702« vor zwei Jahr hunderten klipp und klar ausgesprochen: »Für allen Dingen wird man sich einen gewissen Zweck und eine eigene Natsris ersehen haben / darüber man zu lesen willens ist; der Schütz würde wenig zu Hause bringen / der ausginge in den weiten Wald zu schiessen da er auf kein Wild ziclete: Also sind Uibliotbsgusn viel zu groß / denn daß man sie zuvorderst durchsuchen / hernach allererst einen sooxuw ihm fürsetzen wollte / sondern das Beste ist eine anständige Aatsris sich zu Hause erkiesen und aufsetzen / wohl darüber lesen / was man selber zur Hand hat / danach Libliotbsgusn zu rahte ziehen / und einen getreuen Außzug machen / darin man genau alles / was zu unserem Zwecke sich schicket / oolliAirst; was man denn aus Büchern hin und wieder zusammen getragen / muß darauf vernünfftig und geschicklich in verschiedene Fächer cligsrirst / das ist: die gelesene Sache artig angebracht / gründlich erwogen / lieblich und wohlfliessend an einander gehangen werden / anders wird uns der sxtraot aus den schönsten Büchern / wofern es bey dem ersten Aufsatz und also ein sonkusum 6bg.os bleibet / wenig nützen können. Wer Libliotbsgusn mit Verstände und Nutz brauchen wil / muß rechte -cp/mv haben, das Gute vom Bösen / das Unnütze vom Nützlichen wohl zu äistinAuirsn: Man muß Z. E. denen Papisten und Reformirten ihren billigen Ruhm nicht entziehen / wenn sie manchmal eine Sache tiefser und eigentlicher eingesehen weder die Unselige»: Doch ist gllemahl die größte Behutsamkeit hiebey von-nöthen ' daß wenn man schöne Rosen bey ihnen abbrechen vil / uns nicht zugleich ihre stachlichte Dornen schmertzlich ritzen Es würden ihrer viele die vortrefflichste Erbauung aus dem Besuch der öibliotbsgusn schöpffen können / wenns mit ihrer Wissen schafft einen Ernst und rechten Bestand hatte, daß sie nicht so ge schwind ein vorgenommenes / ehe sie noch darin sich fest- gesetzet / schon wieder abauäonirtsn / und im Augenblick alles er schnappet zu haben vermeinten; denn jählinge Sprünge gerathen SechzuniRchMter Jahrgang. selten wohl / und gut Ding wil freylich Weil haben: Daher be ruht vieler Wissenschaft in Usotions supsrüoaria / daß sie zum Schein äs ownibus aliguiä zu sagen wissen äs toto niüil Lv. Anoere halten keine Ordnung / fangen ihr Ltnäiron a posteriori an / lassen die IsaAvAsn liegen und machen sich sogleich an die gantzen 8^stsmata / kein wunder / daß sie bald darob einen hefftigen Verdruß ver- spühren / und weil sie sich nicht zu helfen wissen ungebeten davon wieder abstehen müssen. Andere sind wiederum auff das was sie wissen wollen / so erpicht / das sie öfters mit grossen Nachtheil ihrer Leibes-Kräffte sich nicht von dem was sie vorgenommen wollen nbbringen lassen / sie haben es denn auff eins durch unaufhörliches Kopfbrechen und übermäßige Gewaltthätigkeit ihres lugsnii end lich erarbeitet, da man doch mit gemach gehen auch weit kommt. . . Zu dem Ende stehen auch Libliotbsgusn nicht den ganzen Tag über offen < daß man nicht immerdar über den Büchern liegen sondern billige ksspiration dann und wann sich selber zu lassen und vergönnen solle. Jener Preußische Poet singt auch weiter von tasäiössn stuäirsn: Ich empfinde fast ein Grauen / Daß ich / lllato / hie bey dir Bin gesessen für und für / Es ist Zeit hinaus zu schauen / Und sich bei den kühlen Quellen Auf den Wiesen zu ergehn / Wo die schönen Blumen stehn / Und die Fischer Netze stellen.» Den Leseregeln in Hamanns Buch folgt eine Bücherliste. Wie Pfeilstückers Sammlung (Die besten Bücher aller Zeiten und Litteraturen — eine Sammlung von Aeußerungen deut scher Schriftsteller über die besten Schätze der Weltlitteratur und über die bevorzugtesten Bücher ihrer eigenen Neigung. 1889) gezeigt hat, sind solche Listen nach dem individuellen Geschmack ausgewählt, stimmen in wenigem überein und der Vorwurf der Unvollständigkeit ist leichter erhoben als be gründet. Mit Anton Schönbachs jahrelang überdachten, geprüften und ergänzten Bücherlisten in dessen klassischem Buche »Ueber Lesen und Bildung« verglichen, erscheint das Litte- raturverzeichnis Hamanns auf eine engere Auswahl zusammen gezogen. Doch hätten Byrons Dichtungen so wenig wie die Novellen und Romane Gottfried Kellers fehlen sollen. Da für feiert manches Buch eine unverdiente Auferstehung, lind da Hermann Bahrs Studien zur Kritik der Moderne ge nannt werden, so dürfen auch Erich Schmidts Charakteristiken oder Scherers kleine Schriften einen, Platz fordern. Daß aber selbst knappe Listen kaum ihre Leser, geschweige denn gar Käufer finden, hat der Verfasser in einem folgen den Kapitel klug gezeigt. Der Lesezirkel, dann die Zeitung mit ihrem auf die Bedürfnisse der Dutzendbildung zngestutzten Feuilleton, auch das immer mehr und mehr Literarisches Interesse absorbierende Theater sind die Ursachen für das im Verhältnis zur steigenden Bevölkerung und Bildung rapid sinkende Interesse an Büchern und am Besitz derselben. Heute giebt es nur mehr die großen Büchersammlungen der Biblio philen und Liebhaber oder die Prunkkästen, die zu einer stil gerechten Einrichtung gehören. Die Familienbibliotheken, wie vor fünfzig Jahren, langsam angekauft und viel gelesen, dürfte man heute kaum noch antreffen. Wer überhaupt noch lesen will, für den ist die Leihbibliothek oder ein Freund mit einem Freiexemplar. Köstlich geißelt ein Sonett »Bücherumlauf« Edmondv de Amicis', von Robert Hamerling übertragen, diese Seuche: Von einem Bürschchen, das mein Buch erstanden, Entlehnt' es sein Professor erst, sein alter, Und ließ es gaukeln, dann wie einen Falter, Bei sechs steinreichen Damen, ihm verwandten. Die letzte lieh's an einen ihr bekannten Bureau-Chef — stets als Freund von Büchern galt er! — Im Amt die Runde vom Kanzleiverwnlter Macht's bis herab zum jüngsten Praktikanten. Der schickt es, als er mar damit zu Rande, Nach Syrakus an sein geliebtes Klärchen: Die nach Turin an einen Herrn vom Stande. »Sie Glückspilz!» sprach zu mir heut dieses Herrchen, -Man reißt sich um ihr Buch!» (Die Gaunerbande, Sie reißt sich — um ein einzig Exemplärchen!«) 874
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