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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.03.1899
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 06.03.1899
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- Deutsch
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1778 Fertige Bücher. 53, 6. März 1899. Oerlag von Lugen Diederichs in Leipzig. vorr c/e/' 5o/Fe§e^rv/e^ene§ «D«e^ / Vor zwei Monaten erschien: Mi»; statt. LukuMIancU ver neue Sott bvsfch. A Alk. Es wurden an sämtliche hervorragende Tageszeitungen und Litteraturblätter Rezensionsexemplare gesandt und der Erfolg war: zwei kurze Rezensionen im „Neichsboten" und i» dem „Berliner Tageblatt". Nun ist Julius Hart kein un bekannter Schriftsteller, im Gegenteil, die Franzosen schätzen die beiden Brüder Hart als die ersten Kritiker Deutschlands und wer ihr litlerarisches Auftreten verfolgt hat, weiß auch, welch' entscheidenden Einfluß sie auf unsere Litteratur, schlechthin „Die Moderne" genannt, haben. Stammt doch dieses Schlagwort, daS heutzutage als abgegriffene Münze durch allerhand Hände geht, erst aus der Feder von Julius Hart. Jetzt hat der Kritiker Hart, der jahrelang gegen die Verflachung des Theaters, der Litteratur und gegen die materialistische Weltauffassung gekämpft hat, etwas Positives gegeben. Ein philosophisch-religiöses Werk. Aus kräftiger deutscher Eigenart ist es entsprungen, aus westfälischer Stammeseigenschaft. Gleichwie zu Luthers Zeiten in Münster die religiöse Bewegung die Gemüter am tiefsten erregte, so kommt dieses Buch, das man gewissermaßen als eine Weiterentwicklung des Protestantismus, als eine Religion des Individualismus bezeichnen kann, aus gleichem Stamm, aus gleicher Stadt. Zum ersten Male wird hier versucht, den bisherigen maßgebenden Kulturen, der asiatischen und der alt- und neuromanischen, die germanische Kultur, die des blauäugigen Nordariers entgegenzustellen. Der Kernpunkt des Buches ist die Lehre von dem Ich, ganz im Gegensatz zu Nietzschescher Weltanschauung. „Entzweien und herrschen" lautet das alt-romanische Lebensbekenntnis; ein tüchtiges Wort hat es Goethe genannt, aber auch zugleich das bessere germanische Trutzwort daneben gesetzt: „Vereine und leite." Wie vielfach ist in den Zeiten des der Göttin Vernunft huldigenden Materialismus der Verstand, der doch nur dazu da ist, die Erscheinungen auseinander zu halten und zu bestimmen, überschätzt worden. Hart setzt ihn endlich wieder an die zweite Stelle, denn höher wie dieses steht das Schaffen, das Bilden der im Menschen unbewußt ruhenden Kräfte. Alles Denken richtet sich nach dem Maße der Erkenntnisfähigkeit, darum giebt es auch keine unveränderlichen Naturgesetze und nur ein „Jgnorabimus" in beschränktem Sinn. Wie eine große Welle gehl jetzt durch die Kulturmenschyeit die Sehnsucht nach neuen künstlerischen Aus- bruckSsormen, nach einem Stil, den sich jede bedeutende Zeit schasst und der ein Ausvruck ihres Wesens ist. Dieses Buch ist gewissermaßen ein hohes Lied künstlerischer Weltauffajjung, ein Vorbote neuer Zeit. Schaue und schaffe, lehrt es, bilde dein Inneres durch Erhöhung der Aufnahmefähigkeit für alle Welterscheinungen — und die beste Lehrerin dazu ist ja die Kunst, — so wirst du höher steigen. Schopenhauer sagt einmal von der Philosophie: „Jedes philosophische System, kaum zur Well gekommen, ist schon aus den Untergang aller seiner Brüder bedacht, gleich einem asiatischen Sultan bei seinem Regierungsantritt. Denn, wie im Bienen stock nur eine Königin sein kann, so nur eine Philosophie an der Tagesordnung. Die Systeme sind nämlich so ungeselliger Natur, wie die Spinnen, deren jede allein in ihrem Netze sitzt und nun zusieht, wie viele Fliegen sich darin werden sangen lassen, aber einer anderen Spinne nur, um mit ihr zu kämpfen, sich nähert. Während die Dichterwerke friedlich nebeneinander weiden, wie Lämmer, sind die philosophischen geborene reißende Tiere, und sogar in ihrer Zerstörungskunst, gleich den Skorpionen, Spinnen und Insektenlarven, vorzüglich gegen die eigene Species gerichtet. Sie treten in der Well auf, gleich den geharnischte» Männern aus der Saat der Drachenzähne des Jason und haben bis jetzt, gleich diesen, sich alle wechselseitig aufgerieben." Julius Hart hat sich die Aufgabe gestellt, die Wahrheiten der großen religiösen und philosophischen Systeme der Ver gangenheit mit den Ergebnissen der modernen Naturwissenschaften zu vereinen. Auf der Basis, die er gesunden, kann sich keine philosophische Richtung mehr als die alleinrichtige geberde». Ob nicht die Zunft der Philosophen hochmütig auf ihn, der die Philosophie ein gutes Stück vorwärts gebracht und noch dazu ein lesbares Deutsch geschrieben hat, herabsehen wird? Ich würde mich freuen, wenn manche von den Herren Kollegen, auch jene, die zum Bücherlesen sonst keine Zeit haben, sich mit dem Buch beschäftigen würden. LeWg, 1. März 1899. ErtKen Diederiehs VerlaasimchlMdirr.
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