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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.02.1899
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- 14.02.1899
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- Deutsch
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1242 Nichtamtlicher Teil. 37, 14. Februar 1899. Regelung immer lauter und allgemeiner erscholl, und es durste als erlösende Thal gelten, daß auf einer 1872 in Dresden abgehalteueu Versammlung von Abgeordneten vieler deutschen Schulvermaltringen der Antrag zum Beschluß er hoben wurde: die königlich preußische Staatsregieruug ivolle die Angelegenheit in die Hand nehmen und die einheitliche Regelung der deutschen Rechtschreibung zunächst für den unterrichtlichen Gebrauch auf dem Wege kommissarischer Be ratung anbahnen. Daraufhin setzte sich der damalige preußische Unterrichts- miuister Falk ungesäumt mit den übrigen deutschen Regie rungen in Verbindung und veraulnßte zunächst die Aus arbeitung geeigneter Vorlagen durch den berühmten Germanisten Rudolf v. Raumer in Erlangen. Nachdem diese in den beiden Schriftchen des Genannten: »Entwurf zur Reform der deutschen Orthographie« und »Regeln und Wörterverzeichnis für deutsche Orthographie« erschienen waren, wurde eine Kommission von vierzehn Mitgliedern berufen, die der Unterrichtsverwaltuug nnd dem höhern Schulwesen, dem Buchhandel und dem Buchdruck augehörten. Neben R. v. Raumer selbst gehörten von be kannten Namen Daniel Sanders aus Strelitz, W. Scherer aus Straßburg, K. Bartsch aus Heidelberg, Jmelmauu aus Berlin, W. Wilmauns aus Greifswald, K. Duden aus Schleiz u. a. dieser orthographischen Konferenz an, welche vom 4. bis 15. Januar 1876 in Berlin tagte. Leider verlief diese Konferenz, auf die man allseitig so große Hoffnungen gesetzt, ohne jedes klare Ergebnis. Eine Minderheit der Versammlung, an ihrer Spitze Daniel Sanders, der Verfasser des großen deutschen Wörterbuches, war so entschieden in den: Wider spruche gegen die sehr gemäßigten Raumerschen Verbesserungs- uud Vereiufachungsvorschläge (über welche anderseits mehrere Mitglieder, namentlich der Gymuasialdirektor Duden weit hinausgehen wollten), daß sie diesem Widerspruche sofort öffent lichen Ausdruck gab (man vergleiche die betreffenden Aufsätze von Sanders und Scherer im »Daheim« und in der »Gegen wart«, Jahrgang 1876). Die Verwirrung wurde größer als zuvor, nachdem durch den Tod v. Räumers (30. August 1876) die versöhnende Mitte ihren Hauptvertreter verloren hatte. — Die durch Sanders mit großem Eifer vertretene streng kon servative Strömung in der orthographischen Frage schien das Uebergewicht zu erlangen, als 1879 die bekannte Leipziger Buch händlerfirma Breitkopf L Härtel ein von dem eben genannten Gelehrten verfaßtes »Hülfsbuch für Setzer und Druckberichtiger« herausgab, das alsbald von einer Reihe von Druckern und Verlegern als orthographische Norm angenommen wurde. Ge stützt auf diese Beitrittserklärungen richtete die genannte Firma unterm 20. Oktober 1879 an den preußischen Unter- richtsminister v. Puttkamer den Antrag: zu genehmigen oder womöglich vvrzuschreibeu, daß die Schulbücher diese (Sanderssche) Orthographie befolgten. Inzwischen waren jedoch in Oesterreich (2. August 1879) und in Bayern (21. September 1879) amtliche Festsetzungen der Orthographie erfolgt, die von preußischer Seite unmöglich übersehen werden durften. Beide hatten die 1871 zum erstenmal erschienenen »Regeln und Wörterverzeichnis von Berliner Schulmännern« und mittelbar die Arbeiten R. v. Räumers, auf denen jene »Regeln« beruhten, zu Grunde gelegt und mit geringen Abweichungen den Schulen ihres Staatsgebietes als Norm vorgezeichnet. Hieraus erhellt wohl zur Genüge, daß man dem Minister v. Puttkamer schweres Unrecht thut mit der nur zu oft gehörten Behauptung, daß er eigenmächtig in dieser Sache vorgegangen sei.*) Nachdem Bayern einseitig eine amtliche Schulorthographie eingeführt hatte (und dies zu hindern hatte ja der preußische Unterrichts minister keine Macht), konnte Puttkamer um so weniger auf st Vgl. Bismarcks »Gedanken und Erinnerungen», ll, S. 133. die Breitkopf-Sandersschen Vorschläge eingehen, als die neue bayrische Schulorthographie sich so eng wie möglich an die auf den meisten preußischen höheren Schulen herrschende Rechtschreibung anschloß. Daß in absehbarer Zeit die Sache von Reichswegeu würde geregelt werden, dazu war absolut keine Aussicht vorhanden, nachdem eine aus der Mitte des Reichstages selbst erfolgte Anregung resultntlos geblieben war. In dieser Zwangslage handelte der preußische Minister durchaus folgerichtig und im Interesse der Sache, als er endlich den entscheidenden Schritt that. Er ließ durch den als Mitglied der orthographischen Konferenz oben genannten (mittlerweile als Nachfolger Simrocks nach Bonn versetzten) Professor Wilmauns das erwähnte Berliner Rcgelbuch einer erneuten Durchsicht und Ueberarbeituug unterziehen, für welche engster Anschluß an die neue bayrische Orthographie von vorn herein vorgeschrieben war. Aus gemeinsamer Beratung mit praktischen Schulmännern enstand so das Schriftchen: »Regeln und Wörterverzeichnis für die deutsche Rechtschreibung zum Gebrauch in den preußischen Schulen (Berlin 1880)*), welches durch Erlaß des Ministers vom 21. Januar 1880 zur Norm und Grundlage des orthographischen Unterrichts in allen preußischen Schulen vom Beginn des Schuljahres 1880 81 erklärt ward. Der Minister wollte hierdurch, wie er in seiner Erwiderung au Breitkopf L Härtel gesagt hatte, im engen Anschluß an die in Oesterreich und Bayern erfolgten amtlichen Festsetzungen »eine deutsche Orthographie zur Geltung bringen, welche in den gebildeten Kreisen außer halb der Schule niemand als fremdartig empfinden oder im eignen Schreibgebrauch als fremdartig abzulehnen, veranlaßt sein dürfte«. Es ist nun freilich im höchsten Grade bedauerlich, daß die Hoffnung des Ministers, die Zustimmung der obersten Staats- und Reichsbehörden zu der neuen Schulorthographie zu gewinnen, sich bis heute noch nicht erfüllt hat. Die schroff ablehnende Haltung des Reichskanzlers, welcher unterm 28. Februar 1880 allen Reichsbehörden die Anwendung der neuen Orthographie streng verbot, und der nachfolgende Be schluß des preußischen Staatsministeriums, wonach die neue Schulorthographie vorderhand nur als solche gelten, im Verkehr der Staatsbehörden untereinander aber »bis zur amtlichen Regelung der Angelegenheit« der bisherige Gebrauch festgehalten werden sollte, brachten es nicht nur zuwege, daß die lächerlichsten und kleinlichsten Angriffe gegen die »Putt- kamersche« Orthographie laut werden durften und bei der kritiklosen Menge Beifall fanden (höchst merkwürdigerweise thaten sich in diesem Feldzuge gegen die neue Orthographie gerade die liberalen Zeitungen und Witzblätter unrühmlich, hervor, — offenbar »ur wegen des Namens Puttkamer) sondern sie schufen auch für den amtlichen schriftlichen Ver kehr der Lehrer, Schulinspektoren rc. einen Zustand, der ohne großen Schaden nicht immer andauern kann. Mag die neue Orthographie auch nur ein unsicherer und halber Schritt sein, so ist sie doch ein »Schritt auf dem rechten Wege, ein Schritt, der immerhin dem Ziele (Vereinfachung der Rechtschreibung!) näher führt«. Es gibt vorläufig keine bessere Orthographie, die auf amtliche Anerkennung seitens der Reichsregieruug oder auch sonst nur allgemeinere Anerkennung die geringste Aussicht hätte. Sie hält die richtige Mitte zwischen der Sanderssche» »historischen« Orthographie und der rein t'ono- tisobsn ortogrg.6 der Zukunft, als deren Vorkämpfer bekanntlich der 1891 verstorbene Schuldirektor a. D- Frikke in Wiesbaden st Wilmauns -Kommentar» zu diesem Wörterverzeichnis (2. Aust. Berlin 1887) gilt den Fachleuten als klassischer Zeuge für die wissenschaftliche Berechtigung der »neuen Orthographie-, und wir empfehlen Herrn Professor Virchow das Studium dieses Schrift- chens, bevor er etwa daran geht, den: Unterrichtsminister spezielle Aenderungsvvrschlägc zu machen.
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